Themen Themen Profil Profil Hilfe/Anleitungen Hilfe Teilnehmerliste Teilnehmerliste [Wahlrecht.de Startseite]
Suche Letzte 1|3|7 Tage Suche Suche Verzeichnis Verzeichnis  

051-075

Wahlrecht.de Forum » Tagesgeschehen » Der Fischer-Erlaß » 051-075 « Zurück Weiter »

Autor Beitrag
 Link zu diesem Beitrag

Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Freitag, 18. Februar 2005 - 11:01 Uhr:   

@Thomas:
> Und den Fischer lassen die Grünen niem,als fallen, der ist aus
> unerfindlichen Gründen ihr Idol.
Also unerfindlich sind die Gründe nicht (auch wenn die von Hückel angegebenen Gründe mit dem "Patriotismus" etc. ein ziemlich hanebüchener Unfug sind).

Fischer hat die Grünen populär gemacht, immer geschickt die Themen gefunden und auch biographisch vorgelebt, die gerade bei den Wählern ankamen. Und er hat den Machtkampf mit den Fundis gewonnen und dadurch die Regierungsbeteiligung möglich gemacht.

Trotzdem könnte ich mir gut vorstellen, daß führende Grüne sehr wohl derzeit darüber nachdenken, ihn fallenzulassen.
Seine Nützlichkeit für weitere Wahlkämpfe wird durch die Affäre schwer beschädigt, das Saubermann-Image der Partei ist inzwischen schon ziemlich weg.

Und natürlich hat sich Fischer intern auch viele Feinde gemacht. Da laufen viele ehrgeizige Leute rum, die es leid sind, daß alles was sie tun und erreichen von den Medien immer realtiviert wird nach dem Motto: "ist halt nur die zweite Garde, Fischer ist der wahre Vorsitzende, nur der zählt wirklich".
Die werden intern schon recht heftig darüber diskutieren, ob sie nicht lieber ohne Fischer weitermachen wollen.
 Link zu diesem Beitrag

Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Dienstag, 22. Februar 2005 - 11:41 Uhr:   

Wie zu erwarten war: Die Grünen haben die Affäre bei der Wahl noch nicht gespürt, die Prügel sind bei der SPD gelandet.

Aber das grüne Krisenmanagement ist so grottenschlecht, mittelfristig werden sie damit auch bei der echt glaubensstarken grünen Kernwählerschaft Probleme kriegen.

Siehe dazu der unglaubliche Auftritt von Claudia Roth Sonntag abend bei Christiansen und der Kommentar in der ZEIT:
[URL]http://www.zeit.de/2005/08/Politiker_Fischer[/URL]

Und jetzt kommt es noch parteiintern zum Konflikt: Die Wahlkämpfer in NRW wollen das Thema möglichst schnell vom Tisch haben und eine Fischer-Aussage möglichst früh. Die Bundes-Grünen wollen das Thema lieber aussitzen und eine möglichst späte Aussage.
Bei den Wählern kommt solche Taktiererei ganz schlecht an.
 Link zu diesem Beitrag

alberto
Veröffentlicht am Dienstag, 22. Februar 2005 - 12:32 Uhr:   

smile
Grüne Uhren gehen anders

Quote:

Arnemann - Dienstag, den 22. Februar 2005 - 11:41 Uhr Wie zu erwarten war: Die Grünen haben die Affäre bei der Wahl noch nicht gespürt, die Prügel sind bei der SPD gelandet.

Aber das grüne Krisenmanagement ist so grottenschlecht, mittelfristig werden sie damit auch bei der echt glaubensstarken grünen Kernwählerschaft Probleme kriegen.

Siehe dazu der unglaubliche Auftritt von Claudia Roth Sonntag abend bei Christiansen und der Kommentar in der ZEIT:


Der ideale Wähler ist keiner Sprache mehr mächtig, um sich zu informieren und artikuliert zu denken, weder der seiner Väter, noch der neuen Heimatsprache. Das zu garantieren, gibt es die Bildungsmaut. Alles wird gut.

WahlRechtReform
 Link zu diesem Beitrag

Florian
Veröffentlicht am Samstag, 26. Februar 2005 - 12:45 Uhr:   

Sehr seltsam ist wahrlich die Kommunikation von Fischer und den Grünen in dieser Frage.

Warum sich die Grünen im Vermittlungsausschuss mit Händen und Füßen gegen eine zügige Aussage Fischers wehren kann ich nicht begreifen. Damit spielen sie doch dem politischen Gegner nur in die Hände.
Umso mehr, da Fischer selbst ja bislang die Auffassung vertrat, nur vor dem Ausschuss aussagen zu müssen und nicht vorher sich endlich der Presse zu stellen. Dass Fischer es bislang nicht fertig gebracht hat, der Presse ordentlich Rede und Antwort zu stehen, ist ja nur noch peinlich.
Dass nun von den Grünen die Rede Fischers dieses Wochenende auf dem Parteitag hierfür als ausreichend empfunden wird wundert mich auch. Denn schließlich wird es auch hier keine Fragen von der Presse geben und Fischer hat einen Freibrief nur auf jene Aspekte einzugehen auf die er gerade Lust hat.
 Link zu diesem Beitrag

Niklas
Veröffentlicht am Samstag, 26. Februar 2005 - 13:01 Uhr:   

Fischer übernimmt wieder einmal die Verantwortung: (Aus Spiegel-Online http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,343902,00.html):

"...Bei der Rede räumte Fischer auch eigene Fehler ein. "Ich habe zwei Fehler gemacht", sagte Fischer auf dem Landesparteitag der Grünen in Köln. Im Herbst 1999 habe es zwei Erlasse des Auswärtigen Amtes gegeben, die vor allem das missbrauchsanfällige Instrument der Reiseschutzversicherung noch missbrauchsanfälliger gemacht hätten. Zudem habe er in den Jahren 2000 bis 2002 "nicht entschlossen und nicht umfassend genug als verantwortlicher Minister gehandelt". Das sei seine Verantwortung. "Dafür habe ich einzustehen", sagte Fischer..."

Wie er dafür "einstehen" will, hat er natürlich nicht gesagt. ME gäbe es für diese eingestandene ministerial irresponsibility nur eine Konsequenz.
 Link zu diesem Beitrag

alberto
Veröffentlicht am Samstag, 26. Februar 2005 - 13:01 Uhr:   


Quote:

Florian - Samstag, den 26. Februar 2005 - 12:45 Uhr Sehr seltsam ist wahrlich die Kommunikation von Fischer und den Grünen in dieser Frage.

Warum sich die Grünen im Vermittlungsausschuss mit Händen und Füßen gegen eine zügige Aussage Fischers wehren kann ich nicht begreifen. Damit spielen sie doch dem politischen Gegner nur in die Hände.



Es ist die ganz normale Folge zu kurzen Denkens von einem Nintendoklick zum nächsten. Sie haben nur Fragmente im Kopf, die nicht länger sind als die Boldfolgen in der Glotze. Daraus resultieren alle Probleme, die sich uns ständig bereiten und bei denen sie uns begleiten wollen, die wir aber ohne sie nicht hätten. a
 Link zu diesem Beitrag

AeD
Veröffentlicht am Samstag, 26. Februar 2005 - 13:04 Uhr:   

@Florian
"im Vermittlungsausschuss"

... im Untersuchungsausschuß ...

Ganz allgemein: Ich kenne keinen Untersuchungsausschuß im letzten Jahrzehnt, in der Regierungspolitiker, gegen die sich der Ausschuß richtete (einen anderen Zweck als die Kontrolle der Regierung hat der Ausschuß ja nicht und das ist auch gut so), sich gleich am Anfang äußerten/äußern mußten. Das wäre eine taktisch unkluge Vorgehensweise für den betreffenden Politiker, da er im Nachhinein an diesen Aussagen festgenagelt wird und so aus der kleinsten Unstimmigkeit ein Skandal gemacht werden kann.

Da die Politiker der Regierung im Parlament von den die Mehrheit besitzenden Parteien gestützt werden, ist auch klar, daß diese Taktik durch die Ausschußmehrheit durchgesetzt werden kann, was dann doch wohl verständlich ist.

Daß dann der Opposition nichts anderes übrig bleibt, als gegen diese Taktik als "Verzögerung" zu wetten, ist dann auch klar. Ich wundere mich nur, wenn politisch gebildete Menschen (die nicht gerade Oppositionspolitiker ist) diese Kritik übernehmen.
 Link zu diesem Beitrag

Florian
Veröffentlicht am Samstag, 26. Februar 2005 - 13:51 Uhr:   

@ AeD:

Aber im Moment sieht es doch so aus, dass die CDU den Vermittlungsausschuss sehr lange am Leben erhalten kann - d.h. bis zur Bundestagswahl.
Wenn Fischer tatsächlich bis dahin seine Schweigestrategie durchhalten will, kann ich mir nicht vorstellen, dass das seiner Partei politisch dienlich ist. Wenn er hingegen jetzt reinen Tisch machen würde (wie auch immer, notfalls mit Rücktritt) dann wäre das bis zur Bundestagswahl längst vergessen.
(Nicht zuletzt war es ja auch die anfängliche Taktik der _Union_, die Vernehmung Fischers hinaus zu zögern.
 Link zu diesem Beitrag

Florian
Veröffentlicht am Samstag, 26. Februar 2005 - 14:01 Uhr:   

@ AeD:

Aber im Moment sieht es doch so aus, dass die CDU den Vermittlungsausschuss sehr lange am Leben erhalten kann - d.h. bis zur Bundestagswahl.
Wenn Fischer tatsächlich bis dahin seine Schweigestrategie durchhalten will, kann ich mir nicht vorstellen, dass das seiner Partei politisch dienlich ist. Wenn er hingegen jetzt reinen Tisch machen würde (wie auch immer, notfalls mit Rücktritt) dann wäre das bis zur Bundestagswahl längst vergessen.
(Nicht zuletzt war es ja auch die anfängliche Taktik der _Union_, die Vernehmung Fischers hinaus zu zögern.)
 Link zu diesem Beitrag

AeD
Veröffentlicht am Samstag, 26. Februar 2005 - 14:52 Uhr:   

@Florian
Bis zur Bundestagswahl ist noch viel Zeit, da kommt es auf ein paar wochen oder Monate mehr auch nicht an. Dagegen kann ein frühes Reden vor dem Ausschuß auch einen unbelasteten Politiker (s.o.) ins Straucheln bringen, der dann auch seine Partei mit runterreißen könnte, auch das wäre der Partei sicherlich nicht dienlich.
 Link zu diesem Beitrag

Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Sonntag, 27. Februar 2005 - 13:39 Uhr:   

Aus meiner Sicht liegt das Problem des sogenannten "Fischer-Erlasses" nicht nur darin, dass er eindeutig dem Schengener Abkommen widersprach, sondern auch darin, dass die Grünen selber hohe moralische Ansprüche gegenüber der ministeriellen Verantwortung hatten, wenn es andere Parteien betraf. Wenn man etwa bedenkt, dass Joschka Fischer die grüne Gesundheitsministerin Andrea Fischer, bei der ein Brief über BSE nicht im Ministerium angekommen war, zum Rücktritt drängte mit den Worten: "Andrea, Du hast Dein Ministerium nicht im Griff" (laut Spiegel), der kommt natürlich schon in Erklärungsnot, wenn dann die von ihm gestellten Standards plötzlich nicht mehr gelten sollten. Wenn das Prinzip Verantwortung zählen würde, müssten aus meiner Sicht sowohl Joschka Fischer als auch Innenminister Schily zurücktreten. Und - gemessen an der Verantwortung - dürfte es auch für Schröder eng werden, wenn sich herausstellen sollte, dass Otto Schily den Missstand im Kabinett ansprach und der Bundeskanzler um des Koalitionsfriedens willen nichts unternommen hat.

Irgendwie erinnert mich das ganze an die Guillaume-Affäre. Damals lag die Verantwortung für die Einstellung Guillaumes sowohl im Kanzleramt (Ehmke, Ehrenberg), als auch im Innenministerium (Genscher). Innenminister Genscher durfte aber damals nicht geopfert werden, denn dann wäre die Koalition mit der SPD beendet gewesen. Dies galt um so mehr, als Genscher Nachfolger von Scheel als Außenminister, Vizekanzler und FDP-Parteivorsitzender werden sollte. Brandt übernahm daraufhin die politische Verantwortung und ging.

Natürlich wird dies jetzt nicht geschehen. Aber die Grünen haben ein Ergebnis der Affäre: sie können jetzt beim politischen Gegner nicht mehr bei jeder Affäre den Rücktritt fordern. Und dies ist, was mich schon ärgert: die eigenen Standards - bezogen auf die Grünen - gelten auf einmal nicht mehr. Wer den - beschämenden - Auftritt von Frau Roth letzte Woche bei Sabine Christiansen gesehen hat (außer zu heulen und zu kreischen, ist ihr nichts mehr eingefallen), der muss zugeben, dass der Stern-Redakteur Jörges recht hatte: die Grünen sind eine "stinknormale Partei" geworden. Dies ist wohl auch das Fazit dieser "Affäre." Es wird niemand zurücktreten, alle werden bleiben, NRW wird "abgeschrieben" und dies ist ja auch deshalb nicht so "schlimm", weil die Union auch bei einem Regierungswechsel im Mai dort (womit ich rechne) immer noch nicht die Zweidrittelmehrheit im Bundesrat hat. Die Politikverdrossenheit der Wähler wird allerdings zunehmen und die Wahlenthaltung ebenfalls.
 Link zu diesem Beitrag

Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Sonntag, 27. Februar 2005 - 19:39 Uhr:   

Jetzt ist sozusagen die erste aktuelle "Konsequenz" meines obigen Beitrages von 13.39 Uhr "eingetreten". Wäre die Fischer-Affäre nicht gewesen, könnten SPD und Grüne jetzt getrost den Rücktritt von CSU-Generalsekretär Söder wegen dessen unglaublicher Entgleisungen bezüglich der angeblichen Schuld von rot-grün wegen des abscheulichen Kindermordes in München verlangen. Meines Erachtens müsste Söder dafür auch sofort zurücktreten. Aber aufgrund der Tatsache, dass Fischer an der Macht klebt und daher vermutlich nicht zurücktreten wird, kann rot-grün jetzt auch Söder schlecht zum Rücktritt auffordern.
 Link zu diesem Beitrag

Görd
Veröffentlicht am Sonntag, 27. Februar 2005 - 22:01 Uhr:   

Wenn's danach geht, dürfte die Union und die FDP ja gar keine Rücktritte mehr fordern (ich verweise mal dezent auf Herrn Koch). Sie tun es aber munter weiter.
 Link zu diesem Beitrag

Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Montag, 28. Februar 2005 - 10:37 Uhr:   

Bernhards Beitrag kann ich nur komplett beipflichten. Man kann aus machtpolitischen Gründen auf einen Rücktritt verzichten - aber dann ist halt die Reputation ruiniert.
Fischer ist künftig in einer Schublade wie Koch zu verorten, sozusagen als "brutalstmöglicher Verantwortungsübernehmer".

Was mich wirklich irritiert hat, war die begeisterte Reaktion der Grünen auf Fischers Fehlereingeständnis.
Seriös wäre z. B. gewesen, ein paar kritische Worte dazu zu sagen, und dann vielleicht eine Resolution zu beschließen der Art "Ärgerliche Fehler, aber wegen der Verdienste um Deutschland unterstützen wir ihn weiter als Außenminister".

Aber standing ovations für ein halbgares Schuldeingeständnis, das ist schon erschütternd niveaulos, gerade für die ehemalige "Moral-Partei".
 Link zu diesem Beitrag

Thomas Frings
Veröffentlicht am Montag, 28. Februar 2005 - 19:30 Uhr:   

"Aber standing ovations für ein halbgares Schuldeingeständnis, das ist schon erschütternd niveaulos, gerade für die ehemalige "Moral-Partei"."

Mehr ist bei den Grünen realistischerweise nicht drin. Die Grünen halten sich ja selbst für die Guten und ein paar Angriffe der Achse des Bösen (Union, FDP) schweißen halt zusammen, wenn ihre moralische Überlegenheit in Zweifel gezogen wird.
 Link zu diesem Beitrag

alberto
Veröffentlicht am Montag, 28. Februar 2005 - 19:50 Uhr:   

smile
Wer aus eigener Kraft nicht stehen kann


Quote:

Thomas Frings - Montag, den 28. Februar 2005 - 19:30 Uhr


Quote:

"Aber standing ovations für ein halbgares Schuldeingeständnis, das ist schon erschütternd niveaulos, gerade für die ehemalige "Moral-Partei"."


Mehr ist bei den Grünen realistischerweise nicht drin. Die Grünen halten sich ja selbst für die Guten und ein paar Angriffe der Achse des Bösen (Union, FDP) schweißen halt zusammen, wenn ihre moralische Überlegenheit in Zweifel gezogen wird.

muß den stützen, der ihn stützt - bis alle umfallen. Eigenständige Persönlichkeiten hat die »Basis« nicht, und an Basis fehlt es der »Basis« auch. Da bleibt nur eins: Man beklatscht sich selber, bevor der Aufstand der Anständigen kommt und macht ihnen den Garaus.

So einer tritt, aber er tritt nicht zurück; der läßt sich nötigen. Er muß zurückgetreten werden. Auf den Westfälingern liegt jetzt die Verantwortung; auf die grünen Wähler ist dabei kein Verlaß.

WahlRechtReform
 Link zu diesem Beitrag

Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Montag, 28. Februar 2005 - 22:10 Uhr:   

@Görd: Da gebe ich Dir recht. Insbesondere Koch hätte auch zurücktreten müssen. Aber man sieht, dass die Rücktritte immer nur gefordert werden, wenn es um den politischen Gegner geht. Und dies merkt der Wähler natürlich. Jetzt sind also auch die Grünen eine "stinknormale" Partei in dieser Hinsicht geworden. Aus meiner Sicht kein gutes Zeichen für unsere politische Kultur.
 Link zu diesem Beitrag

Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Dienstag, 01. März 2005 - 10:21 Uhr:   

@Bernhard:
> Insbesondere Koch hätte auch zurücktreten müssen.
Das "müssen" halte ich für übertrieben bzw. das spiegelt eine persönliche Priorität wieder, die eben nicht allgemein gelten muß.

Man kann ja durchaus der Meinung sein, bei Politikern wäre in erster Linie wichtig, ob sie gute Arbeit leisten. Und dafür dann locker in Kauf nehmen, daß sie keine moralischen Vorbilder sind.
Letztlich ist es für das Land ja vielleicht besser, wenn es gut regiert wird, auch wenn die Regierung sich persönlich daneben benimmt, als wenn da lauter Engel sitzen, die milliardenschwere Fehler produzieren.

Über die inhaltliche Qualität Kochs kann man natürlich auch streiten, das soll jetzt nicht das Thema sein.
Aber er ist auf jeden Fall ein sehr effizienter Macher, der Ergebnisse produziert. Irgendwelche Ansprüche auf moralische Erhabenheit hat er m. W. nie erhoben, deswegen könnte man ihm im Sinne der obigen Überlegung auch seine moralischen Fehler durchgehen lassen. Aber er wäre sofort ein Rücktrittskandidat, wenn er in der Sache Mist baut.

Etwas anderes ist es, wenn sich eine Partei oder ein Politiker sehr stark über Moral definieren (wie das die Grünen immer getan haben).
Dann muß auch ihre Amtsführung und der Umgang mit Verantwortung tadellos sein. Und da wäre ein Fischer-Rücktritt jetzt wohl zwingend - egal wie man die Qualität seiner sonstigen Amtsführung einschätzt.
 Link zu diesem Beitrag

Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Dienstag, 01. März 2005 - 19:09 Uhr:   

@Ralf: Dies sehe ich anders. Koch hat aus meiner Sicht als CDU-Landesvorsitzender und Nachfolger Kanthers die politische Verantwortung in der sogenannten "Schwarzgeld"-Affäre gehabt und nachweislich - nach eigenen Angaben - gelogen. Für mich reicht dies, politische Konsequenzen zu fordern. Die FDP unter Ruth Wagner hielt unbeirrt an Koch fest und forderte als Gegenleistung lückenlose Aufklärung der Vorgänge. Diese kann ich bis heute nicht erkennen. Frau Wagner wurde für ihren Koch-Schmusekurs - aus meiner Sicht zu recht - in die Opposition geschickt und wenn man Reden des mit Koch befreundeten FDP-Fraktionschefs im Landtag, Jörg-Uwe Hahn hört, so wundere ich mich, dass er nicht bei der CDU ist. Politische Verantwortung wird aber nicht mehr ernst genommen - ob bei Koch oder Fischer. Es fing an mit Wörner, der trotz eigener Fehlleistungen in der damaligen Wörner-Kießling-Affäre im Amt bleiben konnte oder mit Lambsdorff, der zunächst - als Anklage gegen ihn eingereicht wurde - im Amt als Bundeswirtschaftsminister verbleiben konnte etc. Bei Krause oder Scharping war die Einsichtsfähigkeit in eigene Fehler so stark unterentwickelt, dass sie noch nicht einmal dem Bundeskanzler - Kohl bzw. Schröder - den Rücktritt anboten, sie mußten - da sie sich weigerten, die politische Verantwortung für ihr jeweiliges Fehlverhalten zu übernehmen und zurückzutreten - vom Regierungschef entlassen werden. Da wundert mich natürlich Kochs und Fischers Kleben am Amt nicht mehr - beide Seiten brauchen also gegenseitig keine Rücktrittsforderungen mehr stellen - die Macht ist verlockender als die Moral - so sehe ich dies.
 Link zu diesem Beitrag

Florian
Veröffentlicht am Dienstag, 01. März 2005 - 20:46 Uhr:   

Um hier einmal die Unterschiede zwischen Koch und Fischer klar herauszustellen:

1. Fischer hat durch sein Handeln Deutschland Schaden zugefügt. Koch nicht (jeder strafrechtliche Vorwurf, den man den CDU-Granden gemacht hat, war übrigens stets darauf beschränkt, dass sie der CDU geschadet haben!).

2. Fischer war selbst die handelnde Person in der Visa-Affäre. Bei der Spendenaffäre war das nicht Koch, der lediglich in die Mithaftung genommen wurde für Fehler, die andere begangen haben.

3. Der Vorwurf gegen Fischer ist, dass er sein Amt schlecht ausübt. Der Vorwurf gegen Koch ist, dass er persönlich nicht korrekt gehandelt hat.

Im übrigen:
Jemand, der auf einen am Boden liegenden Polizisten einprügelt, dies politisch überlebt und zum beliebtesten Politiker des Landes aufsteigt wird ja wohl kaum durch eine Visa-Affäre zum Rücktritt zu bewegen sein.
Und einem Außenminister, dem die Medien eine gute Amtsführung bescheinigen, nachdem seine Regierung alle wichtigen Bündnisse beschädigt hat der wird durch eine Verwaltungs-Affäre wie die Visa-Angelegenheit ebenfalls nicht zu beeindrucken sein.
 Link zu diesem Beitrag

Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Dienstag, 01. März 2005 - 21:14 Uhr:   

Ich finde, das Verhalten Kochs wird hier viel zu sehr bagatellisiert. Natürlich hat die Schwarzgeld-Affäre zunächst der CDU geschadet - wohl aber auch der politischen Kultur. Koch hat nachweislich gelogen - und ob er mehr wußte über die sogenannte politische Verantwortung hinaus, ist nicht erwiesen. Beide - Fischer und Koch - hätten zurücktreten müssen.
 Link zu diesem Beitrag

Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Mittwoch, 02. März 2005 - 10:35 Uhr:   

@Bernhard:
> Koch hat aus meiner Sicht ... die politische Verantwortung ... gehabt
> und nachweislich - nach eigenen Angaben - gelogen.
Schon klar.
Wobei ich bei der Bewertung der Affären eher Florian folge.
Einfaches Lügen (d.h. nicht im Amt und vor dem Parlament) ist nicht nur bei deutschen Politikern eine recht normale Sache, wenn man deswegen immer zurücktreten müßte, hätten wir leere Parlamente und Regierungen.
Und wenn dann noch eine Ruth Wagner hätte zurücktreten müssen, weil ihr Koalitionspartner gelogen hat - na ja.

Das war aber alles nicht mein Thema!

Deine Prioritätensetzung ist ja völlig legitim.
Aber genauso legitim wäre eine Bewertung der Art: "So lange die politischen Ergebnisse stimmen, soll er meinetwegen schwarze Kassen führen".
Ob man nun die Arbeitsergebnisse oder die Moral höher hält - das ist persönliche Ansichtssache.
Wichtig ist nur, daß man dieselbe Reihenfolge auch durchgängig anwendet.

Wer also durchgängig und bei allen Parteien/Politikern nur darauf achtet "was hinten rauskommt", der kann auch manche Affären ignorieren.

Wer aber - wie besonders die Grünen - den moralischen Aspekt immer deutlicher höher gewertet hat, der muß das dann auch durchhalten, wenn die eigenen Parteifreunde betroffen sind.
 Link zu diesem Beitrag

AeD
Veröffentlicht am Mittwoch, 02. März 2005 - 11:03 Uhr:   

@Florian
"1. Fischer hat durch sein Handeln Deutschland Schaden zugefügt. Koch nicht"

Wer ist "Deutschland" und wie definierst Du Schaden? Dass durch Kochs Lügen im Ausland die Glaubfähigkeit an deutsche Politiker gelitten hat ist doch unbestritten. Weißt Du, was das alles nach sich ziehen kann/gezogen hat?

Umgekehrt haben durch die Visa-Praxis einige deutsche Unternehmer und Bordellbesucher sicher eine Menge Geld gespart, die sie so für andere "Investitionen" zur Verfügung hatten (das war jetzt satirisch gemeint).

"(jeder strafrechtliche Vorwurf, den man den CDU-Granden gemacht hat, war übrigens stets darauf beschränkt, dass sie der CDU geschadet haben!)."

Du weißt sicherlich, dass man auch noch so moralisch verwerfliche Dinge in einem Rechtsstaat erst dann strafrechtlich verfolgen kann, wenn diese strafrechtlich kodifiziert sind. Da die Lücke im Strafrecht vor allem auf die Untätigkeit seiner Parteifreunde im Bundestag zurückzuführen ist, halte ich dieses Argument für ein Selbsttor.
 Link zu diesem Beitrag

Florian
Veröffentlicht am Mittwoch, 02. März 2005 - 12:40 Uhr:   

"
Wer ist "Deutschland" und wie definierst Du Schaden? Dass durch Kochs Lügen im Ausland die Glaubfähigkeit an deutsche Politiker gelitten hat ist doch unbestritten. Weißt Du, was das alles nach sich ziehen kann/gezogen hat? "

Nein weiß ich nicht. Vielleicht weißt Du mehr als ich - aber dass Koch das deutsche Ansehen im Ausland merklich beschädigt hätte kann ich nicht erkennen (und ich lese viel ausländische Presse).
Nochmal: Speziell Koch ist doch im CDU-Spendenskandal eine absolute Randerscheinung. Soweit bekannt, hat er selbst auch keine Spenden verschleiert oder versteckt. Alles was man ihm vorwirft ist, dass er früher davon gewusst hat, als er ursprünglich zugegeben hat.

Und nocheinmal zur Klarstellung:
Das Opfer der Kohlschen Mauscheleien war nicht der deutsche Staat oder Steuerzahler oder sonst irgendein öffentliches Interesse (ganz im Gegenteil: wären die Spenden offiziell deklariert worden, hätte es ja noch Zuschüsse vom Staat gegeben plus der Spender hätte sie steuerlich geltend machen können!). Sondern das Opfer war die CDU selbst, weil Kohl&Co. sich durch diese geheimen Kassen zusätzliche innerparteiliche Macht gesichert hat und die Partei ganz schnöde betrogen hat.

Die Satire lasse ich jetzt mal unkommentiert.
Nur so viel: Es ist schon beachtlich, mit welcher Nonchalance von Grünen über das immense persönliche Leid hinweg gegangen wird, das sie mit ihrer ideologischen und illegalen (!) Visa-Politik verursacht haben.
 Link zu diesem Beitrag

Torsten Schoeneberg
Veröffentlicht am Mittwoch, 02. März 2005 - 17:04 Uhr:   

@AeD

"Du weißt sicherlich, dass man auch noch so moralisch verwerfliche Dinge in einem Rechtsstaat erst dann strafrechtlich verfolgen kann, wenn diese strafrechtlich kodifiziert sind. Da die Lücke im Strafrecht vor allem auf die Untätigkeit seiner Parteifreunde im Bundestag zurückzuführen ist, halte ich dieses Argument für ein Selbsttor."

Das Strafrecht ist aber nicht dazu da, alles zu bestrafen, was moralisch verwerflich ist. Genauer gesagt sollte moralische Verwerflichkeit so gut wie überhaupt keine Rolle im Strafrecht spielen.

Admin Admin Logout Logout   Vorige Seite Vorige Seite Nächste Seite Nächste Seite