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Wahlrecht.de Forum » Tagesgeschehen » Landtagswahlen in Deutschland » SSW droht aus Landtag zu fliegen » 076-100 « Zurück Weiter »

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Sole
Veröffentlicht am Donnerstag, 06. Januar 2005 - 14:39 Uhr:   

Vielleicht ist es doch nicht so klug, Spitzenpersonal in Behörden und höhere Richter AUCH nach parteipolitischen Erwägungen auszusuchen
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kai
Veröffentlicht am Donnerstag, 06. Januar 2005 - 22:58 Uhr:   

Eine Privatperson würde für eine derartige Vorlage in Karlsruhe eine Missbrauchsgebühr aufgebrummt bekommen.

Der 2. Senat des BVerfG hat nun ganz eindeutig festgestellt, dass der SSW bereits zuvor (und verfassungsgerichtlich gebilligt) die Möglichkeit hatte (aber nicht genutzt hatte), auch in Holstein anzutreten. Dass nach der Entscheidung des Landesgesetzgebers, das bisherige Einstimmenwahlrecht durch ein Zweistimmenwahlrecht zu ersetzen, der SSW nunmehr im ganzen Land antreten muss, ist ausdrücklich kein ausreichender Anlass, die Verfassungswidrigkeit der Regelung anzunehmen.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Freitag, 07. Januar 2005 - 14:13 Uhr:   

Ich gehe sogar noch weiter: wenn ich die Pressemitteilung richtig interpretiere, missachtet das Oberverwaltungsgericht Schleswig ausdrücklich das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. Ich hatte ja schon in meiner obigen Mail vom 15. September die Bedenken gegen das Ersturteil dieses Gerichtes aus meiner Sicht dargestellt. Das Verfassungsgericht hat diese Bedenken wohl geteilt - diese jetzt einfach "vom Tisch zu wischen", halte ich für eine Missachtung des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes. Also geht das Spiel wieder los: das Verfassungsgericht wird erneut das OVG korrigieren.
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Wilko Zicht
Veröffentlicht am Dienstag, 11. Januar 2005 - 03:10 Uhr:   

Ihr geht mit dem OVG meines Erachtens viel zu hart ins Gericht. Klar, die Pressemitteilung ist nichtssagend und die angeblichen (!) Aussagen des Vorsitzenden Richters in der mündlichen Verhandlung sind ziemlich daneben. Ob das OVG sich mit den Karlsruher Bedenken hinreichend auseinandergesetzt und sie überzeugend ausgeräumt hat, wird man aber erst beurteilen können, wenn die schriftliche Begründung vorliegt. Daß die Kammerentscheidung des BVerfG hier absolut keinen Spielraum ließe, kann ich jedenfalls nicht erkennen. Ziemlich voreilig (und überhaupt abwegig) ist Kais Behauptung, eine Privatperson würde anstelle des OVGs eine Mißbrauchsgebühr aufgebrummt bekommen.

Die erste Vorlage des OVGs hatte sicherlich ihre argumentativen Schwächen, die vom BVerfG korrekt erkannt wurden. Das kann man den meisten Entscheidungen aus Karlsruhe aber ebenfalls vorwerfen. Die Qualität des Schleswiger Aussetzungs- und Vorlagebeschlusses lag meiner Meinung nach nicht wesentlich unter der einer durchschnittlichen BVerfG-Entscheidung. Man muß dazu wissen, daß ein konkretes Normenkontrollverfahren nur dann von einer Kammer des BVerfG entschieden werden kann, wenn die Kammer die Vorlage für unzulässig hält. Ist die Vorlage zulässig, müßte auf jeden Fall der ganze Senat entscheiden, selbst wenn sie offensichtlich unbegründet wäre. Dies hat dazu geführt, daß inzwischen die meisten (um nicht zu sagen: fast alle) Richtervorlagen als "unzulässig" verworfen werden, damit sich nicht alle acht Richter des Senats mit dem Fall befassen müssen. Die Anforderungen, die die Kammern an die Vorlagen hinsichtlich der Zulässigkeit stellen, sind dementsprechend extrem hoch. Wie gesagt, würden wohl selbst die meisten BVerfG-Entscheidungen an derartigen Anforderungen scheitern.

Man darf also allein daraus, daß Karlsruhe eine Vorlage als unzulässig verwirft, nicht folgern, dem vorlegenden Gericht seien irgendwelche groben Anfängerfehler unterlaufen.

Ich finde diese Praxis des Bundesverfassungsgerichts übrigens ziemlich fragwürdig. Vor allem dann, wenn die Kammer mal wieder Jahre braucht, um festzustellen, daß eine Vorlage grobe Begründungsmängel enthält, die zu ihrer Unzulässigkeit führen. Besonders ärgerlich ist das im vorliegenden Fall, weil das BVerfG gewartet hat, bis die Wahlperiode beinahe vorüber ist.
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Kai
Veröffentlicht am Dienstag, 11. Januar 2005 - 22:14 Uhr:   

Eine Missbrauchsgebühr kann gemäß § 34 Abs. 2 BVerfGG auferlegt werden, wenn die Einlegung der Verfassungsbeschwerde oder der Beschwerde nach Artikel 41 Abs. 2 des Grundgesetzes (Wahlbeschwerde) einen Missbrauch darstellt.

Wenn das Gericht sich seiner Justizgewährungspflicht entzieht und eine unzulässige Richtervorlage im Wesentlichen unverändert wiederholt, ist dies missbräuchlich. Das OVG Schleswig ist verpflichtet,

- entweder ein Urteil in der Hauptsache zu fällen, in dem freilich die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der streitigen Normen unzulässig wäre,

- oder sich qualifiziert mit den von der Kammer des Bundesverfassungsgericht aufgeworfenen Fragen auseinanderzusetzen, was jedenfalls ausweislich der Pressemitteilung in keiner Weise stattgefunden hat, und (!)

- zu begründen, inwieweit die Entscheidung von der für sicher erachteten Verfassungswidrigkeit abhängt.

Wenn tatsächlich die landesweite Befreiung des SSW verfassungswidrig wäre, könnte das OVG zu folgenden Ergebnissen kommen:

1. die SSW-Stimmen im Landesteil Holstein (wie sieht es mit Helgoland aus, wie mit dem festländischen Teil des Wahlkreises Pinneberg-Nord?) bei der Sitzverteilung unberücksichtigt zu lassen. Dann stellt sich freilich die Frage, warum die Stimme eines in Holstein ansässigen Dänen für den SSW unberücksichtigt bleibt, die eines in Schleswig ansässigen Deutschen jedoch nicht. Ferner wäre dieses aus dem Gesichtspunkt der Wahlrechtstransparenz kaum vertretbar. Selbst die Entscheidung des BVerfG zu den Nachrückern auf Überhangmandate wurde erst ab der nächsten WP wirksam.

2. das Wahlgesetz ist insoweit verfassungswidrig, als es nicht getrennte Wahlgebiete Schleswig und Holstein vorsieht. Wenn das OVG nicht zum Ergebnis der Nichtigkeit der Landtagswahl 2000 kommt, ist die Frage der Verfassungswidrigkeit jedoch für den Tenor der Entscheidung völlig unbeachtlich.

Wenn aber auch unter der Annahme der Verfassungswidrigkeit das OVG keine Änderung am festgestellten Wahlergebnis feststellen kann, ist es aufgrund der Justizgewährungspflicht verpflichtet, auszuurteilen. Dieses Urteil könnte - wenn auch mit wenig Erfolgsaussichten - eine Verfassungsbeschwerde seitens des Antragstellers im Ausgangsverfahren erhoben werden.

Das OVG Schleswig hat schlicht keine Kompetenz, eine Überprüfung der Norm durch das BVerfG zu veranlassen. Solches wäre nur möglich im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle nach Maßgabe des Bundesrechtes (Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG) auf Antrag der Bundesregierung, einer Landesregierung (auch eines anderen Landes) oder eines Drittels der Mitglieder des Bundestages oder - nach Maßgabe der Landesverfassung (Art. 99 GG, Art. 44 Nr. 2 LV S-H) - auf Antrag der Kieler Landesregierung oder eines Drittels der Mitglieder des Landtages. Das OVG Schleswig hat diese Kompetenz nicht.

Eine durch eine Partei bzw. deren schleswig-holsteinischen Landesverband angestrengte Organstreitigkeit (Art. 93 Abs. 1 GG oder Art. 99 GG, Art. 44 Nr. 1 LV S-H) wäre wegen Verfristung (§ 64 Abs. 3 BVerfGG, ggf. iVm § 73 Abs. 2 BVerfGG) unzulässig. (Vgl. insoweit auch die Entscheidung des BVerfG zur 5-%-Hürde im schleswig-holsteinischen Kommunalwahlrecht - 2 BvK 1/02)

Eine Richtervorlage zu vergeigen, ist keine Schande, das passiert fast jedem Richter, der sich daran versucht. In aller Regel scheitert es daran, inwieweit die Entscheidung des Gerichts wirklich von der festgestellten Verfassungswidrigkeit abhängt. Sie allerdings in einer Mischung aus Trotz und Dilettantismus nahezu unverändert zu wiederholen, grenzt schon an Rechtsbeugung.

Damit ist die erneute Richtervorlage nur als Querulantentum zu qualifizieren. Dieses wird, wenn der Bürger sich derart nach Karlsruhe wendet, mit der Missbrauchsgebühr bis zu 2.600 € geahndet, das Gericht hat diese selbstverständlich nicht zu fürchten.
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Wilko Zicht
Veröffentlicht am Dienstag, 11. Januar 2005 - 23:44 Uhr:   

@Kai: Deine Argumentation beruht auf der spekulativen Annahme, die schriftliche Begründung werde nicht mehr Substanz enthalten als die Pressemitteilung, die in der Tat lediglich den Inhalt der ersten Vorlage wiederholt. Warte doch lieber die Begründung ab, bevor du dich so weit aus dem Fenster lehnst. Ich finde es unsinnig, der Pressemitteilung eine so große Bedeutung beizumessen.

Deine Kritik an der Auffassung der OVG, man könne im Falle der Verfassungswidrigkeit einfach so die Holsteiner SSW-Stimmen aus der Wertung nehmen statt die komplette Wahl für ungültig zu erklären, teile ich aber. Allerdings scheint die BVerfG-Kammer hier zur OVG-Meinung zu neigen. Anderenfalls hätte es nahegelegen, entsprechende Zweifel an der Entscheidungserheblichkeit zu äußern, da letztere im Gegensatz zu der vom BVerfG angenommenen extremen Sorgfaltspflicht eine sich aus dem Gesetzeswortlaut ergebende Zulässigkeitsvoraussetzung ist.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Dienstag, 11. Januar 2005 - 23:48 Uhr:   

"Eine Richtervorlage zu vergeigen, ist keine Schande, das passiert fast jedem Richter, der sich daran versucht. In aller Regel scheitert es daran, inwieweit die Entscheidung des Gerichts wirklich von der festgestellten Verfassungswidrigkeit abhängt. Sie allerdings in einer Mischung aus Trotz und Dilettantismus nahezu unverändert zu wiederholen, grenzt schon an Rechtsbeugung." [Zitat Kai]

Genau dies - Festhalten an dem eigenen Urteil auf Biegen und Brechen ohne Rücksicht auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes aus reinem Trotz - dies ist, was das OVG Schleswig-Holstein in diesem Falle offensichtlich betreibt. Es missachtet für mich eindeutig den Urteilsspruch aus Karlsruhe. Es kann ja nicht darum gehen, ob einem dieser Urteilsspruch gefällt, aber er muss doch bei einer erneuten Befassung des Gerichtes berücksichtigt werden. Dies geschieht hier nicht. Das OVG verdient meines Erachtens die Ahndung durch eine Missbrauchsgebühr. Ich kann nur den Sinn dieser Entscheidung noch nicht erkennen? Wird hier etwa auf sich verändernde Mehrheitsverhältnisse im BVerfG spekuliert?
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Kai
Veröffentlicht am Mittwoch, 12. Januar 2005 - 00:40 Uhr:   

@Wilko

Der Pressemitteilung zufolge, stützt sich das OVG Schleswig im Wesentlichen darauf, dass

1. in Holstein kaum ethnische Dänen leben (vom BVerfG angezweifelt und im Übrigen als unerheblich bewertet)

2. der SSW selbst bislang nur in Schleswig kandidiert habe (was für die oben dargelegt Lösung 2 spräche, wonach verfassugswidrig wäre, dass Schleswig-Holstein nicht in zwei Wahlgebiete gegliedert ist), dies Annahme wäre aber offenbar nicht entscheidungserheblich. Insbesondere fehlt auch jegliche Auseinandersetzung damit - trotz der Mahnung aus Karlsruhe -, dass der SSW auch bislang die Möglichkeit gehabt hätte, in Holstein zu kandidieren.

Auf keine einzige dieser Fragen geht das OVG ein, sondern wiederholt nur die - ausweislich des Kammerbeschlusses sub I 3 - im ersten Verfahren bereits vorgetragenen Argumente.

In der Sache denke ich, dass die politische Frage den Gesetzgeber zum Handeln anregen sollte, sprich, dass ich es für sinnvoll erachte, tatsächlich das Land in zwei Wahlgebiete aufzuteilen (was freilich bedeuten würde, dass wohl die SSW-Stimmen in Helgoland unberücksichtigt blieben). Das ist aber eine Frage, die ausschließlich der Landtag in Kiel und kein Gericht in Schleswig oder Karlsruhe zu beurteilen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der Literatur vertretenen Auffassung, die ich im Wesentlichen teile, erachte ich das schleswig-holsteinische Wahlrecht insoweit als verfassungsmäßig.

Die Kritik zur Verfahrensdauer teile ich allerdings uneingeschränkt.
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Norddeutscher
Veröffentlicht am Mittwoch, 12. Januar 2005 - 11:18 Uhr:   

Interessant ist Übrigens, wie das BVerfG die Sorgfaltspflichten von Klägern bewertet, wenn es nicht selbst betroffen ist:

"Der in Art. 2 I i.V. mit Art. 20 III GG gewährte Anspruch auf ein faires Verfahren schließt die Verpflichtung der Gerichte ein, das Verfahrensrecht so zu handhaben, dass die eigentlichen materiellen Rechtsfragen entschieden werden und ihnen nicht durch übertriebene Anforderungen an das formelle Recht ausgewichen wird. Im Hinblick auf das für den Zivilprozess in Art. 2 I GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot effektiven Rechtsschutzes hhat der Richter das Verfahrensrecht so auszulegen und anzuwenden, dass er mit einer rechtsstaatlichen Verfahrensordnung nicht in Widerspruch gerät und den Rechtsuchenden nicht unverhältnismäßig belastet."
(Auszug aus 1 BvR 894/04, Beschluß vom 22.10.2004)

Vielleicht sollte das Verfassungsgericht mal seine eigenen Urteile beachten.
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Kai
Veröffentlicht am Mittwoch, 12. Januar 2005 - 11:58 Uhr:   

@Norddeutscher

Wenn man bedenkt, dass das Bundesverfassungsgericht außerhalb des Rechtsweges steht und in grds. als wirksam zu erachtende Maßnahmen anderer staatlicher Organe eingreift, ist es notwendig, dass es insoweit die Messlatte sehr hoch legt.

Bei Urteils-Verfassungsbeschwerden hebt das Bundesverfassungsgericht ggf. rechtskräftige Urteile, die also aus Gründen des Rechtsfriedens eigentlich unanfechtbar sind, wieder auf. Es ist dabei keine Super-Revisionsinstanz, sondern seinerseits in der Aufhebungskompetenz auf die Essentialia der Grundrechte beschränkt.

Abstrakte Normenkontrollen können nur durch die an der Gesetzgebung beteiligten Organe initiiert werden, sprich Regierung und Parlament.

Konkrete Normenkontrollen seitens der Iudikative greifen in die Kompetenzen der Legislativorgane und das Initiativrecht der Exekutive ein. Daher sind sie nur dann zulässig, wenn es im konkreten Fall entscheidend auf die Verfassungsmäßigkeit der Norm ankommt. Wenn also eine verfassungswidrige Norm faktisch bedeutungslos ist, unterbleibt der Eingriff in die Legislativkompetenzen.

Organstreitigkeiten, die auch ohne ein vorheriges Gerichtsverfahren u.U. von den pol. Parteien eingeleitet werden können, sind wiederum aus Gründen des Rechtsfriedens befristet.

Um in dieses sensible Gefüge der Kompetenzen und Interessen der Verfassungsorgane nicht übermäßig einzugreifen, legt das Bundesverfassungsgericht seinerseits die Zulässigkeitsregeln zu Recht äußerst streng aus.
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Udo Schönfelder
Veröffentlicht am Montag, 21. Februar 2005 - 16:27 Uhr:   

für mich grundsätzlich nicht verstaendlich ist ein minderheitenschutz,der früher sicherlich wichtig war, mittlerweile aufgrund eu-recht und gleichberechtigung aller eu-bürger nicht mehr erforderlich sein sollte.
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joern
Veröffentlicht am Montag, 21. Februar 2005 - 16:50 Uhr:   

Schade, dass unsere Verfassungsrichter sich in wahlrechtsrelevanten Fragen immer wieder als Amateure erweisen. Dieses mal ist sogar eine Wahl u.U. durch ein Fehlurteil mitentschieden worden, wobei fraglich ist, wie das Wahlverhalten bei den holsteinischen Wählern ausgefallen wäre, wenn der SSW dort nicht hätte kandidieren dürfen, wie's eigentlich hätte sein müssen.
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Sole
Veröffentlicht am Montag, 21. Februar 2005 - 16:55 Uhr:   

Joern, wie kommst du darauf, dass es so hätte sein müssen? Der SSW war schon immer berechtigt, in Holstein zu kandidieren. Er hatte es nur nicht getan, das Wahlrecht ermöglichte ihm das. Jetzt geht das nicht mehr.

Der Rest ist schwarzgelber Katzenjammer. Ich kann verstehen, dass die Anhänger dieser Parteien nicht glücklich sind. Die Spielregeln in die Ecke werfen, weil die anderen die 6 gewürfelt haben ist aber nicht sportlich.

Mensch ärgere dich nicht.
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joern
Veröffentlicht am Montag, 21. Februar 2005 - 18:25 Uhr:   

Nur weil etwas "schon immer" so war, war und ist es längst nicht rechtens. Schon damals hätte ins Wahlgesetzt eine verbindliche Regelung gehört, dass der SSW nur im holsteinischen Landesteil kandidieren hätte dürfen, da es nur dort eine entsprechende ethnische Minderheit gibt. Bei der Neufassung des Landeswahlgesetzes zur LTW 2000 hätte dies spätestens aufgenommen werden müssen mit der Auflage, dass die Stimmzettel in den zumschleswigschen Landesteil gehörigen Wahlkreisen bei der Zweitstimme eine SSW-Liste zulassen, in denen des holsteinischen Landesteils nicht, da sonst eine nicht zu rechtfertigende Bevorzugung der SSW-Zweitstimmen in Holstein gegenüber anderen Parteien, die an der Sperrklausel scheitern, eintritt.

Direktwahlkreiskandidaten hätte der SSW übrigens dann auch in Holstein aufstellen dürfen, aber nur wenn sie die entsprechenden Unterstützerunterschriften vorgelegt hätten.


Diese Position habe ich übrigens auch schon lange vor dem Wahlabend vertreten - nur jetzt ist mal so ein Fall eingetreten, wo es auch Relevanz erlangt.
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Sole
Veröffentlicht am Montag, 21. Februar 2005 - 18:36 Uhr:   

Ein Wähler aus Schleswig, der nach Süden zieht, bleibt von derselben Nationalität. Friese bleibt Friese.
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Knut
Veröffentlicht am Montag, 21. Februar 2005 - 18:54 Uhr:   

Warum wird denn immer wieder kurz nach den Wahlen die Sonderregelung für den SSW kritisiert. Die Gerichte haben nach einer Klage von rechtsradikaler Seite entschieden, dass die Sonderbestimmungen für den SSW rechtens sind. Also: Warum immer wieder das Theater um den SSW?
Im übrigen: Im Landesteil Holstein holt der SSW kaum 2 % der Stimmen, die meisten Stimmen (weit über 10%) kommen immer noch aus Südschleswig, also von Seiten der dänischen und friesischen Minderheiten. Der SSW hat also kaum größere Vorteile von den hoslteinischen Wählern.
Zudem hat der SSW sich immer gegen die Wählbarkeit im Landesteil Holstein ausgeprochen.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Montag, 21. Februar 2005 - 19:00 Uhr:   

Mich ärgert auch eines. Dass der SSW mehrheitlich eher SPD-nahe Positionen vertritt, war immer bekannt. Der SSW hatte einen Parteitagsbeschluss zur möglichen Tolerierung einer Minderheitsregierung. Der SSW hat vor der Wahl ganz deutlich gemacht, was er nach der Wahl tun wird: eine Regierung tolerieren, die seinen politischen Vorstellungen am nächsten kommt. Dass jetzt die FDP sich ärgert, dass der Regierungswechsel misslungen und die mögliche Zweidrittelmehrheit mit Neuwahlen im Bund nach NRW im Mai nicht kommen wird, ist verständlich. Aber hier wird z.T. so getan, als habe der SSW seine Mandate unrechtmäßig errungen. Punkt ist, dass das Verfassungsgericht vollkommen zu recht entschieden hat, dass der SSW an den Wahlen teilnehmen kann. Anderenfalls hätte das Wahlrecht in SH in ein Ein-Stimmen-Wahlrecht geändert werden müssen. Auch die Forderung von Westerwelle, bei 745 Stimmen Abstand eine Nachzählung zu fordern, zeugt von schlechtem Stil (Westerwelle kann wohl nicht verlieren) sowie der Unfähigkeit, die Realitäten zur Kenntnis zu nehmen. Man sollte das Wahlergebnis so nehmen wie es ist und nicht jetzt hinterher dem SSW die Berechtigung, im Landag vertreten zu sein und vollgültige, d.h. voll legitimierte Politik zu betreiben, absprechen. Ralf Arnemann hat sich dementsprechend - völlig korrekt meiner Meinung nach - im Schleswig-Holstein-Thread entsprechend geäußert. Der SSW hat vorher gesagt, was er macht und steht nach der Wahl dazu. Im übrigen hat die SSW-Spitzenkandidatin erklärt, auch mit Union und FDP zu verhandeln. Dass Kubicki eine Beteiligung der FDP an einer vom SSW-tolerierten Minderheitsregierung für seine Partei ablehnt, ist sein Problem, nicht das des SSW.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Montag, 21. Februar 2005 - 19:46 Uhr:   

@Knut:
> die meisten Stimmen (weit über 10%) kommen immer noch aus
> Südschleswig, also von Seiten der dänischen und friesischen
> Minderheiten.
Wobei ich von Friesen gehört habe, daß sie sich vom "dänischen" SSW überhaupt nicht vertreten fühlen bzw. dessen Anspruch, auch für Friesen zu sprechen, für eine unbegründete Anmaßung halten.
Mir fehlt aber jegliche Information darüber, ob es beim SSW tatsächlich fast keine Friesen gibt.
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Mark Obrembalski
Veröffentlicht am Montag, 21. Februar 2005 - 19:50 Uhr:   

Was Westerwelle angeht, hat er die Nachzählung wohl schon zu einem Zeitpunkt gefordert, als noch von 70 Stimmen Differenz die Rede war. Die könnten bei der anstehenden Fehlerkorrektur und Zweifelsfallprüfung durchaus noch verschoben werden, wenn auch nicht gerade mit großer Wahrscheinlichkeit. 700 dürften allerdings nicht zusammenkommen, es sei denn, es gab irgendwo einen stockbesoffenen Kreiswahlausschuss.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Montag, 21. Februar 2005 - 20:00 Uhr:   

@Bernhard:
> Der SSW hat vor der Wahl ganz deutlich gemacht, was er nach der
> Wahl tun wird: eine Regierung tolerieren, die seinen politischen
> Vorstellungen am nächsten kommt.
Wobei aber m. W. nicht explizit gesagt wurde, daß das eine Unterstützung für rot/grün sein wird. Wenn die Union dem SSW inhaltlich entgegen kommt, wäre im Prinzip alles wieder offen.

Die Haltung des SSW finde ich völlig korrekt (bis auf das m. E. ungeschickte Verhalten am Wahlabend), geärgert haben mich Journalisten und rot/grüne Politiker, die den SSW schon völlig selbstverständlich auf ihr Konto gebucht haben und dabei keinen Respekt vor dessen Eigenständigkeit zeigten.

> Dass jetzt die FDP sich ärgert, dass der Regierungswechsel
> misslungen ...
Je nun, angesichts der gedämpften Erwartungshaltung vor der Wahl ist auch der Ärger nicht so groß. Der scheint mir bei der Union deutlicher zu sein.
Bis auf die etwas merkwürdige Bemerkung von Brüderle (dessen Meinung in dieser Frage aber völlig unmaßgeblich ist) sehe ich auch nirgends eine SSW-Kritik seitens der Liberalen.

> ... und die mögliche Zweidrittelmehrheit mit Neuwahlen im Bund
> nach NRW im Mai nicht kommen wird, ist verständlich.
Das ist für die Opposition eher positiv!
Die Zweidrittel-Mehrheit würde NICHT dazu führen, daß es zu vorgezogenen Bundestagswahlen kommt.
Aber sie würde Schröder die willkommene Ausrede dafür liefern, daß nichts mehr passiert.

> Punkt ist, dass das Verfassungsgericht vollkommen zu recht
> entschieden hat, dass der SSW an den Wahlen teilnehmen kann.
Richtig.
Ich bin schon überrascht, daß diese sehr eindeutige Lage zu solchen Diskussionen Anlaß gibt.

> Auch die Forderung von Westerwelle, bei 745 Stimmen Abstand eine
> Nachzählung zu fordern, zeugt von schlechtem Stil ...
Nein, das ist wiederum eine Selbstverständlichkeit.
Insbesondere da Westerwelle noch von 70 Stimmen ausgegangen ist - ein so knappes Ergebnis sollte selbstverständlich nachgezählt werden, das ist m. W. bei bundesdeutschen Wahlen normal.
Und anzuerkennen ist von beiden Seiten die dabei festgestellte Realität.

Wir haben bisher ein vorläufiges Endergebnis. Das ist besser als die übereinstimmenden Hochrechnungen gestern abend, aber noch nicht endgültig.
Mit dem SSW hat das aber nichts zu tun, der hat seine beiden Mandate sicher mit großen Abstand zum dritten.

> Dass Kubicki eine Beteiligung der FDP an einer vom SSW-tolerierten
> Minderheitsregierung für seine Partei ablehnt, ist sein Problem,
> nicht das des SSW.
Korrekt.
Ist m. E. auch ein deutlicher Fehler Kubickis gewesen, da voreilig Festlegungen zu treffen.
Es ist zwar recht unwahrscheinlich, daß sich der SSW von einem schwarz-gelben Angebot überzeugen läßt.

Aber wenn man nunmal rot/grün schlimm fürs Land findet, dann muß man sich auch Mühe geben, es zu verhindern. Und da ist ein Eingehen auf SSW-Vorstellungen nicht unzumutbar.
Und eigentlich braucht man "nur" ein inhaltlich gleich gutes Angebot vorlegen.
Ich schätze die SSW-Basis so ein, daß sie bei aller Sympathie für eine Seite auch registriert, daß die alte Regierung ja von den Wählern einen ziemlichen Vertrauensentzug bekommen hat und schwächer da steht als die schwarz-gelbe Alternative.
Wenn die Union bei der Schulfrage nachgibt (was ihr natürlich schwer fällt), dann müßte der SSW eigentlich eher ihr Angebot akzeptieren.
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Knut
Veröffentlicht am Montag, 21. Februar 2005 - 20:05 Uhr:   

@ Ralf Arnemann:
Es ist wirklich so! Jeweils der zweite Abgeordnete des SSW im Landtag ist ein Vertreter der friesischen Minderheit. Derzeit ist es Lars Harms, ein Betriebswirt, dem eine gewisse Nähe zur CDU nachgesagt wird. Lars Harms ist unter anderem im Friisk Foriining, also dem Kulturverein der friesischen Minderheit, aktiv.
In einem Punkt hast Du /haben Sie allerdings recht. Die Nordfriesen stehen nicht geschlossenb hinter dem SSW, wie die meisten Dänen es tun. Die meisten Friesen wählen immer noch CDU. Wahrscheinlich sind es eher die Funktionäre der friesischen Vereine, also die in der Kulturarbeit ativen Friesen, die den SSW wählen.
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Wilko Zicht
Veröffentlicht am Montag, 21. Februar 2005 - 20:06 Uhr:   

>Mir fehlt aber jegliche Information darüber, ob es beim SSW
>tatsächlich fast keine Friesen gibt.


In der neuen SSW-Fraktion beträgt der Friesenanteil 50 Prozent.
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Knut
Veröffentlicht am Montag, 21. Februar 2005 - 20:24 Uhr:   

@ Ralf Arnemann:
Ich glaube auch, es ist ein Fehler der SPD, den SSW so zu vereinnahmen. Der SSW ist immer zu beiden Seiten offen.
Weder sollte die CDU den SSW vorzeitig angreifen, noch de SPD den SSW
so stark für ihre Politik vereinnahmen. Der SSW ist eine eigenständige
Mitte evt. noch Mitte/Links Partei
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Sole
Veröffentlicht am Montag, 21. Februar 2005 - 20:26 Uhr:   

Kann denn die FDP mit einer Schulpolitik leben, wie der SSW sie will? Bisher erschien sie ganz auf der alten CDU-Linie.
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FDP-Kenner
Veröffentlicht am Montag, 21. Februar 2005 - 20:36 Uhr:   

> Kann denn die FDP mit einer Schulpolitik leben, wie der SSW sie will? Bisher erschien sie ganz auf der alten CDU-Linie.

Die FDP kann mit allem leben was ihr Ministerposten bringt.

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