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Wahlrecht.de Forum » Tagesgeschehen » Wahl des Bundespräsidenten » Bundespräsidentenwahl 2004 » 676-700 « Zurück Weiter »

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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Montag, 08. März 2004 - 14:55 Uhr:   

@Torsten:
> Insofern ist die Kandidatur Schmalz-Jacobsens die ganze Zeit
> völliger Humbug gewesen.
Nicht die ganze Zeit. Sie war von Anfang an wenig wahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Sie scheiterte erst dann definitiv, als Anfang letzter Woche Rote und vor allem Grüne keine klaren Ansagen in diese Richtung machten, um die Endverhandlungen zwischen FDP und Union noch rechtzeitig abzufangen.

> ... die FDP hatte niemals eine ernstzunehmende Drohkulisse.
Doch, die hatte sie, und zwar bis zum Schluß.
Anfangs gab es noch Drohvarianten mit rot/grün (neben Schmalz-Jacobsen im Prinzip auch noch Optionen mit parteineutralen Kandidaten). Die sind aber (s.o.) weggefallen.

Der FDP verblieb aber auf jeden Fall die Option, auf eine eigene Kandidatur zu setzen (natürlich chancenlos) und die Union dadurch ins Messer laufen zu lassen. Diese Möglichkeit hätte in der FDP durchaus große Zustimmung gefunden.
Einen weniger überzeugenden Unions-Kandiaten als Köhler hätte Westerwelle intern nicht durchbekommen. Eigentlich lief das nur, weil Köhler gar nicht wirklich als Unions-Mitglied wahrgenommen wird, sondern als "Neutraler" mit liberalen Ansichten.

Einen in der FDP so unpopulären Kandidaten wie Schäuble hätte die Union höchstens in einer Koalition durchsetzen können, wenn sie im Gegenzug sehr handfeste Zugeständnisse anderswo gemacht hätte.
Gleiches gilt auch für Stoiber. Deswegen halte ich auch alle Medienspekulationen für Humbug, Merkel hätte diesen ernsthaft vorschlagen wollen.

Man sollte übrigens auch den Einfluß von Altkanzler Kohl in der Union nicht unterschätzen. Der zieht immer noch 'ne Menge Strippen, und der hat ganz klar gegen Schäuble gearbeitet.
Letztlich hat wohl nur Schäuble selber geglaubt, er hätte noch ernsthafte Chancen. Und hat sich dann von Koch, Merz und Stoiber verheizen lassen, denen es nur um die Merkel-Demontage ging.
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Mörsberg
Veröffentlicht am Montag, 08. März 2004 - 15:34 Uhr:   

Ach ja, Bernhard, Dein Beharren auf der angeblichen Schmalzjacobsenoption klingt inzwischen doch arg bockig (und nervt). Was hat das denn zu bedeuten, dass Bütikofer mit allen möglichen Leuten nett Schwätzle hält? Ist daran irgendwas verbindlich? Bei den Grünen hing die Präsidentenfrage dieses Mal sehr tief. Sonst hätten sich da auch andere Leute als Bütikofer eingemischt. Und jetzt fang bitte nicht damit an, dass er immerhin Parteivorsitzender sei. Wir alle wissen, dass das bei den Grünen kein besonders hochkarätiger Posten ist.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Montag, 08. März 2004 - 18:48 Uhr:   

So, die von Euch verlangte Quelle hineinkopiert - aus der FAZ (war Euch oben alles hineingelinkt) wörtlich:
Die Runde sprach darüber, wie SPD und Grüne - für den Fall der Fälle - reagieren würden, wenn die FDP die frühere Ausländerbeauftragte Cornelia Schmalz-Jacobsen vorschlagen würde. Rasch war Einvernehmen hergestellt, zumal der Vorschlag, die FDP-Politikerin sei eine geeignete Kandidatin, schon im vergangenen Jahr aus den Reihen von SPD und Grünen gemacht worden war. Die Koalition werde sie unterstützen, war die Festlegung, die auch deswegen leicht fiel, weil es bei ihnen als überaus unwahrscheinlich galt, daß der Vorschlag von der FDP und ihrem Vorsitzenden Westerwelle gemacht würde. Weiteren Möglichkeiten wurden in der Unterredung nicht durchgespielt.


Zitatende

Dieselbe Quelle von der Nachrichtenagentur Reuters.

Ich weiß dies auch aus persönlichen Gesprächen mit einem grünen Kommunalpolitiker, die Verbindungen sogar zu Außenminister Fischer hat.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Montag, 08. März 2004 - 23:53 Uhr:   

Diese Koalitionsrunde fand statt am Dienstag abend bevor Westerwelle zu dem Tete a Tete mit Merkel und Stoiber aufbrach und wurde durch alle Sender gebracht. Jetzt soll mir bitte niemand kommen und sagen, diese verbindliche Festlegung habe ja nicht bedeutet, dass alle Stimmen in der Bundesversammlung von rot-grün für die Kandidatin sicher waren. Hierzu habe ich oben das notwendige gesagt: niemand kann alle Stimmen versprechen. Es hätte dann aber eine Auseinandersetzung Schäuble gegen Schmalz-Jacobsen gegeben und daher bleibe ich dabei: Frau Schmalz-Jacobsen wäre gewählt worden.

Westerwelle mußte sagen, die Grünen hätten durch ihre Distanz die Mehrheitsfähigkeit der Schmalz-Jacobsen-Option gefährdet - wie anders hätte er denn sonst Kubicki und Co gegenüber argumentieren sollen, warum er die einmalige Chance nicht nutze, einen Bundespräsidenten - hier Bundespräsidentin der FDP zu wählen? Dies wurde zwar alles schon einmal gesagt, da mir aber Bockigkeit und Spekulationen hier unterstellt werden, sollte dies doch nochmals deutlich zur Sprache kommen. Die Quellen der FAZ - glaubwürdig - und Reuter belegen: es gab eine Koalitionsrunde von rot-grün am Dienstag abend und die hat definitiv festgelegt (!!!!!!) Frau Schmalz-Jacobsen zu unterstützen und sie wurde publik gemacht bevor Westerwelle zu den entscheidenden Verhandlungen mit Stoiber und Merkel in seiner Wohnung am Dienstag abend zusammentraf. So, jetzt hab ich aber die Nase voll, mich zu diesem Thema nochmals zu äußern. Die Quellen liegen vor und ich habe meine These deutlich genug begründet. Ihr könnt ja gerne anderer Meinung sein, aber ich kann mich nicht erinnern, Euch Spekulation oder Bockigkeit oder sonstwas vorgehalten zu haben. Was ich der FDP-Öffentlichkeitsarbeit vorhalte, ist Unehrlichkeit. Es ist unehrlich zu sagen, Schäuble sei an der Union gescheitert (die Fraktionsführung rief laut Focus jeden Schäuble-Kritiker der Bundesversammlung an, es gab maximal 2 Gegenstimmen), wenn es auch generell natürlich CDU-ler gab, die Schäubles Kandidatur nicht wollten - sie hätten im entscheidenden Moment sicherlich nicht dagegen gestimmt. Also: Schäuble scheiterte am Widerstand der FDP. Und die Schmalz-Jacobsen-Lösung scheiterte nicht am Willen der SPD und der Grünen (schon am Sonntag vor 8 Tagen erklärte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Beck gegenüber N-TV in der Abenddiskussion, eine Frau, etwa Frau Schmalz-Jacobsen, wäre über die Parteigrenzen von rot-grün mitwählbar), sondern an der mangelnden Courage der FDP-Führung, sie auszuprobieren. Alle gegenteiligen Behauptungen dienen meiner Meinung nach der Gesichtswahrung gegenüber denjenigen in der Partei, die auf jeden Fall eine eigene FDP-Kandidatur durchziehen wollten: entweder Gerhardt mit der Union oder Schmalz-Jacobsen mit SPD und Grünen gegen Schäuble. So, Schluss dann.
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m.g.s.
Veröffentlicht am Dienstag, 09. März 2004 - 10:45 Uhr:   

Jetzt wird endlich auch mal der Auswahlprozess von Frau Schwan thematisiert, der ja ein typisch Schröder'sches Kaninchen aus dem Hut war (wenn auch hier vermutlich ohne besondere Wirkung):

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,289705,00.html

Der Artikel stellt dar, dass es durchaus Unmut insbesondere bei den Grünen darüber gibt, dass ihnen eine Kandidatin einfach so vorgesetzt wurde.

Hier muss ich auch mal denjenigen zustimmen, die die Meinung vertreten, der Oppositions-Auswahlprozess sei ein ganz normaler demokratischer Prozess gewesen. Diese Schröder'sche (oder von Schröder zur Perfektion getriebene) Lösungs-aus-dem-Ärmel-Schüttelei ist vielleicht taktisch oder machtpolitisch bisweilen brillant, grenzt aber für die Leute aus den Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen ebenso bisweilen an Unverschämtheit.

Ich amüsiere mich übrigens über diejenigen von Euch, die zu jedem Posting dazuschreiben, das sei jetzt das letzte, das allerletzte oder das allerallerletzte Posting zu diesem Thema. Was ist denn so schlimm daran, noch ein wenig weiter zu diskutieren, wenn es noch was zu sagen gibt. Solange noch neuer Stoff aus den Medien und unseren Köpfen kommt und nicht ein und dasselbe Argument wiederholt vorgetragen wird, ist das doch ok, auch wenn das Thema gleich bleibt.
Bis zur Wahl wird es doch nun mit Sicherheit noch die eine oder andere Bemerkung zu tätigen geben...

Schönen Tag,
Markus
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Dienstag, 09. März 2004 - 11:52 Uhr:   

@Bernhard:
Sorry, aber auch wenn es die FAZ ist - letztlich bringen die nur wieder eines der unbestätigten Gerüchte, die es in den letzten Monaten zu Hauf' gegeben hat und von denen der größte Teil keine Grundlage hatte.
Es hat aber m. W. nie eine ÖFFENTLICHE Festlegung gerade von grünen Spitzenpolitikern gegeben, auf die man sich hätte berufen können.

Thomas Frings hat das weiter oben sehr richtig gesagt:
> Hätten die Grünen Schmalz-Jacobsen wirklich wählen wollen, hätten
> sie das doch nur frühzeitig öffentlich verkünden brauchen.
Exakt.
Und genau diese Festlegung haben die Grünen vermieden - wohl nicht ohne Absicht.

Es wäre politischer Selbstmord von Westerwelle gewesen, in dieses Messer zu rennen.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Dienstag, 09. März 2004 - 18:43 Uhr:   

Also für mich ist die FAZ eine seriöse Quelle und ich bin nicht bereit, jetzt zu sagen: die und die Quelle passt mir nicht, deshalb wird sie nicht beachtet. Eine öffentliche Festlegung der Grünen konnte wohl schlecht erfolgen, da Westerwelle ja erst am Dienstag mit Bütigkhofer offizielle Gespräche geführt hat. In der Eile der Zeit blieb ja Bütighofer wohl nichts anderes übrig, als zu sagen, dass die Option Schmalz-Jacobsen ein interessanter Vorschlag sei. Die Festlegung des Koalitonskreises wurde ja auch von Reuters bestätigt. Also jetzt zu sagen, die und die Quelle passt mir nicht, akzeptiere ich nicht. Dass die Grünen von selber offiziell - vereinzelt ist dies ja geschehen - einen Kandidaten der Opposition vorschlagen, kann man nicht erwarten.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Mittwoch, 10. März 2004 - 11:23 Uhr:   

Natürlich ist die FAZ selber seriös, das bestreite ich nicht.
Die hat hier nichts erfunden oder umgelogen.
Aber sie hat eben nur das berichten können, was ihr vorlag: Ein Gerücht.
Es war bei dieser Koalitionsrunde ja wohl kein FAZ-Reporter als Zeuge dabei, und eine offizielle Pressemeldung gab es auch nicht.

Sondern irgendein ungenannter Teilnehmer hat gegenüber FAZ/Reuters seine Sicht der Gespräche wiedergegeben. Kann wahr sein, kann teilweise wahr sein, kann völlig falsch sein. Das kann die FAZ nicht beurteilen.

Fakt ist einfach: Wenn die Grünen wirklich eine Präsidentin Schmalz-Jacobsen hätten haben wollen, dann hätten sie das vorher öffentlich sagen können und müssen. Ganz klar und ohne Ausflüchte, und die Promis (vor allem Fischer) hätten sich dahinter stellen müssen.
Dann wäre Westerwelle kaum noch eine Chance geblieben - die eigene Kandidatur hatte immer Priorität.

Die Grünen haben aber nichts dergleichen getan, sondern sich eben auf das Lancieren diverser Gerüchte beschränkt, sind also völlig unverbindlich geblieben.
Und das läßt allein den Schluß zu, daß sie Schmalz-Jacobsen keineswegs mitwählen wollten, sondern nur die FDP auflaufen lassen wollten. Was ja auch aus grüner Sicht viel sinnvoller ist.
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c07
Veröffentlicht am Mittwoch, 10. März 2004 - 22:29 Uhr:   

Ralf:
> Es war bei dieser Koalitionsrunde ja wohl kein FAZ-Reporter als Zeuge
> dabei, und eine offizielle Pressemeldung gab es auch nicht.

Von den Grünen schon.

Ich hab mal die Site der Grünen und ihrer Fraktion durchsucht, da findet sich der Name Schmalz-Jacobsen sonst nur noch bei der Aschermittwochsrede von Krista Sager.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Mittwoch, 10. März 2004 - 23:00 Uhr:   

Es ist meines Erachtens ganz deutlich, dass die FDP hier für die Öffentlichkeit ein ziemlich übles Spiel gespielt hat. Die Unterstützung der Grünen und der SPD für Schmalz-Jacobsen war vorhanden. Quellen dafür gibt es in der Tat genug. Die gegenteilige Behauptung der FDP-Führung dient meines Erachtens der Gesichtswahrung Westerwelles, der vor Kubicki, Hahn und anderen FDP-Politikern, die eine eigene Kandidatur um jeden Preis befürworteten, wahrheitswidrig erklären wollte, eine mehrheitsfähige Lösung mit Frau Schmalz-Jacobsen habe es nicht gegeben.

Genauso mit Schäuble. Es mag Widerstände auch in der Union gegen Schäuble gegeben haben. Tatsache ist nach Focus, dass die Unionsführung Schäuble-Kritiker, die Mitglied der Bundesversammlung waren, angerufen hat, um deren Stimmverhalten zu prognostizieren. Ergebnis: maximal 2 Gegenstimmen. Schäuble wurde von der FDP abgelehnt.

Ich möchte nochmals klarstellen. Egal wie man zu dem Verhalten der FDP steht. Für die Entscheidung der FDP-Führung gegen die Aufstellung eines eigenen Kandidaten und für die Unterstützung von Herrn Köhler mag es gute und nachvollziehbare Gründe gegeben haben. Aber dann bitte sich nicht nur immer rühmen, den "Schlüssel" in der Frage der Entscheidungsfindung der Bundesversammlung zu besitzen, sondern sich bitte - wenn man ihn "benutzt" hat - auch dazu ehrlich bekennen und zu den eigenen getroffenen Entscheidungen stehen.

Fakt ist:
Westerwelle und ein Teil der FDP-Führung wollte die Schmalz-Jacobsen-Option nicht wie die FAZ - ich habe dies ja hineinkopiert) am Dienstag, dem 2. März aus der Präsidiumssitzung der FDP auch berichtete (hier hieß es, Westerwelle habe Vorbehalte gegen die Schmalz-Jacobsen-Lösung erkennen lassen). Dies geschah aus nachvollziehbaren und durchaus plausiblen und auch legitimen Gründen. Dann aber bitte nicht die Schuld auf die Grünen abwälzen.

Fakt ist:
Schäuble ist hauptsächlich (!!!) am Widerstand der FDP gescheitert. Hätte Westerwelle in der entscheidenden "Gipfel-"Nacht mit Merkel und Stoiber in Berlin grünes Licht für Schäuble gegeben, wäre dieser gemeinsamer Präsidentschaftskandidat von Union und FDP und vermutlich - trotz Widerständen aus dem Kohl-Lager der Union - letztlich Bundespräsident geworden.

C07 hat jetzt dankenswerterweise die Presseerklärung der Grünen noch ins Forum gepostet, aber auch FAZ und Reuters sind für mich (!!!!) als Sekundärquelle aussagekräftig genug.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Donnerstag, 11. März 2004 - 10:48 Uhr:   

Schön, daß c07 nochmal die Originalzitate als Link gegeben hat. Dann sieht man doch, auf welch schwammiger Grundlage die These von der grünen Unterstützung für die FDP beruht.

Bütikofer hat erklärt:
"In den Sondierungsgesprächen des Herrn Westerwelle wurde deutlich, dass eine rot-gelb-grüne Mehrheit in der Bundesversammlung für Frau Schmalz-Jacobsen möglich ist."
Natürlich ist die möglich. Es ist auch möglich, daß die CDU-Führung komplett zur SPD wechselt und Schröder zu Füßen fällt...
"Möglich" heißt aber noch lange nicht, daß die Grünen das auch wirklich machen werden, und vor allem, daß das ohne Bedingungen geschieht, die für die FDP nicht akzeptabel sind.

Mit solchen unscharfen Äußerungen fährt Bütikofer genau die Strategie, die ich oben beschrieben habe: Man hängt die Karotte vors Maul, führt in beliebiger Länger Verhandlungen - und läßt die am Ende dann platzen. Und dann ist Westerwelle erlegt, Blattschuß und weg.

Wenn die Grünen ernsthaft eine Bundespräsidentin Schmalz-Jacobsen gewollt hätten, dann hätten sie das anders formuliert und auch explizit bekannt gegeben, nicht in einer Pressemitteilung, die im Kern nur auf Westerwelles Entscheidung für die Union reagiert.

Und was die Rede von Krista Sager betrifft - da findet sich zwischen lauter Faschings-Klamauk nur folgende Erwähnung:
"Auch die Schmalz-Jacobsen kam noch ins Spiel. Das geht mit der Union gar nicht. Da hätte man denen ja gleich die Süssmuth vorschlagen können, die hätte vielleicht eine Mehrheit in der Versammlung, aber niemals in der Union."
Das mit der Mehrheit in der Versammlung bezieht sich eindeutig auf Süßmuth, nicht auf Schmalz-Jacobsen.
Über die wird nur gesagt, daß die Union sie nicht will - aber nicht, daß die Grünen sie wollen.

Auf "Offerten" dieser Art einzugehen wäre für die FDP schlichte Dummheit gewesen.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Donnerstag, 11. März 2004 - 16:16 Uhr:   

@Bernhard Nowak
"Fakt ist:
Westerwelle und ein Teil der FDP-Führung wollte die Schmalz-Jacobsen-Option nicht wie die FAZ - ich habe dies ja hineinkopiert) am Dienstag, dem 2. März aus der Präsidiumssitzung der FDP auch berichtete (hier hieß es, Westerwelle habe Vorbehalte gegen die Schmalz-Jacobsen-Lösung erkennen lassen). Dies geschah aus nachvollziehbaren und durchaus plausiblen und auch legitimen Gründen. Dann aber bitte nicht die Schuld auf die Grünen abwälzen.

Fakt ist:
Schäuble ist hauptsächlich (!!!) am Widerstand der FDP gescheitert. Hätte Westerwelle in der entscheidenden "Gipfel-"Nacht mit Merkel und Stoiber in Berlin grünes Licht für Schäuble gegeben, wäre dieser gemeinsamer Präsidentschaftskandidat von Union und FDP und vermutlich - trotz Widerständen aus dem Kohl-Lager der Union - letztlich Bundespräsident geworden."

Fakt ist: DU willst Schmalz-Jacobsen, die Grünen wollten sie nicht, die FDP wollte sie nicht, die SPD vielleicht.
Fakt ist: Westerwelle hätte eine Zustimmung zu Schäuble politisch nicht überlebt.

"aber auch FAZ und Reuters sind für mich (!!!!) als Sekundärquelle aussagekräftig genug."
Sekundärquellen sind vor allem Quellen für meist haltlose Gerüchte, oft werden diese auch gezielt gestreut. Das war auch hier so offenkundig der Fall, daß man da gar nicht weiter diskutieren muß: Die FDP sollte in eine Falle gelockt werden. Wenn Westerwelle auf so einen Billig-Trick reingefallen wäre, hätte er politischen Selbstmord begangen, wie Ralf richtigerweise schon gesagt hat.

Noch etwas zu Sekundärquellen: Wer mal bei einem Ereignis anwesend war, über das später in den Medien berichtet wurde, oder wer die Primärquellen heranzieht denkt doch oft, er lebe in einem Paralleluniversum. Oft werden die ursprünglichen Tatsachen arg entstellt.
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c07
Veröffentlicht am Donnerstag, 11. März 2004 - 19:09 Uhr:   

Ralf:
> "Möglich" heißt aber noch lange nicht, daß die Grünen das auch wirklich
> machen werden, und vor allem, daß das ohne Bedingungen geschieht,
> die für die FDP nicht akzeptabel sind.

In der Presseerklärung ist schon klar, dass sich die Unsicherheit des "möglich" nur auf den Willen der FDP bezieht. Letztlich steht hier Aussage gegen Aussage. Mindestens hat die FDP den Grünen nicht vertraut (ob berechtigt oder nicht, ist eine andere Frage). Ein gewisses Risiko bei solchen Absprachen, dass man schlicht belogen wird, besteht natürlich immer, aber andererseits setzt doch niemand seine Glaubwürdigkeit wegen so einer Belanglosigkeit aufs Spiel.

Dass die Delegierten einer Entscheidung der Parteiführung (so sie gefallen wäre) hier annähernd geschlossen gefolgt wären, bin ich mir ziemlich sicher. Die Gründe aus Sicht der Grünen gegen ein Bündnis mit der FDP, die du aufgeführt hast, sind zwar prinzipiell schon richtig, aber derlei taktische und rein machtpolitische Erwägungen findet man bei den Grünen vor allem in der engeren Parteispitze. Die anderen scheren sich normalerweise sehr wenig um solche Sachen.

> Wenn die Grünen ernsthaft eine Bundespräsidentin Schmalz-Jacobsen gewollt
> hätten, dann hätten sie das anders formuliert und auch explizit bekannt
> gegeben, nicht in einer Pressemitteilung, die im Kern nur auf Westerwelles
> Entscheidung für die Union reagiert.

Sicher wär es eine Lösung gewesen, die nicht die reine Begeisterung bei den Grünen geweckt hätte. Deshalb wär eine entsprechende Pressemitteilung nach der Einigung mit der FDP, die es eben nicht gegeben hat, zu erwarten gewesen.

Abgesehen davon ist die Qualität ihrer Pressemitteilungen inzwischen auf dem Niveau der anderen Parteien angekommen. Mir scheint fast, dass sie sie manchmal sogar noch unterbieten wollen.
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Bernhad Nowak
Veröffentlicht am Donnerstag, 11. März 2004 - 21:42 Uhr:   

@Thomas: Völlig falsch. Fakt 1: Die Grünen wollten Schmalz-Jacobsen. Die Presseerklärung Bütigkhofers beweist dies.
Fakt 2: Westerwelle hätte eine Zustimmung zu Schäuble politisch nicht überlebt. Nichts anderes habe ich gesagt. Dies steht ausdrücklich in dem von Dir von mir zitierten Satz. Fakt ist nicht, dass ich Frau Schmalz-Jacobsen will. Ich habe meine Präferenzen in diesem Thread nie benannt. Wenn ich die Wahl gehabt hätte, hätte ich mich für den Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Böhmer, entschieden. Dies wäre mein Kandidat gewesen. Er hatte aber als Kandidat aus dem Osten nie eine Chance, weil Frau Merkel, die Kanzlerkandidatin in Spe, auch aus dem Osten kam. Wer angesichts der klaren Presseerklärung der Grünen, die C07 dankbarerweise ins Forum kopiert hat, immer noch behaupten kann, die Grünen wollten sie nicht, muss meines Erachtens diese Erklärung falsch verstanden haben.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Freitag, 12. März 2004 - 10:33 Uhr:   

@c07:
> In der Presseerklärung ist schon klar, dass sich die Unsicherheit
> des "möglich" nur auf den Willen der FDP bezieht.
Dieser Eindruck ist in der Tat so gewollt.
Aber gleichzeitig ist die Formulierung auch geeignet, um später beliebige Rückzugsmanöver zu decken. D.h. wenn die Grünen dann doch nicht mitgewählt hätten, dann hätte man sie oder ihre Glaubwürdigkeit damit nicht angreifen können.

> Letztlich steht hier Aussage gegen Aussage.
Richtig.
Und natürlich ist es naiv, eine solche Erklärung von Bütikofer (oder Westerwelle) für die absolute Wahrheit zu halten.

Fakt ist, daß die Grünen sich NICHT öffentlich auf eine unbedingte Unterstützung für Schmalz-Jacobsen festgelegt haben.
Und entsprechend lehne ich alle Thesen der Art ab, eine rot/grün/gelbe Mehrheit wäre sicher gewesen und Westerwelles Zusammengehen mit der Union bewiesene Intrige.

Umgekehrt behaupte ich auch nicht, daß es bei den internen Gesprächen keine grünen Angebote gegeben hätte: Da ich nicht dabei war, kann ich das genausowenig beurteilen wie irgend jemand sonst hier (oder in den Medien).

Wir werden es schlicht nie erfahren, wie die Sondierungsgespräche wirklich gelaufen sind und ob die Koalition wirklich bereit gewesen wäre, die FDP mitzuwählen.

Meine These, daß die Grünen nur eine taktische Falle aufgebaut haben, ist reine Spekulation - kann aber auch nicht widerlegt werden.
Und von der Wahrscheinlichkeit her halte ich sie für deutlich plausibler, weil eben die Grünen die klare Festlegung vermieden haben - und das macht man im Berliner Politikgeschäft nicht ohne Absicht.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Freitag, 12. März 2004 - 13:43 Uhr:   

@Bernhard
Die Pressemitteilung beweist gar nichts, selbst wenn man Pressemitteilungen der Grünen für die Verkündigung der reinen Wahrheit hält läßt sich da kein "Beweis" herauslesen. Zudem hat sich nie ein bekannter Grüner klar für Schmalz-Jacobsen ausgesprochen. Die Aschermittwochsrede von Krista Sager kann man dagegen auch so auslegen, daß die Grünen nie auf die Idee gekommen sind, Schmalz-Jacobsen eventuell mitzutragen.

@C07
"Ein gewisses Risiko bei solchen Absprachen, dass man schlicht belogen wird, besteht natürlich immer, aber andererseits setzt doch niemand seine Glaubwürdigkeit wegen so einer Belanglosigkeit aufs Spiel."
Grüne und FDP werden niemals gemeinsam regieren, zumindest nicht im Bund. Die FDP zu blamieren können sie sich getrost leisten. Bei der Masse der Grünen-Sympathisanten käme es dagegen sehr gut an, die FDP vorzuführen.
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c07
Veröffentlicht am Freitag, 12. März 2004 - 14:52 Uhr:   

Thomas:
> Die FDP zu blamieren können sie sich getrost leisten.

Das Szenario wär doch so, dass sich FDP und Grüne geeinigt hätten. Dann hätten sie die Einigung natürlich öffentlich verkünden müssen. Also geht es nicht mehr nur um die gegenseitige Glaubwürdigkeit, sondern auch um die vor der Öffentlichkeit allgemein. Ich glaub z.B. nicht, dass das die Medien besonders lustig finden würden.

> Bei der Masse der Grünen-Sympathisanten käme es dagegen sehr gut an,
> die FDP vorzuführen.

Bei einem Teil der Stammwähler bzw. Mitglieder vielleicht schon, aber von der Mehrzahl wird so ein kindisches Verhalten wohl kaum honoriert. Man muss schon eine sehr starke Identifikation mit was haben, dass man solche Machtproben vor alles andere stellt. Abgesehen davon haben FDP und Grüne ein nennenswertes gemeinsames Wählerpotenzial, auf das sie auch ein bisschen Rücksicht nehmen müssen.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Freitag, 12. März 2004 - 15:49 Uhr:   

"Abgesehen davon haben FDP und Grüne ein nennenswertes gemeinsames Wählerpotenzial"
Das bezweifel ich stark. Ich denke, daß die Schnittmenge nahe null ist. Die repräsentative Wahlstatistik von 2002 spricht auch deutlich dagegen. Von denen, die mit der Zeitstimme die Grünen wählten, gaben nur 1,4% die Erststimme der FDP (dagegen für SPD 59,7%, Grüne 32,6%, CDU/CSU 4%). Umgekehrt stimmten 1,9% der FDP-Zweitstimmenwähler mit der Erststimme für die Grünen (FDP 47,7%, CDU/CSU 36,1%, SPD 11,9%). Von denen, die mit der Erststimme FDP wählten, gaben gerade 2,1% die Zweitstimmen den Grünen (FDP 61,1%, CDU/CSU 19,4%, SPD 10,4%)und nur 2,5% der Grünen-Erststimmenwähler wählten mit der Zweitstimme FDP (dagegen 49,4% Grüne, 37,5% SPD, 5% CDU/CSU).
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Freitag, 12. März 2004 - 16:15 Uhr:   

@c07:
> Das Szenario wär doch so, dass sich FDP und Grüne geeinigt hätten.
Das ist der einfache Fall - der wäre natürlich für beide Seiten problemlos zu verkaufen.

Der schwierige Fall ist, wenn sie sich auf Verhandlungen eingelassen hätten, ohne sich zu einigen.
Dann wäre die Frage gewesen: Wer wird durch die Nicht-Einigung beschädigt.
Die FDP ganz bestimmt, weil sie dann reumütig zur Union zurückkriechen müßte oder alleine ganz untergeht.
Die Grünen nur dann, wenn die Nicht-Einigung als Kontrast zu ihren vorherigen Ankündigungen angekommen wäre und sie damit ein Glaubwürdigkeitsproblem bekommen.

Das hängt von der genauen Inszenierung ab: Wenn Fischer/Schlauch/Bütikofer öffentlich heilige Schwüre zu Gunsten von Schmalz-Jacobsen machen, und dann kurz vor der Wahl "Ätsch-Bätsch" sagen - dann kommt das nicht als raffiniert an, sondern als hinterhältig. Dann hätten die Grünen den schwarzen Peter.

Wenn sie aber nur eine Möglichkeit in den Raum stellen, und dann nach langen Verhandlungen behaupten, der Westerwelle und die FDP wären ja inhaltlich so unsäglich, daß man leider nicht zusammenkäme - dann kämen sie problemlos wieder raus und hätten bei der Wahl freie Hand.

Solange also die Grünen sich vor den Verhandlungen so bedeckt halten, wie sie es getan haben - solange haben sie es völlig in der Hand, ob hinterher eine schöne Einigung steht oder eine einseitige Blamage für die FDP. Und es wäre doch erstaunlich, wenn sie diese Wahlfreiheit nicht für die zweite Option nützen würden.
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c07
Veröffentlicht am Freitag, 12. März 2004 - 17:53 Uhr:   

Thomas: Stimmensplitting zwischen Grünen und FDP ist sicher kein geeigneter Indikator für ein gemeinsames Wählerpotenzial. Rationale Gründe dafür gibt es nicht (insbesondere auch nicht in Kreuzberg, wo grünennahe FDP-Wähler ganz im Gegenteil Ströbele verhindern müssten), und Wähler in diesem Bereich sind gewöhnlich relativ gut informiert. Das ist schon eine Entweder-oder-Entscheidung.

Ralf:
> Der schwierige Fall ist, wenn sie sich auf Verhandlungen eingelassen
> hätten, ohne sich zu einigen.

Was wär da groß zu verhandeln gewesen? Der Deal hätte die Grundlage allein dadurch, dass beide Seiten meinen, dass sie davon profitieren. Zu diskutieren gibt es da höchstens, mit welcher Wahrscheinlichkeit sich die Delegierten an den Vorschlag halten. Ob es bessere Lösungen gibt, muss jede Seite für sich klären. Und offenbar hat mindestens eine Seite eine bessere Lösung gesehn, aber wir wissen nicht, welche.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Freitag, 12. März 2004 - 22:44 Uhr:   

"So hat der stellvertretende FDP-Vorsitzende Andreas Pinkwart behauptet es sei nicht erkennbar gewesen „ dass es eine Unterstützung für unseren Vorschlag geben könnte“ (Zitat). Das Gegenteil ist der Fall. In den Sondierungsgesprächen des Herrn Westerwelle wurde deutlich, dass eine rot-gelb-grüne Mehrheit in der Bundesversammlung für Frau Schmalz-Jacobsen möglich ist. Offen blieb bisher nur die Frage, ob die FDP, ob Herr Westerwelle dieses möchte.

Der Ball liegt also bei der FDP."

So, dies ist das Zitat der Grünen. Es heißt dort ausdrücklich: das Gegenteil von Pinkwarts Behauptung, dass es nicht erkennbar gewesen sei, ob es seitens der Grünen eine Unterstützung für den Personalvorschlag Schmalz-Jacobsen geben könnte, sei der Fall. Dies bedeutet also: es gab eine Unterstützung für den Vorschlag Schmalz-Jacobsen, publiziert am Mittwoch, dem 3. März, also einen Tag nach der Sondierung Westerwelles bei Bütighofer. Es war nur nicht erkennbar, ob die FDP diese Unterstützung annehmen werde.

Daher kann ich nur sagen: diese Presseerklärung ist eindeutig. Der Ball lagwirlich bei der FDP.

Und jetzt nochmals: warum sollten die Grünen denn lügen? Eine linksliberale Bundespräsidentin Cornelia Schmalz-Jacobsen wäre doch für die Grünen strategisch wesentlich "wertvoller" gewesen - bei einem so relativ machtlosen Amt - wie eine eigene Kandidatin oder die Unterstützung einer SPD-Kandidatin, jetzt Gesine Schwan. Denn eine Bundespräsidentin Schmalz-Jacobsen, die ja dann als Alternativkandidatin gegen Wolfgang Schäuble ins Rennen geschickt worden wäre, hätte den "Spaltpilz" in die angebahnte schwarz-gelbe Verbindung gebracht. Psychologisch wären doch die Beziehungen zwischen CDU/CSU und FDP vergiftet gewesen - und Frau Merkel eindeutig als Kanzlerkandidatin verhindert worden. Die FDP hätte an einer zentralen Schaltstelle erneut einen Kandidaten ihrer Wahl gehabt - entweder Gerhardt oder Frau Schmalz-Jacobsen.

Und außerdem gibt es ja neben der Presseerklärung die Erklärung Schröders und die Berichterstattung von Reuters. Und Schröde wollte immer eine Frau und die sich anbahnende schwarz-gelbe "Koalition" spalten. Marc K. hatte also in einem obigen Beitrag meines Erachtens völlig recht: Warum hätten die Grünen und die SPD Schmalz-Jacobsen nicht wählen sollen? Eine Wahl von Frau Schmalz-Jacobsen wäre ein viel wertvollerer "Erfolg" für rot-grün gewesen als das Durchbringen einer eigenen Kandidatin im 3. Wahlgang durch getrennte Kandidaturen von Union und FDP, da das Klima zwischen Union und FDP durch die Präsidentenwahl vergiftet worden wäre - die Schlagzeilen wären klar gewesen und die Opposition heillos zerstritten. Aus Sicht von rot-grün viel "besser" und "taktisch klüger" als eine - eventuell erfolgreiche - eigene Kandidatin im 3. Wahlgang.

Und daher nochmals mein Vorwurf: Westerwelle hätte eine FDP-Kandidatur durchbekommen - denn wie Ralf richtig sagte, hätte die Union keinen eigenen Kandidaten aufgestellt, wenn die Drohung erfolgt wäre, diesen durch einen FDP-Zählkandidaten, der bis zum 3. Wahlgang durchgehalten wird, zu verhindern (durch relative Mehrheit einer rot-grünen Kandidatin). Insofern hätte vermutlich - wenn Westerwelle diese beiden Alternativen ernsthaft - auch nach Hamburg - gegen Merkel und Stoiber in "Stellung" gebracht hätte - also Aufstellung von Herrn Gerhardt gegen Herrn Schäuble durch alle 3 Wahlgänge hindurch oder Aufstellung von Frau Schmalz-Jacobsen - die Union der Wahl Gerhardts zugestimmt. Und wenn nicht, wäre die Schmalz-Jacobsen-Option übrig geblieben. Die FDP hätte also auf jeden Fall bei geschickter Verhandlungsführung den Präsidenten/die Präsidentin gestellt. Und genau dies werden Jörg-Uwe Hahn, Kubicki und andere Westerwelle vorwerfen. Und genau dies kann Westerwelle nur widerlegen, wenn er das Märchen von der mangelnden Unterstützung von Frau Schmalz-Jacobsen durch rot-grün auftischt. Rot-grün hätte keine eigene Kandidatin aufgestellt gegen Frau Schmalz-Jacobsen, denn dann wäre a) das Tischtuch zur FDP endgültig zerschnitten gewesen und b) die FDP endgültig an die Seite der Union getrieben worden, während sie bei einer erfolgreichen Wahl von Frau Schmalz-Jacobsen von der Union weggetrieben worden wäre. Genau wie das sozial-liberale Bündnis nicht erst nach der Bundestagswahl 1969, sondern bereits nach der erfolgreichen Wahl Gustav Heinemanns im 3. Wahlgang am 5. März 1969 durch SPD und FDP entstand, so hätte eine Bundespräsidentin Schmalz-Jacobsen der FDP den Präsidentenposten gesichert und strategisch eine sich anbahnende CDU/CSU-FDP-Koalition vor ihrem Start zerstört. Aus diesem Grunde hat Westerwelle diese Option auch nicht gewählt - legitim und durchaus plausibel. Aber Kubicki und Co werden ihm mangelnde Durchsetzungskraft vorwerfen. Um sich als Parteivorsitzender zu behaupten, muss er gegenüber Kubicki Hahn und Co also darlegen, dass eine Bundespräsidentin Schmalz-Jacobsen wie auch ein Bundespräsident Gerhardt nicht durchsetzbar gewesen wäre. Beides meines Erachtens nicht richtig. Eine der beiden Optionen wäre - auch nach Hamburg - meines Erachtens durchsetzbar gewesen. Westerwelle ist einfach eingeknickt. Und um dies nicht zuzugeben, erfindet er die "Mär" von der mangelnden Mehrheitsfähigkeit Schmalz-Jacobsens. Dies ist a) durch die Presseerklärung der Grünen und b) durch die Erklärungen Schröders (der diese Option selbstverständlich sofort benutzt hätte, um der Union ein Bein zu stellen und eine Kanzlerkandiatin Merkel zu verhindern und die Annäherung der FDP an die Union zu hintertreiben) meines Erachtens hinreichend bewiesen. Was fehlt, sind Beweise, dass die Behauptung der FDP-Oberen, etwa Pinkwarts, stimmen, die Option Schmalz-Jacobsen sei nicht durchsetzbar gewesen. Wo sind hier die Quellen und Beweise? Ich kann sie nicht erkennen.

Fakt bleibt also:
a) die FDP wollte Schäuble nicht - wie wohl auch Teile der Kohlianer in der Union. Schäuble scheiterte aber am Widerspruch der FDP und Westerwelles. Die FDP wollte den Eindruck vermeiden, den erstbesten Unionskandidaten abzunicken, wenn sie schon keinen eigenen Kandidaten ins Rennen schickte. Deshalb scheiterte Schäuble am Widerstand der FDP. In der Tat wäre Westerwelle meines Erachtens mit einem Personalvorschlag Schäuble in der FDP nicht mehrheitsfähigk gewesen und vermutlich daran politisch gescheitert.

b) die FDP wollte Schmalz-Jacobsen nicht - um die mögliche Zusammenarbeit mit der Union nicht zu gefährden und rot-grün hier nicht in die geschickt gestellte Falle zu laufen. Auch legitim.


Fazit: Wenn dies korrekt ist - und davon gehe ich aus - dann hatte Westerwelle immer nur 2 Optionen:
a) Wahl Wolfgang Gerhardts als Bundespräsident - nicht durchsetzbar
b) einen überparteilichen Kandidaten (Köhler kann trotz CDU-Parteibuch durchaus als überparteilich durch seine Auslandsaufenthalte und wirtschaftspolitische Nähe zur FDP angesehen werden).
Die Option Schmalz-Jacobsen kam bei ihm nur als Drohkulisse vor: Wie die FAZ vom 2. März korrekt schrieb: Westerwelle ließ erkennen, dass er nichts davon halte, Frau Schmalz-Jacobsen mit den Stimmen von FDP, SPD und Grünen zur Bundespräsidentin wählen zu lassen.

Kubicki und Hahn hatten dagegen die Option, einen FDP-Präsidenten unbedingt durchzusetzen und zwar in folgender Reihenfolge:
a) Wolfgang Gerhardt mit der Union
b) Cornelia Schmalz-Jacobsen mit SPD, FDP und Grünen

Westerwelle hat beides vergeigt. Und um dies zu verschleiern, wurde die Mär von der mangelnden Durchsetzungsfähigkeit der Schmalz-Jacobsen-Option erfunden. Würde Westerwelle das Gegenteil zugeben, wäre er meines Erachtens politisch erledigt, weil er mit dem Vorwurf konfrontiert wurde, das mögliche nicht durchgesetzt und die Position der FDP nicht optimal durchgesetzt zu haben, obwohl er die Macht dazu gehabt hätte. So meine Sicht der Dinge.
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Mörsberg
Veröffentlicht am Samstag, 13. März 2004 - 12:31 Uhr:   

Was ich (aus 'ner grünen Perspektive) ja nicht versteh, ist, was an der Schmalz-Jacobsen so toll ist, dass man sie unbedingt als Bundespräsidentin haben will.
Ach ja, ein Statement aus längst vergangenen Tagen fällt mir noch ein. Nach dem Scheitern der schwarzgrünen Sondierungsgespräche in Baden-Württemberg 1992 stellte ein Mitglied der grünen Delegation fest, er sei froh, die Verhandlungen geführt zu haben, sei aber auch froh, dass es nicht geklappt habe. Inzwischen ist Bütikofer Parteivorsitzender, aber er weiß immer noch, wie man ergebnisoffen sondiert.
Die These von der gelb-grünen Schnittmenge kann man vermutlich weder belegen noch klar widerlegen. Persönlich glaube ich allerdings ähnlich wie Thomas, dieses Potenzial ist sehr gering. Zwar gibt es Milieus, in denen beide Parteien gut abschneiden - bei der letzten BTW vor allem die Wohlstandsgürtel der größeren Agglomerationen. Daraus kann man aber nicht auf eine Schnittmenge schließen. Allgemein ist gerade in diesen Gegenden der Anteil ideologisch ungebundener Wechselwähler überdurchschnittlich. Die haben zum Beispiel 2002 wegen Fischer viel grün gewählt. Ob darunter eher viele oder eher wenige sind, die früher wegen Genscher FDP gewählt haben - das kann doch niemand mehr herausfinden.
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volkswirt
Veröffentlicht am Samstag, 13. März 2004 - 12:43 Uhr:   

Auch wenn ich mich wiederhole:

Was bitte spricht dafür, dass gerade Frau Schmalz-JAcobsen Bundespräsidentin werden muss. Mir fällt da nichts ein.

Die Wahl des Bundespräsidenten ist ein Signal. Und Horst Köhler steht für stärkere Reformen, die Globalisierung und die entsprechenden Veränderungen, die deswegen notwendig sind.
Insofern steht er natürlich auch für einen bürgerlich-liberalen Kurs und damit für eine Zusammenarbeit und eben auch eine Koalition von Union und FDP, auch wenn der Weg dahin holprig war, was zählt ist das Ergebnis.

Was hätte eine SPD-Grüne-FDP Zusammenarbeit für ein Signal gegeben?
Entweder die FDP hängt sich an rot-grün oder die FDP weiss nicht so recht was sie will. Das bedeutet, dass viele Wähler der FDP zur Union wandern und viele Unions-Wähler, die auch mal FDP wählen eben nicht zur FDP wandern. Und damit könnte es für die FDP knapp werden.

Insofern wäre die Schmalz-Jacobsen Variante eine Art Selbstmord gewesen.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Samstag, 13. März 2004 - 14:35 Uhr:   

Dies stimmt sicherlich schon. Mir ging es nur um die Ehrlichkeit der FDP. Was sie veranlasst, soll sie auch ehrlich sagen für ihre eigenen Pläne und Handlungen andere verantwortlich machen.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Samstag, 13. März 2004 - 14:38 Uhr:   

Dies stimmt sicherlich schon. Mir ging es nur um die Ehrlichkeit der FDP. Sie soll zu ihren Entscheidungen ehrlich stehen, anstatt für ihre Handlungen andere verantwortlich zu machen.

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