Themen Themen Profil Profil Hilfe/Anleitungen Hilfe Teilnehmerliste Teilnehmerliste [Wahlrecht.de Startseite]
Suche Letzte 1|3|7 Tage Suche Suche Verzeichnis Verzeichnis  

476-500

Wahlrecht.de Forum » Tagesgeschehen » Wahl des Bundespräsidenten » Bundespräsidentenwahl 2004 » 476-500 « Zurück Weiter »

Autor Beitrag
 Link zu diesem Beitrag

Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Sonntag, 01. Februar 2004 - 22:20 Uhr:   

Laut "Bild am Sonntag" schwindet bei der Spitze der Union der Widerstand gegen einen FDP-Bundespräsidenten (Gerhardt). Hintergrund sei, dass die Unionsführung die Hoffnung aufgegeben habe, Stoiber auf das Bundespräsidentenamt abschieben zu können. Link: http://www.bild.t-online.de/BTO/index.html
 Link zu diesem Beitrag

Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Sonntag, 01. Februar 2004 - 22:33 Uhr:   

Die Position Guido Westerwelles zur Haltung seiner Partei in der Bundespräsidentenfrage findet sich heute in einem Interview mit ihm der FAZ-Sonntagszeitung. Der Interview-Auszug bietet nichts neues:

FRAGE: Aber in der Bundesversammlung würden Sie die Stimmen der Grünen für eine FDP-Kandidatin, sagen wir Cornelia Schmalz-Jacobsen, schon akzeptieren?

ANTWORT: Vergessen Sie es. Ich äußere mich nicht zu Persönlichkeiten, die jetzt als mögliche Bundespräsidentinnen oder Bundespräsidenten gehandelt werden. Es war doch stillos, wie sich der Bundeskanzler auf seiner Afrika-Reise den Hut des SPD-Vorsitzenden aufgesetzt hat, um Klaus Töpfer zu preisen. Es gibt nur diese Festlegungen: Angela Merkel wie auch Edmund Stoiber haben mehrfach öffentlich wie auch mir gegenüber mit größter Deutlichkeit ausgeschlossen, Nachfolger von Johannes Rau werden zu wollen. Diese Entscheidungen stehen. Jede weitere in dieser Frage werden wir erst nach der Hamburg-Wahl treffen. Zeitdruck gibt es auch dann nicht. Das Staatsoberhaupt wird erst Ende Mai gewählt.

FRAGE: Welche Eigenschaften soll Raus Nachfolger haben?

ANTWORT: Nicht das Parteibuch darf bei der Wahl des nächsten Bundespräsidenten zuerst zählen, auch nicht das Geschlecht, die Konfession oder die regionale Herkunft. Es kommt zuallererst auf die Kraft der Persönlichkeit an.

FRAGE: Immer zählte die Parteizugehörigkeit, solange es dieses Amt gibt. Anderes zu behaupten wäre geheuchelt.

ANTWORT: Politisches Kalkül spielt in der Demokratie sicher auch immer eine Rolle. Aber ich sage, daß dies nicht Priorität haben darf. Am Ende muß die überzeugendste Persönlichkeit Bundespräsident werden.

FRAGE: Wer das ist, entscheiden Merkel, Stoiber und Westerwelle?

ANTWORT: Wir Parteivorsitzenden vertreten dabei nur unsere Parteien, die zusammen eine Mehrheit in der Bundesversammlung haben könnten. Dort werden über tausend Vertreter der ganzen Nation die Wahl haben, wer Staatsoberhaupt werden soll. Unsere Vorschläge müssen, sollen sie die Mehrheit haben, in der jeweils eigenen Fraktion und weit darüber hinaus Zustimmung finden. Das ist ein demokratischer Prozeß, mit dem Deutschland bei den vergangenen elf Wahlen gut gefahren ist.

FRAGE: Sind zwei Kandidaten aus dem bürgerlichen Lager möglich?

ANTWORT: Erneut: Es gibt keinerlei Festlegungen. Die Option eines eigenen Kandidaten hat die FDP.

FRAGE: Oft wies die Wahl des Bundespräsidenten auf die nächste Regierungskoalition, war ein Stück Machtwechsel. Auch 2004?

ANTWORT: Panta rhei, alles fließt.
Das Gespräch führte

Wulf Schmiese

Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 01.02.2004, Nr. 5 / Seite 4
 Link zu diesem Beitrag

Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Montag, 02. Februar 2004 - 11:10 Uhr:   

@Bernhard:
> Wenn SPD und Grüne die FDP bewußt täuschen, ...
dann wäre das in der Tat ein Knaller, wie es ihn in der bundesdeutschen Geschichte noch nicht gegeben hat.
Intrigen gehören zur Politik dazu - aber eine solche Zusage öffentlich zu brechen, das wäre gravierend.

Aber dennoch wäre das ausschließlich eine Sache auf Bundesebene. Was Schröder und Fischer in Berlin an Glaubwürdigkeit verlieren, trifft die Länder nicht. Solange die FDP in Mainz einem Beck vertrauen kann, kann sie mit ihm auch weiter koalieren.
 Link zu diesem Beitrag

Thomas Frings
Veröffentlicht am Montag, 02. Februar 2004 - 16:50 Uhr:   

"> Wenn SPD und Grüne die FDP bewußt täuschen, ...
dann wäre das in der Tat ein Knaller, wie es ihn in der bundesdeutschen Geschichte noch nicht gegeben hat. "

Die Zusage müßte Schröder ja nicht öffentlich herumposaunen. Dann kann er hinterher einfach behaupten, es habe keine Zusage gegeben. Andererseits kann er auch die Karten offenlegen um sich selbst als großen Strategen und Westerwelle und Merkel als Nieten darzustellen. Ein Erfolgserlebnis wäre für Schröder sicher eine willkommene Abwechslung.
Die Gefahr, daß die FDP in eine Falle liefe, ist deshalb groß, weil Schröder die FDP nicht braucht und auf absebare Zeit keine Konstellation denkbar ist, bei der SPD und FDP gemeinsam in der Regierung säßen. In Rheinland-Pfalz hätte das aber sicher keine Auswirkungen. Würde die FDP dort die Regierung verlassen, hätte Rot-Grün dort eine solide Mehrheit bis 2006- auch das käme Schröder sehr gelegen. Beck wird kaum so blöd sein, für Neuwahlen zu sorgen.
 Link zu diesem Beitrag

Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Montag, 02. Februar 2004 - 16:54 Uhr:   

> Die Zusage müßte Schröder ja nicht öffentlich herumposaunen.
Ohne öffentliche Zusage würde die FDP aber gar nicht erst diese Kandidatur vorschlagen.
Das müßte schon einen ordentlichen Pressetermin geben: Schmalz-Jacobsen in der Mitte und dann Westerwelle, Schröder und Fischer, die sie gemeinsam anpreisen.

Und dann hinterher öffentlich "ätsch-bätsch" zu sagen - das würde man einem Bundeskanzler extrem übel nehmen, das würde keiner mehr als strategisches Geschick akzeptieren.
 Link zu diesem Beitrag

Thomas Frings
Veröffentlicht am Montag, 02. Februar 2004 - 17:08 Uhr:   

Auch wenn ich das FDP-Wähler nicht toll finde, aber das Image der FDP ist bescheiden und die Wähler würden so ein Manöver kaum verübeln- Hohngelächter über die FDP wäre wahrscheinlicher.
 Link zu diesem Beitrag

Frederic
Veröffentlicht am Montag, 02. Februar 2004 - 23:22 Uhr:   

Im Spiegel war ja eine interessante Grafik, wie wenig Rückhalt Schmalz-Jacobsen auch und gerade bei den FDP-Wählern besitzt.
Hätte ich gar nicht gedacht.
 Link zu diesem Beitrag

Thomas Frings
Veröffentlicht am Dienstag, 03. Februar 2004 - 15:09 Uhr:   

"Im Spiegel war ja eine interessante Grafik, wie wenig Rückhalt Schmalz-Jacobsen auch und gerade bei den FDP-Wählern besitzt."

Unter anderem bei mir;-)
Der linke Flügel der FDP ist seit 1982 tot, Gestalten wie Hirsch , Baum oder die Gott sei dank ausgetretenen Hamm-Brücher spielen seither keine Rolle mehr. Eine linksliberale Partei hätte in Deutschland heute keine Überlebenschance.
 Link zu diesem Beitrag

Sole
Veröffentlicht am Dienstag, 03. Februar 2004 - 17:45 Uhr:   

"Eine linksliberale Partei hätte in Deutschland heute keine Überlebenschance. "

Mit wem sollte sie denn auch koalieren. Mit der PDS vielleicht? Wohl eher nicht.
 Link zu diesem Beitrag

Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Dienstag, 03. Februar 2004 - 22:13 Uhr:   

Ich finde, dass Frau Hamm-Brücher eine kluge, mutige und sehr couragierte Frau ist, die in ihrer Abgeordnetenzeit engagiert für mehr Rechte der Abgeordneten gekämpft hat. Die Art, wie Kinkel sie als Kandidatin für das Amt der Bundespräsidentin 1994 behandelt hat, indem er sie gezwungen hat, im 3. Wahlgang nicht mehr anzutreten, war schäbig. Besser als der blasse Herr Kinkel hat noch kein FDP-Vorsitzender CDU-Interessen vertreten. Daher bin ich doch einmal gespannt, wie die jetzige Debatte um eine eigene FDP-Kandidatur ausgehen wird und wie sich FDP und Union im entscheidenden 3. Wahlgang verhalten werden. Meines Erachtens ist der Austritt von Frau Hamm-Brücher ein großer Verlust für diese Partei, die inzwischen zu einer reinen Interessenvertretung der Wirtschaftsliberalen geworden ist.
 Link zu diesem Beitrag

Imperator rex
Veröffentlicht am Dienstag, 03. Februar 2004 - 22:49 Uhr:   

Ja, wenn die FDP mal konsequent den Wirtschaftsliberalismus vertreten würde, dann hätte sie tatsächlich eine Berechtigung im Parteiensystem. Solange allerdings vor den eigenen Apothekern halt gemacht wird, kann ich der Partei nichts abgewinnen. Unbeliebt wird sie auch als Hüterin des Kopftuches in Hamburg, womit sie sich zusammen mit der Bildungspolitik ihr eigenes Grab geschaufelt hat.
Was meint Ihr? Könnten sich nicht SPD und Union auf die Einführung eines Mehrheitwahlsystems verständigen, wie es 1967 fast geschehen wäre? Dann wäre auch die Rolle des Bundesrates klarer und übersichtlicher! Wer braucht denn wirklich FDP, Grüne oder PDS? Ich, nicht! Bundespräsidentendebatte, ade!
 Link zu diesem Beitrag

Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Dienstag, 03. Februar 2004 - 22:51 Uhr:   

Mit einer Einführung eines Mehrheitswahlsystems, bei dem der letztlich gewählte allerdings die absolute Mehrheit erreicht (absolutes Mehrheitswahlrecht, IRV, STV) wäre ich sofort mit einverstanden - gehört allerdings in einen anderen Thread.
 Link zu diesem Beitrag

J.A.L.
Veröffentlicht am Mittwoch, 04. Februar 2004 - 00:56 Uhr:   

@ Impirexi: Nein, könnten sie nicht, da nicht grundgesetzkonform und für Änderung wohl keines der Länder im Bundesrat mit irgendeiner kleineren Partei als Beteiligung zustimmen wird, da Selbstmord derselben. In jedem Land große Koalitionen bilden wäre ein doch recht mühsamer weg.

Wer braucht FDP, Grüne und PDS? Zurzeit nach Umfragen ca. 23 % der Wahlberechtigten, also etwa 15 Mio Deutsche. Ganz schöner Haufen, wenn du mich fragst.
 Link zu diesem Beitrag

Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Mittwoch, 04. Februar 2004 - 12:49 Uhr:   

Laut Spiegel und Bild-Zeitung will Stoiber, dass die FDP auf Schäuble als gemeinsamen Unionskandidaten einschwenkt. Gelingt dies nicht, will die CSU Siemens-Chef von Pierer gegen Gerhardt ins Rennen schicken. Link: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,284861,00.html
 Link zu diesem Beitrag

Thomas Frings
Veröffentlicht am Mittwoch, 04. Februar 2004 - 13:55 Uhr:   

@ J.A.L.
Für eine Änderung des Bundeswahlgesetzes braucht man den Bundesrat nicht. Es wird aber trotzdem kein Mehrheitswahlrecht geben, wweil es für viele Abgeordnete politischer Selbstmord wäre- auch bei den großen Parteien.

@Bernhard
Riskant den Pierer aufzustellen, Siemens ist ein Moloch der die ein oder andere Leiche im Keller haben könnte (z.B. Rüstungsgeschäfte mit irgendeinem Despoten). Die Union wird nur einen Außenseiter wie Pierer aufstellen, wenn sie sich keine Chancen ausrechnet, wie 1999 mit Schipanski.
 Link zu diesem Beitrag

Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Mittwoch, 04. Februar 2004 - 14:12 Uhr:   

Was die Zeitungen da wieder an Sch...hausparolen ausgraben.
Ein von Pierer läßt sich doch nicht in einer CSU-Gegenkandidatur verheizen.
Und als gemeinsamer "neutraler" bürgerlicher Kandidat ist er im Gegensatz zu Leuten wie Henkel oder Kirchhoff auch nicht geeignet.

Und die Warnungen Stoibers vor einer Ampel sind lächerlich.
Selbst wenn die Sache mit Schmalz-Jacobsen so laufen würde (was ich hochgradig bezweifele), dann wäre das keineswegs eine Weichenstellung in Richtung Ampelkoalition. Eine solche wünschen sich weder FDP noch Grüne.
Die Koalitionsmöglichkeiten für 2006 werden in zwei Jahren entschieden, nicht bei der Bundespräsidentenwahl.
 Link zu diesem Beitrag

Thomas Frings
Veröffentlicht am Mittwoch, 04. Februar 2004 - 16:12 Uhr:   

"Und die Warnungen Stoibers vor einer Ampel sind lächerlich.
Selbst wenn die Sache mit Schmalz-Jacobsen so laufen würde (was ich hochgradig bezweifele), dann wäre das keineswegs eine Weichenstellung in Richtung Ampelkoalition."
Richtig, das ist noch absurder als die schon ziemlich dämlichen Schwarz-Grün-Spekulationen.

"Die Koalitionsmöglichkeiten für 2006 werden in zwei Jahren entschieden, nicht bei der Bundespräsidentenwahl."
Wobei wegen der Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat eine Regierung ohne Union schwierig wird.
 Link zu diesem Beitrag

Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Mittwoch, 04. Februar 2004 - 23:03 Uhr:   

Meines Erachtens ist aber die Union an dem Dilemma auch selber schuld. Wenn Herr Schäuble, der tagtäglich wie die Semmel so gepriesen wird, tatsächlich der geeignete Kandidat ist, warum wurde er dann nicht schon längst nominiert. Es wäre der FDP doch viel schwerer gefallen, gegen einen nominierten Kandidaten der Union einen eigenen Kandidaten aufzustellen. Die Entscheidung, die Nominierung bis März zu verschieben - und Westerwelle sprach ja in der FAZ in Anlehnung an 1969 sogar davon, die FDP könne sich auch erst am Tag vor der Wahl am 23. Mai endgültig festlegen, führt doch zu zahlreichen Spekulationen. Was soll denn die Hamburg-Wahl mit ihren 12 Delegierten daran noch ändern? Die Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung sind doch klar und werden durch Hamburg nicht verändert. Vielleicht zielt Stoibers Vorstoß ja gar nicht so sehr auf die FDP, sondern ist ein Versuch, Frau Merkel indirekt - wie Roland Koch es im "Stern" tat, davor zu warnen, vorzeitig ein Unions-ja für Gerhardt zu geben. Darum kommt sie aber letztlich angesichts der Mehrheitsverhältnisse gar nicht herum, wenn sie nicht entweder Frau Schmalz-Jacobsen oder eine rot-grüne Bundespräsidentin nach dem 3. Wahlgang haben möchte. Was soll also Stoibers Interview? Es ist meines Erachtens ein Versuch, einen absehbaren FDP-Bundespräsidenten Gerhardt als Anlass zu nehmen, Frau Merkel in dieser Sache Führungsschwäche vorzuwerfen. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung ist aber doch gerade Frau Merkel diejenige, die die Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung mit ihrer Auffassung, ihr Ziel sei es, einen gemeinsamen bürgerlichen Kandidaten durchzusetzen, am realistischsten einschätzt. Was soll also Stoibers Interview?
 Link zu diesem Beitrag

Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Donnerstag, 05. Februar 2004 - 14:22 Uhr:   

@Thomas:
> Wobei wegen der Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat eine Regierung
> ohne Union schwierig wird.
Das ist ein wichtiger Aspekt.
Der Bundesrat wird zwar überschätzt (recht viele Fragen könnte die Regierung sehr wohl alleine entscheiden, da dient der Bundesrat als bequeme Ausrede fürs Nichtstun), aber entscheidende Sachen wie die Steuerreform lassen sich nicht gegen ihn machen.

Insofern war die offengehaltene Koalitionsaussage der FDP in 2002 nur bedingt realitätsnah, eine sozialliberale Regierung hätte einen begrenzten Handlungsspielraum gehabt.
Inzwischen ist die Entwicklung ja noch weiter in Richtung Opposition gegangen, und wenn es nicht eine krasse Überraschung gibt, dann ist der Bundesrat in 2006 so deutlich schwarz/gelb, daß eigentlich nur eine gleichfarbige Bundesregierung arbeitsfähig ist.

Übrigens: Pikanterweise hätte die öfters mal diskutierte große Koalition SPD/Union KEINE Mehrheit im Bundesrat. Und die schwarz/grüne Option sowieso nicht ...
 Link zu diesem Beitrag

Florian
Veröffentlicht am Donnerstag, 05. Februar 2004 - 16:55 Uhr:   

Um das Argument von Ralf Arnemann einmal mit Zahlen zu unterfüttern:

Unter der Annahme, dass ein Land, in dem eine Partei mitregiert, die nicht an der Bundes-Regierung beteiligt ist, einer Regierungsvorlage im Bundesrat nicht zustimmt, hätten derzeit (d.h. vor der Hamburg-Wahl) die einzelnen diskutierten Regierungskoalitionen folgende Stimmen im Bundesrat:

Union+SPD: 29 Stimmen
Union+FDP: 38 Stimmen
Union+Grün: 22 Stimmen
Union solo: 22 Stimmen
SPD+Grün: 10 Stimmen
SPD+FDP: 4 Stimmen
SPD+FDP+Grün: 14 Stimmen
SPD+PDS+Grün: 17 Stimmen

Für eine Mehrheit braucht man 35 Stimmen.
Die einzige realistische Regierungs-Koalition, die derzeit eine Bundesratsmehrheit hätte, ist in der Tat Union+FDP.
Allerdings ist auch diese Mehrheit - trotz der derzeit sehr starken Stellung der Union in den Ländern - sehr wacklig. Wenn auch nur ein einziges mittelgroßes Land verloren geht (z.B. Sachsen-Anhalt), dann ist auch diese Mehrheit weg.

Das Grundproblem ist aber, dass sich ein Bundesland schon dann enthält, wenn einer der Koalitionspartner gegen ein Gesetz ist und dass eine Enthaltung eines Bundeslandes faktisch als Ablehnung eines Gesetzes gewertet wird.

Dadurch kommt es dann eben zu der vertrackten Situation, dass selbst eine "große Koalition", die rund 80% der Wählerstimmen auf sich vereinigen könnte, keine Bundesratsmehrheit hätte.
 Link zu diesem Beitrag

Thomas Frings
Veröffentlicht am Donnerstag, 05. Februar 2004 - 17:04 Uhr:   

"Das Grundproblem ist aber, dass sich ein Bundesland schon dann enthält, wenn einer der Koalitionspartner gegen ein Gesetz ist und dass eine Enthaltung eines Bundeslandes faktisch als Ablehnung eines Gesetzes gewertet wird."

Richtig, man sollte die Möglichkeit einer echten Enthaltung einführen.

"Allerdings ist auch diese Mehrheit - trotz der derzeit sehr starken Stellung der Union in den Ländern - sehr wacklig."
Es gibt ja noch u.A. Wahlen in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Da wird es wahrscheinlich jeweils Schwarz pur oder Schwarz-Gelb geben. Zumindest bis 2009 würde eine schwarz-gelbe Regierung ab 2006 sicher eine Mehrheit im Bundesrat.
 Link zu diesem Beitrag

Imperator rex
Veröffentlicht am Donnerstag, 05. Februar 2004 - 23:19 Uhr:   

Das sehe ich so wie Thomas. Meiner Einschätzung nach wird die Union bis 2006 alleine auf die 35 Stimmen im Bundesrat kommen. Da würde die FDP kurzfristig nicht mehr gebraucht, zumal 2007 dann nur in Bremen gewählt würde. Wenn die Stimmung so anhält, die Wirtschaft weiter lahmt und die Regierung sich so wie jetzt bis 2006 durchquält, ist eine absolute Mehrheit der Union für die Bundestagswahl eine reelle Option, vor allem, wenn die PDS wieder rausfliegen sollte. Leihstimmenkampagne für die FDP wäre dann auch uninteressant, da eine aus dem Bundestag katapultierte FDP die Schwelle für die absolute Mehrheit bei 46% setzen würde.
Kurzum, das Land wäre in der einmaligen Gelegenheit von einer Partei, wenn man CDU/CSU als eine Partei bezeichnen will, zur Gänze regiert zu werden. Mein Gott, was gibt das für ein Zuwanderungsgesetz! Von Anti-Terrorgesetzen will ich gar nicht reden!;-)
 Link zu diesem Beitrag

Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Donnerstag, 05. Februar 2004 - 23:19 Uhr:   

Ein meines Erachtens hervorragender Leitartikel von Robert Leicht in der heutigen "Zeit", der mir aus dem Herzen spricht unter: http://www.zeit.de/2004/06/bup#top

Auf der Seite 2 der Zeit werden drei Kandidatinnen für das Amt des Bundespräsidenten portraitiert und für geeignet gehalten: Frau Schawan, Frau Limbach, Frau Schmalz-Jacobsen.
 Link zu diesem Beitrag

Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Donnerstag, 05. Februar 2004 - 23:22 Uhr:   

Halt, das war der falsche Link. Korrekt ist der Link dessselben Kommentators: http://www.zeit.de/2004/07/01__leit_2_07_2f04
 Link zu diesem Beitrag

Thomas Frings
Veröffentlicht am Freitag, 06. Februar 2004 - 13:20 Uhr:   

Oh mein Gott, sind die Zeit-Schreiberlinge verblödet. Das Niveau ist unter aller Kanone. Das fängt schon beim Untertitel an:
"Noch nie haben die Parteien eine so peinliche Präsidentenkür inszeniert"
Erstens ist der BuPrä noch gar nicht gekürt, zweitens gab es in der Vergangenheit nicht weniger Geschacher (die Vorgeschichte 1959 war wesentlich "peinlicher") und drittens ist das wirklich Peinliche die wilde Spekulationsflut gewisser Medien, die ständig eine neue Sau durchs Dorf treiben- meistens ohne realen Hintergrund. Von den maßgeblichen Politikern hat man bisher wenig zu diesem Thema gehört. Und die FDP braucht sich nicht zum "Königsmacher aufblasen", sie ist es, und es ist völlig legitim, diese Rolle zu nutzen.

Schlicht falsch ist auch die Behauptung, der BuPrä-Wahl seien immer auch Koalitionsspekulationen vorausgegangen. Das war nur 1964 und 1969 der Fall. Wer glaubt, am 23. Mai würden Vorentscheidungen über Koalitionen getroffen, überschätzt das Ereignis gewaltig.
Manches Mediengelaber wird nur dadurch wahr, daß es alle nachplappern. Warum soll denn die Merkel erledigt sein, wenn es kein Unionskandidat wird? Wenn die FDP partout keinen Unionsmann will, wird es auch keiner (daß Rot-Grün einen mitwählt ist sehr unwahrscheinlich). Druckmittel um die FDP gefügig zu machen hat die Union keine. Da könnte man Merkel keinen Vorwurf machen. Aber wenn die Medien ständig behaupten, dies sei ein Fiasko für Merkel, wird so etwas zur selbsterfüllenden Prophezeiung.

Admin Admin Logout Logout   Vorige Seite Vorige Seite Nächste Seite Nächste Seite