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Landtagswahl Bayern: Anmerkungen zur ...

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Theo
Veröffentlicht am Donnerstag, 11. September 2003 - 15:09 Uhr:   

Liebe Demokratie-Interessierte,

erst mal ein dickes Kompliment zu Wahlrecht.de !

Ich möchte hier meinen Eindruck zu den Wahlzetteln in Bayern (Landtag & Bezirkstag) loswerden und bitte ggf. um diesbezügliche Antowrten. Ich bekam heute die Wahlzettel erstamls genau zu sehen (weil meine Frau Briefwahl macht) und mir fiel dabei deutlich auf, dass dort nirgends deutlich zu entnehmen ist, dass man mit der Abgabe der der Erst- UND Zweitstimme in erster Linie eine Partei wählt. Natürlich stehen die Parteien-Bewerber in Spalten und die Partei steht dabei (man kann die Partei aber nicht explizit ankreuzen).
Es wird für mich der Eindruck erweckt, man würde in erster Linie Personen wählen. Immerhin kann in By ja die Listenreihenfolge durch Ankreuzen von Personen verändert werden. Aber für den "Normal-Wähler", der die Stimmzettel erstmals im Wahlokal sieht, kommt diese "indirekte" Partein-Wahl nach meiner Meinung zu wenig raus. Oder ist das Absicht? Damit die Wähler bevorzugt die Personen wählen, die sie kennen? (und welcher Partei gehören die in Bayern in der Regel an ...)

Mich würde also interessieren, ob ich der einzige bin, der diesen Eindruck hat. Und außerdem gibt es unter uns doch sicher Juristen, die uns sagen können, ob man das bei künftigen Wahlen evtl. ändern kann.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Donnerstag, 11. September 2003 - 15:52 Uhr:   

Den Stimmzetel kann man sich auch hier ansehen:
http://www.statistik.bayern.de/frame4.html

Ich finde, es ist eindeutig, daß eine Partei gewählt wird. Nicht allzu viel Einfluß hat der Wähler aber deshalb, weil für die Stimmkreisbewrber Erst- und Zweitsimme zusammengezählt werden. Zudem kann man den Einfluss des Wählers auch dadurch reduzieren, daß man wenig Kandidaten aufstellt. Die CSU hat in Oberbayern nur 46 Kandidaten- sie wird aber wohl 37 bis 41 Mandate bekommen. Da steht das Gros der Abgeordneten schon vorher fest. Es ist auch praktisch unmöglich, daß einer der 92 CSU-Stimmkreiskandidaten nicht in den Landtag kommt.

Wird kein Bewerber angekreuzt ist der Stimmzettel übrigens trotzdem gültig wenn sich die Stimme eindeutig einer Partei zuzuordnen ist.
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c07
Veröffentlicht am Donnerstag, 11. September 2003 - 19:28 Uhr:   

Theo:
> Es wird für mich der Eindruck erweckt, man würde in erster Linie Personen wählen.

Rein technisch gesehen ist das ja zumindest bei der Zweitstimme in der Regel auch so. Dass man daraus nicht ohne weiteres auf die tatsächliche Wirkung der Stimme schließen kann, ist ein Problem aller komplizierten Wahlsysteme. Auch bei der Bundestagswahl ist der Hinweis "maßgebende Stimme für die Verteilung der Sitze insgesamt auf die einzelnen Parteien" bei der Zweitstimme ja nur eine erste Näherung und eigentlich falsch, wenn man es wörtlich nimmt.

Die Wirkung der Stimme auf dem Stimmzettel umfassend zu beschreiben, ist bei so einem Wahlsystem kaum möglich. Das passiert ja nicht mal in sonstigen Informationsschriften. Vielleicht wär aber zumindest der Hinweis sinnvoll, dass beide Stimmen Einfluss auf die Sitzverteilung unter den Parteien haben, vor allem weil es anders als bei der Bundestagswahl ist.

> Oder ist das Absicht? Damit die Wähler bevorzugt die Personen wählen, die sie kennen?

Ich glaub nicht, dass das Absicht ist, aber es ist auf jeden Fall eine reale Wirkung. Andererseits profitieren aber die kleinen Parteien (die ganz kleinen unter 5%) davon, dass viele Leute meinen, die Erststimme wär unwichtig für die Verteilung auf die Parteien, und sie zu "Sympathiebekundungen" nutzen. Jedenfalls bekommen die kleinen Parteien überproportional viele Erststimmen.

Verlierer dieses Systems sind die größeren Parteien, die in einem Regierungsbezirk keine Prominenz haben (das kann vereinzelt auch die CSU treffen). Nicht umsonst war z.B. die SPD in Mittelfranken sehr bemüht, Günther Koch zur Kandidatur zu gewinnen, weil sie dort sonst ihre ganze Prominenz verloren hat.

Thomas:
> Zudem kann man den Einfluss des Wählers auch dadurch reduzieren,
> daß man wenig Kandidaten aufstellt.

Das kann aber nur eine Partei, die annähernd 50% der Stimmen erwarten kann. Sonst müsste sie auf die Kandidatur in einigen Stimmkreisen verzichten und wär dort nicht mehr vollständig wählbar.
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Florian
Veröffentlicht am Dienstag, 16. September 2003 - 11:20 Uhr:   

Hierzu ein Artikel aus der Süddeutschen vom 16.9.03.
Ich sehe das inhaltlich übrigens genauso, wie die genannten Professoren: Hier wird unnötig die Wahlfreiheit der Bürger eingeschränkt.
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Die Qual mit der Wahl

Mehrere Juristen halten die Stimmzettel zu den beiden Volksentscheiden am 21. September für verfassungswidrig Von Berthold Neff

München – Die beiden Volksentscheide, über die Bayerns Bürger bei der Landtagswahl am 21. September abstimmen sollen, verstoßen möglicherweise durch die Art der Fragestellung gegen die Verfassung. Der Münchner Rechtsanwalt Florian Besold sieht durch die Stimmzettel zu den Volksentscheiden 1 und 2 wegen der Koppelung unterschiedlicher Fragen, die nur blockweise abgestimmt werden können, das Verfassungsrecht verletzt. Seine Position wird auch durch den Staatsrechts-Professor Dieter Blumenwitz von der Universität Würzburg gestützt.


Besold kritisiert vor allem, dass in den beiden Stimmzetteln mehrere Fragen zu verschiedenen Sachverhalten zusammengefasst sind, man aber nur insgesamt Ja oder Nein ankreuzen kann. Es könne zum Beispiel sein, dass ein Bürger beim Volksentscheid 2 zwar Punkt 5 befürworte, der Kinder und Jugendliche gegen Ausbeutung, Verwahrlosung und Misshandlung schützt, aber dagegen sei, dass jeder 18-jährige Staatsbürger wählbar sein solle. Da der Stimmzettel nur eine Gesamtabstimmung erlaube, könne der Bürger nicht mehr differenzieren, obwohl die beiden Themen in keinem Sinnzusammenhang stehen. Auch beim Volksentscheid 1 würden zwei unterschiedliche Themen im Paket zur Abstimmung gestellt: das Konnexitätsprinzip und die Frage, wann der Landtag nach der Wahl zusammentreten solle. Dies, so Besold, eröffne einer „politischen Manipulation Tür und Tor“. Er hat seine Bedenken jetzt in Briefen an Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber, an den Präsidenten des Landtags und an die Vorsitzenden der Landtagsfraktionen formuliert.


Dieter Blumenwitz, Professor für Staatsrecht in Würzburg, stützt Besolds Kritik. Blumenwitz erklärte auf Anfrage der SZ, „das Mitwirkungsrecht der Bürger am Legislativakt des Volksentscheids“ werde „durch die Koppelung thematisch nicht verbundener Materien in einem Volksentscheid, über den nur en bloc abgestimmt werden kann, eingeschränkt“. Es wäre „rechts- und sachgemäß“ gewesen, die insgesamt sechs Komplexe zur Verfassungsänderung „zu entkoppeln und getrennt zur Abstimmung zu stellen“. Man hätte den Bürgern also die Chance geben müssen, auf jede Verfassungsänderung einzeln und getrennt mit Ja oder Nein zu stimmen. Blumenwitz findet, der Landtag hätte sich an der Schweiz ein Vorbild nehmen sollen. Das Land mit der größten Erfahrung in Volksreferenden lasse eine solche Koppelung nur zu, „wenn der Sinnzusammenhang eine solche gebietet“. Auch der Münchner Jura-Professor Rupert Scholz sagte auf Anfrage, wenn es sich um unterschiedliche Komplexe handele, dann sollte auch gesondert gefragt und abgestimmt werden.


Der CSU-Fraktionsvorsitzende Alois Glück erklärte dazu, alle drei Fraktionen stünden hinter den Änderungen der Verfassung. Die Blockabstimmung erklärt er mit praktischen Gründen. Anderenfalls hätte man sechs Stimmzettel drucken müssen. Glück sagte, die Fraktionen seien sich einig, dass das Blockverfahren rechtlich zulässig sei.


Gegen die Volksentscheide kann jeder abstimmungsberechtigte Bürger Popularklage erheben, falls er der Ansicht ist, dass dadurch ein Grundrecht verfassungswidrig eingeschränkt wurde. Unklar ist vorerst, ob Florian Besold eine solche Klage einreicht. Er will aber zumindest durchsetzen, dass es in künftigen Volksentscheiden nicht mehr zu einer solchen Koppelung kommt. Der 54 Jahre alte Besold, der bereits durch eine Verfassungsklage das Gesetz zur Einführung des kommunalen Bürgerentscheids veränderte, ist auch Vorsitzender der Bayerischen Volksstiftung. Sie richtet die Feiern zum Bayerischen Verfassungstag aus, die an den Konstitutionsakt vom 1. Dezember 1946 erinnern.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Dienstag, 16. September 2003 - 12:00 Uhr:   

Der ursprünglichen Verfassung konnte man auch nur ganz zustimmen oder sie ablehnen- es wurde nicht über jeden Artikel einzeln abgestimmt. Auch jedem Gesetz können die Parlamentarier in der Schlußabstimmung bzw. das Volk nur entweder ganz zustimmen oder ganz ablehnen. Das ist vollkommen normal.
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Florian
Veröffentlicht am Dienstag, 16. September 2003 - 13:15 Uhr:   

@Thomas:

Die gesamte Verfassung steht ja auch in einem Sinnzusammenhang.
Zumindest wenn sie gut geschrieben ist, bildet sie ein aufeinander abgestimmtes ganzes.
Es ist daher notwendig, dass es eine Gesamtabstimmung gibt.

Im vorliegenden Fall werden aber einzelne Details geändert, die nichts aber auch gar nichts miteinander zu tun haben.
Es gibt hier also keine Notwendigkeit, dass es eine Gesamtabstimmung gibt, mit der völlig unnötig die Volksrechte beschnitten werden.

Bei parlamentarischen Gesetzesabstimmungen ist es glaube ich auch nicht üblich, dass in einer einzigen Abstimmung über eine Änderung von BGB und eine Änderung der Straßenverkehrsordnung abgestimmt wird.
Aber selbst wenn das in einer gebündelten Abstimmung passieren sollte, gibt es da einen Unterschied zu Volksabstimmungen:
Es steht dem Parlament frei, seine Abstimmungen so zusammenzufassen, wie es es für richtig findet. Das Parlament wird also nicht bevormundet.
Im Falle einer Volksabstimmung legt aber eben nicht das Volk fest, wie die Abstimmungsunterlagen zusammengefasst sind, sondern das macht (m.W.) die Verwaltung.
Und für diese Bevormundung des Volkes durch die Verwaltung kann ich keinen Grund erkennen.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Dienstag, 16. September 2003 - 13:49 Uhr:   

@ Florian

"Zumindest wenn sie gut geschrieben ist, bildet sie ein aufeinander abgestimmtes ganzes.
Es ist daher notwendig, dass es eine Gesamtabstimmung gibt.

Im vorliegenden Fall werden aber einzelne Details geändert, die nichts aber auch gar nichts miteinander zu tun haben."

Widerspruch in sich.

"Bei parlamentarischen Gesetzesabstimmungen ist es glaube ich auch nicht üblich, dass in einer einzigen Abstimmung über eine Änderung von BGB und eine Änderung der Straßenverkehrsordnung abgestimmt wird."

Doch. Oft umfassen Änderungsgesetze Dutzende Einzelbestimmungen; auch aus unterschiedlichen Gesetzen. Wohl gibt es natürlich in der parlamentarischen Beratung sehr zahlreiche Änderungsanträge. Erfolgschancen ist meist natürlich nur denen aus dem Regierungslager beschieden.

"Es steht dem Parlament frei, seine Abstimmungen so zusammenzufassen, wie es es für richtig findet. Das Parlament wird also nicht bevormundet."
Lebensfremde Vorstellung. Die Agenda wird doch in der Praxis weitgehend von der Regierung und dem Führungszirkel der Mehrheitsfraktion(en) bestimmt.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Dienstag, 16. September 2003 - 16:33 Uhr:   

Inhaltlich sehe ich das auch so, daß es nicht in Ordnung ist, völlig verschiedene Fragen in einer Abstimmmung zu bündeln.

Aber ob das verfassungsrechtlich ein Problem ist, halte ich für fraglich. Bei den hessischen Abstimmungen vor einem halben Jahr war es zulässig.
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lala
Veröffentlicht am Dienstag, 13. September 2005 - 19:09 Uhr:   

hallo

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