Themen Themen Profil Profil Hilfe/Anleitungen Hilfe Teilnehmerliste Teilnehmerliste [Wahlrecht.de Startseite]
Suche Letzte 1|3|7 Tage Suche Suche Verzeichnis Verzeichnis  

Archiv bis 06. Dezember 2009

Wahlrecht.de Forum » Wahlsysteme und Wahlverfahren » Landtagswahlen in Deutschland » Landtagswahlrechtsreform in Baden-Württemberg » Archiv bis 06. Dezember 2009 « Zurück Weiter »

Autor Beitrag
 Link zu diesem Beitrag

nowhereman
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 03. November 2009 - 11:26 Uhr:   

Jetzt doch noch etwas näher am Thema Wahlrecht:
Um Promis zu schützen, könnten Parteien auf den Trichter kommen, diese in 2 Kreisen antreten zu lassen, sieht das Wahlrecht vor.
Kretschmann könnte neben seiner Wahlheimat Nürtingen in eine Unistadt (Tübingen?) gehen, dann ist er sicher gewählt, die FDP-Minister außer dem Heimatwahlkreis noch in den RB Stuttgart, vor allem nach Schwäbisch Hall (jahrzehntelang FDP-Direktmandat, Döhring 2001 gute 20 % bei landesweit 8,3) oder nach Waiblingen, wo es einen FDP-Landrat gibt. Dann wäre es noch ratsam, in verschiedenen Bezirken anzutreten, um sich nicht gegenseitig rauszukegeln oder einem bekannten CDU-Mann aus dem Weg zu gehen, weil der im Revier fischen könnte. Die CDU stellt sowieso in den kritischen Wahlkreisen keine Promis auf, wäre mal (80-er Jahre) in Stutgart mit der damaligen Kultusministerin fast schief gegangen.
Bei der SPD stellt sich die Frage, wer denn noch VIP ist, Vogt ging nach Berlin, Drexler ist Pressesprecher für den Neubau des HBf Stuttgart, einem kritisch beäugten Projekt, das ihn zeitlich stark binden wird und wohl den Abschluß der politischen Karriere darstellt. War ein kluger Schachzug des CDU-OB in Stuttgart. Ob der noch mal antritt? Eher Nein. Den derzeitigen Chef der Fraktion kennt keiner. Reginalen Größen wird man sagen können, geht in die Großstädte oder deren unmittelbarem Umland, dann werdet ihr leichter gewählt, was aber in Stuttgart II auch nicht reichen wird. In Heilbronn könnte es seit dem Abgang von Spöri erstmals wieder klappen, dort gibt es weniger Grüne als in anderen Goßstädten. An der dünnen Mandatsausbeute im Süden des Landes wird sich auch mit dem neuen Wahlrecht nichts ändern, dort überholen Grüne und FDP die schon immer schwache SPD. Die Linke wird ähnlich den Republikanern (90er Jahre) im Umland von Stuttgart, in Mannheim Nord, auch in Heilbronn und Reutlingen ihre Hochburgen haben und mehr als 7 oder 8 Mandate sind eh nicht drin, wenn die SPD wieder stärker als Konkurrent auftreten wird.
Fazit: in den ländlichen Räumen bleibt es häufig bei nur einem Landtagskandidaten - dem der CDU, selbst bei Mandatsanzahl jenseits der 140.
 Link zu diesem Beitrag

nowhereman
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 03. November 2009 - 12:29 Uhr:   

Noch etwas zum Thema proportional anteilige Wahlkreisvergabe: Der badische Landesteil (Minderheit) schaut nach wie vor mit Argusaugen auf eine vermeintlich, meiner Meinung nach auch vorhandene, Bevorzugung des schwäbischen. Nordbaden sollte eigentlich einen Wahlkreis abgeben. Das der (nordbadische) Innenminister letztlich die Verantwortung nicht tragen will, eine Schwächung dieser Region hinzunehmen, zeigt die Richtigkeit des Wortes von Wowereit: Politik hat nicht nur mit Mathematik zu tun, sondern auch mit Gefühlen - hier sind es landsmännische. Ein Nichtbadener kann das sicher nicht verstehen. Ein Schwabe 2 mal nicht.
Bei den BTW-Wahlkreisen kommt es ebenfalls zu einer Stärkung des badischen Landesteils, der einzige Mischwahlkreis Odenwald-Tauber wird der Nummerierung nach als nordbadischer gewertet. Eine gerechte Unterverteilung würde
mindestens einen weiteren halben Wahlkreis nach Nordwürttemberg geben, so dass dort mathematisch ein ganzer Wahlkreis entstünde, aber wie gesagt, die Badener kämpfen um ihre Pfründe. Nur gut: der nächste MP wurde in Pforzheim/Baden geboren und ging 15 km weiter in Mühlacker/Württemberg zur Schule. Somit kann man ihm glauben, wenn er sagt, ihm schmecken sowohl badische als auch württembergische Weine - auch so ein Thema zwischen Baden und Württemberg.
 Link zu diesem Beitrag

Kay Karpinsky
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 08. November 2009 - 19:32 Uhr:   

"Die CDU holt nie und nimmer Mannheim I, hier wird bei der SPD Äpfel (BTW unbekannter Kandidat) mit Birne (LTW bekannter Mannheimer Stadtrat) gleichgesetzt"
Das geht natürlich von der Annahme aus, derselbe SPD-Kandidat tritt noch mal an.
Insgesamt sind die persönlichen Effekte einzelner Kandidaten enorm. Aus einem Vergleich zwischen LTW06 und BTW09 auf Gemeindeebene (absolute Stimmen) lassen sich die exakten Wohnorte einzelner Landtagskandidaten ohne Schwierigkeiten herauslesen. Nur in wenigen Fällen erstreckte sich dieser Effekt auf den gesamten Wahlkreis, unstrittig vor allem bei Palmer und Metzger (damals noch beide GRÜNE) sowie Theurer und Pfister (FDP). Für Bundestagskandidaten wirkt sich der Wohnort meistens nur auf die Erststimme aus.
Letztmalig wird 2011 der beliebte Bürgermeistereffekt eine Rolle spielen. Davon hat interessanterweise derzeit die SPD ziemlich viel - kein Wunder also, dass CDU und FDP das gerne geändert haben. Zudem fällt auf, dass gerade bei der SPD viele Stimmenfänger schon über 60 sind und damit praktisch die Wahl zwischen überalterter Fraktion und verschenkter Stimmen besteht.
Der rotgrüne Wechselwählereffekt, den ich oben für Balingen beschrieben habe, war außerdem noch sehr auffällig im Wahlkreis Geislingen. Zwischen CDU und FDP gabs sowas Ähnliches im Wahlkreis Wangen, wobei der Unterschied natürlich ist, dass die CDU Wangen eh gewinnt.
Interessant zu beobachten wird sein, ob die Änderung der Zweitmandatszuteilung sich in kleinen Wahlkreisen für GRÜNE und FDP schon 2011 auswirkt, oder ob es länger dauert, das zu kommunizieren. Und wenn ein Wahlkreis für SPD, GRÜNE und FDP gleichermaßen auf der Kippe steht und alle drei mit Stimmenfängern antreten, was ich 2011 vor allem in Schwäbisch Hall für möglich halte, sind die Effekte auch schwer vorhersehbar.
 Link zu diesem Beitrag

Kay Karpinsky
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. November 2009 - 19:21 Uhr:   

Die aktuelle Wahlkreisreform hat im Vorfeld in den betroffenen Regionen einigen Wirbel ausgelöst, was natürlich überregional unbemerkt geblieben ist. Nicht überraschend sind die Proteste dort besonders laut, wo die eigene Gemeinde plötzlich einem anderen Wahlkreis zugeschlagen wird. Die Argumente sind deswegen leider nicht überall wirklich sachlich.

Interessant ist allerdings diese fraktionsübergreifende Initiative.
Neben Einigem eher mit heißer Nadel Gestricktem enthält der Text die zutreffenden Hinweise, dass der RB Tübingen insgesamt über einen WK zu wenig vefügt, und in der Region Neckar-Alb die Reform besonders vermurkst wird, weil hier gleich drei von vier Wahlkreisen über dem Durchschnitt lagen - und immer noch liegen.
Unterzeichnet ist der Antrag von allen fünf Nicht-CDU-Abgeordneten der Region, also auch einem FDPler.

Die Kritik an dem üblicherweise praktizierten Stückwerk trifft - so man dann das Verfahren im Grundsatz beibehalten möchte - schon den Kern. Die grundlegende Aufteilung ist seit der LTW 1976 kaum verändert worden. Sieht man davon ab, dass 1992 Mannheim einen Wahlkreis an den Rhein-Neckar-Kreis abgeben musste, gab es nur Umgruppierungen einzelner Gemeinden. Die kleinräumigen Verschiebungen innerhalb von Stuttgart dienen ja auch nur dem Ziel, dass es da weiter vier Wahlkreise gibt, obwohl drei plus ein gemischter angemessen wären.
 Link zu diesem Beitrag

Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. November 2009 - 21:29 Uhr:   

Was die Kreise Tübingen, Reutlingen und Zollernalb betrofft, ist die jetige Einteilung wirklich totaler Murks. Sinnvoll wäre, Tübingen und Zollernalbkreis zusammen in drei Wahlkreise einzuteilen und den Kreis Reutlingen in zwei, wo man dann den westlichsten Teil des Kreises Biberachs um Riedlingen dranhängen könnte, so könnte man auch die Durchbrechung der Kreisgrenze Biberach/Ravensburg beseitigen und die WK Biberach, Wangen, Bodensee und Ravensburg könnte man näher an den Durchschnitt bringen. Nur müßte eben dann woanders ein Wahlkreis weg, entweder in Stuttgart oder im Raum Mannheim/Rhein-Neckar, wobei dann wohl ein CDU-MdL seinen Sitz verlöre. Der jetzige CDU-MdL für Biberach wohnt im westlichsten Zipfel des Kreises und wäre bei einem Neuzuschnitt wahrscheinlich auch seinen Sitz los.

Daß FDP-Mann Kluck den Antrag unterstützt, ist sicher kein Zufall, denn sein Wahlkreis verschlechtert sich durch die Änderung (-0,26 Pp für FDP), während der FDP-Anteil in den beiden anderen für die FDP sehr aussichtsreichen Wahllkreisen für die FDP(Bodensee, Hechingen-Münsingen) steigt. Kluck wäre zwar auch bei Anwendung des jetzigen Wahlrechts 2006 gewählt worden, aber knapper. Die SPD-Frau Haller-Haid dagegen wäre knapp nicht gewählt worden, stattdessen wäre der Bewerber in Hechingen Münsingen in den Landtag gekommen. Da verbessert sich die SPD um 0,2 Pp, wärend sie in Tübingen 0,3 Pp verliert, so daß sie in Tübingen 0,2 Pp weniger hat als in Hechingen-Münsingen. Man darf getrost annehmen, daß die beiden nachgerechnet haben.
 Link zu diesem Beitrag

Kay Karpinsky
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 12. November 2009 - 19:42 Uhr:   

"Sinnvoll wäre, Tübingen und Zollernalbkreis zusammen in drei Wahlkreise einzuteilen und den Kreis Reutlingen in zwei,"
Da 'fehlen' noch ca. 50000 Wahlberechtigte für einen vollen fünften Wahlkreis.

"wo man dann den westlichsten Teil des Kreises Biberachs um Riedlingen dranhängen könnte,"
Das Riedlinger Gebiet kommt maximal (bis zur Stadtgrenze Biberach) auf 30000. Das würde so erst recht für Unmut sorgen. Die Grenze im Kreis Reutlingen wäre so wie bei der Einteilung 1992-2006. Ermstal und Vordere Alb kommen zusammen auf 39000 Wahlberechtigte und würden den Wahlkreis im Zweifel gegen die Oberschwaben dominieren. Weil Ulm und Alb-Donau zusammen ziemlich exakt die Idealgröße für zwei Wahlkreise haben, wäre die einzig verbleibende Variante eine Teilung des Kreises Sigmaringen, wobei der Nordteil zu Albstadt und der Südteil zu Überlingen käme. Das hätte auch den Vorteil, dass die Trennlinie im Bodenseekreis flexibler wäre.

"Der jetzige CDU-MdL für Biberach wohnt im westlichsten Zipfel des Kreises und wäre bei einem Neuzuschnitt wahrscheinlich auch seinen Sitz los."
Der ist Landrat im Kreis Biberach und hätte daher keine Schwierigkeiten mit so einer Auswärtskandidatur.

Die Vergleichsrechnungen bezogen auf die letzte Landtagswahl gehen so nicht auf, weil die Zweitmandatsvergabe nach Stimmenanteil zu einem anderen Wahlverhalten führt. Das günstigste Profil für die FDP - viel Sekundärsektor bei geringen Betriebsgrößen - hat im Regierungsbezirk der Zollernalbkreis, das war auch bei der Bundestagswahl zu sehen. Wenn die FDP da jetzt ernsthafte Aussichten auf ein Zweitmandat hat, wird sie von CDU/FDP-Wechselwählern auch stärker gewählt. Entsprechend werden die GRÜNEN in Ravensburg über Landesschnitt zulegen.

Und Kluck ist 2011 67 und bei Landtagswahlen war Reutlingen immer schon eine unsichere Kiste für die FDP.

Ach ja: Anders als ich zwischenzeitlich vermutet hab, ergäbe sich die notwendige Verschiebung von Karlsruhe nach Tübingen auch, wenn man die Einwohnerzahlen als Maßstab nimmt (Karlsruhe hat relativ mehr Ausländer, Tübingen mehr Unter-18-Jährige), eine Verschiebung von Stuttgart nach Freiburg jedoch nicht.
 Link zu diesem Beitrag

iwiwiwm
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 13. November 2009 - 13:27 Uhr:   

"Der jetzige CDU-MdL für Biberach wohnt im westlichsten Zipfel des Kreises und wäre bei einem Neuzuschnitt wahrscheinlich auch seinen Sitz los."
Der ist Landrat im Kreis Biberach und hätte daher keine Schwierigkeiten mit so einer Auswärtskandidatur.

Peter Schneider ist schon lange nicht mehr Landrat in Biberach. Trotzdem hätte er wohl keine Probleme.
 Link zu diesem Beitrag

Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 13. November 2009 - 17:36 Uhr:   

"Das Riedlinger Gebiet kommt maximal (bis zur Stadtgrenze Biberach) auf 30000. Das würde so erst recht für Unmut sorgen."
Der Ldkr. Biberach hat starkes Wachstum und ist deutlich zu groß für einen WK, hier müßte man für eine dauerhafte Lösung in jedem Fall ein großes Stück abtrennen - das ist in kleinerem Umfang auch schon der Fall. Eine Teilung von Sigmaringen dagegen gäbe nur vermeidbaren zusätzlichen Ärger. Wenn Wangen keine Gebiete aus Biberach mehr hätte, könnte man Bodensee auch ohne Teilung von Sigmaringen verkleinern - zur Not kann man später immer noch Gemeinden zu Sigmaringen rüberschieben. Generell ist es bei Einerwahlkreisen halt so, daß man entweder größere Unterschiede beim Verhältnis von Einwohnern und Mandaten in Kauf nehmen oder weniger sinnvolle Wahlkreise bilden muß oder eine Mischung aus beidem.

"Da 'fehlen' noch ca. 50000 Wahlberechtigte für einen vollen fünften Wahlkreis."
Da Tübingen recht starkes Wachstum hat, müßte der WK recht klein geschnitten werden, um in ein paar Jahre nicht wieder rumdoktern zu müssen. Mit einigen Gemeinden vom Kreis Biberach paßt das.
 Link zu diesem Beitrag

Kay Karpinsky
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 25. November 2009 - 00:11 Uhr:   

"Da Tübingen recht starkes Wachstum hat"
Man muss da gerade sehr vorsichtig sein, was das Bezugsjahr anbelangt. In den Universitätsstädten gibt es gerade eine erhebliche Anomalie durch das Doppelabitur.

Nebenbei: Da ja jetzt Nils Schmid SPD-Landesvorsitzender werden soll, fragt sich schon, wie er das Landtagsmandat denn verteidigen möchte. In seinem Wahlkreis Nürtingen leidet die SPD am meisten unter der neuen Zuteilungsregel und da für die Grünen schon Kretschmann am Start ist, wird es erst recht schwer, die nötigen Prozente zu sammeln. Und Wahlkreishopping käme in dieser Konstellation gar nicht gut.
 Link zu diesem Beitrag

nowhereman
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 29. November 2009 - 15:22 Uhr:   

@ Kay Karpinsky

Theoretisch geb ich Ihnen recht, praktisch aber wird sich die SPD nicht so verhalten wollen, wie 2001 Frau Vogt in Pforzheim, wo sie es nicht schaffte, und dies vorher absehbar war, 2006 hat sie sich in dem Nachbarwahlkreis Bretten beworben
und das ging gut aus, wenig überraschend.
So kann es der "Neue" auch machen, etwa wenn er im gleichen Landkreis, aber anderem Wahlkreis antritt (Esslingen oder Kirchheim), das fällt dann gar nicht so auf, manche regional=kreisweit auftretende Zeitungen beschreiben die Wahlkreise auch nicht offiziell, sondern wie ich es im Landkreis Böblingen schon entdeckt habe, mit Umschreibungen: Böblingen/Sindelfingen plus westliche Randgemeinden für den einen Teil und Restteil Ldkr. Böblingen für den anderen Teil oder benutzen andere Bezeichnungen wie Mannheim-Süd und Mannheim-Nord, Freiburg-West und Freiburg-Ost, Nordteil Kreis Ludwigsburg usw. Da fällt es dann gar nicht so sehr auf, wenn einer nun in einem anderen Gebiet antritt.
Ich denke, in Esslingen wird der bekannte Drexler nicht mehr antreten, sondern sich auf seinen Job als Sprecher von Stuttgart 21 zurückziehen, das wäre doch was für Herrn Schmid. Zuvor wurde ja schon die Problematik mit Kretschmann beschrieben, der nun auch nicht sicher durchmarschieren kann. Bei der Grünenbasis ist vieles denkbar, aber sicher wird man auch dort eine elegante Lösung anstreben, um nicht das Aushängeschild zu verlieren.
Andererseits gibt das Beispiel Özdemir/Vogt bei der BTW09 zu denken: Frau Vogt wollte einfach nicht einsehen, dass sie sich einen anderen Wahlkreis hätte aussuchen sollen, um ein besseres Ergebnis zu erzielen.
 Link zu diesem Beitrag

nowhereman
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 05. Dezember 2009 - 11:31 Uhr:   

Ist eigentlich die Regelung über die Vergabe der Zweitsitze aufgrund der Prozentwerte in den Wahlkreisen eines Bezirk nicht tatsächlich eine Entscheidung hin zu mehr Lotterie? Gemeint ist, wenn in einem großen Bezirk eine Partei wie die Linke mehrfach 6,0 % erhielte, ihr aber nur ein Sitz zustünde, wäre doch das Los entscheidend oder gibt es da noch eine Hintertür: es wird nicht gerundet, sondern auch an der x.ten Stelle nach dem Komma auf Unterschied geschaut, x > 2?

(Beitrag nachträglich am 05., Dezember. 2009 von nowhereman editiert)
 Link zu diesem Beitrag

Ratinger Linke
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Samstag, 05. Dezember 2009 - 12:28 Uhr:   

Das ist insofern halbwegs ordentlich formuliert, wenn auch "prozentual" redundant und potenziell irreführend ist:

"Stehen einer Partei nach Absatz 2 in einem Regierungsbezirk mehr Sitze zu, als ihre Bewerber dort erlangt haben, so werden die weiteren Sitze ihren nicht nach Satz 1 gewählten Bewerbern in diesem Regierungsbezirk in der Reihenfolge der Höhe ihrer prozentualen Stimmenanteile an den Stimmenzahlen aller Bewerber in den Wahlkreisen zugeteilt."

http://www.landtag-bw.de/WP14/Drucksachen/5000/14_5258_d.pdf

Es wird also nicht gerundet, was völlig sinnlos wäre. Man muss sich nicht auf eine bestimmte Zahl an Nachkommastellen einer bestimmten Repräsentation der Zahlen beschränken. Nachdem es sich um rationale Zahlen handelt, kann man sogar mit dem kleinsten gemeinsamen Vielfachen der Nenner multiplizieren und hat dann lauter ganze Zahlen.

Problematisch ist eher, dass "aller Bewerber in den Wahlkreisen" nicht eindeutig ist. Man könnte das auch so verstehen, dass sich die Anteile auf die Summe aller Wahlkreise beziehen, sprich dass sich gar nichts ändert.

Es gibt allerdings auch abartige Regeln mit beschränkter Rundung (z.B. § 33 Abs. 4 LWahlG NRW).
 Link zu diesem Beitrag

Ratinger Linke
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Samstag, 05. Dezember 2009 - 12:36 Uhr:   

PS: Bei der Fünfprozenthürde kommt ja auch niemand auf die Idee, dass da irgendwie gerundet werden müsste (zumindest niemand von denen, die das offiziell berechnen).
 Link zu diesem Beitrag

nowhereman
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 05. Dezember 2009 - 14:56 Uhr:   

@ Ratinger Liste

wenn ich nicht ganz daneben liege, wird oft bei Sitzvergaben gerundet, etwa bei Anwendung eines Höchstzahlverfahrens, wenn iterativ vorgegangen wird. Beispiel D'Hont:
19 Stimmen 3 Parteien mit: 11, 5, 3 Stimmen
es werden 4 Sitze vergeben
Sitz 1 Partei A Sitz 1 Höchstzahl 11
Sitz 2 Partei A Sitz 2 Höchstzahl 5 (genau 5,50)
oder Partei B Sitz 1 Höchstzahl 5
Sitz 3 die für Sitz 2 nicht ausgewählte Partei
(A oder B) erhält diesen
Sitz 4 Partei A Sitz 3 Höchstzahl 3 (kaufm. 3,67)
oder Partei C Sitz 1 Höchstzahl 3
Ungeachtet dessen, kann man natürlich durch den richtigen Hinweis (Multiplikation,kgV) auch dabei eine Eindeutigkeit erreichen, dies wird aber - etwa LTW SH 2009 -
http://www.schleswig-holstein.de/LWL/DE/Landtagswahl/PDF/Bekanntmachung_20endg_C3_BCltige_20Ergebnisse,templateId=raw,property=publicationFile.pdf offiziell nicht so praktiziert. Mir ist auch (allerdings schwach) in Erinnerung, dass bei einer Landtagswahl einmal der Landeswahlleiter kurzzeitig ein falsches Ergebnis ausgab, wobei er eine Partei im Landtag sah, die an der 5%-Hürde millimeter vorbeischrammte, gerundet waren es 5,0%, ich meine es war die FDP bei einer Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus, auch da gebe ich Ihnen aber grundsätzlich recht, der Fehler wurde ja später behoben.
 Link zu diesem Beitrag

Ratinger Linke
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Samstag, 05. Dezember 2009 - 16:30 Uhr:   

Gerundet wird, wenn das Verfahren als Divisorverfahren beschrieben wird. Im Beispiel wäre der Divisor z.B. 3,5 und es ergibt sich ungefähr 3,14 : 1,43 : 0,86, also 3:1:0, nachdem bei D'Hondt die Rundungsregel Abrunden ist.

Bei Höchstzahlverfahren wird nur dann gerundet, wenn es das Wahlgesetz entgegen jeder Sinnhaftigkeit so vorschreibt, z.B. wie gesagt in NRW (Abrundung auf 4 Nachkommastellen).

In Schleswig-Holstein wird nicht gerundet. Wenn es zur Unterscheidung notwendig wäre, würde die Landeswahlleiterin die Höchstzahlen wahrscheinlich genauer angeben. Es ist völlig klar, dass die Linke bei 4 Stimmen mehr den letzten Sitz von der FDP bekäme, bei 3 Stimmen mehr hingegen nicht, obwohl die kaufmännisch gerundeten Höchstzahlen alle gleich sind, falls in Husum im Rahmen der Wahlprüfung doch noch nachgezählt wird.

Bei knapp verfehlter Fünfprozenthürde werden die Prozentzahlen auch öfter abweichend vom normalen Standard genauer angegeben, so 1980 bei der FDP in NRW:

http://www.wahlergebnisse.nrw.de/landtagswahlen/1950/index.html
http://www.wahlrecht.de/ergebnisse/nordrhein-westfalen.htm
 Link zu diesem Beitrag

Martin Fehndrich
Moderator
Veröffentlicht am Sonntag, 06. Dezember 2009 - 11:45 Uhr:   

Ob in NRW nach vier Stellen ab- oder standardgerundet wird, ist nicht ganz ersichtlich. Ein Leser hat das als Standardzwischenrundung interpretiert und eine Beispiel konstruiert, bei dem es trotz unterschiedlicher Sitzansprüche zu einem Loswurf kommt. In dem Fall wäre die Regelung noch schlimmer als sinnlos.
 Link zu diesem Beitrag

Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 06. Dezember 2009 - 13:38 Uhr:   

"Ein Leser hat das als Standardzwischenrundung interpretiert und eine Beispiel konstruiert, bei dem es trotz unterschiedlicher Sitzansprüche zu einem Loswurf kommt."
Das kann natürlich passieren. Noch konfuser wird die Regelung, wenn man sich die Wahlordnung anschaut:

(2) Bei der Sitzberechnung gemäß § 33 Abs. 4 des Gesetzes wird zur Bestimmung des Zuteilungsdivisors die Gesamtstimmenzahl der am Verhältnisausgleich teilnehmenden Parteien durch die Ausgangszahl der im Verhältnisausgleich zu verteilenden Sitze geteilt; jede Partei erhält so viele Sitze, wie sich nach Teilung ihrer Stimmen durch den so ermittelten Divisor und anschließender Rundung ergeben.
Wird die Ausgangszahl nicht erreicht, ist der Divisor nach Maßgabe von § 33 Abs. 4 Satz 7 des Gesetzes auf den nächstfolgenden Divisor herunterzusetzen oder heraufzusetzen und mit diesem Enddivisor erneut eine Berechnung nach Satz 1 durchzuführen. Nächstfolgender Divisor ist bei Unterschreitung der Ausgangszahl der Sitze um eins der größte, um zwei der zweitgrößte etc. der Quotienten (Divisorkandidaten), die aus der Teilung der Stimmenzahlen der Parteien durch deren um 0,5 erhöhte (ganze) Sitzzahl gemäß Satz 1 resultieren. Bei Überschreitung der Ausgangszahl der Sitze um eins ist nächstfolgender Divisor der kleinste, um zwei der zweitkleinste etc. der Quotienten (Divisorkandidaten), die aus der Teilung der Stimmenzahlen der Parteien durch deren um 0,5001 verringerte (ganze) Sitzzahl gemäß Satz 1 resultieren. Entfallen bei der Berechnung mit den um 0,5001 verringerten Sitzzahlen ausnahmsweise nicht insgesamt so viele Sitze auf die Reservelisten wie nach der Ausgangszahl der Sitze, ist die bisherige Sitzzahl der Parteien um 0,5000001 zu verringern.
Der Zuteilungsdivisor und die Quotienten (Divisorkandidaten) sind mit vier Stellen nach dem Komma zu bestimmen, ebenso wie die Sitzzahlen der Parteien; dabei ist die vierte Nachkommastelle nicht zu runden. Im Falle des Satzes 4 sind der Zuteilungsdivisor, die Quotienten (Divisorkandidaten) und die Sitzzahlen der Parteien mit sieben Stellen nach dem Komma zu bestimmen.
Entspricht bei der Berechnung mit dem Enddivisor die Summe der gerundeten Sitzzahlen nicht der Ausgangszahl der Sitze, entscheidet bei gleichen Zahlenbruchteilen das vom Landeswahlleiter zu ziehende Los, wenn dadurch die Ausgangszahl erreicht wird.


Erstaunlich, wie man so viel Text über ein nicht vorhandenes Problem (bzw. dadurch erst geschaffenes Problem) produzieren kann. Während man einerseits Text im Überfluß produziert, fehlt an anderer Stelle was. Weder im Gesetz noch in der Wahlordnung steht, daß eine Partei nur einen Kreiswahlvorschlag im Wahlkreis und eine Landesliste einreichen darf; sollte da mal eine auf die Idee kommen, zwei einzureichen, hätte man ein Problem.

Das Problem mit der Rundung dürfte aber höchstwahrscheinlich keine praktische Bedeutung haben. Die Differenz zwischen 0,5 und 0,5001 Sitzansprüchen lag bei der letzten Wahl bei nur rd. 4,16 Stimmen, nächstes Jahr wird es eher noch weniger sein.


Zurück zu Baden-Württemberg: hier ist das Hauptproblem die schwachsinnige Regelung der Überhangmandate. Da die CDU dank schwacher SPD und relativ geringer regionaler Unterschiede im Wahlverhalten auch bei einem sehr mäßigen Ergebnis fast alle Erstmandate holen, wird, dürfte der Landtag kräftig aufgeblasen werden und die Stimmgewichte in den einzelnen Regierungsbezirken erheblich unterschiedlich sein.
 Link zu diesem Beitrag

Ratinger Linke
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Sonntag, 06. Dezember 2009 - 15:26 Uhr:   

Ich bin fälschlicherweise davon ausgegangen, dass sich die Rundung in NRW auf Höchstzahlen bezieht (dann wären z.B. die momentan realistischen Höchstzahlen 3280048/84,5 ~ 38817,136095 und 2426071/62,5 = 38817,136 nicht unterschieden). Tatsächlich ist das Verfahren aber als Divisorverfahren beschrieben. Eine Abrundung auf 4 Nachkommastellen (und wenn man nur die 4 Stellen berücksichtigt, kann man nur abrunden) wäre nach dem Wortlaut völlig redundant, nachdem anschließend im entscheidenenden Grenzfall wieder aufgerundet werden muss. Nur existieren die angeblichen "Rundungsmöglichkeiten" in der Beschreibung nicht.

Allerdings lässt sich immer ein Divisor finden, bei dem die Höchstzahlen sauber getrennt werden, solang sie nicht wirklich identisch sind. Analoges Beispiel zu oben: 3280048 : 2426071 : 1009246 : 1009245 Stimmen, 199 Sitze. Divisor ist zunächst 7724610/199 ~ 38817,135678. Macht ungefähr 84,5000009 : 62,5000005 : 26,0000121 : 25,9999864 Sitze, also gerundet einer zu viel. Damit ist er auf 3280048/84,5 + Epsilon ~ 38817,136095 heraufzusetzen (oder auf 3280048/84,49995 + Epsilon ~ 38817,159063, falls man von kaufmännischer Rundung ausgeht).

Die Rundung in NRW ist also immer redundant; das Problem ist, dass die Vorschrift bei echt identischen Höchstzahlen zu keinem Ergebnis führt, weil dann eigentlich gelost werden müsste, ob 0,5 bei den betroffenen Parteien jeweils auf- oder abgerundet wird, und sonst die Gesamtsitzzahl immer zu hoch oder zu niedrig bleibt.

Die Wahlordnung ist irrelevant, weil sie das im Gesetz bestimmte Verfahren nicht ändern kann. Relevant ist sie allenfalls, wo das Gesetz keine Lösung bietet, also bei einem echten Patt.

In Baden-Württemberg bräuchte man übrigens mindestens 8 Nachkommastellen, um z.B. 100*23333/70000 ~ 33,33285714 und 100*23332/69997 ~ 33,33285712 unterscheiden zu können.
 Link zu diesem Beitrag

Ratinger Linke
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Sonntag, 06. Dezember 2009 - 15:49 Uhr:   

Korrektur und Ergänzung:

Der Divisor müsste auf 2426071/62,5 + Epsilon ~ 38817,136 heraufgesetzt werden.

Bei kaufmännischer Rundung muss zwar nicht gelost werden, aber es wäre kein Divisorverfahren mit Standardrundung mehr, nachdem die Rundungsgrenze faktisch 0,49995 statt 0,5 wäre. Im Beispiel würde gegenüber Sainte-Laguë ein Sitz von der größten Partei zur zweitgrößten transferiert. Eine solche Auslegung verbietet sich also schon deshalb, weil das "Divisorverfahren mit Standardrundung" explizit festgelegt ist.
 Link zu diesem Beitrag

Ratinger Linke
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Sonntag, 06. Dezember 2009 - 17:49 Uhr:   

Die Beschreibung in der Wahlordnung von NRW scheint übrigens bei den tatsächlich vorkommenden Stimmen- und Sitzzahlen korrekte Ergebnisse nach Sainte-Laguë zu liefern, sofern man berücksichtigt, dass sich die Reihenfolge der Divisorkandidaten beim Übergang von 4 auf 7 Nachkommastellen ändern kann.

Wenn die Sitzzahl zu hoch war, wird zunächst zwar die Rundungsgrenze faktisch verringert, aber soweit das entscheidend ist, dürfte die neue Gesamtsitzzahl zu niedrig sein und folglich mit 7 Stellen zu rechnen sein, die vermutlich in der Praxis für das richtige Ergebnis (eher knapp) ausreichen. Ein Beweis, dass das Ergebnis immer richtig ist (unter der Voraussetzung begrenzter Stimmen- und Sitzzahlen) wäre aber sicher nicht trivial, und man könnte das alles auch viel einfacher haben.

Admin Admin Logout Logout   Vorige Seite Vorige Seite Nächste Seite Nächste Seite