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Michael Jonas Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Mittwoch, 15. März 2017 - 10:56 Uhr: | |
Guten Tag, eine Verständnisfrage an alle Wahlrechtsexperten: Ist es nach dem gültigen Wahlrecht möglich, dass ein Land bei der endgültigen Sitzverteilung weniger Mandate zugewiesen bekommt, als nach der vorläufigen Verteilung errechnet? Beispiel: Bremen hat ein Sitzkontingent von 5 Sitzen - könnte die Landesgruppe am Ende aber nur 3 oder 2 Mandate (das ja mindestens, weil es 2 Wahlkreise gibt) groß sein? Danke! |
Wilko Zicht
Moderator
| Veröffentlicht am Mittwoch, 15. März 2017 - 11:09 Uhr: | |
Ja, das ist möglich. Wenn Grüne, Linke und FDP in Bremen unter ca. 10 % der Bremer Zweitstimmen bleiben (und nicht in den Genuss von Ausgleichsmandaten kommen), ist es selbst bei normaler Wahlbeteiligung möglich, dass Bremen nur 3 Sitze erhält. Bei ungewöhnlich niedriger Wahlbeteiligung in Bremen natürlich erst recht. 2009 war der umgekehrte Fall eingetreten, dass die o. a. drei Parteien allesamt über 10 % lagen, so dass auf Bremen sechs Sitze entfielen. (Unter normalen Verhältnissen reichen ca. 10 % der Zweitstimmen in Bremen für einen halben Sitzanspruch auf Bundesebene.) |
Jens Matthis
Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Mittwoch, 15. März 2017 - 12:59 Uhr: | |
Nein, das ist nach den derzeitigen Gesetzesbestimmungen nicht möglich. Und genau deshalb entstehen unabhängig von gewonnenen Wahlkreisen zusätzliche Überhangmandate, die dann in der nächsten Ebene wieder ausgeglichen werden müssen. |
Thomas Frings
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Mittwoch, 15. März 2017 - 13:16 Uhr: | |
"Ist es nach dem gültigen Wahlrecht möglich, dass ein Land bei der endgültigen Sitzverteilung weniger Mandate zugewiesen bekommt, als nach der vorläufigen Verteilung errechnet?" Das ist nicht nur möglich, sondern 2013 in Bayern tatsächlich eingetreten. Das Sitzkontingent war 92, Bayern hat 91 Abgeordnete. |
Michael Jonas Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Mittwoch, 15. März 2017 - 15:07 Uhr: | |
Danke für die schnellen und hilfreichen Erklärungen! |
Wilko Zicht
Moderator
| Veröffentlicht am Mittwoch, 15. März 2017 - 17:59 Uhr: | |
"Nein, das ist nach den derzeitigen Gesetzesbestimmungen nicht möglich. Und genau deshalb entstehen unabhängig von gewonnenen Wahlkreisen zusätzliche Überhangmandate, die dann in der nächsten Ebene wieder ausgeglichen werden müssen." Nicht ganz richtig. Natürlich würde Bremen bei der "ersten Verteilung" nach § 6 Absatz 2 BWahlG immer mindestens fünf Sitze erhalten. Und tatsächlich könnte dies, z. B. bei niederiger Wahlbeteiligung, einen Überhang an Mandaten verursachen, der Ausgleichsmandate nach sich ziehen würde. Aber bei der entscheidenenden "zweiten Verteilung" nach § 6 Absatz 6 BWahlG könnte dann eben doch ein Ergebnis unter fünf herauskommen. Thomas Frings hat schon zurecht darauf hingewiesen, dass Bayern 2013 am Ende weniger Sitze erhalten als dem Land eigentlich laut Kontingent zugestanden hätte - und das, obwohl bekanntlich der bayerische CSU-Überhang verantwortlich war für massig Ausgleichsmandate. |
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