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Archiv bis 21. April 2015

Wahlrecht.de Forum » Wahlsysteme und Wahlverfahren » Kommunalwahlen in Deutschland » Benennungsverfahren und D'Hondt im Kommunalwahlrecht » Archiv bis 21. April 2015 « Zurück Weiter »

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CHeine
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Donnerstag, 19. März 2015 - 14:25 Uhr:   

Liebe Experten dieser Runde.
Ich möchte einen Problemkreis anreißen, der sich seit einiger Zeit in Sachsen auftut (möglicherweise auch woanders). Dort gibt es inzwischen die Möglichkeit, dass die Ausschüsse einer Gemeinde nicht mehr gewählt, sondern im Benennungsverfahren bestimmt werden (falls es zu keiner Einigung im Vorfeld kommt). Das bedeutet, dass die Ausschusssitze entsprechend der Stärke der Fraktionen durch die Fraktionsvorsitzenden benannt werden. Fraktionslose Stadträte bleiben außen vor, ebenso mögliche abweichende Meinungen innerhalb einer Fraktion. Für mich unter Demokratiegesichtspunkten arg zweifelhaft. Aber das ist nicht das Problem. Die Verteilung der Ausschusssitze erfolgt im Benennungsverfahren in Sachsen ZWINGEND nach d'Hondt. Das führt gerade bei kleinen Ausschüssen zu einer hemmungslosen Verzerrung der Verhältnisse. In unserem Fall würde eine Fraktion mit exakt 50 % der Stadtratssitzen dann 66,6 % der Ausschusssitze erhalten. Kann das noch als spiegelbildliche Abbildung der Mehrheitsverhältnisse des Stadtrates in den Ausschüssen gewertet werden? Besteht hier nicht die Möglichkeit, juristisch des ganze Sitzzuteilungsverfahren d'Hondt anzugreifen? Denn der Stadtrat hat ja gar keine Wahl, welches Sitzuteilungsverfahren er nimmt, wenn er sich für das Benennungsverfahren ausgesprochen hat. Zumal dann ja ein Hintereinanderschalten von d'Hondt erfolgen würde, mit doppelter Verzerrung des Wählerwillens.
Ich hoffe, ich konnte mich verständlich ausdrücken und bin für Unterstützung dankbar. Im gestrigen Stadtrat wurde das Benennungsverfahren zwar verworfen und mehrheitlich das Wahlverfahren bestimmt, da aber die Hauptsatzung mit Mehrheit der Stadträte bestimmt werden muss und diese nicht erreicht wurde, wird Anfang April die Abstimmung nachgeholt.
Vielen Dank.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 19. März 2015 - 16:56 Uhr:   

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CHeine
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Donnerstag, 19. März 2015 - 17:24 Uhr:   

Danke für die schnelle Reaktion. Ich sehe neben dem Benennungsverfahren gerade die Kopplung an d'Hondt als ein/das Problem an. Denn es wird eine spiegelbildliche Abbildung des Stadtrates verlangt. Und zum Stadtrat gehört der Fraktionslose nun mal dazu. Und so sehe ich hier eine Aufrundung von 3 auf 4 und tatsächlich eine verzerrte Abbildung des Stadtrates in den Ausschüssen. Denn so hätte die Mehrheitsfraktion eine absolute Mehrheit in den Ausschüssen, sogar gegen einen OB, der nicht aus ihren (Partei)reihen stammt. Und diese Mehrheit hat sie im Stadtrat nicht. Also eine Art Mehrheitsumkehr. Ist dies nicht relevant?
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Ratinger Linke
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Veröffentlicht am Donnerstag, 19. März 2015 - 19:04 Uhr:   

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CHeine
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Donnerstag, 19. März 2015 - 19:33 Uhr:   

Richtig, der OB hat Sitz und Stimme in den Ausschüssen und ist dort noch "mächtiger", da er einer von 7 und nicht einer von 23 ist.

Aber eine Frage bleibt - WAS zählt als "Spiegelbildlichkeit"? Wer legt fest, wann ein Ausschuss spiegelbildlich ist und wann nicht? Wenn ein Ausschuss 66,6 % Mitglieder einer Fraktion hat, welche im Stadtrat 50 % stellt - ist das noch spiegelbildlich.? Wenn ja, dann wäre z.B. eine Verteilung 2-2-1-1 auch spiegelbildlich. Da verliert die Spiegelbildlichkeit an sich seinen Sinn.

Ein weiteres Problem beim Benennungsverfahren sehe ich im Falle eines Fraktionswechsels oder -aus/eintrittes. Wenn dies natürlich die berechneten Sitze verändert. In unserem Beispiel bräuchte nur der Fraktionslose der 2-Personen-Fraktion beitreten und schon muss der Ausschuss neu zusammengesetzt werden.
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Ratinger Linke
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Veröffentlicht am Donnerstag, 19. März 2015 - 20:45 Uhr:   

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CHeine
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Donnerstag, 26. März 2015 - 18:08 Uhr:   

Wie ist der Satz "P.S. Wobei in Sachsen ... vorgeschrieben ist." zu verstehen? Neubildung des Ausschusses auf Antrag einer Fraktion als Ganzes?
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Ratinger Linke
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Veröffentlicht am Donnerstag, 26. März 2015 - 18:25 Uhr:   

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CHeine
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Freitag, 27. März 2015 - 00:09 Uhr:   

Vielen Dank! Mal sehen, wie sich der Gemeinderat demnächst entscheidet.
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CHeine
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Mittwoch, 08. April 2015 - 14:00 Uhr:   

Hallo zusammen! In o.g. Sache hat der Gemeinderat entschieden, dass Benennungsverfahren zu wählen und damit die Verteilung nach d'Hondt. Nun ist in der Hauptsatzung genau der Fall verankert, denn das OVG Sachsen am 14.9.2010 behandelt hat. In Verbindung mit der geringen Ausschussgröße (7, davon 6 Räte) führt d'Hondt dazu, dass eine Fraktion nicht in den Ausschüssen vertreten ist. Ich lese das Urteil des OVG so, dass dieser Fall rechtswidrig ist.
1. Irre ich hier?
2. Wenn ich nicht irre, kann man mit dem Hinweis auf das OVG-Urteil jetzt schon die Hauptsatzung anfechten oder muss man warten, bis der Fall eintritt? Z.Z. sind die Ausschüsse durch Einigung besetzt und alle Fraktionen sind vertreten.
3. Kann im Fall der Fälle nur die betroffene, also aus den Ausschüssen ausgegrenzte Fraktion juristisch dagegen vorgehen, oder können auch andere Stadträte dieses anstoßen?

Für eine Information wäre ich sehr dankbar.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 08. April 2015 - 16:38 Uhr:   

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CHeine
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Mittwoch, 08. April 2015 - 18:16 Uhr:   

Gestern hatte der Gemeinderat zwei Varianten zur Auswahl.
1. Benennungsverfahren (und damit implizit d'Hondt) mehrheitlich angenommen
2. Wahlverfahren mit Hare/Niemeyer

Die Hauptsatzung vom September 2014 hatte Benennungsverfahren mit Hare/Niemeyer, was vom Kommunalamt verworfen wurde, weil rechtswidrig.
Vorher gab es seit 1990 Wahlverfahren mit Hare/Niemeyer. Beim Wahlverfahren wäre der Gemeinderat frei in seiner Entscheidung zum Zuteilungsverfahren gewesen.
Wenn ich den letzten Satz im vorletzten Absatz richtig verstehe, ist es nicht juristisch ausgefochten worden, ob der Freistaat beim Benennungsverfahren d'Hondt vorschreiben darf? Das wäre vielleicht ein genereller Ansatz.
Noch mal zur Frage, wer und vor allem wann man gegen eine Ausschussbesetzung klagen kann. Kann in diesem Fall die SPD jetzt schon gegen die Hauptsatzung klagen oder erst, wenn der Fall der Besetzung eines Ausschusses, bei dem sie leer ausgeht, eingetreten ist?

Vielen Dank.
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Ratinger Linke
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Veröffentlicht am Mittwoch, 08. April 2015 - 19:51 Uhr:   

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CHeine
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Mittwoch, 08. April 2015 - 22:52 Uhr:   

Vielen Dank!
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Ratinger Linke
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Veröffentlicht am Mittwoch, 08. April 2015 - 23:05 Uhr:   

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CHeine
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Donnerstag, 09. April 2015 - 12:45 Uhr:   

Ja, das stimmt. Der OB hat Widerspruch eingelegt, weil die Änderung der Hauptsatzung nicht mit der Mehrheit der Stimmen des Stadtrates erfolgte.

Am 18.3. hatte der Stadtrat bereits die 2 o.g. Varianten zur Auswahl:
1. Benennungsverfahren (und damit zwangsweise d'Hondt) oder
2. Wahlverfahren mit Hare/Niemeyer.

Am 18.3. ging die Abstimmung mit 10:8 für Variante 2 aus. Die gesamte Hauptsatzung ging dann mit der Variante 2 im Text mit 10 Ja-Stimmen und 8 Nein-Stimmen zwar durch, aber ... s.o.

Am 7.4. waren dann alle 11 Räte der Mehrheitsfraktion anwesend und mit der Stimme des OB ging die Variante 1 und dann die gesamte Hauptsatzung mit 12:8 durch.

Der Beschluss 12/2015 wurde wiederum nötig, weil bei der letzten Änderung der Hauptsatzung im September 2014 das Benennungsverfahren gegen den vehementen Widerspruch eines Stadtrates und einer Fraktion eingeführt wurde, aber der Zusatz "unter Anwendung von Hare/Niemeyer" beschlossen wurde. Und eben dieser Zusatz ist ja rechtswidrig und das Kommunalamt gab uns die Hauptsatzung zurück auf den Tisch. Im Januar sollte die Hauptsatzung ohne den Zusatz beschlossen werden, aber der Stadtrat beschloss, die gesamte Sache noch mal in den Ausschüssen zu beraten. Dabei kamen dann die 2 Varianten heraus, die im März auf dem Tisch lagen.

Ich hoffe, ich konnte die verworrene Situation aufklären.

Mich ärgert nur maßlos, dass der Freistaat mit dem Benennungsverfahren den Kommunen durch die Hintertür d'Hondt aufdrückt. Vom arroganten Verhalten der Mehrheit mal abgesehen, aber das ist kein wahlrechtliches Problem.

Kann man nicht endlich mal den Generalangriff auf d'Hondt führen?
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Ratinger Linke
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Veröffentlicht am Donnerstag, 09. April 2015 - 15:55 Uhr:   

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CHeine
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Donnerstag, 09. April 2015 - 21:31 Uhr:   

Seit einem Jahr ist bei gescheiterter Einigung das Benennungsverfahren neben dem Wahlverfahren zulässig. Früher gabs ja nur die Wahl. Das heißt, die Kommune kann in ihrer Hauptsatzung festlegen, welches Verfahren sie nimmt. Dieses wird dann automatosch angewendet, falls es zu keiner Einigung kommt. Aber der Gesetzgeber hat das Bennenungsverfahren zwingend mit d'Hondt verknüpft, während im Wahlverfahren die Kommunen frei sind. Ein Stadtrat wollte ja seinen Kollegen auch Sainte-Lague vorschlagen, aber das hätte die anderen Räte, die sich noch nie damit befasst haben, noch mehr verwirrt.

Jetzt mal eine andere Frage zu d'Hondt. Ich glaube mich zu erinnern, dass Bayern in den 1990-igern sein Wahlgesetz ändern musste, weil durch ein Nacheinanderschalten von d'Hondt eine kumulierte Verzerrung eintrat. Dies wurde als nicht zulässig erachtet. Aber ist es hier nicht ähnlich?
Wähler -> d'Hondt-> Rat -> d'Hondt-> Ausschuss. Oder sind die Fälle nicht vergleichbar?

Vielen Dank!
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Ratinger Linke
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Veröffentlicht am Freitag, 10. April 2015 - 00:20 Uhr:   

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Ratinger Linke
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Veröffentlicht am Dienstag, 21. April 2015 - 05:24 Uhr:   

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