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Europawahl: Stimmen für kleine Partei...

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El Tres
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 11. April 2014 - 10:12 Uhr:   

Interessante Rumrechnerei der Bayernpartei: http://landesverband.bayernpartei.de/2014/europawahl-stimmen-fuer-die-bp-sind-mehr-wert/

Zitate: "Wer eine Partei wählt, die mit Sicherheit ohnehin im neuen EU-Parlament vertreten sein wird... muss immer damit rechnen, dass diese stets 270.000 weitere Wähler braucht, um ein zusätzliches Mandat zu erlangen. Im Vergleich dazu ist ein Kreuz für die BP also immer noch doppelt soviel wert."
"Nun erhält aber nicht jede Partei eine genau durch 270.000 teilbare Zahl an Stimmen ... Es wird gerundet."
"um zukünftig zumindest einen [Sitz] zu bekommen, brauchen wir höchstwahrscheinlich 135.000 Stimmen. Damit werden wir “aufgerundet”."
"die CSU [braucht] Um künftig neun Abgeordnete zu stellen... ungefähr 2,3 Mio. Stimmen, somit 400.000 mehr als bisher. Wer also ganz einfach Bayern mehr Gewicht in Brüssel geben will, dessen Stimme ist bei der Bayernpartei *dreimal soviel wert* wie bei der CSU."

Die Argumentation ist durchaus nicht von der Hand zu weisen. Aber ist der Erfolgswert für Wähler kleinerer Parteien (<1%) wirklich größer als für die Wähler größerer Parteien? Und ist damit nicht die Erfolgswertgleicheit wieder verletzt?
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Werner Fischer
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 11. April 2014 - 11:23 Uhr:   

Wenn gerundet wird brauchen alle Parteien für das erste Mandat weniger Stimmen,denn aus 0,5 Mandaten (ca. 135.000 Stimmen) wird 1 Mandat. Um weitere Mandate zu erhalten, braucht man jeweils weitere ca. 270.000 Stimmen. Auch die CSU braucht für das erste Mandat nur ca. 135.000 Stimmen.

Da alle Parteien gleich behandelt werden, sehe ich keine Probleme i. S. Erfolgswertgleichheit. Auch deshalb, weil aufgrund der tatsächlich abgegebenen Stimmen erst nach der Wahl feststeht, ob und wie überhaupt gerundet wird. Die statistische Wahrscheinlichkeit und das Wahlrecht spricht allerdings eindeutig für den von der BP beschriebenen Fall.

Die BP muss ihren Wählern aber erklären, warum sie im Gegensatz zur CSU in allen 16 Bundesländern antritt, obwohl sie sich nur für Interessen der bayerischen Wähler einsetzen will. Der Wähler sollte das bedenken.
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marvin
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 11. April 2014 - 12:00 Uhr:   

Die Argumentation ist meines Erachtens Unfug.

1. Es besteht das Risiko, dass die BP die 135.000 Stimmen nicht zusammenbekommt. Dann wird sie auf 0 Sitze abgerundet, der Erfolgswert der Stimme ist 0.
2. Wenn man als sicher annimmt, dass die BP mindestens einen Sitz bekommt, dann ist eine Stimme für die BP nur dann wertvoll, wenn sie dadurch einen zusätzlichen Sitz erringt. Dafür benötigt sie aber 270.000 Stimmen, so wie jede andere Partei auch.

Die Argumentation der BP basiert darauf, dass man einerseits als sicher annimmt, dass sie zwischen 135.000 und 270.000 Stimmen erhalten wird - andererseits aber dem Wähler suggerieren will, dass es auf seine Stimme ankommt, um dieses "sichere" Ereignis tatsächlich eintreten zu lassen.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 11. April 2014 - 13:01 Uhr:   

Der Erfolgswert bemisst sich nach dem tatsächlichen Wahlergebnis, und durch die Rundung ist klar, dass er im Allgemeinen nicht bei allen Parteien gleich sein kann. Weil bei kleinen Parteien der relative Rundungsfehler am größten ist, kann da auch der Erfolgswert am stärksten vom Ideal abweichen.

Bei Parteien mit Sitz ist der übelste Fall, dass eine mit einem Anspruch (nach Divisor) von 0.5 Sitzen aufgerundet und andererseits eine mit 1.5 abgerundet wird (durch Losentscheid). Dann ist der Erfolgswert der Wähler der aufgerundeten 3-mal so hoch wie der der abgerundeten (und doppelt so hoch wie im Idealfall (wenn der Divisor die Harequote ist)). Vergessen wird aber oft der Fall, dass eine Partei bei 0.5 (oder darunter) abgerundet wird. Dann ist der Erfolgswert jedes Wählers einer Partei mit Sitz um einen Faktor unendlich höher.

Sainte-Laguë geht aber von der Prämisse aus, dass das Verhältnis der Erfolgswerte irrelevant ist und stattdessen die Differenz das zu optimierende Maß ist. Andernfalls kommt Hill/Huntington raus, mit der Konsequenz, dass die Verteilung bezüglich der Parteien nicht unverzerrt ist und dass jede Partei mit mindestens 1 Stimme auch einen Sitz bekommen muss (soweit sie für alle reichen).

Wenn man irgendeinen Sitz anders vergibt als Sainte-Laguë, wird (außer bei Losentscheiden) auf jeden Fall der Betrag der Differenz der Erfolgswerte bei beiden von der Verschiebung betroffenen Parteien größer. Oft wird nur ein zu großer Erfolgswert bezogen auf Parteien mit Sitz problematisiert, aber wenn das der Maßstab ist, ist die optimale Verteilung, einer beliebigen Partei alle Sitze zu geben.

Das reale Problem sind nicht die Erfolgswerte, sondern deren Vorhersagbarkeit, die bei kleinen Parteien mit recht konstanten Ergebnissen, aber auch generell bei Ausschussbesetzungen o.Ä. gegeben sein kann. Wenn man abschätzen kann, dass eine Partei (nach Divisor) bei einem Anspruch zwischen 0.5 und 1.0 liegen wird, wird deren Wahl attraktiver, wenn sie dagegen unter 0.5 oder zwischen 1.0 und 1.5 liegt, unattraktiver.

Genau genommen ist der Einwand 2 von @marvin richtig: Für die strategische Entscheidung des Wählers ist der Grenznutzen relevant, und der ist fast immer null, wenn man sichere Informationen hat. Real kann man aber nur Aussagen mit gewisser (geschätzter) Wahrscheinlichkeit machen. Entscheidend ist dann die Wahrscheinlichkeit, dass eine Partei auf eine Sitzgrenze fällt. Bei der Sichtweise sind die übelsten Fälle, dass eine Partei praktisch chancenlos ist und dass sie nah bei 1.0 liegt (weil kleine Parteien relativ gesehn normalerweise genauer abschätzbar sind als große). Am günstigsten ist dann ein Erwartungswert nah bei 0.5, tendenziell eher bei 0.6, weil die Wahrscheinlichkeitsdichte nicht symmetrisch sein wird.

Soweit möglich (u.A. durch ausreichende Gesamtsitzzahl), ist es deshalb sinnvoll, die extremeren Fälle von vornherein zu vermeiden. Das kann mit hohen Zulassungshürden oder mit einer Sperrklausel zusammen mit Alternativstimmen erfolgswertneutral gehn.

Eine andere Lösung wär, nur volle Harequoten zu vergeben und den Rest mit Wahrscheinlichkeiten gemäß den Restansprüchen zu verlosen. Dann sind zwar die Erfolgswerte bei einer einzelnen Wahl im Allgemeinen suboptimal, aber auf lange Sicht näher am Ideal; insbesondere ist dann kein Vor- oder Nachteil vorhersagbar.

Im Übrigen seh ich konkret für die Bayernpartei eher Nachteile; deren Sitzchancen sind zu schlecht, als dass eine Wahl wegen höherem zu erwartenden Erfolgswert irgendwie rentabel wär. Auch bezüglich dem Grenznutzen seh ich keinen klaren Vorteil. Gerade beim Grenznutzen ist wohl die Wahl der ÖDP am vorteilhaftesten.
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RoD
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 27. Mai 2014 - 05:06 Uhr:   

Ahoi,

ich verstehe nicht, wieso überhaupt schon knapp über ein halbes Mandat ausreichen, um ins EP einzuziehen, v.a. in Anbetracht der Tatsache, dass Deutschland ja nur 96 Parlamentarier stellt... Ich ging davon aus, dass man ca. 1% der Stimmen erreichen muss?


MfG
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Werner Fischer
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 27. Mai 2014 - 08:15 Uhr:   

Vereinfacht ausgedrückt liegt das an der "kaufmännischen Rundung". Da ja nur ganze Mandate verteilt werden können, führen 0,6% zu einem vollen Mandat und 27,4% reichen nur zu 27 Mandaten.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 27. Mai 2014 - 12:00 Uhr:   

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