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negative Ausgleichsmandate?

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Daniel Hellmann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 23. April 2013 - 16:35 Uhr:   

Hallöchen!
Mit Erstaunen habe ich im Begründungstext des 22. Änderungsgesetzes des BWG gelesen, dass durch das neue Verfahren der föderale Proporz weitestgehend gewahrt werden soll. So heißt es:
"Durch die Erhöhung der Gesamtsitzzahl wird zugleich vermieden, dass die nach § 6 Absatz 5 Satz 3 BWG – neu – zur Sicherstellung der Anrechen- barkeit aller Wahlkreismandate den Landeslisten mindestens zugeteilten Sitze auf anderen Landeslisten der Partei kompensiert werden müssen. Damit wird dem Ziel Rechnung getragen, föderale Proporzstörungen zu vermeiden."
Zum Einen liegt ja glasklar auf der Hand,dass die Methode des begrenzten Ausgleichs eben nicht den föderalen Proporz wahrt. Allerdings, und das finde ich viel gewichtiger, wird der Eindruck vermittelt, durch die Vergabe Ausgleichsmandaten müsste wenigstens keine Landesliste einer Partei Mandate an eine Andere abgeben (was für mich der einzige Punkt ist,der für eine Ausgleichs- und gegen eine Kompensationslösung spricht.
Wenn man allerdings nachrechnet, so stellt man fest, dass bei der Bundestagswahl 2009 (unter Anwendung des neuen BWG), "negative Ausgleichsmandate" auftreten.
So stehen beispielsweise der CDU in Sachsen-Anhalt nach dem ersten Schritt 6 Mandate zu (sind damit quasi garantiert). Am Ende des zweiten Schritts,nach der internen Kompensation also, sind davon also nur noch 5 übrig. Stattdessen hat Niedersachsen ein Ausgleichsmandat mehr erhalten.
Somit musste also die CDU Sachsen-Anhalt ein Mandat an die CDU Niedersachsen abgeben.
Meiner Meinung läuft das dem Sinn dieser Gesetzgebung zuwider. Sehe ich das richtig? Kann man hier von negativen Ausgleichsmandaten sprechen? Oder habe ich mich glatt verrechnet?
Liebe Grüße
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Holger81
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 23. April 2013 - 19:41 Uhr:   

Ja, das kann durchaus passieren. Statt von "negativen Ausgleichsmandaten" würde ich hier aber eher von (ansatzweiser) interner Kompensation sprechen, da es um Sitze der gleichen Partei geht. Es ist auch nur ein "zufälliger" kleiner Effekt von sich aufsummierenden Rundungsfehlern im 1. Verteilschritt - genau so könnten die anderen Landeslisten durch den Überhang auch ein paar Sitze mehr bekommen. Im Durchschnitt verlieren sie keine Sitze.

Siehe auch den Beitrag "Die wunderbare Welt des Wahlrechts" auf election.de zu dem Thema...
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Martin Fehndrich
Moderator
Veröffentlicht am Dienstag, 23. April 2013 - 20:01 Uhr:   

Für negative Ausgleichsmandate sollte man irgendwo schon zugeteilte Sitze haben. Den erste Rechenschritt im neuen Wahlsystem darf man aber nicht als Sitzverteilung sehen, allenfalls als Pseudositzverteilung nach einem deutlich anderem Verteilprinzip (das ist schon etwas mehr als nur Rundung). Insoweit kann ein Landesverband hier nichts verlieren, weil er im ersten Schritt noch nichts bekommt.
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Jan W.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 23. April 2013 - 20:30 Uhr:   

Ja, die vorläufige Rechnung soll einer Definition von Überhangmandaten dienen ... die eigentliche Sitzzuteilung weicht davon stark ab.
Insbesondere tragen hierzu zwei Faktoren bei:
- das Bundesland hat eine stark unterdurchschnittliche Wahlbeteiligung (bisher immer: der Osten)
- das Bundesland hat einen hohen Anteil an Stimmen für 5%-Scheiterer (2002: die PDS im Osten)
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Daniel Hellmann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 24. April 2013 - 17:25 Uhr:   

Dennoch komme ich,wenn ich nachvollziehen will,wo Ausgleichsmandate angefallen sind, nicht umhin festzustellen,dass der CDU in S-A ein Ausgleichsmandat abezogen wurde.
Abgesehen davon kann es ja nicht nur Sinn der ersten Stufe sein, Überhangmandate zu ermitteln und negatives Stimmgewicht auszuschließen. Sonst könnte man sich ja auch den zweiten Schritt bei Nicht-Anfallen von überhängen kneifen. Tut man aber nicht,denn auch wenn keine Überhänge anfallen,führt der Ausgleich zu einer Größenanpassung (quasi immer).
Aber mal abgesehen davon: Ist es nicht etwas inkonsequent,dass man den ersten Schritt für die Definition der Überhänge heranzieht, aber zum vergleich der Ausgleichsmandate unbeachtet lassen will?
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 24. April 2013 - 18:06 Uhr:   

"Dennoch komme ich,wenn ich nachvollziehen will,wo Ausgleichsmandate angefallen sind, nicht umhin festzustellen,dass der CDU in S-A ein Ausgleichsmandat abezogen wurde."
Wie schon mehrfach gesagt, ist die erste Verteilung auf Länderebene nur ein Zwischenschritt, bei dem zudem selbst bei komplettem Fehlen von Überhängen kein Bundesproporz rauskommt.


"Abgesehen davon kann es ja nicht nur Sinn der ersten Stufe sein, Überhangmandate zu ermitteln und negatives Stimmgewicht auszuschließen."
Doch, genau das ist das Ziel. Negatives Stimmgewicht wird dabei nicht einmal ganz vermieden.


"Sonst könnte man sich ja auch den zweiten Schritt bei Nicht-Anfallen von überhängen kneifen."
Dass bei der Verteilung auf Länderebene zufällig ein Bundesproporz rauskommt, ist fast ausgeschlossen.


"Aber mal abgesehen davon: Ist es nicht etwas inkonsequent,dass man den ersten Schritt für die Definition der Überhänge heranzieht, aber zum vergleich der Ausgleichsmandate unbeachtet lassen will?"
Natürlich ist das inkonsequent. Aber das interessiert die Parteien nicht. Man wollte halt die Listenmandate der überhängenden Parteien retten und Ausgleich haben. Die Länderkontingente sind da nur ein Hilfsmittel.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 05. Mai 2013 - 03:16 Uhr:   

Formal kann man es als negative Ausgleichsmandate betrachten, aber inhaltlich ist das belanglos. Im ersten Schritt wird nicht in irgendwie sinnvoller Weise ein Anspruch auf eine Sitzzahl ermittelt, sondern einfach willkürlich eine zugeordnet, um daraus eine Gesamtsitzzahl zu bestimmen und (angeblich, nicht wirklich) negatives Stimmengewicht zu vermeiden.

Der zweite Schritt gleicht das teilweise aus. Soweit er das erfolgreich tut (typischerweise bei den Parteien ohne klassischen Überhang), gewährleistet der Ausgleich den (innerparteilichen) föderalen Proporz, egal ob der Ausgleich positiv oder negativ ist. Bei den anderen Parteien, bei denen intern kompensiert wird, wird aber intern gerade nicht wirklich ausgeglichen, sondern nur die noch gröberen Fehler im ersten Schritt korrigiert. Ob eine Landesliste für den Überhang anderer Landeslisten zahlen muss, hat aber nichts mit dem Ausgleich im zweiten gegenüber dem ersten Schritt zu tun.

Negativer Ausgleich ist grundsätzlich nicht schlechter als positiver Ausgleich. Blöd ist es nur, wenn der negative Ausgleich die Folge von zu vielen Stimmen ist oder wenn eine Regelungslücke damit verbunden ist.

Was beim künftigen Wahlsystem Überhang und Ausgleich ist, ist eine reine Definitionsfrage, die nicht eindeutig zu beantworten ist. Wobei das nicht ganz neu ist; schon bisher war ja zumindest unklar, wer auf einem Überhangmandat sitzt und ob Überhangmandate Direkt- oder Listenmandate sind. Es waren reine Zahlenwerte, die man künftig eigentlich ganz analog bilden kann. Man kann halt dabei nicht mehr direkt auf die Berechnung der Sitzverteilung zurückgreifen.
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Lara
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Montag, 19. August 2013 - 17:55 Uhr:   

Wird dann also im Endeffekt der foederale Proporz durch das neue System hergestellt?

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