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Alternative Modelle für das Bundestag...

Wahlrecht.de Forum » Wahlsysteme und Wahlverfahren » Bundestagswahlen » Alternative Modelle für das Bundestagswahlsystem « Zurück Weiter »

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BaWo90
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Dezember 2012 - 01:19 Uhr:   

Hallo!
Ich hab einfach mal ein neues Thema aufgemacht weil in dem Thread über das Bundestagswahlsystem ja vor allem über das neu eingeführte geredet wird.

Ich bin allerdings der Meinung, dass man trotz der gefundenen Lösung weiterhin nach einem neuen (möglicherweise etwas „revolutionärerem“) Wahlsystem suchen kann, da das aktuelle meiner Meinung nach doch sehr den Charakter einer Übergangssystems hat. Abgesehen davon denke ich mir gerne Wahlsysteme aus und hab jetzt mal meine neue Idee für den Bundestag aufgeschrieben. Ich denke hier finden sich immer ein paar Interessenten.

Meiner Vorstellung nach sieht das folgendermaßen aus:

Deutschland wird in 200 Wahlkreise eingeteilt. In jedem Wahlkreis werden zwei Abgeordnete nach dem binomialen Wahlsystem gewählt werden. D.h. die Parteien stellen in den Wahlkreisen jeweils zwei Kandidaten auf. Der Wähler hat eine Stimme mit der er einen Kandidaten wählt. Der erste Sitz geht an die stärkste Partei und zwar an den der beiden Kandidaten der mehr Stimmen bekommen hat. Der zweite Sitz geht analog an die zweistärkste Partei, es sei denn die stärkste Partei hat mindestens doppelt so viele Stimmen wie die zweitstärkste erhalten; dann gehen beide Sitze an diese Partei.

In Chile wird allein auf diese Weise das Parlament gewählt, also 60 Wahlkreise – 120 Parlamentssitze. Dort steht es (mit ähnlichen Argumenten wie bei Mehrheitswahlsystemen) in der Kritik.
In meinem Vorschlag würde dieses Wahlsystem jedoch nur einen Teil des Wahlsystems (den personalisierten) bilden. Von den 600 Abgeordneten werden 400 nach diesem System gewählt. In jedem der 200 Wahlkreise gibt es nach dem oben beschriebenen Prinzip ein „Erstes Direktmandat“ und ein „Zweites Direktmandat“. Diese Unterscheidung ist weiteren Verlauf der Sitzverteilung noch von Bedeutung, soll aber natürlich nicht zwei Klassen von Abgeordneten schaffen.

Der Vorteil bis jetzt: Statt weniger als die Hälfte wie bisher sind jetzt genau zwei Drittel der Abgeordneten direkt gewählt und damit ganz konkret mit ihrem Wahlkreis verbunden. Zudem hat der Wähler in den (zwar etwas, aber nicht viel größeren) Wahlkreisen innerhalb der von ihm präferierten Partei eine tatsächliche Wahl zwischen zwei Kandidaten, die i.d.R. auch von Bedeutung ist. (Beide Sitze an eine Partei wäre in Deutschland relativ selten.)

Der Rest verläuft mehr oder weniger wie gehabt: Mit der Zweitstimme wählt der Wähler eine Landesliste, bzw. Partei. Die Stimmen werden bundesweit zusammengezählt, nach Sainte-Lague auf die Parteien verteilt und auf die Landeslisten unterverteilt. (Diskussionen über Bundeslisten, Länder als getrennte Wahlkreise, offene Listen, etc. sind natürlich auch hier möglich, lasse ich jetzt aber weg.)

Jetzt kommt wieder etwas Neues: Nachdem feststeht wie viele Sitze den einzelnen Landesverbänden der Parteien zustehen werden diese mit den Direktmandaten gefüllt. Natürlich können auch hier Überhangmandate entstehen, aber jetzt gibt es eine gerechte Lösung: Nur das „Erste Direktmandat“ ist dem Sieger nicht mehr wegzunehmen; d.h. er hat es so sicher wie der Wahlkreissieger im jetzigen System. Sollten in einem Landesverband Überhangmandate anfallen werden der Partei entsprechend „Zweite Direktmandate“ „abgenommen“ und zwar nach schlechtesten Stimmenanteilen, d.h. fallen zwei Überhangmandate an, gehen in den beiden Wahlkreisen in denen die betroffene Partei den geringsten Prozentsatz an Stimmen erhalten hat das „Zweite Direktmandat“ an die drittstärkste Partei, bzw. für den Fall dass die betroffene Partei beide Mandate gewonnen hat an die zweitstärkste.
Alternativ könnte man bei diesem „Kompensationsmechanismus“ auch auf prozentuale Stimmenanteile der Kandidaten (nicht der Parteien) zurückgreifen. Dies könnte als gerechter empfunden werden.

Jeder Wahlkreis ist nach wie vor auf jeden Fall durch den einen Kandidaten der stärksten Partei vertreten, Überhangmandate werden jedoch vermieden und der „Leidtragende“, also der Kandidat/die Partei, dem das „Zweite Direktmandat“ wieder abgenommen wurde, ist selber schuld, weil er im Vergleich zu den anderen Wahlkreisen zu wenig Stimmen erhalten hat.

Noch am Rande, bevor es jemand anderem auffällt ;): Absolut ausgeschlossen sind Überhangmandate nicht: Sollte eine Partei in einem Land in jedem Wahlkreis das „Erste Direktmandat“ gewinnen, jedoch weniger als etwa ein Drittel der Stimmen erhalten haben, könnten dieser Partei weniger Sitze zustehen als sie Direktmandate gewonnen haben. Jedoch ist so ein Fall extrem unwahrscheinlich und selbst wenn es dazu kommen würde, würden maximal ein, zwei Überhangmandate entstehen, sofern man nicht von total absurden hypothetischen Ergebnissen ausgeht.
Wenn ich mich nicht irre war der bisher „krasseste“ Fall von Überhangmandaten in Baden-Württemberg 2009 (27 Proporzsitze – 37 Direktmandate). Bei meinen Modellrechnungen würde es selbst da nicht zu Überhangmandaten dieser Art kommen. Sie wären in der Geschichte der Bundestagswahl demnach wohl noch nie vorgekommen und sind daher vernachlässigbar (und könnten im tatsächlichen Fall eines Auftretens ausgleichslos erhalten bleiben).

Ich hoffe, ich habe es einigermaßen verständlich erklärt, ansonsten bin ich natürlich jederzeit für Rückfragen, Kritik und Anregungen offen.

(Beitrag nachträglich am 13., Dezember. 2012 von BaWo90 editiert)
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Dezember 2012 - 03:07 Uhr:   

Ganz überhangsicher ist das nicht. 2009 war der relativ stärkste Überhang bei der CDU im Saarland. Das Saarland hätte (noch) knapp Anspruch auf 3 Wahlkreise, die die CDU ziemlich sicher auch alle gewonnen hätte. Der Sitzanspruch war auch nur recht knapp 3 Sitze; da hätte zu Überhang also nicht viel gefehlt. In Baden-Württemberg kann man davon ausgehn, dass die CDU bei größeren Wahlkreisen einen größeren Anteil davon gewinnt, 2009 alle 25; wär also auch ziemlich knapp am Überhang gewesen.

Solang es eine Zweitstimme und eine wertlose Erststimme gibt, kann man auch nicht sagen, dass es für starken Überhang absurde Ergebnisse braucht. Es braucht bloß intelligentere Wähler (und sie sind schon nicht mehr ganz so blöd wie früher). Gerade bei dem System, wo schon 1 Stimme prinzipiell eine parteiinterne Personalisierung erlaubt, brauchts keine zweite, die bloß zur Generierung von Überhang gut ist.

In den Wahlkreisen sollten sie Sitze ordentlich mit D'Hondt verteilt werden; wenn die zweitstärkste Partei gestrichen wird, kann der nächste Anspruch auch wieder bei der ersten sein. Wenn man den zweiten Sitz potenziell eh streicht, kann man auch ohne hohes Überhangrisiko nach Sainte-Laguë verteilen (zweiter Sitz an die führende Partei erst ab 3fachem Stimmenanteil). Wobei dann bei kleineren Parteien eher ein regionales Ungleichgewicht dadurch entsteht, dass die Liste nicht zieht, sondern nur die Hochburgen vertreten sind.

Bei der Nichtzuteilung würd ich zuerst die Wahlkreise mit der geringsten Wahlbeteiligung nehmen. Denen kann man am ehesten eine lokal fehlerhafte Verteilung zumuten. Außerdem hat man damit eine definierte Auswertungsreihenfolge; allein mit geringsten Stimmenanteilen in der Partei hat man keine definierte Verteilung, wenn die Streichung neuen Überhang bei einer anderen Partei produziert.

Generell ist so ein Wahlsystem akzeptabel, aber größere Mehrmandatswahlkreise, an die man richtig unterverteilen kann, sind besser.

PS: Noch knapper (wenige Stimmen) wär der Überhang bei der SPD in Bremen (genauso wie im realen Ergebnis). Bremen hätte nachwievor Anspruch auf 2 Wahlkreise gehabt. 200 Wahlkreise sind praktisch problematisch, weil da mit Bremen und dem Saarland die beiden kleinsten Länder ziemlich auf der Kippe stehn und folglich die Wahlkreise dort viel zu klein sind (oder viel zu groß, wenn sie mal kippen).

(Beitrag nachträglich am 13., Dezember. 2012 von rli editiert)
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Gunther Schenk
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Dezember 2012 - 14:43 Uhr:   

Hallo BaWo,

vor ein paar Monaten habe ich hier im Forum ein fiktives Bundestagswahlrecht vorgestellt, deren äußere Vorgaben - 2 Direktmandate pro Wahlkreis; doppelt so viele Direktmandate wie Listenmandate - Deinem Wahlrechtsvorschlag gleichen. In den Details und den konkreten Auswirkungen unterscheidet sich mein Vorschlag aber erheblich von Deinem.


Zur Erinnerung: Mein Vorschlag ist hier zu finden: https://docs.google.com/document/d/1bpTNXW48wcN35b9mFN_CnsJoKVUdfLc-RVS1raa04aI/edit


Ich halte das chilenische Wahlrecht für ziemlich problematisch - wie viele Chilenen übrigens auch. (Das Wahlrecht geht ja noch auf die Pinochet-Diktatur zurück; mit dem Wahlrecht wollten sich die Generäle davor schützen, dass selbst Zweidrittel- oder noch stärkere Mehrheiten in der Bevölkerung zu verfassungsändernde Mehrheiten gegen die Militärs führen können.) Wenn jeweils die beiden stärksten Wahlkreiskandidaten ein Direktmandat erhielten, würde das in Deutschland dazu führen, dass die CDU (in Bayern die CSU) und die SPD nahezu flächendeckend sichere Wahlkreise erhielten. Das würde dazu führen, dass die Kandidaten sich völlig darauf konzentrieren könnten und müssten, ihrer eigenen Partei zu gefallen, nicht mehr den Bürgern. Der Ansatz, durch stärkere Betonung von Wahlkreisen mehr Bürgernähe zuzulassen, würde dadurch ad absurdum geführt.

In meinem Vorschlag haben auch die kleinen Parteien realistische Chancen auf Direktmandate (ohne auf negierte Überhangmandate der großen Parteien angewiesen zu sein), und Überhangmandate sind (nahezu) ausgeschlossen. Schwache Direktkandidaten von eigentlich regional starken Parteien können mir meinem Wahlrecht auch leichter abgestraft werden (bei Deinem fallen sie dann automatisch in die sichere Hängemande "zweites Direktmandat"). Und die regionale Verteilung Direktmandate innerhalb der Parteien - sowohl der großen als auch der kleinen - scheint mir bei meinem Wahlrecht besser sichergestellt worden zu sein als bei Deinem.
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Jan W.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Dezember 2012 - 15:16 Uhr:   

@BaWo
Man sollte nichts als Direktmandat bezeichnen, was man im Wahlkreis nicht unumkehrbar gewinnen kann. Die ehrliche Variante Ihres Vorschlags wäre ein Listenumsortierungsmechanismus.
Aus einer Landesliste
1. E 2. Z 3. X
4. E 5. Z 6. X
7. E 8. Z 9. X, wobei die E's nach Ihrer Definition ein Erstmandat gewonnen hätten, die Z's nach Ihrer Definition ein Zweitmandat (bzw. einen entsprechenden Status) und die X'e wären die Listenkandidaten, die nicht im Wahlkreis kandidiert haben oder ein schlechteres Wahlkreisergebnis haben als die E's und Z's.
Nach bisherigem Wahlrecht würden die Plätze 1, 4, 7 gestrichen, weil sie bereits ein Mandat errungen haben. Übrig bliebe eine Landesliste 2, 3, 5, 6, 8, 9, die entsprechend bedient würde (sofort und per Nachrückverfahren).
Sinnvoller wäre ein Vorrang für die Z's also eine Listenreihenfolge 2, 5 ,8, 3 ,6 ,9 bei der die Erstunterlegenen bzw. die zweitstärksten Kandidaten in den Höchstburgen einen Vorteil erhalten.
Konsequent weitergedacht könnte man auch das Erstmandat in einen reinen Listenbonus umwandeln, so dass Mandate ausschließlich über die Landesliste verteilt werden: erst die E's, dann die Z's dann die X'e (Gruppen jeweils sortiert in der bisherigen Listenreihenfolge) - 1,4,7,2,5,8,3,6,9. Übertragen auf das heutige Wahlrecht mit nur einem Wahlrechtssieger, wären die Z's dann Teil der X-Gruppe.
Erhalten bleibt aber das heutige Problem, dass die Hoch- und Höchstburgen in den Fraktionen deutlich überrepräsentiert (gegenüber dem Anteil der eingeworbenen Zweitstimmen am Gesamtergebnis) werden. Die ländliche SPD und die Großstadt-CDU fallen hinten über - und zwar besonders dann, wenn die jeweilige Partei besonders stark ist.

@Gunther Schenk
Ihr vorgeschlagenes RAWR hat ein Problem: die fehlgeleitete Fixierung auf mind. 2 Mandate pro Wahlkreis, wobei hier bereits der landesweite Proporz erreicht werden soll - dadurch wird der zweite Vergabeschritt zum Zufallsgenerator, sobald zwei Parteien eine ähnliche Hochburgenlandkarte haben ...
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Dezember 2012 - 16:22 Uhr:   

Wenn man Listen nach Wahlkreisergebnissen umsortiert, kriegt man effektiv ein System wie in Baden-Württemberg oder Bayern, wo bloß Kandidaten aus den Hochburgen Chancen haben und folglich systematisch ein Antiregionalproporz aufgebaut wird. Bei den kleinen Parteien ist das noch viel gravierender als bei den großen.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Dezember 2012 - 17:05 Uhr:   

"Wenn jeweils die beiden stärksten Wahlkreiskandidaten ein Direktmandat erhielten, würde das in Deutschland dazu führen, dass die CDU (in Bayern die CSU) und die SPD nahezu flächendeckend sichere Wahlkreise erhielten. Das würde dazu führen, dass die Kandidaten sich völlig darauf konzentrieren könnten und müssten, ihrer eigenen Partei zu gefallen, nicht mehr den Bürgern."
Das ist unlogisch. Gerade wenn in den meisten Wahlkreisen zwei Parteien nur jeweils einen Sitz bekommen, ist es für ihre Kandidaten wichtig, den Bürgern zu gefallen. Wer einer Partei nicht gefällt, wird sowieso nicht von ihr aufgestellt.

Die Auswahl zwischen zwei Kandidaten pro Partei im Wahlkreis ist jedenfalls sinnvoll und was in die Richtung habe ich hier irgendwo schon selbst einmal vorgeschlagen. Wenn man Überhang für ein großes Problem hält und/oder man ohne Landeslisten auskommen will, kann man noch einen Schritt weiter gehen und einfach sämtliche Sitze unmittelbar auf die Kreiswahlvorschläge der Partei unterverteilen. Das hätte auch den Vorteil, dass die Zahl der Wahlkreise bei der Hälfte der Sitze bleiben kann. Um nicht viele absehbar aussichtslose Bewerber kleiner Parteien zu haben und auch den Wählern dieser Parteien eine Auswahlchance zu geben, kann man die Möglichkeit eröffnen, denselben Wahlvorschlag in mehreren Wahlkreisen einzureichen.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Dezember 2012 - 17:33 Uhr:   

Bei der Unterverteilung auf kleine Wahlkreise werden aber neben dem Regionalproporzproblem auch die Wahlkreisgrößen äußerst kritisch. Wobei man das etwas entschärfen kann, indem man zulässt, Kandidaten fremder Wahlkreise als Write-in zu wählen.
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BaWo90
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Dezember 2012 - 21:53 Uhr:   

Hallo!

@Gunther Schenk


Ich habe mir dein RAWR mal in Ruhe angeschaut und hoffe ich habe es einigermaßen verstanden. Die Grundgedanken dahinter waren sicherlich ähnliche wie bei mir. Allerdings sehe ich es etwas problematisch Wahlregionen zu bilden, bei denen Länder zusammengefügt oder geteilt werden. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir immer noch ein föderales System haben – da ist eine Oberverteilung auf Bundesebene im internationalen Vergleich schon eine Ausnahme; in der Regel bilden Länder/Staaten getrennte Wahlgebiete.

Übrigens könnte ich mir das durchaus auch für Deutschland vorstellen und habe innerhalb des von mir beschriebenen Systems eine Alternative parat: In jedem Land werden dreimal soviele Sitze vergeben wie es Wahlkreise gibt. Das führt zu einem Abweichen der Sitzzahl von plus minus eins vom Optimum (also 600 Sitze auf die Länder verteilt). Dann würde auch nur noch eine Stimme abgegeben werden, also kein Stimmensplitting, wie in deinem Vorschlag. Auch auf Listen könnte man dann verzichten und stattdessen auf jeden Wahlkreis ein weiteres Mandat verteilen, sodass jeder Wahlkreis von drei Abgeordneten repräsentiert wird: Den beiden Direktmandaten und einem Mandat zum Proporzausgleich. Das sieht relativ kompliziert aus, eventuell werde ich das mal in Excel graphisch darstellen, aber gerade du kannst dir das vielleicht vorstellen, denn es entspricht ungefähr der Art wie du in deinem System die Regionalausgleichsmandate verteilst. Zwar wäre die Sitzverteilung nicht mehr auf Bundesebene proportional aber bei 600 Sitzen in 16 Wahlgebieten bekommt man in der Regel einen ganz guten Proporz hin, in der Schweiz (200 in 26) oder Spanien (350 in 52) sieht es da etwas problematischer aus. So wären auch nur noch Wahlkreiskandidaten im Bundestag und es gäbe keine auf Eliten aufgestellten Listen mehr, bei denen ich deine Kritik absolut teile. Das Landtagswahlsystem in Baden-Württemberg praktiziert ja ähnliches und sagt mir deshalb sehr zu.

Ich selber stehe einem Einstimmensystem übrigens auch sehr offen gegenüber, allerdings wollte ich, wie ich in meinem Beitrag geschrieben hatte, eine Änderung des „Mehrheitswahl-Teils“ des personalisierten Verhältniswahlsystems beschreiben. Über den Verhältnisteil kann man natürlich getrennt davon reden.

Dein Vorschlag Überhangmandate auf der zweiten Ebene, wenn ich es mal so nennen darf durch nicht stimmberechtige Abgeordnete auszugleichen gefällt mir nicht. Da müsste man sich etwas anderes überlegen, wobei wenn ich ehrlich bin, sehe ich in unausgeglichenen Überhangmandaten nicht direkt den Teufel, vor allem wenn sie in geringen Maßen bleiben, wie in Deutschland bis in die 80er oder sogar nur die Ausnahme bilden.

"Wenn jeweils die beiden stärksten Wahlkreiskandidaten ein Direktmandat erhielten, würde das in Deutschland dazu führen, dass die CDU (in Bayern die CSU) und die SPD nahezu flächendeckend sichere Wahlkreise erhielten. Das würde dazu führen, dass die Kandidaten sich völlig darauf konzentrieren könnten und müssten, ihrer eigenen Partei zu gefallen, nicht mehr den Bürgern.“
Hierzu noch ein Satz, wobei @Thomas Frings schon das Wichtigste dazu gesagt hat. In allen neuen Bundesländern gäbe es einen relativ offenen Dreikampf zwischen CDU, SPD und LINKE um die zwei Sitze. In ganz Baden-Württemberg gäbe es einen Dreikampf zwischen CDU, SPD und FDP. Hierbei beziehe ich mich natürlich auf die Daten von 2009, demnächst könnte das etwas anders aussehen. Dafür würden sich vor allem die GRÜNEN in den Großstädten ernsthaft einmischen. In Berlin hatten schon 2009 vier Parteien (außer FDP) in fast allen Wahlkreisen realistische Chancen. Gerade die Spitzenkandidaten der kleinen Parteien würden sich allein aus Prestigegründen darum bemühen zumindest das „Zweite Direktmandat“ zu gewinnen. Natürlich haben kleine Parteien in erster Linie in ihren Hochburgen Chancen auf Direktmandate wie @Ratinger Linke richtig erwähnt hat, jedoch was ist das schlimme an Hochburgen, wenn sie demokratisch entstanden sind?

Außerdem würde es für eine Partei immer noch darum gehen das „Erste Direktmandat“ zu erhalten um nicht Gefahr zu laufen, es bei Überhang wieder abgenommen zu bekommen.

Und nicht zuletzt, wie ich in meinem Eingangsbeitrag schon schrieb und @Thomas Frings auch bestätigte; in den meisten Wahlkreisen haben die Bürger eine echte Wahl zwischen zwei Kandidaten „ihrer Partei“, zumal der andere ohne Listensystem (also so wie jetzt hier von mir beschrieben) der Wahrscheinlichkeit nach ganz leer ausgeht.

Selbstverständlich ist das chilenische Wahlrecht problematisch; ähnlich problematisch wie FPTP. Aber ich möchte ja auch nicht das chilenische Wahlsystem einführen, sondern innerhalb des Mehrheits-Teils unseres personalisierten Wahlsystems FPTP durch das chilenische ersetzen!

Ich habe allerdings mal ausgezählt wie der Bundestag 2009 nach dem chilenischen Wahlsystem ausgesehen hätte (299 Wahlkreise -598 Sitze), denn ich kann ja schlecht 200 neue Wahlkreise erfinden und mir dann Gemeinde für Gemeinde die Ergebnisse zusammentragen. Daher mache ich meine Beispielrechnungen zu diesem System mit einem fiktiven Bundestag mit 897 Abgeordneten. (Hoffentlich nachvollziehbar)
Die Wahlkreissieger sähen jedenfalls so aus: CDU: 250, CSU: 79, SPD: 187, FDP: 18, GRÜNE: 8, LINKE: 56. Dabei hätten in 34 der 45 bayrischen Wahlkreise die CSU beide Sitze gewonnen. Außerhalb Bayerns wäre das nur noch der CDU 7 mal passiert (3x in NI, 2 mal in NW, je einmal in RP und HE)
Dazu ist zu sagen, dass ich vor dem Hintergrund eines Einstimmensystems natürlich die Zweitstimme zur Grundlage genommen habe.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Dezember 2012 - 23:22 Uhr:   

@BaWo90:
"was ist das schlimme an Hochburgen, wenn sie demokratisch entstanden sind?"

Nichts, die Hochburgen können ja nichts dafür. Ist halt wie beim Mehrheitswahlrecht: Die Minderheit kriegt potenziell alle Sitze und die Mehrheit keine. Bei flacher Hochburgenstruktur reicht schon ein minimaler Unterschied, dass die schwächeren Regionen flächendeckend nicht vertreten sind. Ähnliches gilt bei solchen Systemen (vorallem wenn ganz ohne Listen) im Übrigen auch für den Frauenanteil.

3fache Wahlkreise als fixe Verteilung sind völlig inakzeptabel. Für Bremen heißt das im Zweifelsfall, dass es nur 3 Sitze bei einem Anspruch von 5 gibt oder 6 bei einem Anspruch von 4. Dass die Standards bezüglich der Wahlgleichheit oft äußerst niedrig sind, heißt nicht, dass man das unbedingt nachmachen muss. Würd auch beim Bundesverfassungsgericht niemals durchgehn.

Das mit der echten Auswahl setzt mindestens teilweise eine Kooperationsbereitschaft der Parteien voraus. Wenn man die Parteien zu einer Doppelkandidatur zwingt, hat das zwar den Vorteil, dass man damit die Einzelbewerber erschlagen hat, aber sobald die Chancen auf einen zweiten Sitz schlecht genug sind, brauchen sie bloß eine offensichtliche Niete als Zweiten nominieren. Der Listenführer wird normalerweise sowieso gewinnen, und unter diesen Umständen muss er zum Verlieren schon so krass drauf sein, dass er genauso Stimmen an eine andere Partei verlieren könnte (erstrecht bei wertloser Erststimme).
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Bobo
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Sonntag, 13. Januar 2013 - 19:08 Uhr:   

Für die öffentliche Anhörung am 14.01.2013 zur Wahlrechtsreform liegen
die ersten (schriftlichen) Stellungnahmen der Sachverständigen vor:

http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a04/Anhoerungen/Anhoerung24/Stellungnahmen_SV/index.html

Dabei weist Herr Dr. Fehndrich in seiner Stellungnahme darauf hin, dass
ein Parameter im Bereich von 570 bis 580 "angesichts der Unschärfe von
Rundungen und Verzerrungen durch die Sitzkontingente" ausreichend
erscheine. (Vgl. Seite 4 in der Stellungnahme)

Nimmt man die Stimmenergebnisse der BTW 2009 zur Grundlage einer
Berechnung mit dem "interfraktionellen Entwurf", modifiziert mit einem
Parameter von 570 und der Bemessung der Sitzkontingente auf Basis der
deutschen Bevölkerung, Stand 31.12.2006 (AFAIK war das die Grundlage für
den Wahlkreiszuschnitt für die BTW 2009), dann erhält man in der
endgültigen Sitzverteilung exakt dieselben Ergebnisse, die sich auch
nach "Pukelsheim III" ergeben.

Nun habe ich nicht die anderen Bundestagswahlen auf dieser Grundlage
evaluiert. Aber wenn man tatsächlich von politischer Seite her solche
Parameter ernsthaft in Erwägung zöge, dann sollte man auch erwägen, ob
man nicht gleich das - jedenfalls intuitiv - einfachere "Pukelsheim III"
nimmt, zumal dort ein Rundungsrauschen (hier verstanden als NSG-artige
Effekte) wenigstens bzgl. der Zweitstimmen ausgeschlossen ist. Außerdem
hat "Pukelsheim III" hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit bzgl. der
Darstellung von Wahlergebnissen den Vorteil, dass man nur die
Parteistimmen und die Anzahl der Direktmandate, die eine Partei bekommen
hat, braucht, um die endgültige Oberverteilung zu bestimmen. Beim
"interfraktionellen" Entwurf muss man für die Nachvollziehbarkeit eines
Wahlergebnisses den kompletten ersten Schritt, die Länderverteilungen,
darstellen, um zu sehen wie die Mindestsitzzahlen für die Parteien
zustande kommen.


MfG Bobo.
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Bobo
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Sonntag, 13. Januar 2013 - 21:35 Uhr:   

Nachtrag: Bzgl. der Daten der BTW 2005 habe ich den "interfraktionellen"
Entwurf mit folgenden Modifikationen angewendet:

1. Bemessung der Sitzkontingente nach deutscher Bevölkerung,
Stand 31.12.2002 (AFAIK war das die Grundlage für den Wahlkreiszuschnitt.)
Dabei habe ich Sainte-Laguë verwendet.

2. Im übrigen wurde sonst für sämtliche Berechnungen Sainte-Laguë genommen.

3. Parameter 570 im ersten Schritt.

Ergebnis: dasselbe wie wenn man mit "Pukelsheim III" rechnet. Man kommt
also mit 598 Sitzen aus.

Wenn man auch noch die Mindest-Hausgröße auf 570 setzt, dann kommt man
auch mit 594 Sitzen aus.


MfG Bobo.
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Bobo
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 15. Januar 2013 - 17:50 Uhr:   

Nun, ich habe mir die Aufzeichnung der Anhörung zum Wahlrecht,
14.01.2013, angesehen. Herr Wiefelspütz hat meiner Ansicht nach die
richtigen Fragen gestellt, nämlich welche Alternativen es zur
Verhinderung einer starken Aufblähung des Bundestages gäbe. Dabei gab es
die üblichen Antworten, also etwa die Reduzierung der Anzahl der
Wahlkreise. Alles Maßnahmen, die jetzt nicht mehr anwendbar sind.

Eine Stellschraube wurde in den Antworten auf Wiefelspützs Frage AFAIK
aber nicht erwähnt, nämlich die von Herrn Dr. Fehndrich schon in der
Einführung oder in der schriftlichen Stellungnahme vorgeschlagene
Parameter-Lösung. Das ist eine Stellschraube, an der man auch jetzt noch
leicht drehen könnte. Je nach dem wie dieser Parameter gewählt wird
ergeben sich Auswirkungen auf die sog. föderale Proportionalität bzw.
der Verzerrungen dieser für einige Parteien. Je kleiner der Parameter
gewählt wird, desto geringer werden die Sitzkontingente, so dass sich
auch die "Pseudo"-Sitzzahlen für die Parteien verringern. Diese Tatsache
ist vor allem wichtig, wenn man Länder betrachtet, in denen Landeslisten
"in der Regel" nicht überhängen, NW z.B. Schon ein Sitz weniger für die
CDU in solchen Ländern führt zu einer Verringerung der Hausgröße (wobei
ich hier nur die BTW 2009 ins Blickfeld nehme), zumindest dann, wenn die
CDU dann noch relevant überhängende Partei ist.

Ich finde es etwas schade, dass sich Herr Dr. Fehndrich zu diesem Aspekt
nach den Antworten anderer Experten auf Herrn Wiefelspütz Frage nicht zu
Wort gemeldet hat. Zunächst wäre nochmal klargestellt worden, dass die
Möglichkeit einer Verringerung der Hausgröße nur eines kleinen Zusatzes
im Sitzzuteilungsverfahren bedurft hätte. Zum anderen muss die Wahl des
Parameters nicht so ausfallen, dass etwa im Hinblick auf die BTW 2009
die Ergebnisse nach "Pukelsheim III" erreicht werden. Wählt man als
Parameter den Wert 580, so ergibt sich auf Grundlage der BTW 2009 (und
das Abstellen der Berechnung der Sitzkontingente nicht nach der
doppelten Anzahl der Wahlkreise, sondern nach den tatsächlichen
Bevölkerungszahlen) eine Hausgröße von 660 Sitzen. Im Hinblick darauf,
dass der Gesetzgeber die Hausgröße doch einigermaßen in Grenzen halten
will und in Verbindung damit, dass sich der Gesetzgeber an realen
politischen Verhältnissen orientieren will, wozu auch Modellrechnungen
bzgl. der BTW 2009 gehören, ist die Einführung so eines Parameters doch
sehr bedenkenswert. Natürlich wird der regionale Proporz bei einigen
Parteien etwas mehr verletzt, aber im Hinblick einer Modellrechnung auf
Grundlage der BTW 2009 nicht so sehr wie bei "Pukelsheim III". Die
Einführung eines moderaten Parameters ist hier eher als eine
Vorsichtsmaßnahme zu sehen, eine Art defensive Herangehensweise. Und
wenn alle Parteien es ernst meinen, dass die Hausgröße nicht zu stark
anwachsen soll, aber man auch die Zahl der Direktmandate nicht
verringern will (bzw. auch ihren Anteil), dann muss man zwangsläufig
eine weitere kleine Verzerrung des regionalen Proporzes in Kauf nehmen.

Auf der Grundlage der BTW 2009 und obigen Voraussetzungen erhalte ich
folgende Unterverteilung für die CDU:

 
- Methode...........: M_1953_BE_P580
- PR-Verfahren......: Sainte-Laguë
- Nominale Sitzzahl : 192 Sitze (Ergebnis nach Ausgleich)

ID Landesl. Zweitst. % DM Sitze
-- -------- -------- ------ ---- -----
1 CDU-BB 327454 2.77 1 5
2 CDU-BE 393180 3.32 5 6
3 CDU-BW 1874481 15.85 37 37
4 CDU-HB 80964 0.68 0 1
5 CDU-HE 1022822 8.65 15 15
6 CDU-HH 246667 2.09 3 3
7 CDU-MV 287481 2.43 6 6
8 CDU-NI 1471530 12.44 16 21
9 CDU-NW 3111478 26.31 37 44
10 CDU-RP 767487 6.49 13 13
11 CDU-SH 518457 4.38 9 9
12 CDU-SL 179289 1.52 4 4
13 CDU-SN 800898 6.77 16 16
14 CDU-ST 362311 3.06 4 5
15 CDU-TH 383778 3.24 7 7
--------------------------------------
11828277 173 192

DM: Direktmandate


(Ah, das mit dem <pre>-monospace-Zeugs funktioniert ja tatsächlich.
Nochmals Dank an Ratinger Linke für den Hinweis. Jetzt kann ich
dieses Forum auch noch mit meinen Tabellen beglücken. *HAHAHA)

Im Vergleich mit dem tatsächlichen Ergebnis nach BWG 2008 verliert die
CDU nach obigem Modell zwei Sitze, nämlich einen in Hamburg und einen in
Nordrhein-Westfalen. In allen anderen Ländern stellen sich dieselben
Ergebnisse ein wie nach dem BWG 2008, insbesondere also auch in Bremen
und Brandenburg; das waren ja die kritischen Stellen für die CDU. Ich
glaube, dass im Zuge einer Verringerung der Hausgröße ein Sitz weniger
in NW und HH nicht viel ausmacht, wenn man das Ziel einer nicht
allzu starken Aufblähung des Bundestages verfolgt. Herr Krings hat
selbst gesagt, dass dieses ein unerwünschter Effekt ist. Wenn aber nun
das obige Verfahren diesem Effekt noch moderat entgegen steuert, dann
kann man auch eine relativ kleine Verzerrung im regionalen Proporz
hinnehmen.

Aber ich befürchte, dass bis auf die Herren Fehndrich und Pukelsheim
niemand der anderen Experten das Potenzial in der Parameterlösung sieht;
sie ist ja auch nicht als eine mögliche Lösung bei der Antwort auf Herrn
Wiefelspützs Frage näher erörtert worden. Schade.

Ansonsten haben mir die Ausführungen von Frau Sacksofsky sehr gut
gefallen, die hinsichtlich der Bewertung des Sitzzuteilungsverfahrens
kurz und bündig waren.


MfG Bobo.
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Norddeutscher
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 15. Januar 2013 - 18:13 Uhr:   

"Natürlich wird der regionale Proporz bei einigen
Parteien etwas mehr verletzt, aber im Hinblick einer Modellrechnung auf
Grundlage der BTW 2009 nicht so sehr wie bei "Pukelsheim III"."

Also mir ist ein Einhalten des regionalen Proporzes wichtiger als eine geringere Abgeordnetenzahl. Ich kann nichts Schlechtes daran finden, mehr Volksvertreter im Parlament zu haben, solange es im Rahmen bleibt (also das Parlament sich nicht mal eben verdoppelt).
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Bobo
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 15. Januar 2013 - 19:03 Uhr:   

@Norddeutscher:

Sicher hat jeder so seine eigene Vorstellungen, ab welcher Hausgröße der
Bundestag zu groß sei. Mir ging es jedoch eher darum, dass hier eine
Option, welche man mit dem vorgeschlagenen interfraktionellen Modell
verbinden kann, näher in die Betrachtung eingebracht wird. Es geht ja
bei solchen Anhörungen gerade um bedenkenswerte Aspekte und mögliche
Ausblicke. Die Parameter-Lösung halte ich für so einen Aspekt. Was man
dann anschließend macht, das ist eine andere Sache.


MfG Bobo.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 16. Januar 2013 - 11:51 Uhr:   

Das gleiche Ergebnis kriegt man ohne den Schwachsinn mit den Länderkontingenten, wenn man jeder Landesliste gerundete 7/8 vom Idealanpruch bei der Endsitzzahl garantiert. Dann hat man kein zufälliges Ergebnis, sondern eins mit einer sinnvollen Eigenschaft. Hat auch weitgehend das gleiche negative Stimmengewicht (insbesondere nicht das pöse, das eventuell auch totale mathematische Analphabeten als auch relatives erkennen könnten). Wobei 3/4 mehr als genug wären; 7/8 waren selbst beim alten Wahlrecht durchaus nicht garantiert, und zu Zeiten von Hare/Niemeyer wär das ein immens hoher Wert gewesen. Da hängt dann aber 2009 weit vorher die CSU am stärksten über.
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Marc K.
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Veröffentlicht am Mittwoch, 16. Januar 2013 - 13:22 Uhr:   

In der Debatte zur Vermeidung einer Aufblähung des Bundestages durch die Ausgleichsmandante ist - allerdings aus Zeitgründen erst für die übernächste Bundestagswahl - die Reduzierung der Wahlkreise in der Diskussion.

Aber ähnliches könnte man auf umgekehrten Wege erreichen, nämlich durch Reduzierung der Zahl der (garantierten) Listenmandate.
Statt 299 zu 299 (Wahlkreismandante zu Listenmandante) könnte man das Verhältnis auf 299 zu 275 oder ähnliches reduzieren. Zwar dürfte das die Zahl der Überhangmandate in einigen Bundesländern erhöhen, aber die Basis für die Zuteilung von Überhang- und Ausgleichsmandanten wäre nicht 598 sondern 574, so dass die Bundestagsgröße im Ergebnis kleiner ausfallen könnte. Eine derartige Änderung ließe sich auch unmittelbar verwirklichen, anders als ein mit der Reduzierung der Zahl der Wahlkreise verbundener Neuzuschnitt der Wahlkreise.
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cyrix
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 16. Januar 2013 - 13:44 Uhr:   

Bei externem Überhang (wie dem der CSU 2009) wirkt sich eine Verringerung der (garantierten) Listenmandate überhaupt nicht auf die endgültige Hausgröße aus, da diese überhaupt nicht in die Berechnung eingehen...

Allein in Fällen, in denen die am stärksten überhängende Partei auch Landesverbände besitzt, die keinen Überhang besitzen, würde die Hausgröße auf Kosten eben jener Landesverbände (dann aber aller Parteien und nicht nur der überhängenden) weniger stark wachsen.

Konkret durchgerechnet habe ich es jetzt nicht, aber viel ändern dürfte sich dadurch nicht.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 16. Januar 2013 - 14:00 Uhr:   

Wie viel sich ändert, hängt halt davon ab, wie stark man reduziert. Im Prinzip kann man mit den Listenmandaten auf null gehn, dann hat man den Entwurf der Linken (solang man das Minimum der Gesamtsitzzahl bei 598 lässt).

Bloß damit lässt sich halt nicht verhindern, dass unnötigerweise ausgeglichen wird, obwohl die regionale Verzerrung mit reiner interner Kompensation minimal wär, es andererseits aber passieren kann, dass so weit kompensiert wird, dass der Sitzanteil einer Landesliste inakzeptabel niedrig wird. Direkt die maximal zulässige innerparteiliche Verzerrung festzuschreiben ist nicht wesentlich komplizierter, und man kriegt damit eine akzeptable Sitzverteilung bei minimaler Aufblähung.
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Bobo
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Mittwoch, 16. Januar 2013 - 14:24 Uhr:   

@Marc K.:

Im wesentlichen beschreiben Sie hier die Parameter-Lösung. Bei der
Parameter-Lösung werden ja die 299 Wahlkreise beibehalten und im ersten
Schritt die "Hausgröße" (das ist der Parameter) auf - sagen wir - 570
gesetzt. Man könnte es auch so machen, dass man diesen Parameter wie in
Ihrem Beispiel auf 574 setzt.

> Eine derartige Änderung ließe sich auch unmittelbar verwirklichen,
> anders als ein mit der Reduzierung der Zahl der Wahlkreise verbundener
> Neuzuschnitt der Wahlkreise.

Ganz genau. Und deshalb hat diese Lösung, eben auch weil die Anzahl der
Direktmandate beibehalten wird, eine gewisse Attraktivität. Der
Parameter darf natürlich nicht zu niedrig angesetzt werden, da man sonst
wieder in Teufels Küche bzgl. der regionalen Verzerrungen kommt. Das ist
ja das Problem beim Entwurf von DIE LINKE (mal abgesehen von dem Unsinn,
die 5%-Hürde abzuschaffen).


MfG Bobo.
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Bobo
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Donnerstag, 17. Januar 2013 - 13:23 Uhr:   

Zunächst eine Korrektur:

Ich schrieb:
> Wählt man als Parameter den Wert 580, so ergibt sich auf Grundlage der
> BTW 2009 (und das Abstellen der Berechnung der Sitzkontingente nicht
> nach der doppelten Anzahl der Wahlkreise, sondern nach den
> tatsächlichen Bevölkerungszahlen) eine Hausgröße von 660 Sitzen.

Es sind 665 Sitze. Die CDU erhält nicht 192, sondern 193 Sitze, was dann
auch Auswirkung auf die Unterverteilung hat.

*****

@Marc K.:

Bei einem Parameter von 574 - also einem Verhältnis 299:275 - erhalte
ich mit dem interfraktionellen Vorschlag unter den von mir schon
genannten Modifikationen für die BTW 2009 eine Hausgröße von 658 Sitzen,
wobei die CDU 191 Sitze erhält. Das ist etwas mehr als bei "Pukelsheim
III", aber weniger als mit dem ehemaligen SPD-Entwurf.

Man müsste einige Parameter auf die Stimmenergebnisse der
Bundestagswahlen - sagen wir seit 1990 - überprüfen, wobei man bei einer
nominalen Hausgröße von 656 Sitzen dann vielleicht Parameter im Bereich
von 620 bis 635 her nimmt. Für die Bundestagswahlen ab 2002 ist der
Parameter 570 eine gute Wahl. Rechnet man diesen für die Basis von 656
Sitzen um, so kommt man auf etwa 626 Sitze. Mit diesem Parameter habe
ich für die BTW 1994 folgendes errechnet:

1. Sitzkontingente für die Länder (Simulation für die BTW 1994)
 
- Modell ..........: M_1953_BE_P626
- PR-Verfahren ....: Sainte-Laguë
- Parameter .......: 626 Sitze
- Bemessung nach der deutschen Bevölkerung, Stand 31.12.1990

ID Land BE 31.12.1990 Sitze
-- ---- ------------- -----
1 BB 2559847 22
2 BE 3118117 26
3 BW 8775207 74
4 BY 10593115 89
5 HB 610174 5
6 HE 5151176 44
7 HH 1455145 12
8 MV 1915785 16
9 NI 7026950 59
10 NW 15737369 133
11 RP 3544556 30
12 SH 2522499 21
13 SL 1011940 9
14 SN 4712115 40
15 ST 2856051 24
16 TH 2596584 22
---------------------------
74186630 626


2. Die Überschlagsrechnung in den Ländern ergibt für die Parteien
folgende Mindestsitzzahlen:

CDU 230, SPD 236, FDP 46, PDS 31, GRÜNE 48, CSU 48 Sitze.


3. Ausgleich
 
- Methode ..........: M_1953_BE_626
- PR-Verfahren .....: Sainte-Laguë
- Nominale Hausgröße: 656 Sitze (mindestens)

ID Partei Zweitst. MIN Sitze
-- ------ -------- --- -----
1 CDU 16089960 230 238
2 SPD 17140354 236 253
3 FDP 3258407 46 48
4 PDS 2066176 31 31
5 GRÜNE 3424315 48 51
6 CSU 3427196 48 51
----------------------------
45406408 639 672


Naja, das ist nun Zufall, dass die nun hier errechnete Hausgröße mit der
damaligen tatsächlichen übereinstimmt. Allerdings wird nun bei dieser
Hausgröße mit obigem Modell der Parteienproporz hergestellt. Das jetzige
geplante Wahlrecht stellt den Proporz erst bei 692 Sitzen her, das
Modell der Linken (wobei ich die Abschaffung der 5%-Hürde mal ausklammere)
würde mit der nominalen Hausgröße von 656 Sitzen auskommen.

Ich vermute 'mal, dass der Parameter 626 auch für die BTW 1998 noch
moderate Ergebnisse liefert. Somit erscheint der Parameter von 570 bei
einer nominalen Hausgröße von 598 Sitzen nun noch mehr eine gute Wahl zu
sein, um die tatsächliche Hausgröße in den Griff zu bekommen, wobei
regionale Verzerrungen vergleichsweise marginal ausfallen.


MfG Bobo.
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Bobo
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Freitag, 18. Januar 2013 - 21:37 Uhr:   

cyrix schreibt:
> Bei externem Überhang (wie dem der CSU 2009) wirkt sich eine
> Verringerung der (garantierten) Listenmandate überhaupt nicht auf die
> endgültige Hausgröße aus, da diese überhaupt nicht in die Berechnung
> eingehen...

Das ist in dieser Allgemeinheit falsch. Wahrscheinlich meinen Sie, dass
eine Verringerung der Hausgröße im ersten Schritt des interfraktionellen
Entwurfs keinen Einfluss auf die Mindestsitzzahl einer Partei hat, die
nur in einem Bundesland antritt und dabei ÜM hat. (Aber das ist nicht
das, was Sie oben schreiben.)

Wenn die CSU in Zukunft viele ÜM hat, dann kann das allerdings
problematisch werden. Allerdings ist ein Stimmensplitting von
CSU-Anhängern jetzt nur noch dann sinnvoll, wenn damit die FDP über die
5%-Hürde gebracht werden soll und entsprechende Wähler die FDP als
Koalitionspartner favorisieren. Insofern muss man 'mal abwarten. Treten
mit der Zeit doch viele ÜM der CSU auf, dann wäre das
Einstimmenwahlrecht noch eine Option, die einer Reduzierung der Anzahl
der Wahlkreise vorzuziehen wäre. Die Erfahrungen mit NW zeigen ja, dass
man mit dem Einstimmenwahlrecht tendenziell einen höheren Anteil an
Direktmandaten erhalten kann, wobei der Parteienproporz hergestellt
wird. Der Anteil der Direktmandate in NW lag bei den Wahlen nach
Einstimmenwahlrecht meines Wissens nie unter 63 %. Nach Einführung des
Zweistimmenwahlrechts in NW ist der Anteil der Direktmandate schon nach
der zweiten Landtagswahl nach diesem Wahlrecht - das war 2012 - auf etwa
54 % gesunken.

Der interfraktionelle Entwurf hat einiges Potential, das noch nicht
ausgeschöpft ist. Man kann dieses Wahlrecht durchaus flexibel an die
realen politischen Verhältnisse anpassen. Ich würde mir da keine Sorgen
machen.


MfG Bobo.
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Christian Haake
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 18. Januar 2013 - 23:08 Uhr:   

@Bobo
Eine größere Zahl an Überhangmandaten kann man auch mit Einstimmenwahlrecht nicht ausschließen. Gerade wo hier auf Nordrhein-Westfalen und die Wahl 2012 verwiesen wird: Mit einem Einstimmenwahlrecht hätte es noch ein ÜM mehr gegeben! (Unter der Annahme, dass alle Wähler so gewählt hätten wie jetzt die Zweitstimme/Listenstimme.)

Es liegt einfach in diesem Fall wie auch in Bayern daran, dass es nur eine relativ starke Partei gibt, die als einzige wirklich Chancen auf Direktmandate hat - und trotzdem nicht starkt genug, um ihren Direktmandatsanteil mit ihrem Stimmenverhältnis zu decken. Das ist halt in NW mit ihrem großen Direktmandatsanteil schwieriger, daher kommt es eher zu Überhang.

Ansonsten stimme ich zu, dass der interfraktionell Entwurf einige interessante Ideen hat und zumindest mit so einer diskutierten Parameterlösung für den Ersten Schritt eine gar nicht so schlechte Lösung ist.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 19. Januar 2013 - 06:32 Uhr:   

In Bayern wird ein Einstimmenwahlrecht ziemlich sicher den Überhang der CSU vergrößern. Vorallem in München hat die SPD ohne Splitting praktisch keine Chance auf ein Direktmandat.

Solang die FDP viel schwächer als die Grünen ist und die Union deutlich stärker als die SPD, wird ein Einstimmenwahlrecht ganz generell mehr Überhang produzieren. Das ist tendenziell auch schon ohne Kenntnis der Parteienlandschaft zu erwarten, weil ein Zweistimmenwahlrecht Mehrheiten entlang der Lagergrenzen ermöglicht und die Stärken der Lager eher ähnlicher sind als die der großen Parteien.

Das Problem beim Zweistimmenwahlrecht ist bloß (neben der inhärenten Abartigkeit), dass man damit taktisch massenhaft Überhang produzieren kann. Man kann ihn aber genauso umgekehrt künstlich verringern. Beides war bisher in der Praxis nicht sonderlich relevant, und wenn Überhang kaum noch was bringt, wird eher der Anreiz zur Verringerung überwiegen. In den relevanten Wahlkreisen kann die lokale SPD (bzw. örtlich Grüne oder Linke) damit werben (solang klar ist, dass die CDU oder CSU stärker überhängt) und könnte damit sicher auch etliche Unions- und FDP-Wähler überzeugen.
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Bobo
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 22. Januar 2013 - 02:06 Uhr:   

Christian Haake schreibt:

> Eine größere Zahl an Überhangmandaten kann man auch mit
> Einstimmenwahlrecht nicht ausschließen. Gerade wo hier auf
> Nordrhein-Westfalen und die Wahl 2012 verwiesen wird: Mit einem
> Einstimmenwahlrecht hätte es noch ein ÜM mehr gegeben! (Unter der
> Annahme, dass alle Wähler so gewählt hätten wie jetzt die
> Zweitstimme/Listenstimme)

Ergebnisse, die auf solchen Annahmen beruhen, sind nur von sehr
begrenztem Nutzen (wenn überhaupt), da sich das Wahlverhalten bei den
hier betrachteten Stimmgebungssystemen auch ändert (da eben auch das
Stimmensplitting beim Einstimmenwahlrecht wegfällt). Allerdings wird
Ihre obige Aussage im ersten Satz bestätigt. Aber in welchem Maß ÜM
auftreten ist davon abhängig, welche nominale Hausgröße man zu Grunde
legt. Wenn man hier etwas allgemeiner vorgehen will, dann ist eine
Betrachtung des Anteils von Direktmandaten zur minimal notwendigen
Hausgröße, die den Proporz herstellt, sinnvoll. Und hier zeigt das
empirisch zugängliche Material, dass in NW das Einstimmenwahlrecht
besser wegkommt als das Zweistimmenwahlrecht (63 % versus 54 %).

*****

@Ratinger Linke:

Wahrscheinlich hätte die CSU bei der BTW 2009 überhaupt kein ÜM gehabt,
wenn man nach dem Einstimmenwahlrecht gewählt hätte. Sie hat ja schon
nach dem Zweistimmenwahlrecht alle Wahlkreise gewonnen. Beim
Einstimmenwahlrecht hätten aber wohl die meisten CSU-Anhänger, die beim
Zweistimmenwahlrecht der FDP ihre Zweitstimme gegeben haben, eben für
die CSU gestimmt. Der Stimmenanteil für die CSU wäre hier nur gestiegen.
(Man muss bei alledem auch bedenken, dass das Stimmensplitting bei der
BTW 2009 auch enorm hoch war.)

Das sind zwar nahe liegende Spekulationen, aber eben Spekulationen. Ich
halte mich lieber an empirisch zugängliche Daten, hier also Wahlen. Und
die Wahlen in NW zeigen das, was ich oben bereits gesagt habe. Alles
andere ist Kaffeesatzleserei.


MfG Bobo.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 22. Januar 2013 - 03:49 Uhr:   

@Bobo:
"Beim Einstimmenwahlrecht hätten aber wohl die meisten CSU-Anhänger, die beim Zweistimmenwahlrecht der FDP ihre Zweitstimme gegeben haben, eben für die CSU gestimmt."

Warum sollten sie, wenn sie zum größeren Teil schon nicht die Erststimme der CSU gegeben haben? In Bayern gibts auch Vergleichszahlen von der Landtagswahl, wo mit der Erststimme auch gleichzeitig die Partei gewählt wird. Da müsste ja dann die CSU einen großen Erststimmenüberschuss haben. Tatsächlich liegt sie da aber deutlich hinter den Zweitstimmen, während die FDP einen Erststimmenüberschuss hat. Und das waren 2008 zu einem guten Teil Leute, die bei einer Landtagswahl seit Jahrzehnten (wenn überhaupt) nicht mehr FDP gewählt haben.

Wenn die Leute FDP wählen wollen, dann tun sie das ganz überwiegend auch, selbst wenn sie damit nicht mehr ihren bevorzugten CSU-Lokalkandidaten pushen können (der das in praktisch allen Fällen eh nicht nötig hat). Es würden zwar ein paar wegfallen, die die FDP nicht wählen wollen, es aber bisher trotzdem tun, aber das sind nicht viel. Die, die nicht wissen, was eine Zweitstimme ist, splitten normalerweise eh nicht. Andersrum gibts aber etliche, die splitten, weil sie nicht wissen, was eine Erststimme ist.

In NRW zeigen erstens die anderen 50% das Gegenteil, und zweitens kann man ja nicht ernsthaft die Situation der 70er mit heute vergleichen. Falls es da überhaupt einen Effekt gibt, geht er jedenfalls im Rauschen der sonstigen Umstände unter. Sind ja auch nicht nur lokale Effekte, und bei Bundestagswahlen gibts das Zweistimmensystem auch in NRW schon länger.
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Norddeutscher
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 22. Januar 2013 - 16:15 Uhr:   

@Bobo: "Beim Einstimmenwahlrecht hätten aber wohl die meisten CSU-Anhänger, die beim Zweistimmenwahlrecht der FDP ihre Zweitstimme gegeben haben, eben für die CSU gestimmt"

Umgekehrt wird ein Schuh draus: Die meisten FDP-Wähler, die mit der Erststimme CSU gewählt hätten, hätten dann mit ihrer einzigen Stimme FDP gewählt und die CSU hätte trotz alledem wegen der Schwäche der SPD alle Wahlkreise (außer vielleicht München-Nord) gewonnen.
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Jan W.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 22. Januar 2013 - 16:22 Uhr:   

... denn wer opfert schon die wichtige Stimme und irgendein Wahlkreisduell mitzuentscheiden, dass zahlenmäßig bei den Fraktionsstärken zum Glück eh ausgeglichen (Überhang ist ja in Bayern sehr selten) wird.
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Werner Fischer
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 22. Januar 2013 - 18:02 Uhr:   

Da in Bayern beide Stimmen (Erst- und Zweitstimme) für die Liste gewertet werden, sind Überhangmandate dort selten. Das sollte auch auf Bundesebene eine interessante Option für eine mögliche Wahlrechtsänderung sein, zumal man bei zwei Stimmen endlich auch eine Koalition wählen könnte.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 22. Januar 2013 - 18:21 Uhr:   

"Da in Bayern beide Stimmen (Erst- und Zweitstimme) für die Liste gewertet werden, sind Überhangmandate dort selten."
In Bayern gab es vor allem deshalb lange keine Überhangmandate (übrigens auch bei Bundestagswahlen), weil die CSU so gut abschnitt. Ihr standen fast immer mindestens so viele Sitze zu, wie es Stimmkreise gab, meist mehr oder viel mehr. Das ist natürlich nicht auf den Bund übertragbar. In Bayern schneidet die CSU bei Landtagswahlen regelmäßig bei den Zweistimmen besser ab. Deshalb erhöht das Zusammenzählen von Erst- und Zweitstmmen dort sogar die Überhangwahrscheinlichkeit.

Außerdem ist natürlich die Frage, ob den zumeist kaum Ahnung vom Wahlrecht habenden Wählern bewusst ist, dass die Erststimme bei Landtagswahlen viel wichtiger ist als bei Bundestagswahlen.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 22. Januar 2013 - 19:05 Uhr:   

@Norddeutscher:

In München Nord hat die SPD ohne Splitting keine Chance. Anschaulich auch hier zu sehn.

@Thomas Frings:

Das Splittingverhalten spricht ziemlich dafür, dass den Wählern in Bayern überwiegend schon bewusst ist, dass die Erststimme zählt. Wobei höchstwahrscheinlich auch die Werbung der Parteien viel ausmacht. Bei Bundestagswahlen werben FDP und Grüne häufig explizit nur um die Zweitstimme, bei Landtagswahlen aber ausdrücklich um beide. Wobei auch die 4 getrennten Stimmzettel und die personalisierten Zweitstimmen eine Rolle spielen können (ziemlich deutlich ist, dass Spitzenkandidaten Zweitstimmen generieren können, die die Partei sonst wahrscheinlich nicht bekommen würde).
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 22. Januar 2013 - 21:42 Uhr:   

"Das Splittingverhalten spricht ziemlich dafür, dass den Wählern in Bayern überwiegend schon bewusst ist, dass die Erststimme zählt."
Selbst wenn, heißt das noch nicht, dass sie den Unterschied zur BTW kennen. Und ein grundlegender und für die Wähler greifbarer Unterschied zur BTW ist, dass sie die Zweitstimme einer bestimmten Person geben. Das wird das Splitting mindestens genauso stark beeinflussen.

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