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Verhältniswahl - Deutschsprachige Gem...

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El Tres
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 19. Oktober 2012 - 12:43 Uhr:   

Bekanntlich ist seit 2004 das Prinzip der Verhältniswahl bei Europawahlen europaweit vorgeschrieben. Trotzdem gibt es in Belgien einen eigenen Wahlkreis für die Deutschsprachige Gemeinschaft, in dem genau 1 Sitz vergeben wird. Übersehe ich etwas oder ist das ein Widerspruch?
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Werner Fischer
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 19. Oktober 2012 - 15:28 Uhr:   

Die EU-Staaten haben das Recht, regionale Wahlkreise zu bilden. Und bei der Vergabe von 1 Sitz führt die Verhältniswahl zum gleichen Ergebnis wie eine Mehrheitswahl. Da der gebildete Wahlkreis auf nachvollziehbaren Gründen beruht, ist das Verfahren wohl kaum zu beanstanden.

Auch in Deutschland könnte z.B. jedes Bundesland einen eigenen Wahlkreis bilden - das ist Sache des Bundestags und wäre mit einfacher Mehrheit möglich. Da die 5%-Hürde nicht mehr gilt, könnten die etablierten Parteien die Kleinparteien damit weitgehend aus dem EU-Parlament fernhalten. Allerdings mit dem Risiko, in Detailfragen vom BVerfG erneut beanstandet zu werden - und in Bayern dürfte so ziemlich sicher immer 1 Sitz an die FW gehen.
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Jan W.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 19. Oktober 2012 - 15:37 Uhr:   

Hm, ich glaube, dass wird nicht passieren ;)
Die CDU möchte wohl kaum in Bremen an der faktischen Sperrklausel scheitern und leer ausgehen, weil sie dort quasi immer weniger Stimmen als die SPD hat ;)
Die Regelung macht im Falle einer Minderheit Sinn, aber errichtet zu hohe faktische Sperrklauseln, um durch die Abbildung des Föderalismus gerechtfertigt zu werden.
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sirius3100
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Samstag, 20. Oktober 2012 - 11:43 Uhr:   

Extrem bevölkerungsarme Bundesländer könnte man ja auch mit umliegenden Bundesländer in einen Wahlkreis packen. Also speziell natürlich Bremen und das Saarland (wobei die faktische Sperrklausel auch noch in einigen anderen Bundesländern recht hoch wäre).
Ich glaube dass das Bundesverfassungsgericht da nichts dagegen hätte.

Persönlich bin ich aber kein wahnsinniger Fan davon bei Wahlen zum EU-Parlament die Nationen in etlichen kleine Wahlkreise zu zerstückeln.


Zum Fall Belgien:
Es ist wie bereits gesagt erlaubt das Land in mehrere Wahlgebiete zu teilen. Es wird aber auch gesagt dass dabei das System der Verhältniswahl grundsätzlich nicht in Frage gestellt werden darf.
In einem 1er-Wahlkreis kann man mit Sicherheit natürlich nicht mehr von einer Verhältniswahl sprechen. Auf ganz Belgien bezogen ist die Abweichung von einem reinem Verhältniswahlrecht auf Landesebene aber wohl eher gering, und ich denke dass das der Maßstab sein dürfte.

Außerdem scheint die EU recht großzügig zu sein, was die Ausgestaltung des Wahlrechts in den verschiedenen Ländern angeht.
Imho sind so z.b. die Wahlkreise die in Irland für das STV verwendet werden so klein dass ich es zumindest grenzwertig finde ob man das noch als Verhältniswahl bezeichen kann. Die faktische Sperrklausel liegt dort ja auch in den einzelnen Wahlkreisen deutlich über 5% ohne dass das in Irland grundsätzlich nötig wäre.
Und auch das Wahlgesetz von Bulgarien mit seiner 5,88%-Klausel (bzw. bei der nächsten Wahl 5,56%-Klausel) hätte man wohl längst einkassieren müssen.
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Good Entity
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Samstag, 20. Oktober 2012 - 14:30 Uhr:   

Die SPD müsste auch gegen eine regionale Aufteilung nach Bundesländern sein, da sie dann in Sachsen an der faktischen Sperrklausel scheitert und leer ausgeht. Dort wären dann wohl üblicherweise 3 von der CDU und 1 von der Linken dabei. Auch im Saarland sieht es für die SPD seit "ohne ihn" nicht gut aus für ein Überwinden dieser faktischen Sperrklausel.

In Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg wird es wohl meist ein eher langweiliges 1:1. In Berlin gäbe es bei 4 Sitzen üblicherweise ein 1:1:1:1, bei 3 Sitzen so eine Art "Reise nach Jerusalem": Der langsamste ist jeweils draußen.

Die Freien Wähler in Bayern haben so sicher ihr Mandat nun auch wieder nicht, es sieht aber wohl ganz aussichtsreich aus.

Ein willkürliches Zusammenfassen mehrerer Bundesländer zu einem Wahlkreis würde gerade den vielleicht noch plausiblen Grund für eine Regionalisierung wegfallen lassen. Das wäre ein Systembruch. Entweder so - oder so. Möglich wäre analog zu Belgien ein "dänischer" Wahlkreis um Flensburg. Der wäre aber zu klein und auch schwer abgrenzbar. Die einzige in der jüngeren Historie begründbare Zusammenfassung mehrerer Bundesländer wäre die nach "alten" und "neuen" Bundesländern. Und genau die wird aus politischen Gründen überhaupt keiner von den Entscheidungsträgern wollen. Im Ergebnis stimme ich Sirius daher zu: Man sollte es lassen.
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Jan W.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 20. Oktober 2012 - 15:22 Uhr:   

@sirius3100
Belgien ist ein absoluter Sonderfall - Belgien ist ja doppelt föderalistisch, da man hier nicht nur nach den Regionen Flandern und Wallonie (und Hauptstadt) unterscheidet, sondern darüber hinaus auch nach Sprachgruppen. Und der Minderheitenschutz für die DG ist da durchaus ein stärkeres Argument für einen solchen Einerwahlkreis als in Deutschland der Föderalismus. Bremer können schließlich allen knapp 100 Abgeordneten allein mit der Kenntnis ihrer Muttersprache inhaltlich folgen.

Regionalwahlkreise auch von benachbarten Bundesländern sind keine föderalistische Ausgestaltung des Wahlrechts! Sie sind schlichtweg ein Willkürakt - zumindest bieten sie nicht die Rechtfertigung für Nebenwirkungen, die eine Abstimmung nach Ländern getrennt genießen würde.
Aber niemand möchte Ländersitzkontingente, die möglicherweise über Jahrzehnte konstant bleiben!

Irland ist ein sehr abschreckendes Beispiel, wenn man mal die Anteile an den 1st preference votes mit den Sitzen der Parteien abgleicht - ein landestweites echtes Verhältniswahlrecht wäre da sicher vorteilhafter.
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sirius3100
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Samstag, 20. Oktober 2012 - 15:40 Uhr:   

Wobei STV ja durchaus davon lebt dass die Bürger die jeweiligen Kandidaten kennen.
Es ist also grundsätzlich von dem Gesichtspunkt her nachvollziehbar dass man mehrere Wahlkreise hat (die großen Parteien haben natürlich sicher auch nix dagegen).


Allerdings sehe ich 3er-Wahlkreise eben hart an der Grenze des Verhältniswahlrechts. Um ehrlich zu sein bin ich der Meinung dass die Grenze damit eigentlich schon eindeutig überschritten ist.
Ob man jetzt zwingend einen großen 12er Wahlkreis machen muss weiß ich nicht. 2 6er Wahlkreise wären auch schon recht nahe an einer "echten" Verhältniswahl. Vor allem wenn man berücksichtigt das Länder wie Malta sowieso nur 6 Abgeordnete stellen und diesen Ländern möchte man ja sicher nicht vorwerfen keine Verhältniswahl bei der EU-Wahl anzuwenden.

Wer hat denn eigentlich das Recht zu "klagen" (o.ä.) was die Wahlgesetzte einzelner Mitgliedstaaten angeht?
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Jan W.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 20. Oktober 2012 - 15:56 Uhr:   

Warum kein 12er-Wahlkreis? 4 Dreier-, 3 Vierer- oder 2 Sechserwahlkreise machen doch nur dann Sinn, wenn man bewusst darauf setzt, dass das Ergebnis von der landesweiten Verhältniswahl abweicht, dass Stimmen, die in einzelnen Wahlkreisen aufgrund von Abrundung oder nicht-Erreichen der Quote, sich nicht landesweit aufaddieren können.
Und genau das ist ein manipulativer Eingriff!

Der wird auch nicht dadurch geheilt, dass andere Länder eine kleinere Delegation entsenden und dadurch ähnlich hohe faktische Sperrklauseln haben.
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sirius3100
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Samstag, 20. Oktober 2012 - 16:26 Uhr:   

Also ich möchte z.b. keinen 96er Wahlkreis bei uns falls wir hier jemals STV zur Europawahl einführen sollten (STV ansich finde ich ja super).
Wer soll sich da bei der Unmenge an Kandidaten denn noch zurecht finden. Wenn die Anzahl der zu wählenden Personen pro Wahlkreis zu groß wird, kann man sich imho auch gleich von STV verabschieden.

Ich sage damit übrigens nicht dass ein 12er Wahlkreis schon zwingend zu groß wäre. Andererseits kann man es sich bei der Größe meiner Meinung nach schon überlegen den zu splitten.

Und es geht mir ja auch garnicht darum welches Wahlsystem ich ich wirklich für gut erachte (das wäre dann wohl einfach ein Verhältniswahlrecht ohne Sperrklausel auf nationaler oder noch besser EU-Ebene).
Mir geht's nur darum ob ein nationales Wahlrecht konform zu den EU-Regeln ist. Und das wären 6er Wahlkreise wohl ziemlich sicher (bei 3er Wahlkreisen bezweifle ich das aber). Ob diese dann mit nationalem Verfassungsrecht vereinbar wären ist dann ja wieder 'ne andere Frage (ich bezweilfe z.b. dass unser Verfassungsgericht so kleine Wahlkreise für STV erlauben würde, solange keine anderen Gründe für eine entsprechende Wahlkreiseinteilung vorliegen).
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Jan W.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 20. Oktober 2012 - 16:56 Uhr:   

STV ist eine exotische Variante der Verhältniswahl, vor allem, weil sie die Parteien nicht zum Maßstab der proportionalen Repräsentation erklärt.
Dass STV eine gewisse Komplexität mit der steigenden Anzahl der Kandidaten (und einer entsprechenden Streuung der Stimmen) mitbringt, ist vor allem ein Problem von STV - das ist aber keine Rechtfertigung für ein Abweichen von landesweiten Stimmanteilen!
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 20. Oktober 2012 - 17:44 Uhr:   

Die Wahlkreise sind auch anderswo primär technische Einheiten. Problematisch wär vielleicht eine Einteilung, die die Landesgrenzen völlig außer Acht lässt, aber bei Verbänden aus mehreren kompletten Ländern seh ich bei der bisherigen Rechtsprechung und der Praxis in anderen Mitgliedsstaaten keinen aussichtsreichen Ansatzpunkt dagegen.

Bei STV sind wohl 12er-Wahlkreise schon sehr am oberen Limit, was bei allgemeinen Wahlen noch praktikabel ist. Da muss man schon mit 100 Kandidaten aufwärts rechnen (bei der hiesigen Zulassungspraxis). Bei größeren als 8er-Wahlkreisen würd ich schon sagen, dass man ATLV braucht, womit sich aber praktisch die Frage stellt, warum man überhaupt den Aufwand von STV betreibt (ist nur dann gerechtfertigt, wenn ein ziemlich großer Teil der Wähler individuell wählen will). Prinzipiell könnte man qualifizierten Gruppen aller Art erlauben, eine Standardreihung auf dem Stimmzettel anzubieten (wobei die Frage ist, ob sich ADAC, BUND, Gewerkschaften, Bund der Steuerzahler &c. trauen würden, sich so weit aus dem Fenster zu hängen).

STV ist halt nicht wirklich ein Verhältniswahlsystem. Vorallem mit Droopquote ist die faktische Sperrwirkung zwangsläufig sehr hoch, wenn es praktikabel sein soll. Sinnvoll ist es nur dann, wenn man die Personenwahl für so wichtig hält, dass die Verhältniswahl nachrangig ist. Dann kann man auch zum Ergebnis kommen, dass 3er-Wahlkreise sinnvoll sind; die Frage ist halt, ob das mit dem Direktwahlakt kompatibel ist. Wobei man STV rein zur Personalisierung auch listenintern hernehmen kann. Dann behält man alle Möglichkeiten zu Unterverteilung, Anrechnung u.Ä..
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Jan W.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 21. Oktober 2012 - 17:09 Uhr:   

@RL
Genau damit widerspricht das irische Wahlrecht aber der europäischen Vorgabe, die Abgeordneten per Verhältniswahl bestimmen zu lassen.
Internes STV klingt wie eine sehr gute Lösung, vor allem, weil damit die Wähler einer Partei eine sinnvolle regionale Verteilung sicherstellen, einen gewissen Heimatbonus bringt ja jeder mit, der muss ja nicht immer direkt an der Wahlkreisgrenze enden.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 21. Oktober 2012 - 17:30 Uhr:   

"STV ist halt nicht wirklich ein Verhältniswahlsystem. Vorallem mit Droopquote ist die faktische Sperrwirkung zwangsläufig sehr hoch, wenn es praktikabel sein soll."
Selbstverständlich ist STV Verhältniswahl und die Droop-Quote ist nur die maximal mögliche Sperrklausel, genau wie bei d'Hondt, Sainte-Lague und Hare/Niemeyer. Auch Parteien/Kandidaten weit darunter können Sitze bekommen.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 21. Oktober 2012 - 21:47 Uhr:   

@Jan W.:

Der Direktwahlakt definiert ausdrücklich, dass für seine Zwecke entweder (optional offene) Listensysteme oder STV als Verhältniswahl gelten (aber sonst nichts). Die Frage ist nur, ob die sehr feine Zerstückelung des Wahlgebiets zulässig ist.

@Thomas Frings:

Bei richtigem STV (z.B. Meek) kostet jeder Sitz exakt 1 Quote, und bei Droop bleiben Stimmen im Wert von 1 Quote unberücksichtigt. Wenn Enthaltungen im Spiel sind, wird halt die Quote billiger, was aber bei einer Listenwahl auch nicht grundsätzlich anders ist.

Wenn man Totalenthaltung jenseits der erstpräferierten Partei unterstellt, ist STV äquivalent mit einem Quotenverfahren mit der entsprechenden Quote und Restsitzvergabe nach größten Bruchteilen. Und das Droopquotenverfahren hat ungefähr die Sperrwirkung von D'Hondt, so wie Hare/Niemeyer die von Sainte-Laguë hat, außer dass die Zufallskomponente bei den Quotenverfahren größer ist.

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