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Entwurf eines Wahlsystems für Bundes-...

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Stephen Schöndorf
Veröffentlicht am Donnerstag, 05. Dezember 2002 - 16:16 Uhr:   

Aufgrund meiner Beschäftigung mit verschiedenen Wahlsystemen und meiner praktischen Erfahrung als Wahlhelfer möchte ich hier ein Wahlsystem skizzieren, das mehrere Vorteile gegenüber den jetzigen Verfahren bei Bundes- und Landtagswahlen hat.

1. Der Wähler hat eine Stimme, die er einer der zur Wahl stehenden Listen gibt. (Listenstimme)

2. Innerhalb dieser von ihm angekreuzten Liste kann er beliebig viele durchnumerierte Präferenzen unter den Listenkandidaten vergeben.

3. Er kann eine weitere Liste ankreuzen, der seine Stimme zufallen sollte, wenn die ursprünglich angekreuzte Liste an der 5 %-Hürde scheitern sollte. (Alternativstimme)

Die Auszählung geht wie folgt vor sich:

1. Die stimmenschwächsten Listen werden gestrichen und die auf sie entfallenen Stimmen auf die als Alternativstimmen angekreuzten Listen verteilt, bis nur noch Listen übrig sind, die über der 5 %-Hürde liegen.

2. Die zu vergebenden Sitze werden mit einem proportionalen Verfahren (vorzugsweise Saint-Lague) auf die Listen verteilt.

3. Innerhalb der Listen werden die auf sie entfallenen Sitze mittels des "Single-Transferable-Vote"-Verfahrens für mehrere Personen verteilt.

Die konkrete Auszählung in den Wahllokalen verliefe dann wie folgt:

1. Auszählung der Listenstimmen mitsamt den dazugehörigen Alternativstimmen, die per Schnellmeldung weitergegeben werden.

2. Sortierung der Stimmzettel nach Erstpräferenzvergabe für die einzelnen Kandidaten.

3. Die weitere Auszählung der Präferenzen erfolgt zentral.
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Frank Schmidt
Veröffentlicht am Freitag, 06. Dezember 2002 - 10:25 Uhr:   

Nett. Hatten ich und andere so ähnlich hier auch schon vorgeschlagen.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Freitag, 06. Dezember 2002 - 12:32 Uhr:   

Grundsätzlich ein guter Vorschlag.

Meine Anmerkungen:

1.) Es sollte natürlich nicht nur eine Alternativstimme möglich sein, sondern SVT-ähnlich beliebig viele.

2.) Das Durchnummerieren innerhalb der Liste wird in der Praxis wahrscheinlich fast nie zu Änderungen der Listenreihenfolge führen. Schon bei den Kommunalwahlen mit Kumulieren/Panaschieren ist es ja so, daß nur bei kleinen Gemeinden größere Auswirkungen zu beobachten sind.
Hier reden wir aber wohl über große Wahlgebiete (Landeslisten ?), und die Möglichkeit, durch bis zu 3-faches Kumulieren stärker zu gewichten fällt weg.
Vielleicht wird mal eine Reihenfolge umsortiert (das wird die Betreffenden wenig jucken) - aber daß ein Abgeordneter ein Mandat bekommt oder verliert, das dürfte extrem selten sein.

3.) Die Wahlkreise fallen dabei völlig weg.
Damit ist nicht garantiert, daß weiterhin jedes Gebiet mit einem Abgeordneten vertreten ist. Es ist noch nicht einmal sicher, daß man von jeder (wesentlichen) Partei auch überall Kandidaten hat.
Der Wegfall der Wahlkreise ist kein riesiger Nachteil. Aber das würde ich nur akzeptieren, wenn auch echte Vorteile eingetauscht werden.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Freitag, 06. Dezember 2002 - 14:06 Uhr:   

Der durchschnittliche Wähler dürfte von der Möglichkeit, die Kandidaten durchzunumerieren kaum Gebrauch machen. Und selbst die wenigen, die das tun werden nur wenige Präferenzen vergeben. Wer kennt denn schon mehr als zwei oder drei Kandidaten auf der (Landes-) Liste der von ihm präferierten Partei? Viele könnten noch nicht einmal einen nennen. Ein Präferenzstimmensystem würde unter diesen Umständen dazu führen, daß viele Kandidaten mit nur sehr wenigen Stimmen gewählt würden. Und für diese vorrausichtlich unbefriedigende Ergebnis lohnt sich der gewaltige administrative Aufwand, den man für STV bei einer großen Anzahl Kandidaten treiben müßte, nicht. Außerdem sollte man es bei der Personalisierung des Wahlrechts m.E. auch prinzipiell nicht zu weit treiben, weil dies klientelistische Kirchturmspolitik noch zusätzlich fördert (davon gibt es ja jetzt schon zuviel). Italien (optional bis zu vier Präferenzstimmen auf regionale, freie Listen in Wahlkreisen mit durchschnittlich knapp 20 Abgeordneten)und Japan (SNTV in Wahlkreisen mit durchschnittlich etwa 4 Abgeordneten)sind da abschreckende Beispiele. In beiden Ländern wurde das stark personalisierende Wahlrecht inzwischen geändert, ob die neuen Wahlsysteme dort besser sind ist allerdings zumindest für Italien fraglich.
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Stephen Schöndorf
Veröffentlicht am Freitag, 06. Dezember 2002 - 19:16 Uhr:   

Danke für deine Anmerkungen, Ralf!

"1.) Es sollte natürlich nicht nur eine Alternativstimme möglich sein, sondern SVT-ähnlich beliebig viele."

Hier stellt sich die Frage nach der Abwägung zwischen Prinzip und Praktibiltät. Jede STV-Auswertung würde nämlich die Auszählung massiv verzögern - und da die Wähler sich ja über die Chancen der einzelnen Parteien informieren, würde kein schwerwiegender Nachteil daraus entstehen, daß nur eine weitere Option angegeben werden kann.

"2.) Das Durchnummerieren innerhalb der Liste wird in der Praxis wahrscheinlich fast nie zu Änderungen der Listenreihenfolge führen. Schon bei den Kommunalwahlen mit Kumulieren/Panaschieren ist es ja so, daß nur bei kleinen Gemeinden größere Auswirkungen zu beobachten sind.
Hier reden wir aber wohl über große Wahlgebiete (Landeslisten ?), und die Möglichkeit, durch bis zu 3-faches Kumulieren stärker zu gewichten fällt weg.
Vielleicht wird mal eine Reihenfolge umsortiert (das wird die Betreffenden wenig jucken) - aber daß ein Abgeordneter ein Mandat bekommt oder verliert, das dürfte extrem selten sein."

Eine Forderung, die immer wieder (zu Recht!) erhoben wird, ist die, daß der Wähler die Möglichkeit haben sollte, auf die Listenreihenfolge Einfluß zu nehmen. Das in meinen Augen fairste Verfahren dafür ist STV, da es den Wählerwillen proportional widerspiegelt. Der Wähler macht ja durchaus z.B. bei den bayrischen Landtagswahlen vom personalisierten Element Gebrauch - wobei das dortige Verfahren weit weniger fair ist als STV.

"3.) Die Wahlkreise fallen dabei völlig weg.
Damit ist nicht garantiert, daß weiterhin jedes Gebiet mit einem Abgeordneten vertreten ist. Es ist noch nicht einmal sicher, daß man von jeder (wesentlichen) Partei auch überall Kandidaten hat.
Der Wegfall der Wahlkreise ist kein riesiger Nachteil. Aber das würde ich nur akzeptieren, wenn auch echte Vorteile eingetauscht werden."

Jede Partei würde natürlich in ihrem eigenen Interesse darauf bedacht sein, daß die Kandidaten auf ihrer Liste sich gleichmäßig aus den verschiedenen Regionen zusammensetzen. Wie stark der regionale Proporz letztendlich sein wird, liegt dann alleine in der Hand des Wählers - und so sollte es ja auch eigentlich sein. :-)

Und wo keine Wahlkreise sind, können auch keine Wahlkreisgrenzen manipuliert werden - auch das sehe ich als Vorteil an.
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Stephen Schöndorf
Veröffentlicht am Freitag, 06. Dezember 2002 - 19:31 Uhr:   

@ Thomas Frings

"Der durchschnittliche Wähler dürfte von der Möglichkeit, die Kandidaten durchzunumerieren kaum Gebrauch machen. Und selbst die wenigen, die das tun werden nur wenige Präferenzen vergeben. Wer kennt denn schon mehr als zwei oder drei Kandidaten auf der (Landes-) Liste der von ihm präferierten Partei? Viele könnten noch nicht einmal einen nennen. Ein Präferenzstimmensystem würde unter diesen Umständen dazu führen, daß viele Kandidaten mit nur sehr wenigen Stimmen gewählt würden."

Nun, heute werden sie mit weit weniger Stimmen gewählt - nämlich mit den Stimmen der Delegierten, die eine starre Liste festlegen müssen, die obendrein die Gesamtheit der Partei (nach Flügeln, Arbeitsgebieten, Geschlechtern, Regionen usw.) repräsentieren soll.

Warum also nicht die Liste zu einem *Angebot* an die Wähler der jeweiligen Partei machen, die selbst dann darüber entscheiden, welcher Proporz ihnen am wichtigsten ist?
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c07
Veröffentlicht am Freitag, 06. Dezember 2002 - 21:38 Uhr:   

> Der Wähler macht ja durchaus z.B. bei den bayrischen Landtagswahlen
> vom personalisierten Element Gebrauch

Ja, was will er denn sonst machen? Es ist da schlicht und einfach nicht möglich, eine gültige unpersonale Stimme abzugeben. Das Kreuz für die Liste ist nichts anderes als ein Alias für den Listenführer. Es gibt keine Möglichkeit, die Liste unverändert anzunehmen.

Ich ärger mich bei jeder Landtagswahl darüber, dass ich zum Roulette gezwungen werd und mir irgendeine Person raussuchen muss, deren Name mir grad gefällt. Ich bin wirklich weit überdurchschnittlich informiert, aber die Anforderungen übersteigen meine Fähigkeiten bei weitem, selbst wenn ich nicht jedes taktische Detail bedenken will (Stimmkreisgrößen, bestehende Bündnisse der Direktkandidaten untereinander, ...).

Natürlich wär STV nicht ganz so schlimm, aber das Grundproblem bleibt, dass vom Wähler mehr verlangt wird, als er leisten kann. Selbst wenn die Möglichkeit besteht, eine Standardnummerierung der Partei zu übernehmen, gibt jeder, der das nutzt, einen Teil seines Wahlrechts an eine durch nichts legitimierte Informationselite ab, die die Reihenfolge nach ihren Wünschen verändern kann.

Für den durchschnittlichen Wähler ist es einfach nicht leistbar, sich über hunderte von Kandidaten so genau zu informieren, dass er sie in eine Reihenfolge bringen kann (auch bei Länderlisten sind es zumindest in den größeren Ländern immer noch viel zu viel). Das können nur die Parteien selbst leisten, und die sind auch dazu legitimiert.
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Samstag, 07. Dezember 2002 - 21:39 Uhr:   

Wenn man STV-artig auszählt, kann man auch auf die Zusammenfassung der Kandiaten auf einer Liste verzichten, das ergäbe sich dann schon durch die Präferenzen (macht die Auszählung aber nicht einfacher).

Bei STV besteht auch nicht unbedingt die Notwendigkeit, alle Kandidaten der favorisierten Partei beurteilen zu können. Es reicht ja, wenn man eine Handvoll oder auch nur einen (lokalen) Kandidaten kennt und entsprechend reiht. Damit ergäbe sich dann automatisch eine lokale Vertretung, auch ohne Wahlkreise.

Beim bayerischen Landtagswahlsystem bleibt von der Personenwahlkomponente wegen der Kombination mit den Wahlkreisen/Stimmkreisen nicht mehr viel übrig.
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c07
Veröffentlicht am Sonntag, 08. Dezember 2002 - 11:47 Uhr:   

Wenn ich STV recht versteh, ist es im Allgemeinen schon notwendig, alle Kandidaten der Liste zu reihen, wenn man nicht auf einen Teil seines Wahlrechts verzichten will. Sonst könnte es passieren, dass vom letzten gereihten Kandidaten noch ein Bruchteil zu übertragen wäre, der dann entweder verfällt oder an den ersten ungereihten Kandidaten der Standardreihung übergeht. Auch in letzterem Fall geht ein Stück potenzieller Einflussnahme verloren.

Beim bayerischen Landtagswahlsystem ist schon klar, dass die eigentliche Macht in Bezug auf die Personenwahl bei denen liegt, die die Stimmkreise einteilen bzw. besetzen, und nicht beim Wähler. Trotzdem ist es aus Sicht des Wählers eine reine Personenwahl.
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Sonntag, 08. Dezember 2002 - 17:33 Uhr:   

Man muß bei STV nicht alle Kandiaten reihen, eine Handvoll Kandidaten (im Extremfall einer) bei denen die Stimme dann auch landet (also ohne Chancenlose und Publikumslieblinge) sollte reichen, weil dann der verbleibende Stimmenbruchteil so klein ist, daß er nicht mehr den weiteren Aufwand rechtfertigt.

Das bayerische Landtagswahlsystem ist im wesentlichen eine Parteienwahl mit sehr wenig Personenwahlanteil (weniger als es dem unbedarften Wähler erscheint).
Wenn Du das bisschen Personenwahlelement nutzen willst, solltest Du (ganz grober Leitfaden) als CSU-Wähler unter den Nichtstimmkreiskandidaten der Liste wählen, als SPD-Wähler unter den (chancenlosen) Stimmkreiskandidaten und sonst unter den paar Spitzenleuten.
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c07
Veröffentlicht am Sonntag, 08. Dezember 2002 - 19:17 Uhr:   

Natürlich ist der Stimmenbruchteil schnell sehr klein. Aber das ist kein Argument. Auch eine volle Stimme ist gegenüber 50 Millionen anderen schon sehr klein. Wieso sollte ich dann überhaupt wählen?

Zu den bayrischen Landtagswahlen: Bei CSU und SPD kann eine Stimme durchaus großes Gewicht bei der listeninternen Zusammensetzung haben, wenn man das nötige Hintergrundwissen hat und (vereinfacht) so vorgeht, wie du schreibst. Bei den Grünen und gegebenenfalls den Freien Wählern ist aber nicht so entscheidend, ob es Spitzenleute sind oder nicht, sondern eher wie gut ihr Stimmkreis ist. Allerdings haben bei den Grünen 1998 die meisten Spitzenleute recht gute Stimmkreise gehabt. Und in den kleineren und/oder schwächeren Regierungsbezirken hat außer dem Listenführer eh niemand eine Chance.
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Sonntag, 08. Dezember 2002 - 20:03 Uhr:   

Wieso soll das kein Argument sein?
Man muß von von mir aus 100 Kandidaten nur ein paar wenige kennen und reihen können und gibt dann nicht mehr als 1% seines Personenwahl-Einflusses an die Informationselite ab.

Das bayerische Landtagswahlsystem ist da ein Beispiel, wo vom Personenwahlanteil kaum mehr übrig bleibt, als drei Hinterbänkler, die sich um den einen offenen Sitz streiten.
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c07
Veröffentlicht am Sonntag, 08. Dezember 2002 - 21:22 Uhr:   

Nehmen wir mal eine Landesliste mit 300.000 Wählern an. Dann sind 1% von meinem Einfluss 1/30.000.000 insgesamt. Wenn ich bereit bin, die wegen mangelnder Relevanz aufzugeben, warum sollte ich dann z.B. an den Wahlen zum EU-Parlament teilnehmen, wo meine Stimme ungefähr gleich viel/wenig Einfluss hat?

Wenn sich 3 Hinterbänkler um einen offenen Sitz streiten, ist das immerhin relevanter als bei den Bundestags-Erststimmen, wo es typischerweise nur 2 sind, wenn überhaupt. Wobei es durchaus nicht nur Hinterbänkler sind. Auf der Kippe ist regelmäßig auch Prominenz mit schlechtem Stimmkreis bzw. bei der CSU ohne Stimmkreis. Z.B. ist 1998 Ursula Männle (CSU Oberbayern, Listenplatz 3) als 42ste von 47 knapp gescheitert (inzwischen aber nachgerückt).
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Montag, 09. Dezember 2002 - 12:41 Uhr:   

Daß Prominente auf der Kippe stehen können, spricht nicht zwingend für den größeren Einfluß der Wähler. Bei Bundestagswahlen, wo der Wähler praktisch keinen Einfluß auf die personelle Zusammemsetzung der Fraktionen nehmen kann, kommt das auch vor. Eichel hat es ja nur ganz knapp geschafft, genauso wie Thierse 1998. In NRW scheiterte 1995 und 2000 der jeweils amtierende SPD-Fraktionsvorsitzende. Ein CSU-Direktkandidat bei Landtagswahlen hat sein Mandat so gut wie sicher, selbst in den wenigen Wahlkreisen, wo der CSU-Sieg nicht schon vor der Wahl feststeht.
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c07
Veröffentlicht am Montag, 09. Dezember 2002 - 16:07 Uhr:   

In Bayern ist der Einfluss der Wähler in den meisten Fällen aber schon recht groß; nur ein Teil der Mandate steht praktisch von vornherein fest. Der Einfluss ist nur nicht transparent, d.h. die meisten Wähler wissen nicht, wie sie Einfluss ausüben können, und das Resultat ist deshalb relativ zufällig.

Direktkandidaten haben ihr Mandat nur in Wahlkreisen sicher, wo ihre Partei an die 50% erreicht. Das ist für die CSU in Mittel- und Oberfranken nicht unbedingt der Fall, also gerade da, wo auch die unsicheren Stimmkreise (abgesehen von München) liegen. Konkret wird 2003 in Oberfranken ziemlich sicher ein Direktkandidat ausscheiden, nachdem Schnappauf wohl Listenführer ohne Stimmkreis wird. Die 10 "sicheren" Plätze sind bei nur 17 insgesamt halt doch nicht mehr sicher, falls es keine Überhangmandate gibt.

Übrigens braucht das bayrische Landtagswahlsystem auf wahlrecht.de ein Update. Die künftigen Abgeordnetenzahlen stehen hier: http://www.statistik.bayern.de/lw/zweiter_teil.htm#21 . Die neue maximal zulässige Abweichung der Stimmkreisgrößen ist ±25%. Außerdem ist die Mehrheitsklausel so geändert worden, dass sie wirklich eine Mehrheit der Mandate garantiert, indem sie gegebenenfalls auch mehrere Extramandate zuteilt (Artikel 42 (5) LWG).
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Montag, 09. Dezember 2002 - 16:55 Uhr:   

@ c07
1998 schied verfehlte kein einziger der 104 CSU-Direktkandidaten den Sprung in den Landtag, auch nicht die 5 nicht direkt gewählten. Und wie kommst du darauf, daß in Oberfranken ein CSU-Bewerber 2003 ziemlich sicher ausscheidet? 10 von 17 Mandaten für die CSU sind doch nicht unrealistisch, dafür würden schon 52% sehr wahrscheinlich reichen. Bei der Bundestagswahl bekam die CSU in Oberfranken 57,2%

Ich habe mir auch mal Gedanken gemacht, wie ein sinnvolles Präferenzwahlsystem aussehen könnte. Mein Vorschlag wäre folgender:

Das Bundesgebiet wird in 120 Wahlkreise mit durchschnittlich 5 Abgeordneten eingeteilt. Die Wahlkreisgröße darf maximal ein Drittel vom Durchschnitt abweichen. In jedem Wahlkreis stellen die Parteien eine Liste mit 7 Kandidaten auf. Eine Partei kann in mehreren Wahlkreisen mit der gleichen Liste antreten (sollte sich dann aber natürlich sicher sein, nicht mehr als 7 Sitze zu erhalten), es können auch mehrere Listen derselben Partei im gleichen Wahlkreis kandidieren.
Der Wähler hat eine Stimme, die als Präferenzstimmen für einen der 7 Kandidaten der jeweiligen Liste abgegeben wird.
Die Mandatszuteilung geschieht wie folgt: Zuerst wird die Gesamtzahl der Mandate pro Partei auf Bundesebene nach Sainte Lague berechnet (5%-Sperrklausel). Die Mandate werden dann intern ebenfalls nach Sainte Lague auf die Wahlkreislisten verteilt. Innerhalb der Wahltreisliste sind grundsätzlich die Kandidaten mit den meisten Stimmen gewählt, allerdings müssen sie dafür eines von zwei Quoren erreichen: Entweder 0,5 Promille aller gültigen Stimmen bundesweit (das wären ca. 24000 Stimmen) oder (vor allem für kleinere Parteien relevant) die Stimmenzahl für die Wahlkreisliste dividiert durch die Anzahl der der Liste zustehenden Mandate plus 2. Können mit den Kandidaten, die eines des Quoren erreichen nicht alle der Wahlkreisliste zustehenden Sitze besetzt werden, gehen die verbleibenden Mandate an die noch nicht gewählten Bewerber mit den höchsten Listenplätzen.

So wird sichergestellt, daß der Wähler nicht überfordert wird und daß hinter einer Änderung der Listenreihenfolge ein nennenswerter Teil der Wählerschaft steht. Zugleich ist die Hürde für eine Veränderung m.E. nicht zu hoch, da sie durch eine relativ geringe Anzahl von Bewerbern pro Partei leichter zu nehmen ist als es bei Dutzenden Bewerbern der Fall wäre.
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c07
Veröffentlicht am Montag, 09. Dezember 2002 - 19:58 Uhr:   

Na ja, 1998 waren es 47,6%. Insbesondere sind bei der Bundestagswahl nicht die Freien Wähler angetreten, die wohl wieder die 4% erreichen, wenn sie es schaffen, ihren Volksentscheid parallel zur Wahl unterzubringen. Die Rechtsextremen waren vermutlich nur ausnahmsweise wegen dem Kanzlerkandidaten Stoiber so schwach, und bei der FDP gibts auf Landesebene eh nichts zu verlieren. Deshalb halt ich wesentlich über 50% für eher unwahrscheinlich. Allerdings muss ich zugeben, dass bei genauerer Betrachtung in Oberfranken auch 47% schon für die 59% der Mandate reichen könnten, und wenn die Grünen rausfliegen auch noch weniger. Andersrum wackeln aber etliche Direktkandidaten, falls die Freien Wähler, die Reps, die ÖDP oder gar die FDP die 5% schaffen sollten.

Zu deinem Vorschlag: Mir scheint, dass dabei Überhangmandate in ganz erheblichem Umfang entstehen können. Das erste Quorum ist stark von der Wahlkreisgröße abhängig. Da ist ein Drittel zulässige Abweichung sehr viel. Eigentlich sollten es dann noch weniger sein, aber 25% sind überschlagsmäßig nötig, um die Ländergrenzen einhalten zu können, falls man das fordern will.

Wenn man unbedingt eine Personenwahl will (ich will es oberhalb der Kommunalebene nicht), sind 5er-Wahlkreise sicher ein guter Kompromiss zwischen der jetzigen Nullauswahl und unübersichtlichen Riesenwahlkreisen. Aber dann wär wohl STV praktikabler als Quoren. Um der vorgegebenen Listenreihenfolge ein gewisses Gewicht zu geben, wie ich es dann für wünschenswert halten würde, könnte man die Kandidaten auch einfach mit einem gestaffelten Grundkonto an "Stimmen" ausstatten.
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Montag, 09. Dezember 2002 - 22:23 Uhr:   

STV kann für die Wähler auch bei einer Riesenliste praktikabel sein, bei der man nur einen kleinen lokalen Kreis von Kandidaten kennt und reiht. Wahlkreise bzw eine vorgegebene Listenreihenfolge würden sich dann erübrigen.
Der Widerspruch Überforderung der Wähler - Einfluß der "Informationselite" bestünde damit nur noch zu einem kleinen Teil.

Beim bayerischen System (Danke für den Hinweis auf die Gesetzesänderung) haben praktisch alle CSU Direktkandidaten ihr Mandat sicher (auch wenn sie den Wahlkreis nicht gewinnen!) und die SPD Abgeordneten dürften auch fast nur Direktkandidaten sein, da sie gegenüber reinen Listenkandidaten einen kaum einholbaren Vorteil haben. Viel Spielraum für den Einfluß der Wähler bleibt damit nicht.
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Frank Schmidt
Veröffentlicht am Montag, 09. Dezember 2002 - 22:47 Uhr:   

@c07:
Ich bin entschieden für eine Personenwahl. Im jetzigen System wird der größte Teil der Abgeordneten in Delegiertenversammlungen durch sichere Listenplätze praktisch gewählt. Dem Volk bleibt nur noch der Einfluß auf die Stärke der Parteien, und ein paar Abgeordnete direkt zu wählen, die sowohl im Wahlkreis die Mehrheit erlangen müssen als auch *nicht* über die Liste ins Parlament kämen. Ist es ein Wunder, daß der Bundestag immer weiter im Hintergrund verschwindet?

Wenn sich die Parteien weiter auf ihren Positionen festfahren, und die Bürger keinen Einfluß auf sie nehmen können, und das Protestpotential weiter wächst, befürchte ich, daß die neuen Parteien, die dadurch stärker würden, noch weniger an konstruktiven Lösungen arbeiten würden als die bereits im Bundestag vertretenen.

Zu Quoren und Überhangmandaten: Es war wohl eher gemeint, daß die ersten Ansprüche an der Liste zustehenden Mandaten denen zufallen, die die Quoren erreichen, und danach an den Rest der Liste in der von der Partei bestimmten Reihenfolge. Sind weniger Mandate zu verteilen, würden eben nicht alle berücksichtigt, die die Quoren erreichen.
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Frank Schmidt
Veröffentlicht am Montag, 09. Dezember 2002 - 22:58 Uhr:   

Ich habe die Abgeordnetenzahlen für die Länder noch mal angesehen, in diesem Fall die der Bundesversammlung (laut election.de). Auf der Seite des Bundestags weichen nur Bremen mit 4 (1 Wahlkreis) und Hamburg mit 12 Abgeordneten (2*6 oder 3*4) stärker als 10% vom Mittelwert von 5 Abgeordneten pro Wahlkreis ab, auf Länderseite nur Bremen mit wiederum 4 und das Saarland mit 8.
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c07
Veröffentlicht am Dienstag, 10. Dezember 2002 - 09:11 Uhr:   

Befürworter einer Personenwahl machen oft einen Denkfehler: Sie meinen, dadurch würde eine Möglichkeit geschaffen, bestimmte Personen zu wählen. Das ist aber falsch. Die Parteien stellen deshalb ja nicht Leute auf, die ihnen nicht loyal gegenüberstehen würden. Zumindest nicht eher als bisher. Wieso sollte eine Partei z.B. wen, der zu stark gegen die Fraktionsdisziplin verstoßen hat, dann eher erneut nominieren als jetzt? Wer wirklich Einfluss auf eine Partei nehmen will, muss dort Mitglied werden.

Ein System, das die Macht der Parteien begrenzen will, muss vielmehr entweder die Chancen für neue Parteien erhöhen, mehr direkte Demokratie zulassen, oder direkten Einfluss auf die Parteien erleichtern, wie es in den USA ansatzweise möglich ist.

Zu den 5er-Wahlkreisen:
Sinnvollerweise musst du direkt mit den Wahlberechtigten rechnen. Dann ist Bremen kein Problem, sondern vor allem das Saarland mit rechnerisch 2 Wahlkreisen, die im optimalen Fall jeweils 20% zu klein sind.
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alberto
Veröffentlicht am Dienstag, 10. Dezember 2002 - 12:06 Uhr:   

Erinnern Sie sich nicht an Persönlichkeiten

Quote:

Von c07
     Befürworter einer Personenwahl machen oft einen Denkfehler: Sie meinen, dadurch würde eine Möglichkeit geschaffen, bestimmte Personen zu wählen. Das ist aber falsch. Die Parteien stellen deshalb ja nicht Leute auf, die ihnen nicht loyal gegenüberstehen würden. Zumindest nicht eher als bisher.



Vermutlich können Sie sich das gar nicht vorstellen, daß einer nicht kraft der ihn tragenden Masse, sondern seiner Intelligenz und seiner Ausstrahlung ein Mandat des Wählers innehat. So einer wir nicht „aufgestellt“ wie ein Gartenzwerg
WahlRechtReform
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Frank Schmidt
Veröffentlicht am Dienstag, 10. Dezember 2002 - 16:06 Uhr:   

@c07:
Loyalität zu einer Partei bedeutet nicht, immer der Parteilinie zu folgen. Würde eine Partei nur die 'Linientreuen' zu Kandidaten wählen, würden die Anhänger anderer Flügel zumindest zum Teil zu anderen Parteien wechseln.

Auf einer 7er Liste würde eine Partei somit zwangsläufig Mitglieder verschiedener Flügel aufstellen, und durch die Personenwahl können die Bürger dann (anders als jetzt) entscheiden, welche davon ins Parlament einziehen.

Was die Chancen für neue Parteien angeht: mein Vorschlag zu diesem Thema enthielt auch die Möglichkeit von Direktmandaten, für die die Liste (ob Partei oder unabhängig) in einem Wahlkreis ein Quorum erreicht, das bei 598 Abgeordneten bei 1/598 der gültigen Stimmen läge.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Dienstag, 10. Dezember 2002 - 16:51 Uhr:   

Mein Vorschlag war nicht so zu verstehen, daß automatisch ein Mandat bekommt, wer das Quorum überspringt, diese Bewerber haben nur die MÖGLICHKEIT via Präferenzstimmen ins Parlament einzuziehen, falls der entsprechenden Wahlkreisliste überhaupt Mandate zustehen. Eine parteiungebundene Kandidatur ist per Konstruktion ausgeschlossen und der Nebeneffekt ist auch durchaus gewollt, denn ein fraktionsloser Abgeordneter ist parlamentarisch praktisch tot. Überhangmandate sind in keinem Fall möglich.
Es ist vollkommen richtig, daß bei 7 Kandidaten zwangsläufig verschiedene Flügel und vor allem auch Kandidaten mit unterschiedlichen Schwerpunkten antreten. Darunter sollen die Wähler eine Auswahl treffen können, aber nicht müssen. Denn in der Praxis würde so ein Wahlsystem wohl darauf hinauslaufen, daß meist der Listenplatz entscheidend ist. Will ein nennenswerter Teil der Wählerschaft einer Partei einen bestimmten schlechter plazierten Kandidaten im Parlament sehen, sind die Hürden aber auch nicht allzu hoch. Wesentlich niedriger jedenfalls als bei pseudo-offenen Listen wie z.B. in Holland, Belgien oder Österreich, wo keiner oder nur einer der derzeitigen Parlamentarier aufgrund von Präferenzstimen gewählt wurden.
Eine absolute Gleichheit der Anzahl der Wahlberechtigten pro Wahlkreis hatte ich auch nicht angestrebt. Die Toleranz ist mit einem Drittel bewußt großzügig gehalten, um die Bildung von Wahlkreisen als halbwegs sinnvolle Einheiten zu erleichtern. Im derzeitigen Wahlsystem gibt es ja einige Wahlkreise, bei deren Grenzziehung man nur mit dem Kopf schütteln, krasse Beispiele u.a. München-Land, Backnang- Schwäb. Gmünd oder Krefeld I-Neuss II. Die Chancengleichheit wird dadurch m.E. nicht sonderlich beeinträchtigt. Kleinere Parteien würden in vielen Fällen mit der gleichen Liste in mehreren Wahlkreisen antreten, denn sonst hätten sie in vielen Wahlkreisen keine Chance auf ein Mandat. Und auch das zweite Quorum (Stimmzahl pro Liste dividiert durch Sitzzahl für Wahlkreisliste plus 2) ist ja gerade dazu da, auch bei Wahlkreislisten, die nur ein Mandat erhalten, die Möglichkeit zu bieten, via Präferenzstimmen ins Parlament zu kommen.
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c07
Veröffentlicht am Dienstag, 10. Dezember 2002 - 19:19 Uhr:   

Frank:

Das mit den verschiedenen Flügeln ist immerhin ein richtiges Argument. Ich würd es aber trotzdem besser finden, wenn die wichtigsten Flügel durch eigenständige Parteien repräsentiert wären, unter denen man dann wählen kann. Verwandte Parteien müssten nicht immer einen gekünstelten Gegensatz zueinander aufbauen, wie es jetzt die Regel ist, sondern könnten auch eine längerfristig stabile Kooperation anstreben. Insofern glaub ich nicht daran, dass deswegen das politische System insgesamt instabiler würde.

Beim jetzigen Wahlsystem frag ich mich ohnehin, warum Direktkandidaten ohne Über-5%-Partei erlaubt sind. Schließlich untergräbt das eindeutige Mehrheiten und damit angeblich die Stabilität viel mehr als ein paar 4%-Parteien, wenn es tatsächlich genutzt würde. So krasse Zersplitterung, wie sie durch Einzelkandidaten möglich ist, will ich dann doch nicht.

Thomas:

Ja, da hab ich dich missverstanden (obwohl es eigentlich schon klar formuliert war). Im Prinzip wär das für mich akzeptabel. Nur die Abweichungen in der Wahlkreisgröße find ich in dieser Form nicht mehr tolerierbar. Ein Drittel klingt nicht extrem viel, aber es bedeutet, dass der größte Wahlkreis doppelt so groß wie der kleinste sein kann. Das Problem liegt auch nicht nur beim Quorum (das ließe sich auch auf einen relativen Wert von 6% fixieren), sondern generell in der Gleichheit der Wahl. Dein System ist da wesentlich sensibler als das jetzige, wo ja nicht nur ich ein Drittel für zu hoch halte.

Die Wahlkreise würden sich auch bei kleinerer Abweichung intelligenter schneiden lassen, wenn manche Verwaltungsgrenzen, die oft eh keine strukturelle Basis haben, weniger tabuisiert würden. Im Osten Münchens, wo zumindest der Wahlkreis Freising zum Zeitpunkt der Wahl vermutlich schon illegal groß war, hätte man z.B. zusätzlich den Landkreis Ebersberg teilen können und damit strukturell besser zusammengehörige Wahlkreise bekommen. Und zur nächsten Wahl lässt es sich wohl eh nicht mehr vermeiden, dass der Landkreis München größtenteils auf die Münchner Wahlkreise verteilt und dafür Erding selbständig wird, wenn Oberbayern keinen zusätzlichen Wahlkreis bekommt.
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Frank Schmidt
Veröffentlicht am Dienstag, 10. Dezember 2002 - 19:56 Uhr:   

Thomas:
OK, sinnvolle Wahlkreisgrenzen sind wohl doch besser als gleich große Wahlkreise.

c07:
Seh ich das jetzt richtig, daß in deinem System Parteiflügel zuerst Mandate im Parlament erlangen, und sich später dann um diese Abgeordneten herum eine neue Partei bilden könnte? Hat dein System eine Alternativstimme, oder verfällt eine Stimme für eine unter-5%-Partei ganz?
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c07
Veröffentlicht am Dienstag, 10. Dezember 2002 - 20:45 Uhr:   

Frank: Nein, mein Minimalvorschlag ist einfach, eine Alternativstimme einzuführen, die aktiv wird, wenn die eigentlich gewünschte Partei die 5% verfehlt. Neben den Vorteilen für die Wähler begünstigt das den Aufbau neuer Parteien. Dass es tatsächlich mehr Parteien geben sollte, ist einfach eine Wunschvorstellung von mir, die ich nicht irgendwie erzwingen will, sondern nur die Voraussetzungen dafür schaffen will.

Was im Detail "mein" Wahlsystem wär, weiß ich nicht sicher. Wahrscheinlich wär es ein ganz einfaches Listenwahlsystem ohne großartige Besonderheiten. Ich brauch weder 5%-Hürde noch Einzelkandidaten, Direktkandidaten, Länderlisten, offene Listen, Mehrheitsklauseln oder sonstige exotische Sachen. Aber unter der Voraussetzung, dass solche Sachen von anderen zwingend gefordert werden, reicht es mir auch schon, wenn sie akzeptabel angewandt werden. Bei der 5%-Hürde ist das eben zumindest eine Alternativstimme. Und bei Vorschlägen, die sich eher weiter von meinen Vorstellungen wegbewegen als der Status Quo, bin ich natürlich immer erst mal skeptisch.
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Stephen Schöndorf
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. Dezember 2002 - 18:25 Uhr:   

@ c07

"Wenn ich STV recht versteh, ist es im Allgemeinen schon notwendig, alle Kandidaten der Liste zu reihen, wenn man nicht auf einen Teil seines Wahlrechts verzichten will."

Das gilt nur für STV in seiner Reinform, nicht aber für das System, das ich hier vorgeschlagen habe.

Über die Größe der Fraktionen entscheidet nämlich *alleine* die Zahl der Listenstimmen (unter Berücksichtigung der Alternativstimmen). Wer keine oder nur eine begrenzte Anzahl von Präferenzen vergibt, verzichtet damit nur auf die Möglichkeit, innerhalb der von ihm angekreuzten Liste Verschiebungen zu verursachen - die Repräsentanz durch die Partei bleibt davon unberührt.
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Stephen Schöndorf
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. Dezember 2002 - 18:31 Uhr:   

Folgende Hintergedanken haben mich bei meinem Entwurf geleitet:

1. Die Möglichkeit einer Alternativstimme, um Verzerrungen durch die 5%-Klausel vorzubeugen.

2. Eine "Personalisierung" des Wahlrechtes, die jedem Wähler ermöglicht, auf nachvollziehbare Weise Einfluß auf die von ihm angekreuzte Liste zu nehmen.

3. Die weitgehende Ausschaltung von "Willkürelementen" wie Wahlkreiseinteilungen aus dem Wahlverfahren - das einzige, was man tatsächlich als willkürlich bezeichnen könnte, ist die Höhe der Sperrklausel.
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c07
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. Dezember 2002 - 21:46 Uhr:   

Stephen:
> Wer keine oder nur eine begrenzte Anzahl von Präferenzen vergibt, verzichtet damit
> nur auf die Möglichkeit, innerhalb der von ihm angekreuzten Liste Verschiebungen
> zu verursachen - die Repräsentanz durch die Partei bleibt davon unberührt.

Das ist mir völlig klar, aber das "nur" ist mir halt schon zu viel.

Wobei es noch 2 qualitativ grob unterschiedliche Möglichkeiten gibt: Nicht vergebene Präferenzen können entweder verfallen oder aber durch die noch freien Kandidaten einer Standardreihung ersetzt werden.

Letzteres halt ich noch für halbwegs akzeptabel. Damit würde der entsprechende Teil des Wahlrecht praktisch auf die Partei übertragen, die diese Aufgabe heute in jedem Fall hat. Andernfalls können die Kandidaten innerhalb einer Liste von einer Minderheit bestimmt werden. Das halt ich schon bei Kommunalwahlen für sehr problematisch, wo es in manchen größeren Städten regelmäßig passiert. Auf Landes- und Bundesebene verletzt es aber die Gleichheit der Wahl so extrem, dass ich das nicht mehr im Rahmen einer demokratischen Ordnung sehen würde.

Dieser Punkt muss also auf jeden Fall klargestellt werden. Offenbar ist er auch von Ralf und Thomas gegensätzlich aufgefasst worden. Wie ist das eigentlich bei bestehenden STV-Verfahren? Gibt es überhaupt irgendwo STV innerhalb von separat gewählten Listen?
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c07
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. Dezember 2002 - 21:58 Uhr:   

Für Kommunalwahlen würd ich übrigens das von Stephen beschriebene Verfahren für sehr geeignet halten (abzüglich der 5%-Hürde und folglich der Alternativstimme), wenn die nicht vergebenen Präferenzen an eine Standardreihung gehen.
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Frank Schmidt
Veröffentlicht am Donnerstag, 12. Dezember 2002 - 01:20 Uhr:   

Die Personenstimmen müssen meiner Ansicht nach unbedingt berücksichtigt werden. Man könnte aber zuerst nach STV die Mandate verteilen, wobei zB die Droop-Quota erreicht werden muss. Dann bleiben noch Mandate übrig, die dann nach Listenreihenfolge vergeben werden, oder aber man zählt zu den vom ersten Schritt übrig gebliebenen Stimmen eine vom Listenplatz abhängige "Stimmen"zahl dazu und vergibt dann die Restmandate an diejenigen mit der höchsten "Stimmensumme".

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