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Archiv bis 08. August 2012

Wahlrecht.de Forum » Wahlsysteme und Wahlverfahren » Bundestagswahlen » Negatives Stimmgewicht & Bundesverfassungsgericht » Archiv bis 08. August 2012 « Zurück Weiter »

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Nikolaus Krause
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 04. August 2012 - 08:14 Uhr:   

Nanu!
Am Mittwoch wird uns ein angeblich verfassungsfestes Verteilungsmodell vorgerechnet, bei dem Baden-Württemberg mehr Sitze als Bayern bekommt,
dann heißt es am Donnerstag erst: "Die Sitzzahl der Länder ist eh nicht konstant" und später: "Ein getrennter Ausgleich nach Ländern beeinträchtigt die Grundentscheidung des Gesetzgebers maximal",
und am Freitag darf der Überhang den innerparteilichen Proporz keinesfalls verändern bzw. verzerren, weshalb die parteiinterne Kompensation keine Lösung sei.
Da blicke noch einer durch.
Ich lese aus dem Urteil auch nichts gegen eine interne Kompensation heraus.
Ein Satz, der mir zumindest von der Fernsehübertragung hängen geblieben ist: "Alle Abgeordneten vertreten das gesamte deutsche Volk und nicht eins der sechzehn Landesvölker".
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Wähler
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Samstag, 04. August 2012 - 14:08 Uhr:   

"Ich lese aus dem Urteil auch nichts gegen eine interne Kompensation heraus. "

Das wird ja auch nicht aus dem Urteil begründet sondern aus den innerparteilichen Befindlichkeiten der potentiell betroffenen Parteien (also CDU und SPD). Nun kann man natürlich sagen, innerparteiliche Befindlichkeiten haben im Gesetzgebungsverfahren nichts zu suchen, da aber genau die potentiell betroffenen Abgeordneten das Gesetz beschließen sollen, spielen diese Befindlichkeiten eben doch eine Rolle.
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Bobo
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 07. August 2012 - 02:27 Uhr:   

Tempelhüter schrieb:
>
> Immerhin beibt den hanseatischen Wählern kleinerer Parteien der Trost,
> ihrer Partei beim bundesweiten Überschreiten der 5-Prozent-Hürde zu
> helfen, selbst wenn es zu keinem Sitz in Bremen reicht.

Aber beim Kompensationsmodell der Grünen erhält man bei der BTW 2009 für
Bremen wirklich abstruse Ergebnisse.

Die Idee, getrennte Wahlkörper zu nehmen, sollte man zuerst zur
Vermeidung von NSG betrachten. Man könnte in einem zweiten Schritt eine
angemessene Oberverteilung nach bundesweiten Zweitstimmen über ein
1953'er Ergebnis legen. (Diese Idee hatte ich hier schon vor einiger
Zeit vorgetragen.) Eine Partei hat dann Überhangmandate, wenn die Anzahl
ihrer Sitze nach dem 1953'er Modell größer ist als ihre Anzahl der Sitze
nach der Oberverteilung. Überhangmandate in diesem Sinne können dann
durchaus auch bei Parteien auftreten, die kein Direktmandat geholt
haben. Eine Partei erhält auf jeden Fall die Mandate, die sich aus dem
ersten Schritt ergeben. Überhang bleibt bestehen. Hat eine Partei beim
1953'er Ergebnis weniger Sitze als nach der Oberverteilung, so erhält
sie die Anzahl der Sitze aus der Oberverteilung. Die Differenz wird
unterverteilt.

Hier muss nur noch das obige "angemessene" geklärt werden. Es dürfen
nicht mehr als 15 Überhangmandate (im obigen Sinne) erhalten bleiben.

Diese Lösung (ich gebe zu, sie ist noch nicht detailliert) hat den
Vorteil, dass eine unterschiedliche Wahlbeteiligung in den Ländern
einigermaßen "aufgefangen" wird. Die darüber gelegte Oberverteilung zeigt,
dass die Priorität im bundesweiten Verhältnisausgleich liegt. Ferner
wird auch der Lokalität der Wahl Rechnung getragen: Die Wähler wählen
nur Entitäten in ihrem Land, und die Auswertung dieser Wahl spielt sich
zunächst nur in dem Land ab. Jedes Mandat, das im ersten Schritt nach
der 1953'er Regelung errungen wird, bleibt dem Land (der Bevölkerung)
auch erhalten.

Eine angemessene Oberverteilung könnte so aussehen, dass gerade die
Ergebnisse aus der 1953'er Regelung (also die Anzahl der Sitze der
Parteien) gedeckt sind. Dann gibt es keinen Überhang mehr. Aber man kann
auch einen Teilausgleich machen.

Ich glaube, das könnte eine Basis für die anstehenden Verhandlungen
sein.


MfG Bobo.
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Arno Nymus
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 07. August 2012 - 05:59 Uhr:   

Bobo schrieb "Aber beim Kompensationsmodell der Grünen erhält man bei der BTW 2009 für Bremen wirklich abstruse Ergebnisse."
Inwiefern?
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Nikolaus Krause
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 07. August 2012 - 09:01 Uhr:   

@Bobo: Klingt interessant, aber was ist mit den überhängenden Direktmandaten?
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Bobo
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 07. August 2012 - 12:57 Uhr:   

@Nikolaus Krause

Im 1953'er Ergebnis sind alle Direktmandate erfasst, in Ländern können
hier Überhangmandate im "üblichen" Sinne entstehen. Z.B. hat nach meiner
Rechnung (mit der Zahl der Wahlberechtigten als Bemessung für die
Sitzkontingente der Länder) die CDU in BW 27 Sitze nach Proporz bei
der landesinternen Auswertung. Da die CDU 37 Direktmandate in BW
errungen hat, hat sie 10 Überhangmandate. Summiert man alle Mandate der
CDU über alle Länder, dann erhält man 195 Mandate. Die anderen Parteien:
SPD 146, CSU 45, Grüne 69, FDP 91 und "Die Linke" 78.

Eine Oberverteilung, die sich an der nominalen Hausgröße von 598 Sitzen
orientiert, liefert: CDU 173, SPD 146, CSU 42, Grüne 68, FDP 93 und "Die
Linke" 76 Sitze.

Damit hat die CDU 22, die CSU 3, die Grünen 1 und "Die Linke" 2
Überhangmandate bzgl. der Oberverteilung. Die FDP bekommt zwei
Ausgleichsmandate. Insgesamt ergeben sich 28 Überhangmandate, nun aber
bzgl. der Oberverteilung.

Man kann nun die Hausgröße solange erhöhen, dass die Oberverteilung
gerade noch die Sitzverteilung des 1953'er Ergebnis respektiert. Man
erhält dann eine Hausgröße von 671 Sitzen:

CDU 195, SPD 164, FDP 104, "Die Linke" 85, Grüne 76 und CSU 47 Sitze.

Bei der CDU gibt es nichts weiter zu berechnen. Bei der SPD ergeben sich
gegenüber der 1953'er Regelung 164 - 146 = 18 Ausgleichssitze. Diese
werden nach einem bestimmten Modus unterverteilt. Ebenso verfährt man
bei den anderen Parteien.

Man könnte die nominale Hausgröße auch um die doppelte Anzahl der
Überhangmandate erhöhen, also um 56 weitere Sitze. Dann ergibt sich
folgende Oberverteilung:

CDU 190, SPD 160, FDP 101, "Die Linke" 83, Grüne 75 und CSU 45 Sitze

Damit hätte man noch 5 Überhangmandate für die CDU.


Mfg Bobo.
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Fragender
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 07. August 2012 - 14:01 Uhr:   

Warum nimmt man eigentlich nicht das Wahlrecht von 1949 mit getrennten Wahlgebieten und getrennten 5-%-Hürden? Wenn man schon die Wahlgebiete nicht mehr zusammenschließt, dann müsste man doch konsequenterweise auch die 5-%-Hürde getrennt werten. Wobei sich mir dann - es gab ja nur eine Stimme - die Frage stellt, ob dieses dann die Erststimme oder die Zweitstimme gewesen ist. Ob also z.B. in Bayern 2009 die CSU 48,2% (Erststimme) oder 42,5% (Zweitstimme) erhalten hätte. Das hat ja erhebliche Unterschiede im Ergebnis, ob man die Erststimem oder die Zweitstimme abschafft.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 07. August 2012 - 15:45 Uhr:   

@Wahlticker:

Negatives Stimmengewicht ändert das Verhältnis nicht unbedingt zulasten der gewählten Partei. In den allermeisten Fällen ist sogar der Erfolgswert jeder Stimme positiv. Und wenn eine überrepräsentierte Partei geschwächt wird, hat das nicht nur Nachteile.

Die Verhältniswahl ist gegenüber dem negativen Stimmengewicht zweitrangig. Natürlich ist das nicht sinnvoll, aber das ist halt jetzt so.

@Arno Nymus:

Die momentane Wahlkreiseinteilung ist vermutlich sowieso unzulässig. Trotzdem hat sie das Bundesverfassungsgericht nicht für nichtig erklärt und nichtmal eine Frist für eine ordnungsgemäße Wahlkreiseinteilung gesetzt. Im Prinzip ist der Einwand schon richtig, aber irgendwo muss man Abstriche machen, wenn 2013 überhaupt eine Wahl stattfinden soll.

Ich hab nicht behauptet, dass ein Regionalproporz einzuhalten wär. Aber das Bundesverfassungsgericht bezeichnet innerparteilichen Überhang auch als "Überhangmandate", und die sind auf 15 begrenzt. Mag sein, dass diese Zahl in diesem Kontext nicht anwendbar ist (die Begründung trifft darauf nicht vollumfänglich zu), aber dann gilt das erstrecht für Überhang bei getrennten Wahlgebieten.

@Bobo:

Das haut aber nicht hin, weil die erste Variante typischerweise mehr als 15 Überhangmandate hat (und wegen der Oberverteilung sind die auch sicher anwendbar) und die zweite und dritte negatives Stimmengewicht.

@Fragender:

Die beiden Stimmen würden zusammengelegt. Wie er dann wählt, ist bloß das Problem des Wählers. Es heißt halt, dass der tatsächliche Effekt nicht leicht vorhersagbar ist (und auch nicht im Nachhinein bestimmbar).
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Jan W.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 07. August 2012 - 15:54 Uhr:   

@Ratinger Linke
Ich kenne eigentlich niemanden, der sich wirklich vom Direktkandidaten leiten lässt. Grundsätzlich würde eine Zusammenlegung der Stimmen wohl vor allem eine Abschaffung der Erststimme mit Wahlkreissiegerermittlung auf Basis der Zweitstimme bedeuten.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein signifikanter Anteil an Wähler die Kandidatenpräferenz über die Parteipräferenz stellt ... dafür finden die meisten Wahlkreisduelle viel zu weit unterhalb der Wahrnehmungsschwelle statt.
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nowhereman
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 07. August 2012 - 16:41 Uhr:   

@ Jan W.

Ich kenne eigentlich niemanden, der sich wirklich vom Direktkandidaten leiten lässt.

Das ist dann doch sehr pauschal, in der Regel zwar korrekt, aber eben zu pauschal.
Helmut Kohl hatte öfters Probleme in den 80-er und 90-er Jahren, den Wahlkreis Ludwigshafen zu gewinnen, der damals (auch bei anderen Wahlen LTW, KOMW) eine SPD-Hochburg war. Es ist ihm jedoch auch mal gelungen. Ich denke, es ist in diesem Fall eindeutig dem Kandidaten Kohl zuzusprechen, denn man wollte einen aus LU-Oggersheim als Kanzler behalten, wohl weniger die damals noch (heute ist es etwas anders) ungeliebte CDU in einer Chemiestadt.
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Jan W.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 07. August 2012 - 16:51 Uhr:   

Also gerade 1998 (ich hab jetzt nicht alle Zahlen gewälzt) war es doch so ... sowohl Kohl als auch seine Gegenkandidatin hatten rund 10.000 mehr Erststimmen als Zweitstimmen. Das ist jetzt kein besonderer Promibonus ...

Bei einem Einstimmenwahlrecht könnte ich mir nicht vorstellen, dass ein SPD-Anhänger den Kanzler aus der Heimatstadt will und deshalb zum CDU-Wähler wird. Ebensowenig, dass der FDP-Anhänger den Direktkandidaten des Koalitionspartners stützen will und damit in Kauf nimmt, seine Partei nicht wählen zu können.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 07. August 2012 - 17:06 Uhr:   

Die Überlegung setzt allerdings voraus, dass die große Mehrheit über die grobe Wirkung der Stimmen richtig informiert ist. Einen Anhaltspunkt gibt der Anteil der Falschsplitter an allen Kombinationen aus SPD und Grünen bzw. Union und FDP. Der ist (abhängig von Ort, Geschlecht und politischer Position) nicht ganz unerheblich:
 
2009 Schnitt SPD / Grüne Union / FDP
i m w i m w i m w

MV 30.4 25.4 35.2 35.7 35.1 36.1 28.8 23.0 34.8
SN 30.0 25.7 34.2 34.7 30.0 39.3 28.8 24.6 32.8
ST 29.1 25.3 32.6 28.0 24.8 30.5 29.4 25.4 33.2
TH 27.8 24.1 31.4 25.2 22.6 27.4 28.8 24.7 33.0
BB 27.4 24.1 30.8 30.4 27.5 32.9 25.8 22.5 29.5
HB 27.4 22.4 31.9 33.6 28.3 38.1 19.2 15.4 23.1
BE 27.2 25.4 28.9 34.4 34.0 34.7 18.9 16.4 21.4
BY 25.6 22.1 29.2 29.2 27.7 30.5 23.8 19.8 28.5
HH 25.0 21.1 29.0 30.8 28.7 32.6 19.6 15.1 24.9
BW 22.2 18.0 26.3 28.8 26.1 31.0 18.6 14.3 23.4
RP 19.8 16.3 23.5 22.9 19.3 26.0 18.3 15.0 22.1
NI 19.6 16.0 23.2 22.0 18.9 24.5 17.9 14.3 22.1
NW 18.5 14.9 22.0 21.3 18.0 24.1 16.8 13.3 20.6
HE 16.8 13.2 20.4 19.2 16.1 21.8 15.4 11.6 19.4
SH 16.1 14.2 18.2 18.9 18.0 19.7 14.4 12.1 17.2
SL 16.0 12.2 19.9 16.3 11.8 20.6 15.9 12.4 19.6

DE 21.6 18.0 25.2 25.2 22.5 27.5 19.6 15.8 23.8
O 29.4 25.6 33.1 32.8 30.2 35.0 28.1 23.9 32.3
W 20.7 17.1 24.3 24.5 21.8 26.8 18.4 14.7 22.5

Splitter Union / SPD haben in absoluten Zahlen ungefähr die gleiche Größenordnung wie die Falschsplitter.
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Nikolaus Krause
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 07. August 2012 - 19:32 Uhr:   

Was sind Falschsplitter?
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Nikolaus Krause
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 07. August 2012 - 21:13 Uhr:   

@Bobo: Verstanden. Allerdings wird hier der Begriff "Überhangmandate" umdefiniert. Ich verstehe darunter immer noch ein Mehr an Direktmandaten gegenüber den einer Partei in einem Bundesland zustehenden Proporzmandaten.

Die Ausgleichssitze, die sich aus der Differenz zwischen bundesweiter Oberverteilung und dem Ergebnis der getrennten Länder ergeben, könnten folgendermaßen verteilt werden: Man ermittelt für jede Landesliste dieser Partei die erforderliche Höchstzahl nach Sainte-Lague für den nächsten Sitz und teilt diese Mandate entsprechend Reihenfolge zu.

Mein Abwandlungsvorschlag zu Ihrem: Treten nach Verteilung von 598 Sitzen a la 1953 und evtl. Verteilung von Zusatzsitzen gemäß bundesweiter Oberverteilung mehr als 15 (direktmandatsbedingte) Überhangmadate auf, wird die Hausgröße schrittweise vergrößert.
Also wird gemäß deutscher Bevölkerung oder Zahl der Wahlberechtigten das Land mit dem 599. Mandat ermittelt und dazu die Partei.
Zugleich wird die "Gegenprobe" mit bundesweiter Oberzuteilung vorgenommen und ermittelt, ob die proportionale Mandatszahl für die überhängenden Parteien höher ist als die Zahl der Mandate bei getrennten Ländern (ohne Überhangmandate!) und an welche Landeslisten evtl. Zusatzsitze fallen würden.
Dies wird schrittweise so lange wiederholt, bis nur noch 15 (direktmandatsbedingte) Überhangmandate übrig bleiben.

Für 2009 unter Zugrundelegung der deutschen Bevölkerung von Ende 2006 bedeutet das:
Bei 598 Mandaten bei getrennten Ländern ergibt sich (noch ohne Überhangmandate) folgende Sitzverteilung:
CDU 174, SPD 145, FDP 91, Linke 78, Grüne 68, CSU 42. Gemäß bundesweiter Oberverteilung bekäme die FDP zwei zusätzliche Sitze, die SPD einen, der nach Niedersachsen geht, wenn ich richtig rechne.
Es ergeben sich als (direktmandatsbedingte) Überhangmandate: CDU 21, CSU 3, SPD 1 (Bremen).
Die Sitze werden wie oben beschrieben erhöht.
Bei 635 Sitzen sind wir bei getrennten Wahlgebieten bei 18 Überhangmandaten angelangt.
(CDU 182, SPD 155, FDP 92, Linke 83, Grüne 72, CSU 45).
Laut bundesweiter Oberzuteilung stehen aber der CDU zwei Zusatzsitze zu, der SPD einer (also CDU 184, SPD 156). Alle diese Zusatzsitze gehen an Landesverbände mit Überhangmandaten. Somit ist der Überhang auf 15 Sitze abgetragen.
Die FDP bekommt gemäß "Bundesproporz" einen 99. Sitz, dieser geht nach Nordrhein-Westfalen. Grüne und Linke bekommen keine Zusatzsitze.
So erhöht sich die Gesamtzahl der Mandate auf 654.
Sitzverteilung: CDU 199, CSU 45, SPD 156, FDP 99, Linke 83, Grüne 72.

Ich hoffe, es ist alles verständlich! Die Materie ist kompliziert.

Frage: Tritt bei diesem Verfahren Negatives Stimmgewicht auf?
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 07. August 2012 - 22:29 Uhr:   

"Falschsplitter" nenn ich Leute, die mit der Erststimme Grüne bzw. FDP wählen und mit der Zweitstimme SPD bzw. Union. Einige davon werden absichtlich so wählen (zum Teil sogar berechtigt), aber beim größeren Teil kann man davon ausgehn, dass sie das Wahlsystem nicht kapiert haben.

Bei dem Vorschlag ist der Überhang letztlich doch auf die Oberverteilung bezogen (oder gibts noch Überhang bei Grünen und/oder Linken, der extra geht?). Negatives Stimmengewicht tritt im Prinzip auf wie immer bei getrennten Ländern mit aufgesetzter Oberverteilung: Überhangrelevante Partei Y verliert im Land Sitz durch Stimme an die nicht überhängende Partei X; X verliert dadurch ein Ausgleichsmandat. Ohne feste Quoten, die X und Y entkoppeln, kommt man da nicht weiter, solang sie schon über die Oberverteilung gekoppelt sind.
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Fragender
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 07. August 2012 - 23:32 Uhr:   

@Ratinger Linke

Ich habe mit der Zweitstimme CDU gewählt (was ja in Hamburg dieser auch knapp zum vierten Mandat verholfen hat), wollte aber die Wahl des Viertplatzierten auf der CDU-Landesliste (Rüdiger Kruse, dessen Direktwahlerfolg ja trotz der SPD Posse in Sachen Danial Ilkhanipour und Niels Annen nicht sicher war) nicht gefährden. Deshalb habe ich den FDP-Kandidaten in meinem Wahlkreis gewählt, wohl wissend, das der keine Chance hat. Das hat also nichts mit "Falschsplitterei" zu tun. Natürlich hätte ich auch den SPD-Kandidaten Johannes Kahrs wählen können, um die Nichtwahl des CDU-Kandidaten David Erkalp (der auf der Liste nicht abgesichert war und dessen Wahl daher Kruse geschadet hätte), aber bevor ich Kahrs wählen würde, würde mir wahrscheinlich die Hand verdorren. Das Problem war, ich hätte gerne Kahrs (der ja auch nicht auf der Landesliste abgesichert war) als Wahlkreisabgeordneten verhindert ohne damit dem Viertplatzierten auf der CDU-Landesliste zu schaden. Diese Optimierung meiner Stimme war aber leider so nicht möglich. Hätte ich geahnt, dass Kruse in Eimsbüttel gewählt werden würde - ich hatte mich auf election.de verlassen, die Krista Sager von den Grünen vorne sahen - dann hätte ich Erkalp gewählt, weil ein Ausscheiden von Markus Weinberg aus dem Bundestag mich nicht gestört hätte (aus meiner Sicht einer der größten Fehler der CDU, den Mann zum Landesvorsitzenden zu machen).
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Nikolaus Krause
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 07. August 2012 - 23:36 Uhr:   

Es bleiben zum Schluß noch 15 CDU-Überhangmandate übrig. Linke und Grüne haben keinen Überhang.

"Bei dem Vorschlag ist der Überhang letztlich doch auf die Oberverteilung bezogen (oder gibts noch Überhang bei Grünen und/oder Linken, der extra geht?). Negatives Stimmengewicht tritt im Prinzip auf wie immer bei getrennten Ländern mit aufgesetzter Oberverteilung: Überhangrelevante Partei Y verliert im Land Sitz durch Stimme an die nicht überhängende Partei X; X verliert dadurch ein Ausgleichsmandat. Ohne feste Quoten, die X und Y entkoppeln, kommt man da nicht weiter, solang sie schon über die Oberverteilung gekoppelt sind."

Versteh ich wieder nicht, sorry.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 08. August 2012 - 00:36 Uhr:   

@Fragender:

Das ist emotional verständlich, aber rational nicht besonders sinnvoll. In so einem Fall ist halt eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera gefragt. Wobei noch zu berücksichtigen ist, dass Überhang für die SPD in Hamburg möglich war. Die Wahl eines aussichtslosen Kandidaten ist da letztlich eine Stimmenthaltung. Das macht eher dann Sinn, wenn alle aussichtsreichen Kandidaten abgesichert sind oder der Wahlkreis so sicher ist, dass die Erststimme eh nichts wert ist.

@Nikolaus Krause:

Der praktisch relevante Fall ist Y = CDU z.B. in NRW, wo sie nicht überhängt. Eine Stimme an eine andere Partei kann ihr da einen Sitz kosten, der wegen Überhang in die Oberverteilung durchschlägt. Zumindest bei Parteien mit "Zusatzsitzen" kann das einen echten Sitzverlust bedeuten, nicht nur relatives negatives Stimmengewicht; der im Land gewonnene Sitz kommt dann in der Oberverteilung nicht an.
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Nikolaus Krause
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 08. August 2012 - 08:13 Uhr:   

Wenn statt der CDU NRW eine andere Partei Stimmen bekommt, dann ist es auch i.O., dass sie einen Sitz an diese Partei verliert.

@Fragender: Ein schönes Beispiel dafür, wie eingeschränkt die Entscheidungsmöglichkeiten als Wähler in Bezug auf Personen sind.
Und genau jetzt kommt Herr Wiefelspütz und will nur noch eine Stimme haben, die zugleich für Landesliste und den Wahlkreiskandidaten gelten soll!
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 08. August 2012 - 09:19 Uhr:   

Es verliert dann aber nicht nur die CDU NRW einen Sitz. Der Sitzverlust bedeutet ja, dass es ein Überhangmandat weniger gibt und damit eins weniger ausgeglichen wird. Der gewonnene Sitz der anderen Partei kann dagegen rein virtuell sein; dafür gibts halt einen Zusatzsitz aus der Oberverteilung weniger. Ein weiterer Zusatzsitz kann ohne Weiteres der wegfallende Ausgleich sein (die Oberverteilung ist ja asynchron), dann ist es insgesamt 1 Sitz weniger (der für eine kleine Partei auch relativ wertvoller ist als der der CDU). Im Prinzip ist eine ähnliche Situation auch bei einer Partei ohne Zusatzsitze denkbar, bloß wird da die Wahrscheinlichkeit geringer sein.

Das Beispiel von @Fragender zeigt eigentlich bloß, dass die taktischen Anforderungen beim Zweistimmensystem so hoch sind, dass sie selbst ein gut informierter Wähler kaum erfüllen kann. Aber in den meisten Wahlkreisen ist die Erststimme eh nutzlos. Die Personalisierung ist eigentlich fast nur eine Regionalisierung (und ist als solche nicht völlig sinnlos); Ein- oder Zweistimmensystem macht dabei kaum einen Unterschied. Auf eine Einflussnahme, die praktisch fast niemand zielgerichtet nutzen kann, kann man auch gleich verzichten. Das Problem dabei ist nur das negative Stimmengewicht.

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