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Archiv bis 29. Juli 2012

Wahlrecht.de Forum » Wahlsysteme und Wahlverfahren » Bundestagswahlen » Negatives Stimmgewicht & Bundesverfassungsgericht » Archiv bis 29. Juli 2012 « Zurück Weiter »

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Thomas Frings
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Veröffentlicht am Sonntag, 29. Juli 2012 - 14:15 Uhr:   

@El Tres
"Die Möglichkeit des Stimmensplitting ist IMHO ein Grundkonstruktionsfehler, den man mit keinem der Vorschläge der BT-Parteien heilen kann."
Halte von der 2-Stimmen-Konstruktion auch wenig, bloß beseitigt die Abschaffung allein das negative Stimmgewicht gar nicht.


"Eine sinnvolle Lösungsmöglichkeit müsste daher wohl bei den Direktmandaten bzw. Wahlkreisen ansetzen. Eine Verringerung der Anzahl der Wahlkreise würde das Problem zumindest lindern, evtl. mit einem Ausgleich, falls die Zahl der ÜM trotzdem zu gross wird. Allerdings: Die Lösung ist zur Wahl 2013 nicht mehr machbar. Insofern sehe ich für die nächste Wahl eigentlich keine Möglichkeit, die den BT nicht aufblähen wird, also Ausgleich."
Sicher wäre das zeitlich noch möglich, wenn man denn wollte. Aber man will natürlich nicht. Da an der Wahlkreiseinteilung ganz unmittelbar die Wiederwahlchancen der Abgeordneten hängen (auch bei den über Liste gewählten, denn ohne Direktkandidat zu sein, bekommt man in der Praxis seltenst einen aussichtsreichen Listenplatz), wird der Widerstand sehr groß sein und das auch bei der SPD. Die letzte Verkleinerung wurde ja Anfang 1998 mit Wirkung erst zur übernächsten Wahl beschlossen. Die andere Möglichkeit, den Direktmandateanteil zu senken, wäre eine Vergrößerung des Bundestags. Die würde aber in der Öffentlichkeit schlecht ankommen und deshalb wird es dafür keine Mehrheit geben.


Damit besteht aus Sicht der Union also das Problem, eine Lösung zu finden, die

1. frei ist von negativem Stimmgewicht,
2. möglichste viele Überhangmandate ohne Ausgleich erhält,
3. die Zahl der Überhangmandate nicht auf über 15 steigen lässt,
4. ohne Nichtzuteilung von Direktmandaten auskommt und
5. keine Vergrößerung des Bundestages oder Verringerung der Zahl der Wahlkreise beinhaltet.

Eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, mir fällt da jetzt keine Lösung ein. Wahrscheinlich ist das Problem nicht ohne Abstriche bei Punkt 4 lösbar. Von daher halte ich es gar nicht für unwahrscheinlich, dass es am Ende doch eine Konsenslösung geben wird.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 29. Juli 2012 - 14:29 Uhr:   

@Thomas Frings:
"Halte von der 2-Stimmen-Konstruktion auch wenig, bloß beseitigt die Abschaffung allein das negative Stimmgewicht gar nicht."

Ganz im Gegenteil schafft das noch mehr Abhängigkeiten, die negatives Stimmengewicht produzieren. Ich halt auch nichts von dem Zweistimmensystem, aber die Illegalität von negativem Stimmengewicht hat es jetzt wohl festzementiert, solang kein Wechsel zu einem grundsätzlich anderen System erfolgt.
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Frank Schmidt
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 29. Juli 2012 - 14:34 Uhr:   

@Ratinger Linke
Den schrittweisen Ausgleich ("sächsisches System") halte ich auch für die richtige Lösung. Er löst aber nicht das Problem des Relativ-Falls: Wenn man der CDU Sachsen ein Überhangmandat abnimmt, schrumpft der Landtag und damit vielleicht auch die eigene Fraktion. (Zumindest 2005 - bei der CSU - und 2009 - bei der CDU - waren es auch in meiner Variante die Direktmandate, die für die Vormerkung und die spätere Verteilung maßgeblich war. Erststimmen würden den Relativ-Fall auslösen, Zweitstimmen zumindest in diesen Fällen noch nicht)

Die Anwendung getrennt nach Ländern sorgt meiner Meinung nach für mögliche Akkumulation von Abweichungen. Es ist dann auch zu beachten, dass die 10 ÜM der CDU in Baden-Württemberg 2009 über 15 Ausgleichsmandate für die Kompensation benötigen würden.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 29. Juli 2012 - 14:47 Uhr:   

@Frank Schmidt:
"Wenn man der CDU Sachsen ein Überhangmandat abnimmt, schrumpft der Landtag und damit vielleicht auch die eigene Fraktion."

Das ist ja ok. Um ihr ein Überhangmandat abzunehmen, braucht man einen Stimmenverlust.
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Frank Schmidt
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 29. Juli 2012 - 14:56 Uhr:   

@Ratinger Linke
Nein, wenn die SPD eine zusätzliche Erststimme erringt, wodurch sie der CDU einen Wahlkreis abnimmt, sinkt die Anzahl der CDU-Überhangmandate, wenn die CDU welche hatte. Dann ist der Ausgleich der CDU-Überhangmandate wahrscheinlich schon früher erreicht, und es gibt weniger Ausgleichsmandate. Das heißt, durch eine zusätzliche Erststimme gewinnt die SPD zwar einen Wahlkreis, verliert jedoch möglicherweise insgesamt ein Mandat (dann hat sie 1 Direktmandat mehr und 2 Listenmandate weniger).
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 29. Juli 2012 - 15:12 Uhr:   

Die SPD kann keine Erststimme erringen, sondern nur ihr Kandidat. Der hat damit seinen Sitz sicher und die Liste kriegt weniger Sitze; ganz wie erwartet.

Übrigens noch zur Akkumulation von Abweichungen: Das aktuelle Urteil verlangt keinen bundesweiten Verhältnisausgleich; systembedingte Abweichungen können beliebig groß sein. Der wirkliche Schwachpunkt ist die Verzerrung des Länderproporz durch den Ausgleich, der aber andererseits gerade durch das Urteil erzwungen wird. Kann allerdings sein, dass die Zahl 15 für diesen Fall nicht anwendbar ist.
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Frank Schmidt
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 29. Juli 2012 - 15:27 Uhr:   

Auch bei Pukelsheim sind es zusätzliche Erststimmen für einen Kandidaten einer Partei, durch die diese Partei am Ende einen Sitz verlieren kann (weil auch die maßgebliche Partei einen verliert). In meiner Variante *könnten* es auch Zweitstimmen sein, aber zumindest 2005 und 2009 waren die Erststimmen maßgeblich.
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Wähler
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Sonntag, 29. Juli 2012 - 14:58 Uhr:   

@Ratinger Linke:

Wenn Wähler bei der Sächsichen Landtagswahl dadurch dass sie z.B. nicht nur mit der Zweitstimme sondern auch mit der Erststimme SPD wählen und dadurch die SPD ein Direktmandat auf Kosten der CDU erhält (ohne, dass sich bei den Zweitstimmen etwas ändert), kann es passieren, dass nicht nur die CDU ihr Überhangmandat sondern auch die SPD ein Ausgleichsmandat verliert und dadurch einen geringeren Sitzanteil im Landtag erhält (die CDU auch, aber der Anteil der anderen vier im Landtag vertretenen steigt). Somit hat die zusätzliche Erststimme negatives Stimmengewicht, da der Wähler im Regelfall denkt, dass er mit jeder Stimme die Partei, die er wählt stärkt und nicht schwächt (bei aussichtslosen Kandidaten glaubt er wahrscheinlich, sie hätte keinen Einfluß).
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Bernhard Nowak
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 29. Juli 2012 - 16:22 Uhr:   

"Damit besteht aus Sicht der Union also das Problem, eine Lösung zu finden, die

1. frei ist von negativem Stimmgewicht,
2. möglichste viele Überhangmandate ohne Ausgleich erhält,
3. die Zahl der Überhangmandate nicht auf über 15 steigen lässt,
4. ohne Nichtzuteilung von Direktmandaten auskommt und
5. keine Vergrößerung des Bundestages oder Verringerung der Zahl der Wahlkreise beinhaltet.

Eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, mir fällt da jetzt keine Lösung ein. Wahrscheinlich ist das Problem nicht ohne Abstriche bei Punkt 4 lösbar. Von daher halte ich es gar nicht für unwahrscheinlich, dass es am Ende doch eine Konsenslösung geben wird."

Das vermute ich auch. Wobei ich das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes so verstanden habe, als ob es eine Nichtzuteilung von Direktmandaten ablehnt. Es spricht zwar im Urteil zugegebermaßen nur von Überhangmandaten, betont aber an mehreren Stellen so deutlich, dass das Wahlrecht mit der Erststimme bewußt eine Lösung schaffen wollte, die die direkte Verbindung des jeweiligen direkt gewählten Abgeordneten zu seinen Wählern manifestiere, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass das Gericht einem neuen Gesetz, welches Direktmandate nicht zuteilt, nicht billigen dürfte. Aber Ihr seid die Experten, vielleicht sehe ich dies falsch.
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Wahlticker
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 29. Juli 2012 - 16:41 Uhr:   

Ich würde einfach das Ziel kommunizieren, dass der Bundestag gleich groß bleibt oder sogar kleiner wird, bei geringeren Wahlkreisen und einem größeren Anteil an Listenmandaten. Aus Zeitgründen würde man dann ein Übergangswahlrecht für die nächste Bundestagswahl formulieren, in dem bei gleicher Wahlkreiseinteilung mehr Listenmandate vergeben werden, und der Bundestag damit größer wird. Wenn man das richtig kommuniziert, werden es auch die Menschen verstehen.
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Bernhard Nowak
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 29. Juli 2012 - 16:43 Uhr:   

Korrektur: dass ich mir nicht vorstellen kann, dass das Gericht einem neuen Gesetz, welches Direktmandate nicht zuteilt, billigen dürfte. Ich vermute daher, dass es - wenn es eine Konsenslösung gibt - doch auf Ausgleichsmandate und damit auf eine Vergrößerung des bundestages hinauslaufen wird, da eine Verringerung der Zahl der Wahlkreise am Widerstand der Abgeordneten aller Parteien scheitern dürfte.
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Frank Schmidt
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 29. Juli 2012 - 16:49 Uhr:   

Ich habe Pukelsheim mal mit einer Maximalgrenze von 658 Sitzen (598 * 110%) versehen und dann noch die Rollen von CDU BaWü und CSU ausgetauscht, das heißt die CDSU hätte eine Listenverbindung und die BaWü-Konservativen wären eine eigene Partei.

Ergebnis: CDSU 207, SPD 161, FDP 102, Linke 83, Grüne 75, BaWü 30 bei Ausgleich bei 658 Sitzen. Da BaWü aber 37 Direktmandate erhielt, blieben ihr diese erhalten, sie hätte also 7 externe ÜM.

Dann hätte der Bundestag 665 Sitze. Das ist eine normale Größe verglichen mit den Wahlen 1990-1998 - vorher waren die Ostdeutschen nicht vertreten, danach wurde der Bundestag verkleinert.

Ein voller Ausgleich der BaWü-Mandate würde ca 800 Sitze erfordern. Die verbleibenden 7 ÜM sind weniger als die 15 gerade noch tolerierten. Und negatives Stimmgewicht tritt in der Nähe dieses Falls nicht auf: da der Bundestag nicht weiter durch Ausgleich vergrößert wird, sind zusätzliche Erst- und Zweitstimmen immer sinnvoll.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 29. Juli 2012 - 17:12 Uhr:   

@Wähler:

Beim negativen Stimmengewicht kommt es nicht auf die Wähler an, sondern auf eine abstrakte Teilmenge von (potenziellen) Stimmen, wie das Bundesverfassungsgericht gerade bestätigt hat. In aller Regel gibts ja auch keinen Wähler, der davon betroffen ist.

Wenn ein größerer Teil der Wähler perverse Gedankengänge hat, dann sollte man die Kommunikation des Wahlsystems oder das Wahlsystem selbst überdenken, aber bezüglich negativem Stimmengewicht hat das keine Konsequenzen.

@Frank Schmidt:

Den relativ größten Überhang hat 2009 die CDU im Saarland gehabt.

Eine Maximalgrenze zu Pukelsheim wär übrigens eine Lösung, die der Koalition erlauben würde, zu sagen, dass sie auch was davon durchgesetzt hat, und die sogar sinnvoll wär (wenn sie nicht zu niedrig ist). 658 wär eine Zahl, wo die CDU vorerst auch nicht befürchten muss, dass sie dann doch wieder totalkompensiert wird.
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Jens Matthis
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Sonntag, 29. Juli 2012 - 16:28 Uhr:   

Um ein Missverständnis auszuräumen, ich betrachte meinen oben gemachten Vorschlag nicht als ein optimales Wahlsystem. Da hätte ich weit bessere Vorschläge. Vielmehr habe ich mich an folgende drei Prämissen gehalten:

1. Wegen der Kürze der Zeit keine Veränderungen bei Wahlkreisen, Bewerberaufstellung und Art der Stimmenabgabe, nur das Verrechnungsverfahren wird verändert.
2. Kein negatives Stimmgewicht
3. Maximal 15 Überhangmandate (diese vollkommen willkürliche Grenze ist nun mal gesetzt)

Außerdem habe ich zwei Argumente berücksichtigt:
1. möglichst keine extensive Vergrößerung des Bundestages. Zum Beispiel schließt der Vorschlag aus, dass ALLE Parteien, also auch die mit dem größten bundesweiten Überhang , auch noch Ausgleichsmandate erhalten.
2. relativ starke Landeslisten sollen nicht nur deshalb leer ausgehen, weil in anderen Ländern Überhangmandate der Partei entstehen (Problem CDU Brandenburg) – deshalb die Grundmandatsreglung. Die GM-Reglung kann wiederum nur landesspezifisch sein, da sonst wieder negatives Stimmgewicht entsteht.
Dass jeder Stimmzettel nur einmal berücksichtigt werden darf, ist nur die konsequente Anwendung eines Prinzips, welches für unabhängige Kandidaten schon immer und neuerdings auch für erfolgreiche Wahlkreisbewerber erfolgloser Parteien gilt (Berliner Zweitstimmen). Dies ist nur eine konsequente Umsetzung der Wahlgleichheit. Gegenwärtig hat jemand der in einem CDU-Überhangland mit der Erststimme CDU und mit der Zweitstimme FDP wählt, definitiv ein doppeltes Stimmgewicht. Das ist nicht hinnehmbar.

Die Höhe des Wahlkreissieges spielt dabei keine Rolle, da die Erststimmen der Wahlkreissieger ja komplett in das Gesamtergebnis der Partei einfließen. Nur unabhängige Bewerber, die weniger als 1/598 der bundesweiten Stimmen erhalten, sind leicht privilegiert. Das ist aber auch schon bisher der Fall. Das Parteien, die traditionell Zweitstimmenkampagnen fahren, von dem Vorschlag nicht sehr geistert sein werden, stimmt zwar, ist aber ein sachfremdes Argument. Der Vorschlag zwingt Parteien, auch attraktive Wahlkreisbewerber aufzustellen, um möglichst wenige "eigene" Zweitstimmen an einen anderen Wahlkreissieger zu verlieren.

Eine Alternative wären gleichberechtigte Erst- und Zweitstimmen, deren Summe der Verhältniswahl zugrunde liegt (wie beim bayrischen Landtagswahlrecht).
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 29. Juli 2012 - 18:34 Uhr:   

Das hat aber negatives Stimmengewicht. Die stimmenabhängige Quote ist noch schlimmer als eine echte landesinterne Verteilung (Stimme kann die Sitzverteilung ändern, ohne dass die gewählte Partei einen Sitz kriegt), und die hat schon massenhaft negatives Stimmengewicht, wenn man so einen Ausgleich draufsetzt. Und dann kommt noch die Verknüpfung mit der Erststimme dazu, wodurch auchnoch Wahlkreise nebenbei kippen können. Das hat garantiert mehr negatives Stimmengewicht als jeder andere Vorschlag, der gemacht worden ist.

Ein nicht splittender CDU-Wähler hat in Ravensburg null Stimmengewicht (ohne Beseitigung von negativem Stimmengewicht ist es minimal positiv), weil der Wahlkreis sicher ist und die Zweitstimme wertlos. Wirklich doppelten Einfluss (der Ausdruck "doppeltes Stimmengewicht" ist irreführend) haben nur Wähler in den unsicheren Wahlkreisen. Und zwar nicht nur die CDU-Splitter, sondern auch die Wähler des aussichtsreichsten Gegenkandidaten.

Dass die Neuregelung zu den Berliner Zweitstimmen nicht besser ist, ist richtig. In beiden Fällen liegt ein krasser Verstoß gegen die Unmittelbarkeit der Wahl vor, weil es aus der Sicht des Wählers reiner Zufall sein kann, welche Stimme zählt.

Das bayrische System ist im Prinzip wesentlich besser, scheidet aber momentan ziemlich aus, weil das auch sofort überall negatives Stimmengewicht erzeugt, wenn man irgendwas wie einen Ausgleich will. Da hat man die jeweiligen Komplikationen von Ein- und Zweistimmensystem gleichzeitig.
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petra berg
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 29. Juli 2012 - 19:08 Uhr:   

Ich bin ja keine Mathematikerin und auch keine Expertin, aber was spricht eigentlich gegen folgendes:

Bei der kommenden BTW nimmt man zunächst die Zahl 600 - und wenn das wg ÜM nicht ausreicht - die Zahl der bundesweiten Direktmandate der Parteien als Maßstab für die Größe des Bundestages.

Hätte man dies 2009 getan und wie gehabt nur Parteien mit >5% Zweitstimmen berücksichtigt, hätte der Bundestag 651 Sitze, davon CDU 189, SPD 159, FDP 101, Linke 83, Grüne 74, CSU 45.

Es wäre ein reines Verhältniswahlergebnis ohne Verzerrungen durch ÜM. Allerdings könnte der Proporz der einzelnen Länder nicht eingehalten werden, aber der Bundestag soll ja eh die Vertretung aller Deutschen sein, oder?

Kann man dies nicht für 2013 so festlegen?

Für zukünftige Wahlen könnte man dann die Wahlkreiszahl drastisch verringern, auf ein Viertel der Abgeordnetenzahl (ca. 150). Bremen hätte dann nur noch einen Wahlkreis, Saarland 2 usw.

Dann werden in jedem Wahlkreis die Wahlkreissieger direkt gewählt und zusaätzlich die weiteren Kandidaten im WK, die mehr als 25% der Stimmen haben, theoretisch könnten es also max. 3 Mandate im WK sein, im Regelfall werden aber wohl 1 oder 2 sein.

Überhangmandate wären so doch praktisch ausgeschlossen oder würden höchsten in so geringer Zahl anfallen, daß die 15-Mandate-Grenze sicher nicht überschritten wird.

Bin gespannt, was Ihr von dieser Idee haltet!
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Jens Matthis
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Sonntag, 29. Juli 2012 - 19:34 Uhr:   

@ Ratinger Linke: Das ist nicht seriös: Du behauptest es gäbe in dem Vorschlag negatives Stimmengewicht, bleibst aber jeden nachvollziehbaren Beweis schuldig. Bitte sachlich argumentieren!

Die Vorgeschlagene Reglung zu den Grundmandaten erzeugt definitiv kein negatives Stimmengewicht, weil sie nicht bundeseinheitlich, sondern länderspezifisch ist. Damit kann ich durch die Stimme für eine Partei in meinem Land nicht die Berechnungsgrundlage in einem anderen Land beeinflussen.

Wieso durch die Verknüpfung von Erst- und Zweitstimme "Wahlkreise kippen können" bleibt unklar, aber das Kippen von Wahlkreisen gehört zum Bestandteil einer demokratischen Wahl. Entscheidend ist, ich kann durch die Stimme für eine Partei oder deren Wahlkreiskandidaten dieser Partei definitiv nicht schaden.

Und die vorgeschlagene Reglung zur Verknüpfung von Erst- und Zweitstimmen ist auch definitiv kein Verstoss gegen die Unmittelbarkeit der Wahl, sie trägt aber auf jeden Fall zu mehr Gleichheit bei. Jeder Wähler weiß, er wählt zunächst einen Wahlkreisbewerber (1. Präferenz) und nur wenn dieser nicht gewählt wird , fällt die Stimme gemäß der Zweitstimme einer Liste zu (2.Präferenz). Von Zufall kann keine Rede sein. Im Gegenteil, die Bezeichnungen Erst- und Zweitstimme bekämen endlich ihren Wortsinn. Von dem Einstimmenwahlrecht in BaWü unterscheidet es sich insofern, als der Wähler zwischen 1. und 2. Präferenz differenzieren kann. Aber letztlich greift nur die 1. oder die 2. Präferenz, die Stimme zählt nur einmal .

Das Argument, dass in "sicheren Wahlkreisen" Erststimmen für die entsprechende Partei wertlos wären, ist blanker Nonsens, denn ohne viele Erststimmen wäre der Wahlkreis nicht sicher. Im Unterschied zur bisherigen Reglung verbessert aber ein zusätzliche Erststimme das Ergebnis der Partei, sofern die Stimme nicht per Zweitstimme ohnehin an diese Partei gefallen wäre. Eine Verschlechterung tritt aber in keinem Fall ein.
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Frank Schmidt
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 29. Juli 2012 - 19:51 Uhr:   

@Petra Berg
In diesem Fall hätte man auf jeden Fall entweder einen Bundestag mit genau 600 Sitzen oder mindestens eine Partei ohne Listenmandate. Hätte die CSU genau 3 Direktmandate weniger, ergäbe sich ein Bundestag mit 600 Sitzen, davon CDU 174, SPD 147, FDP 93, Linke 76, Grüne 68, CSU 42. Dann hätte die CSU kein Listenmandat und die CDU exakt eins - bei 599 Sitzen hätte die CDU ebenfalls keins.

Das dürfte für die Union kaum annehmbar sein. Genau aus diesem Grund hat Pukelsheim (+Kollegen) den 10%-Zusatz eingefügt, damit jede Partei, die in mehreren Ländern antritt, wenigstens einige Listenmandate hat.
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Frank Schmidt
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 29. Juli 2012 - 20:48 Uhr:   

@Thomas Frings
Die Grundmandate sind (2*Wahlkreise)*Stimmenanteil, abgerundet. Eine Stimme in Bayern für die SPD könnte die Grundmandatszahl der SPD in Bayern erhöhen oder nicht. Die Grundmandatszahl der CSU bleibt entweder gleich oder sinkt. Listenmandate werden erst in Punkt 5 vergeben, wenn es um das Bundesergebnis geht, und auch da wird die SPD durch die Stimme gestärkt, ergo die anderen Parteien relativ geschwächt.

Ich sehe momentan kein negatives Stimmgewicht, aber das Ergebnis ist weniger intuitiv als Pukelsheims DMOPA. Wenn ich es richtig sehe, dürfte es aber der Union die erwünschten nicht ausgeglichenen Überhangmandate liefern.
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Arno Nymus
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 29. Juli 2012 - 20:58 Uhr:   

@Jens Matthis: Bzgl. der "Teilgraben"-Variation interessiert Sie vielleicht auch dieses Thema zu einem ganz ähnlichen Ansatz:
http://www.wahlrecht.de/forum/messages/172/4658.html?1308605799

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