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Guido Flohr
Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Montag, 06. Juli 2009 - 17:40 Uhr: | |
Hallo, wie ist eigentlich der Fall geregelt, dass im Laufe der Sitzverteilung nach d'Hondt (oder ...) zwei Parteien die gleiche Höchstzahl aufweisen? Beispiel: Partei A hat 10 Stimmen, B 5 Stimmen, 4 Sitze sind zu vergeben. Die Höchstzahltabelle sieht so aus: | A | B | +-----+-----+ 1 | 10 | 5 | 2 | 5 | 2,5 | 3 | 3,3 | 1,7 | Beim zweiten Sitz haben A und B die gleiche Höchstzahl 5. Aber, das wird auch deutlich, es ist unerheblich, welche Partei den zweiten, und welche den dritten Sitz erhält, weil sich dies im nächsten Schritt ausgleicht. Dies gilt allgemein, solange höchstens so viele Parteien die gleiche Höchstzahl haben, wie noch Sitze zu vergeben sind. Ist das tatsächlich so geregelt? |
Thomas Frings
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Montag, 06. Juli 2009 - 17:51 Uhr: | |
Wenn es nicht um den letzten Sitz geht, ist das wurscht. Wenn es den letzten Sitz betrifft, entscheidet üblicherweise das Los. |
nowhereman
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Dienstag, 06. Oktober 2009 - 19:36 Uhr: | |
Bei Baden-Württembergischen Landtagswahlen ist nach Landtagswahlgesetz §2 (4) folgende Besonderheit bei der Regelung von Ausgleichsmandaten zu beachten: Bei gleicher Höchstzahl fällt der letzte Sitz an die Partei, die Mehrsitze erhält. Ansonsten entscheidet auch hier das Los. |
Norddeutscher Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Dienstag, 06. Oktober 2009 - 23:08 Uhr: | |
Mal ne Frage dazu. In meiner alten Hochschule (ist schon ein paar Jährchen her) wurden die akademischen Gremien nach D'Hondt gewählt. Es gab aber keine Regelung für ein Losverfahren bei Höchstzahlengleichheit (die Professoren lehnten im Senat mit ihrer Mehrheit eine entsprechende Regelung ab, man solle sich halt lieber - wie sie auch - auf eine Einheitsliste einigen statt die Uni zu politisieren). Wer hätte bei einem solchen Fall den Sitz erhalten, wenn Höchstzahlengleichheit vorgelegen hatte (tatsächlich ist mir zumindest aus meiner Studienzeit kein Fall bekannt, daß es zu diesem Problem kam). |
Keith Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Sonntag, 21. Juli 2013 - 00:21 Uhr: | |
Wie ist bei d'hondt der Fall geregelt, wenn 4 Parteien die gleiche Stimmzahl haben, es aber 6 Sitze gibt? Die Zuweisung der ersten 4 Sitze ist klar. Aber wie werden die letzten beiden sitze vergeben? Durch das Los.? |
Bobo Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Sonntag, 21. Juli 2013 - 21:04 Uhr: | |
@Keith: Üblicherweise entscheidet bei solchen Mehrdeutigkeiten das Los. Ist die Reihenfolge der Sitzzuteilung relevant, dann muss man bei gleichen Höchstzahlen natürlich immer einen "Tiebreaker" zur Hand haben. In Ihrem Beispiel wäre das dann auch für die ersten vier Sitze der Fall. Unter der Voraussetzung (1), dass die Stimmenzahlen für die in Betracht kommenden Listen paarweise verschiedenen voneinander sind, kann man aber durchaus ein zu D'Hondt "äquivalentes" Verfahren entwickeln, welches bei realen Wahlen immer eine eindeutige Reihenfolge garantiert und eine Verteilung nach D'Hondt (wenn hier D'Hondt auch eindeutige Sitzverteilungen liefert) respektiert, wenn nur geeignete Teiler für so ein Höchstzahlverfahren gefunden werden. Dazu betrachten wir folgendes Schema, nach dem eine Folge von Teilern erzeugt wird: sei t(1) = 10^18. Sind schon n Teiler t(1),...,t(n) gegeben, so sei t(n+1) die größte (ganze) Zahl < (n+1)*10^18, welche zu allen t(i) (i<n+1) teilerfremd ist. Klar, diese Konstruktion liefert eine Folge von paarweise teilerfremden Zahlen. Die ersten 10 Teiler sind: 1000000000000000000 1999999999999999999 2999999999999999999 3999999999999999999 4999999999999999999 5999999999999999999 6999999999999999997 7999999999999999997 8999999999999999999 9999999999999999997 Alle die durch das Schema erzeugten Teiler sind größer als die abgegebenen Stimmenzahlen bei realen Wahlen, so dass das Verfahren, falls (1) gilt, eindeutige Reihenfolgen der Sitzzuteilung liefert. (Man beachte dabei, dass das "kleinste gemeinsame Vielfache" von zwei teilerfremden Zahlen das Produkt solcher Zahlen ist.) Die Teiler sind auch so groß, dass man in der Praxis identische Ergebnisse zu D'Hondt bekommt, sofern D'Hondt eindeutige Ergebnisse liefert. Einen "Tiebreaker" braucht man ggf. nur noch, wenn es (mindestens) zwei Listen mit gleichen Stimmenzahlen gibt. Ähnlich kann man auch bei anderen Höchstzahlverfahren vorgehen. MfG Bobo. |
Matthias Cantow
Moderator
| Veröffentlicht am Sonntag, 21. Juli 2013 - 21:46 Uhr: | |
@Keith Wie ist bei d'hondt der Fall geregelt, wenn 4 Parteien die gleiche Stimmzahl haben, es aber 6 Sitze gibt? […] Das Verfahren nach d’Hondt regelt solche Fälle nicht, diese (und andere gewünschte, sich nicht direkt aus dem Verfahren ergebenden Eigenschaften, wie etwa die Sicherung einer Mehrheit bei gerader Sitzzahl) sollten bzw. müssen zusätzlich und vorab definiert sein. In der Praxis gibt es oft eine Los-Regelung, bei einer fehlenden Regelung kann meiner Ansicht nach nicht einfach gelost werden. |
Arno Nymus
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Dienstag, 23. Juli 2013 - 19:57 Uhr: | |
@Bobo: Ihre Modifikation ist vom theoretischen Standpunkt her interessant, jedoch kann man sich fragen, ob das auch erwünscht ist. Dieser Tiebreaker löst ja nur dann das Problem, wenn bei d'Hondt zwei Parteien den exakt selben Anspruch auf den nächsten Sitz haben UND die beiden Parteien unterschiedliche Stimmzahlen aufweisen, d. h. bisher unterschiedlich viele Sitze zugewiesen bekommen haben. (Der von Keith erfragte Konflikt würde also nicht aufgelöst werden.) Eine einfache und systematische Lösung des Problems wäre entsprechend auch, schlichtweg d'Hondt zu rechnen und für den Fall, dass der/die letzte(-n) Sitz(-e) umstritten sind, die Partei(-en) zu bevorzugen, die bisher weniger Sitze hat/haben [um die Verzerrung durch d'Hondt abzuschwächen] (oder die Partei(-en), die bereits mehr Sitze hat/haben [um die Verzerrung durch d'Hondt zu verstärken]). Wenn keine dieser beiden systematischen Bevorzugungen gewünscht ist, wäre in meinen Augen ein echtes Los dem vordefinierten Pseudo-Zufall* vorzuziehen. Zur Ausführung der Lösungsstrategie: Um Rechenaufwand einzusparen, wäre es auch möglich, dass man d'Hondt ausführt und dann zur Lösung nur die Teiler der am Konflikt beteiligten Parteien betrachtet und für diese exorbitante, teilerfremde Zahlen wählt. Freundliche Grüße, Arno Nymus PS: *wenn ich es richtig sehe, bevorzugt Ihre Lösung zwar tendenziell kleinere Parteien, aber nicht in jedem Fall. |
Keith Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Freitag, 26. Juli 2013 - 22:30 Uhr: | |
Vielen Dank an Alle. Es ist toll, dass Sie mir geantwortet haben. |
Bobo Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Sonntag, 28. Juli 2013 - 21:22 Uhr: | |
@Arno Nymus: Ob so ein Verfahren erwünscht ist, hängt u.a. von der Art der Wahl oder Zuteilung ab. Wenn die Reihenfolge einer Zuteilung relevant wird, z.B. bei der Besetzung von Ausschussvorsitzen im Bundestag, und man ein Höchstzahlverfahren nehmen möchte, dann ist es schon wünschenswert, wenn dabei die Möglichkeit von Tiebreaksituationen minimiert oder stark reduziert werden kann, so dass man weitgehend ohne einen verfahrensfremden Tiebreaker auskommt. > [...] wenn ich es richtig sehe, bevorzugt Ihre Lösung zwar tendenziell > kleinere Parteien, aber nicht in jedem Fall. Das Verfahren - insgesamt betrachtet - bevorzugt tendenziell größere Parteien. Bzgl. des "eingebauten Tiebreakers" könnte es jedoch sein, dass kleine Parteien in Fällen, bei denen D'Hondt gleiche Höchstzahlen produzieren würde, eher zum Zuge kommen. Die Frage ist, ob eine kleine Partei evtl. mehr von diesem Verfahren profitieren könnte als etwa bei Sainte Laguë. Es ist nicht so selbstverständlich, dass das nicht der Fall ist, selbst wenn variable Rundungsgrenzen > 0.5 sind. Ein Beispiel: A und B seien zwei Parteien, wobei A 92 und B 75 Stimmen habe. Die Hausgröße sei 21 Sitze. Nach Sainte Laguë ergibt sich eine Sitzverteilung A:B = 12:9. Teilt man aber die Stimmenzahlen etwa durch 7,68, dann kommt für A 11,97916.... und für B 9,765625 heraus. Man muss nun nur noch entsprechend die Rundungsgrenzen > 0.5 zuweisen, so dass A nur 11 und B 10 Sitze bekommt. Aber es würde mich wundern, wenn so etwas auch bei meiner Lösung der Fall sein sollte. Zwar sind auch hier die Rundungsgrenzen variabel (man teile dazu die "exorbitanten" großen Teiler durch 10^18; die Zuteilung zum ursprünglichen Verfahren ändert sich dadurch nicht), aber die Unterschiede sind vergleichsweise marginal. > Um Rechenaufwand einzusparen, wäre es auch möglich, dass man d'Hondt > ausführt und dann zur Lösung nur die Teiler der am Konflikt > beteiligten Parteien betrachtet und für diese exorbitante, > teilerfremde Zahlen wählt. Das kann man machen, wenn Computer nicht erlaubt sind. Wenn man Computer einsetzen darf, dann ist der erhöhte Rechenaufwand unerheblich; die Ergebnisse sind in Null-Komma-Nix parat. Es gibt übrigens ganz andere Höchstzahlverfahren, die wesentlich komplexer sind, z.B. die Estnische Methode oder auch Hill-Huntington. MfG Bobo. |
Arno Nymus
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Montag, 29. Juli 2013 - 02:36 Uhr: | |
Bobo schrieb "Das Verfahren - insgesamt betrachtet - bevorzugt tendenziell größere Parteien. Meine Aussage bezog sich natürlich nur auf den Tiebreaker. Bobo schrieb "Teilt man aber die Stimmenzahlen etwa durch 7,68, dann kommt für A 11,97916.... und für B 9,765625 heraus. Man muss nun nur noch entsprechend die Rundungsgrenzen > 0.5 zuweisen, so dass A nur 11 und B 10 Sitze bekommt." 11,97916 würde aber bei den meisten Rundungsgrenzen > ,5 dennoch 12 ergeben und nicht 11; man müsste schon die Rundungsgrenze auf > ,97916 setzen, damit A nur 11 Sitze bekommt, gleichzeitig hätte B dann aber trotzdem nur 9 Sitze. Bobo schrieb "Es gibt übrigens ganz andere Höchstzahlverfahren, die wesentlich komplexer sind, z.B. die Estnische Methode oder auch Hill-Huntington." Was verstehen Sie dabei unter "komplexer"? Hill-Huntington erfordert pro Teiler nur eine Multiplikation und eine Wurzel (kleiner Zahlen); die Estnische Methode nur eine Potenz kleiner Zahlen (oder gegebenenfalls vorab die Potenzierung jeder Stimmzahl). Wenn Sie darlegen, wie man diesen geringen Aufwand bei der Bestimmung einer von n anderen Zahlen (in der Größenordnung 10^{18}) teilerfremden Zahl noch unterbieten kann, würde ich mir das mit Freude anschauen. Freundliche Grüße, Arno Nymus |
Bobo Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Montag, 29. Juli 2013 - 16:42 Uhr: | |
@Arno Nymus: Nun, mein Beispiel arbeitet natürlich mit entsprechenden variablen(!) Rundungsgrenzen (in verschiedenen Intervallen [n-1,n]). Ich schrieb: | Die Frage ist, ob eine kleine Partei evtl. mehr von diesem Verfahren | profitieren [also mein vorgestelltes Höchstzahlverfahren] könnte als | etwa bei Sainte Laguë. Es ist nicht so selbstverständlich, dass das | nicht der Fall ist, selbst wenn *variable* [Hervorhebung von mir] | Rundungsgrenzen > 0.5 sind. | | Ein Beispiel: A und B seien zwei Parteien, wobei A 92 und B 75 Stimmen | habe. Die Hausgröße sei 21 Sitze. Nach Sainte Laguë ergibt sich eine | Sitzverteilung A:B = 12:9. Teilt man aber die Stimmenzahlen etwa durch | 7,68, dann kommt für A 11,97916.... und für B 9,765625 heraus. Man muss | nun nur noch entsprechend die Rundungsgrenzen > 0.5 zuweisen, so dass A | nur 11 und B 10 Sitze bekommt. Das Beispiel bezieht sich also auf die obige Frage im Kontext variabler Rundungsgrenzen. Für das Intervall [11,12] wählen wir als Rundungsgrenze ,99 (es wird also ab 11,99 aufgerundet, sonst abgerundet) und für das Intervall [9,10] die Rundungsgrenze ,76. Dann bekommt A 11 und B 10 Sitze. Sie schrieben: > 11,97916 würde aber bei den meisten Rundungsgrenzen > ,5 dennoch 12 > ergeben und nicht 11; man müsste schon die Rundungsgrenze auf > ,97916 > setzen, damit A nur 11 Sitze bekommt, gleichzeitig hätte B dann aber > trotzdem nur 9 Sitze. Offenbar haben Sie obigen Kontext nicht verstanden und gehen von der falschen Voraussetzung nur konstanter Rundungsgrenzen aus. Ein Beispiel für ein Verfahren mit variablen Rundungsgrenzen ist z.B. Hill-Huntington. Zu meinem Verfahren: Auch hier hat man es mit variablen Rundungsgrenzen zu tun (wenn man es als Divisorverfahren betrachtet). Man sieht das vielleicht eher, wenn man alle großen Teiler durch 10^18 teilt. Die ersten 10 Teiler sind: 1,000000000000000000 1,999999999999999999 2,999999999999999999 3,999999999999999999 4,999999999999999999 5,999999999999999999 6,999999999999999997 7,999999999999999997 8,999999999999999999 9,999999999999999997 Weitere Teiler sind z.B. 14,999999999999999993 21,999999999999999983 191,999999999999999987 198,999999999999999979 591,999999999999999929 Man sieht, dass die Rundungsgrenzen variieren und alle > 0.5 sind, und es ist nicht per se klar (wie obiges Beispiel untermauert), dass eine kleinere Partei "in der Praxis" (das bedeutet, dass die Stimmenzahlen eine gewisse obere Schranke haben) nicht besser abschneiden kann als bei Sainte Laguë. MfG Bobo. |
Arno Nymus
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Dienstag, 30. Juli 2013 - 00:53 Uhr: | |
Bobo schrieb "Das Beispiel bezieht sich also auf die obige Frage im Kontext variabler Rundungsgrenzen. Für das Intervall [11,12] wählen wir als Rundungsgrenze ,99 (es wird also ab 11,99 aufgerundet, sonst abgerundet) und für das Intervall [9,10] die Rundungsgrenze ,76. Dann bekommt A 11 und B 10 Sitze." Ja, es lassen sich natürlich sehr pathologische Wahlverfahren erfinden, um merkwürdige Verzerrungen zu erzeugen. Wenn Sie zeigen möchten, dass Ihr Verfahren die Möglichkeit nicht aufweist, dass kleine Parteien besser weg kommen könnten als bei Sainte-Lague, lässt sich der Beweis über die Größe der Zahlen führen - natürlich in Abhängigkeit von der Sitzanzahl. Da Sie den "exorbitanten" Referenzwert 10^18 gewählt haben, ist das Verfahren für realistische Zahlen dagegen abgesichert. Aber wie schon geschrieben, war meine Aussage rein auf den Tiebreaker bezogen und somit natürlich als Vergleich zu d'Hondt. Den Vergleich zu Sainte-Lague finde ich an der Stelle insofern nicht sehr interessant. Möchten Sie sich zu der Frage nach der Komplexität auch noch äußern? Freundliche Grüße, Arno Nymus |
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