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Archiv bis 27. März 2009

Wahlrecht.de Forum » Wahlsysteme und Wahlverfahren » Wahl des Bundespräsidenten in Deutschland » Stimmengleichheit im dritten Wahlgang » Archiv bis 27. März 2009 « Zurück Weiter »

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Philipp Waelchli
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 24. März 2009 - 16:08 Uhr:   

Das ist nicht die Frage. Ein Patt ist ein Patt.
Um ein Patt zu entscheiden, gibt es verschiedene Methoden.

Ich lese im übrigen den Artikel ohnehin in einem andern Licht.

Es wäre nett, wenn sich einige hier, die immer alles "sonnenklar" sehen, mal mit der ganzen Argumentation auseinandersetzen würden. Ich habe schon lange ausführlich genug argumentiert, jetzt wäre es mal an den andern, ihre Argumente darzustellen.
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Cyrix
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 24. März 2009 - 17:57 Uhr:   

@Lars Tietjen: Wenn man das Los als zusätzliche Stimme interpretiert, für denjenigen, auf dessen Name es fällt, hat dieser dann damit eine (relative) Mehrheit an Stimmen.

Übrigens ist die Beschreibung "... die meisten Stimmen auf sich vereint ..." nicht zielführend, denn diese Forderung haben bei einem Patt alle daran beteiligten Personen erfüllt. Demzufolge gäbe es dann eben mehrere Bundespräsidenten (zur gleichen Zeit), denn alle diese Personen würden als gewählt gelten.

Cyrix
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Lars Tietjen
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 24. März 2009 - 18:56 Uhr:   

@Cyrix
Ein Los ist keine Stimme...

@Philipp
Doch das ist die Frage. Denn wenn man davon ausgeht, dass dies Bestimmung keine Auslosung erlaubt. Dann ergibt sich zwanglos, dass man den Interpretatonsspielraum an der anderen Stelle so nutzen muss, dass ein weiterer Wahlgang nötig ist.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 24. März 2009 - 19:04 Uhr:   

@Cyrix
"Wenn man das Los als zusätzliche Stimme interpretiert, für denjenigen, auf dessen Name es fällt, hat dieser dann damit eine (relative) Mehrheit an Stimmen."
Stimmen können nur von Mitgliedern der Bundesversammlung abgegeben werden. Das ist völlig eindeutig.

"Übrigens ist die Beschreibung "... die meisten Stimmen auf sich vereint ..." nicht zielführend, denn diese Forderung haben bei einem Patt alle daran beteiligten Personen erfüllt. Demzufolge gäbe es dann eben mehrere Bundespräsidenten (zur gleichen Zeit), denn alle diese Personen würden als gewählt gelten."
Daß es nur einen Bundespräsidenten geben kann, ist erstens eine Selbstverständlichkeit und zweitens ergibt sich das aus dem Wortlaut, der immer nur in der Einzahl vom Bundespräsidenten spricht. Gilt analog natürlich auch für den Bundeskanzler. Was das GG sagen will, dürfte klar sein.


@Philipp Wälchli
Es liegt KEINE Gesetzeslücke vor, die mit einem Losentscheid geschlossen werden könnte.

Denn erstens hat man sich ja 1949 bewußt gegen einen Losentscheid entschieden, zweitens spricht der Wortlaut dagegen, der aber drittens eine andere Möglichkeit zuläßt.

Völlig klar ist: Es muß eine (mindestens) relative Stimmenmehrheit geben.
Wenn sich keine relative Mehrheit ergibt, dann kann man sie nicht durch Losen erreichen, sondern ausschließlich durch einen weiteren Wahlgang.



PS: Agressive, sich im Kreise drehende Rechthaberei überlasse ich gerne anderen. Darum werde ich mich hier nicht mehr zu Wort melden.
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Cyrix
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 24. März 2009 - 20:32 Uhr:   

Mir ist übrigens klar, dass es nur einen BP geben soll. Dennoch haben bei einem Patt alle beteiligten Kandidaten "die meisten Stimmen", d.h. die größte Anzahl von Stimmen, die auf eine Person entfallen, erhalten.

Cyrix
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Gast
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 24. März 2009 - 20:49 Uhr:   

Die „größte Anzahl von Stimmen, die auf eine Person entfallen“ ja nun nicht. SCNR
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Philipp Waelchli
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 24. März 2009 - 22:37 Uhr:   

Ja, auch wenn sich nun ein Teilnehmer der "Sonnenklar-und-ich-weiss-es-immer-besser"-Fraktion vom Argumentieren verabschiedet hat (und wie üblich mal wieder "Nettigkeiten" gegen Personen schiessen muss), so beweisen die letzten Beiträge nur eines:

Es gibt durchaus verschiedene Ausdeutungen des "klaren" Wortlautes.
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Philipp Waelchli
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 24. März 2009 - 22:50 Uhr:   

Mal abgesehen von der persönlichen Polemik, die ein gewisser Poster wie leider früher schon so oft (insbesondere gegen mich) erheben musste, nur mal eine Bemerkung zur Klarstellung:

Im Grunde stehen sich zwei Positionen gegenüber:
Einerseits die Position "Is ja sonnenklar": Das GG schreibt zwingend beliebig viele weitere Wahlgänge vor, bis irgendwann doch noch wenigstens eine Stimme mehr für einen Kandidaten anfällt. ("Würfeln bis eine Sechs kommt.")
Anderseits die Position "auslegungsbedürftig": Dieser zufolge ist es fraglich, ob das GG so "sonnenklar" diese und genau diese Lösung festschreibe. Das bedeutet nun aber nicht, dass diese Position einen Losentscheid für notwendig erachte. Es ist ja eben gerade die Pointe dieser Position, dass es mehrere denkbare Möglichkeiten gebe. Ein Losentscheid lässt sich nur aus den gegenwärtigen einschlägigen Ausführungserlassen herauslesen unter der Voraussetzung, dass das Verfahren im GG gerade nicht abschliessend und "sonnenklar" geregelt sei. Das lässt aber grundsätzlich auch andere Lösungen zu, z. B. Stichentscheid des Präsidenten der Bundesversammlung, eine Regelung, nach der der Amtsinhaber vor dem Sprengkandidaten, der Ältere vor dem Jüngeren als gewählt gelte und anderes mehr.

Es ist deshalb a) ein Missverständnis und b) eine unzulässige Verkürzung dieser Position, Los gegen weitere Wahlgänge auszuspielen.

Die Kernfrage lautet also nicht Wahl gegen Los oder was auch immer, sondern nach wie vor: Legt der Wortlaut des GG eine bestimmte Lösung zwingend fest?
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Lars Tietjen
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 24. März 2009 - 23:13 Uhr:   

@Philipp

Ich habe im Gegensatz zu Thomas kein Problem mit der Diskussion.

Aber ich fände es wirklich gut, wenn Du mal darauf antwortest, ob aus Deiner Sicht die Formulierung "gewählt [ist] wer [...] die meisten Stimmen auf sich vereinigt." erlaubt, dass jemand Bundespräsident wird der nicht die meisten Stimmen bekommen hat und wenn ja weshalb?
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Cyrix
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 24. März 2009 - 23:18 Uhr:   

@Lars: Derjenige hätte doch die meisten Stimmen. Der Gegenkandidat zwar auch, aber der wird eben nicht gewählt...

Cyrix
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Norddeutscher
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Mittwoch, 25. März 2009 - 00:07 Uhr:   

@Cyrix

Nein beiden hätten eben nicht die meisten Stimmen. Die meisten Stimmen kann nämlich nur ein Kandidat haben. Ansonsten sind es nicht die Kandidaten mit "den meisten" Stimmen sondern die Kandidaten "mit der höchsten aber gleichen" Stimmenzahl. Das ist ein semantischer Unterschied.

Aber davon ab ist die Aussage in Artikel 54 Absatz 6 Satz doch an Klarheit nicht zu überbieten: "Wird diese Mehrheit in zwei Wahlgängen von keinem Bewerber erreicht, so ist gewählt, wer in einem weiteren Wahlgang die meisten Stimmen auf sich vereinigt." Das sagt doch ganz klar aus, wenn in einem der beiden ersten Wahlgänge kein Kandidat die absolute Mehrheit erhält, so ist der gewählt, der - irgendwann in einem weiteren Wahlgang - die relative Mahrheit erhält. Hätte nur ein weiterer Wahlgang zulässig sein sollen, so hätte dort stehen müssen "wer in einem dritten Wahlgang die meisten Stimmen erhält" außerdem hätte geregelt werden müssen, was passiert, wenn es in diesem dritten Wahlgang Stimmengleichheit gibt. Da beides nicht geschehen ist, ergibt sich nachgerade zwangsläufig die Auslegung, das nicht der nächste Wahlgang, sondern irgendein weiterer Wahlgang gemeint sein muss.
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Mitdenker
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 25. März 2009 - 08:32 Uhr:   

Norddeutscher,
kann man diesen Satz nicht auch anders betonen?

"Wird diese Mehrheit in zwei Wahlgängen von keinem Bewerber erreicht, so ist gewählt,
wer in einem weiteren Wahlgang die meisten Stimmen auf sich vereinigt."
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Philipp Waelchli
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Mittwoch, 25. März 2009 - 09:37 Uhr:   

Ja, lieber Mitdenker - genau auf diesen Punkt habe ich bereits früher hingewiesen, nur scheint das inzwischen vergessen gegangen zu sein.

Ich hatte damals darauf hingewiesen, dass man "in einem" sowohl als "in einem einzigen" als auch als "in einem beliebigen" lesen kann.

Wir können (ich weiss nicht mehr, wer darauf hingewiesen hat) auch die 3. Runde der Kanzlerwahl resp. -bestellung hinzuziehen: "... so findet unverzüglich ein weiterer Wahlgang statt, in dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält."

Diese Formulierung ist analog zu jener in Art. 54, und es drängt sich auf, in diesem Falle beide Formulierungen zunächst einmal identisch zu interpretieren. In Art. 63 GG ist es aber meines Erachtens wirklich klar, dass ein letzter, abschliessender Wahlgang gemeint sein soll. Oder sollte man auch hier annehmen, dass es weitere Wahlgänge geben solle?

Ich hatte auch schon darauf hingewiesen, dass man Art. 54 in Verbindung mit der gesamten Konzeption des Amtes so lesen kann, dass nach Möglichkeit kein Unterbruch im Amt eintreten solle.

Leider hat sich, soweit ich sehe, bisher niemand ausser mir mit solchen Hinweisen ernsthaft auseinandergesetzt.
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Cyrix
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Mittwoch, 25. März 2009 - 12:48 Uhr:   

@Norddeutscher: Die meisten Stimmen heißt das Maximum an Stimmen. Und wer sagt denn, dass die Person, die dieses Maximum an Stimmen auf sich vereinigt, eindeutig bestimmt ist? Dies wird hier zwar stillschweigend immer vorausgestzt, ist aber eben nicht notwendigerweise gegeben.

Cyrix
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Lars Tietjen
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 25. März 2009 - 20:47 Uhr:   

@Philipp
Du ja auch nicht mit unseren Argumenten und Fragen...

Wir haben im Satz zwei Vorgaben. Ein eigentlich letzter Dritter Wahlgang und die Vorgabe, dass der Kandidat die meisten Stimmen haben muss. Eine der beiden Bedingungen kann nicht erfüllt werden. Da muss man schauen was ist die sanftere Auslegung. Dazu kommt noch, dass wir bei der Bunespräsidentenwahl wissen, dass über eine Auslosung gesprochen wurde und die im Parlamentarischen Rat verwurfen wurde.

Daraus ergibt sich relativ zwanglos, dass ein weiterer Wahlgang (in beiden Fällen) die weniger kritische Maßnahme ist.
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J.A.L.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 25. März 2009 - 21:47 Uhr:   

@ Lars Tiejen:

Würdest du denn zustimmen, dass bei der Bundeskanzlerwahl in Art. 63 Abs. 4 GG nur von genau einem Wahlgang die Rede ist?

Ich finde das Argument, dass Art. 63 Abs. 4 und Art. 54 Abs. 6 gleich ausgelegt werden sollten, durchaus nicht leicht von der Hand zu weisen.
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Matze
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Donnerstag, 26. März 2009 - 01:54 Uhr:   

Ich drehe die Frage mal um und frage, welche der vorgeschlagenen Lösungen denn sinnvoll wäre? Wie sollte nach zwei erfolglosen Wahlgängen der BP unter Berücksichtigung unser demokratischen Gepflogenheiten bestimmt werden?

Der nächste Schritt wäre dann natürlich auf eine Änderung des GG hinzuwirken, die nur noch diese eine Auslegung zulässt.

Matze
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Lars Tietjen
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 26. März 2009 - 08:34 Uhr:   

@J.A.L.
Nein auch bei Art. 63 Abs. 4 sind dann weitere Wahlgänge möglich. Siehe dazu meine Ausführungen weiter oben. [20. März 2009 - 23:31 Uhr]

Nur dort kann ggf. der Bundespräsident den Bundetag dann auflösen...
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Philipp Waelchli
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Donnerstag, 26. März 2009 - 10:56 Uhr:   

Auch wenn wiederum behauptet wird, ich hätte mich nicht mit den Argumenten auseinandergesetzt, so wird dies nicht wahrer, indem man es wieder und wieder nachbetet.

Es geht im übrigen nicht um Auslosung. Das ist nur die geltende Rechtslage, wenn man anerkennt, dass das GG einer Auslegung bedarf. Alternativen habe ich bereits früher erwähnt.

Ich finde wichtiger, dass das GG verlangt, dass der Bewerber die meisten Stimmen auf sich vereint. "[...] wer in einem weiteren Wahlgang die meisten Stimmen auf sich vereint." (GG Art. 54, Abs. 6, Satz 2)
Deshalb finde ich eine Auslosung kaum denkbar.


Das sind super Argumente! (Wenn andere persönlich gegen mich werden, erlaube ich mir auch einen schärferen Ton.) Wir brauchen also gar kein Verfassungsgericht mehr - wir müssen bloss fragen, was ein TF meint - der weiss es ja. Oder wir müssen einfach fragen, was uns wichtiger erscheint.
Das ist nun vielleicht polemisch formuliert - aber der springende Punkt ist: Es sind von aussen an den Text des GG herangetragene Momente. Ich habe bereits mehrfach ausgeführt, dass und warum man das GG so lesen kann, dass nach Möglichkeit kein Unterbruch im Amt des BP eintreten soll - und da kann man dann sagen, es sei eben wichtiger, dass nach maximal 3 Wahlgängen Schluss sei.

Wenn also das Argument, es sei wichtiger, dass ein Bewerber eine numerische Mehrheit habe, etwas gelten soll, dann möchte ich dafür eine Begründung hören, die sich auf den Text des GG bezieht. "Mir scheint" ist keine solche Begründung.

Die Ermächtigung das nähere regelt ein Bundesgesetz reicht da m.E. nicht aus um auf eine Mehrheit zu verzichten.

Und warum nicht? Das GG wird in vielen Punkten durch Gesetz ausgeführt und nicht immer im Sinn, den es vielleicht ursprünglich einmal hatte. Die Klausel "... um auf eine Mehrheit zu verzichten" ist im übrigen schon das Ergebnis einer Folgerung, die eben erst noch zu beweisen wäre.

Dagegen kann man den weiteren Wahlgang tatsächlich unterschiedlich auslegen.

Ja, eben genau. Und da haben wir nun den Kern des Problems: Wir haben in zwei Bestimmungen des GG zwei auslegungsbedürftige Begriffe, nämlich "die meisten" und "ein weiterer". Wenn wir nun "die meisten" als "mindestens 1 mehr als jeder andere Kandidat" auslegen - dann stimmt natürlich, dass "beide Bedingungen" gleichzeitig nicht erfüllbar sind. Aber das ist wiederum eine Folgerung, die erst noch zu beweisen wäre.

Aber lassen wir dies beiseite und nehmen einfach einmal an, dass "die meisten" bedeutet "mindestens 1 mehr als jeder andere" und dass "ein weiterer" heisst "ein einziger". Dann haben wir einen unlösbaren Widerspruch, falls im dritten Wahlgang Stimmengleichheit auftritt. Denn beide Bedingungen gleichzeitig sind dann tatsächlich unerfüllbar.
Gleichwohl lässt sich auch dieser Fall (und immer vorausgesetzt, dass beide Begriffe genau das bedeuten, was ich eben postuliert habe) auflösen - nämlich indem eine Hierarchie der Normen gesetzt wird. Wir müssen dann entscheiden, welche der beiden Bedingungen hierarchisch vorgeht: Ist es die Beschränkung auf einen Wahlgang, dann müssen wir zu einem Tie-Break-Verfahren greifen. Ist es die andere Bedingung, dann müssten wir z. B. eine Stichwahl durchführen (die man ggf. als etwas sui generis, nicht als "Wahlgang" ansehen und so zumindest dem Begriffe nach mit der zweiten Bedingung in Einklang bringen könnte).

Es ist also nicht so, dass man im Falle eines "echten" Normkonfliktes keine Lösung finden könnte. Nur müsste man eine solche Hierarchie der Normen auch wieder mit Argumenten untermauern.
Doch nun stellt sich die Frage, ob es sich überhaupt um einen solchen Konflikt handelt. Denn - und darum dreht sich die ganze Debatte - was bedeuten die Begriffe wirklich?
Was den "einen weiteren" Wahlgang angeht, so habe ich von Anfang an zugegeben, dass man "ein" sowohl als "ein einziger" als auch "ein beliebiger" lesen kann. Eine Entscheidung ist nur aus dem Kontext möglich. Wir haben einen solchen Kontext in Art. 54 und Art. 63 GG. Was nun Art. 63 angeht, so ist eine ähnliche Situation in Art. 68 GG geregelt. Dort findet sich aber die Klausel, dass das Recht zur Auflösung des Bundestages erlischt, sobald der Bundestag mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Bundeskanzler wählt. Somit ist implizite auch gesagt, dass nach einem verpatzten Vertrauensvotum der Bundestag die Möglickeit hat, einen neuen Kanzler zu bestimmen. Das geht natürlich nur durch konstruktives Misstrauensvotum, weil das GG dazu kein anderes Mittel zur Verfügung stellt. Aber immerhin ist klar, dass der Bundestag nach einem verpatzten Vertrauensvotum nicht einfach abwarten muss, bis der Bundespräsident entschieden hat, sondern selbst aktiv werden kann, um einen neuen Kanzler zu bestimmen.
In Art. 63 GG findet sich ein solcher Hinweis nicht, sondern es ist ziemlich strikte gesagt, der BP müsse sich binnen 7 Tagen entscheiden.
Was die "Wahlgänge" angeht, so ist bei der Kanzlerbestellung zu unterscheiden: Der erste "Wahlgang" ist eigentlich nur eine Abstimmung über den Vorschlag des BP. Der zweite "Wahlgang" ist eine Phase von beliebig vielen Wahlakten, solange bis ein Kanzler die nötige Mehrheit (die im übrigen genau definiert ist) erreicht hat. Der 3. Wahlgang ist dann aber offenkundig als ein Wahlakt gedacht.
Warum ich das so ausführlich erzähle? Gewiss, alle hier werden ja wissen, wie sowas abläuft. Aber gerade der Artikel 63 GG ist, genau betrachtet, mit ziemlich vielen uneigentlichen Begriffen gefüllt, z. B. was die Begriffe "wählen" und "Wahlgang" angeht. Das zeigt eigentlich schon, dass es hier nötig ist, diese Begriffe auszulegen.

Was nun "die meisten" angeht, so ist allein schon rein sprachlich unklar, was "die meisten" sind. Denn "meist" ist eine Steigerungsform und bezieht sich auf Vergleiche, kann aber in gewissen Fällen auch absolut stehen. In alltäglichen Wendungen wie "meist" oder "meistens" steht der Begriff z. B. absolut und hat keine echte numerische Bedeutung. "Die Meisten" können sowohl die grösste Minderheit als auch fast alle sein. "Meistens" ist mehr oder weniger dasselbe wie "häufig, oft, in der Regel". "Mindestens 1 mehr als jeder andere" ist somit als Bedeutung gewiss möglich, aber nicht zwingend. Wie schon jemand anderes gesagt hat: Wenn A und B je 100 haben, C und D 50 und 30, dann kann man auch sagen, dass A und B "am meisten" haben, ohne der Sprache Gewalt anzutun.
Somit besteht auch hier wieder Auslegungsbedarf. Ich will nicht ausschliessen, dass "die meisten" "mindestens 1 mehr als jeder andere" heissen könne - aber wenn es die zutreffende Auslegung für den Begriff in den Artt. 54 und 63 GG sein soll, möchte ich dafür eine entsprechende Begründung hören.

Und noch ein Wort zur Literatur: Literatur ist schön und gut. Mich interessiert aber nicht die Zahl der Köpfe, sondern mich interessieren die Argumente. Ich bin trotz inzwischen schon einiger Abgebrühtheit immer wieder erstaunt, wie oft Fehler von den Vorgängern abgeschrieben werden. Insbesondere in der Rechtswissenschaft werden immer wieder Meinungen in der Lehre vertreten, die von der Judikatur nicht geteilt, ja bisweilen gerade gegensätzlich entschieden werden.

Damit schliesse ich von meiner Seite diese inzwischen unfruchtbar gewordene und durch persönliche Angriffe (vor allem gegen meine Person) vergiftete Diskussion ab. Denn ich meine, alle zu diskutierenden Ansätze breit genug dargelegt zu haben. Wenn die "Sonnenklar"-Vertreter keine wirklichen Argumente für bzw. gegen die verschiedenen möglichen Ansätze vorbringen, ist eine echte Diskussion ohnehin nicht möglich. Wenn Argumente vorgebracht werden, dann werde ich mich vielleicht wieder melden.
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J.A.L.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 27. März 2009 - 16:47 Uhr:   

@ Lars Tietjen:


Dass du dem Bundespräsidenten dann ein Auflösungsrecht zubilligst, ist dann aber doch inkonsequent.

Wenn ich dich richtig verstanden habe, betrachtest du ein Patt im Wahlgang nach Art. 64 Abs. 4 gewissermaßen als "neutrales Ergebnis".

Niemand hat "die meisten Stimmen" erhalten. Aber die Situation des Art.63 Abs.4 S.3 liegt auch nicht vor: Denn die ist ja gerade dadurch gekennzeichnet, dass der Bundespräsident die Wahl hat, entweder eine ganz bestimmte klar definierte Person zum Bundeskanzler zu ernennen oder in Kenntnis dieser Person es vorzuziehen, den Bundestag aufzulösen.
Bei einem Patt im letzten Wahlgang kann der Bundeskanzler aber niemanden ernennen, weil niemad die meisten Stimmen hat. Der Bundespräsident hat also kein definite Personenauswahl von seiten des Bundestages vorliegen, deren Ernennung er mit der Auflösung abwägen kann. Du würdest also dem Bundespräsident das Recht zugestehen, den Bundestag aufzulösen, obwohl dort der Kanzlerwahlprozess noch gar nicht abgeschlossen ist. Vielmehr könnten und müssten ja dann nach deiner Meinung noch weitere Kanzlerwahlgänge folgen.
Dann verstehe ich aber nicht, weshalb der Bundespräsident in das dann noch laufende Wahlverfahren eingreifen und es abbrechen dürfen soll.

Damit würdest du - und alle die diese Meinung vertreten - in meinen Augen dem Bundespräsidenten mehr Macht gewähren als es das Grundgesetzes entspricht.

Ich hoffe, ich konnte mich veständlich machen.

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