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Archiv bis 20. Oktober 2008

Wahlrecht.de Forum » Wahlsysteme und Wahlverfahren » Europawahl in Deutschland / Europawahlen in den EU-Mitgliedstaaten » Europäisches Wahlsystem » Archiv bis 20. Oktober 2008 « Zurück Weiter »

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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Montag, 24. Mai 2004 - 15:02 Uhr:   

@Martin:
Das klingt gut!
Die Problemlage in Zürich scheint exakt der zu entsprechen, die wir hier diskutieren.
Leider läßt der Artikel offen, wie genau denn nun die Zuteilung funktioniert. Damit läßt sich auch nicht beurteilen, ob man sich andere Nachteile einhandelt. Insbesondere könnten ja Überhangmandate möglich sein - dann wären wir wieder soweit wie vorher.
Grundsätzlich aber scheint die zweistufige Methode der richtige Ansatz zu sein.
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c07
Veröffentlicht am Montag, 24. Mai 2004 - 15:41 Uhr:   

Inzwischen gibt es einen ausführlicheren Artikel dazu (PDF, 290 KB). Hab ihn gerade erst entdeckt und selber noch nicht gelesen.

Jedenfalls setzt die Methode voraus, dass jede Partei in jedem Land eine Liste hat. Sonst ist das Problem u.U. nicht lösbar (z.B. wenn in Malta eben nur die fiktive Malteser Liste antritt). Müsste sich aber beheben lassen, wenn man nicht besetzbare Sitze ganz leer lässt oder auf die anderen Länder umverteilt (für Letzteres bräuchte man eine ausdrückliche Formel zur Berechnung der Sollsitzzahl).

Eigentlich halt ich nicht viel von der biproportionalen Methode, aber wenn man die eine Achse proportional und die andere gezielt verzerrt haben will, dann ist sie geeignet. Bloß der Name passt dann nicht mehr.

Für das EU-Parlament halt ich das nicht für optimal, aber es ist eine sinnvolle Kompromisslinie, wenn man auf die verzerrende Länderverteilung nicht ganz verzichten will.
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c07
Veröffentlicht am Montag, 24. Mai 2004 - 15:47 Uhr:   

Der konkrete Algorithmus dazu ist hier.
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Mörsberg
Veröffentlicht am Montag, 24. Mai 2004 - 16:23 Uhr:   

Die biproportionale Methode ist unter den Modellen, die ich skizziert habe, wahrscheinlich am ehesten mit der Variante 4 zu vergleichen. Nur werden die Stimmensummen für die Listen dann nicht mit einer einwohner-/wahlberchtigten-/wählerzahlabhängigen Konstanten multipliziert, sondern die Stimmenzahl pro Wähler unterschiedlich festgelegt, so dass am Ende auch wieder ein (verzerrendes) Verhältnis zur Bevölkerungszahl entsteht.
Vorteile: anschaulicher als z.B. krumme Faktoren, kleineren Länder wird die Möglichkeit einer überproportionelen Vertretung zugestanden, erlaubt Einbau einer Sperrklausel, ermöglicht Personalisierung und Panaschieren.
Nachteile: kein Einfluss unterschiedlicher Wahlbeteiligungen, im europäischen Maßstab voraussichtlich stärkere Verzerrung des Stimmenanteils der politischen Gruppen (im Vergleich zu Variante 2 oder 5).
Man müsste natürlich die großen EU-Staaten weiter unterteilen, aber das macht dann ja keine Probleme.

> Jedenfalls setzt die Methode voraus, dass jede Partei in jedem Land
> eine Liste hat. Sonst ist das Problem u.U. nicht lösbar
Das würde ich weniger scharf ausdrücken. Vor allem die mittelgroßen Gruppen könnten problemlos (wie jetzt etwa Grüne/Litauen oder ELDR/Österreich) auch einzelne Länder auslassen. Der Anreiz, genau das nicht zu tun, wäre aber bei einer EU-weiten Verrechnung groß genug, damit es seltener passierte. Was nicht passieren dürfte, wäre ein übermäßiger Stimmanteil von nicht in den EU-weit agierenden Gruppen organisierten Parteien in kleinen Staaten. Das wiederum wäre aber auch nicht als wünschenswert einzustufen.

Die Verzerrung zwischen den einzelnen Wahlkreisen (= Staaten) wäre in der EU jedenfalls größer als in dem Schweizer Beispiel. Deswegen hinkt der Vergleich ein bissle.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Montag, 24. Mai 2004 - 16:38 Uhr:   

@c07:
Danke für den Link.
Das scheint nach erstem Überfliegen exakt die Methode zu sein, die mir oben so vorschwebte.
Und die Nachteile sind offenbar auch nur die, die zu erwarten sind und die unvermeidlich sind: Die Stimmergebnisse in den einzelnen Ländern lassen sich eben nicht direkt in Mandate umrechnen, und da können dann Effekte auftreten (eine "schwächere" Partei bekommt in einem Land mehr Mandate als eine dort "stärkere"), die sich nur durch Rückgriff aufs Gesamtwahlergebnis erklären lassen.

> Jedenfalls setzt die Methode voraus, dass jede Partei in jedem Land
> eine Liste hat.
Im Prinzip ja, sonst müssen in der Tat Mandate leer bleiben oder auf andere Länder umverteilt werden.
Ich würde ersteres bevorzugen und ansonsten darauf vertrauen, daß das in der Praxis nicht vorkommt.

> Eigentlich halt ich nicht viel von der biproportionalen Methode,
> aber wenn man die eine Achse proportional und die andere gezielt
> verzerrt haben will, dann ist sie geeignet.
Wobei ich hoffe, daß das auch noch funktioniert, wenn wie in Europa die Verzerrungen aus politischen Gründen größer sind als die reinen durch Rundung bedingten bei den Zürcher Kantonen.
Damit ist aber zu rechnen: Die festgelegte Zahl der Mandate richtet sich ja nach den Einwohner- oder Wahlberechtigtenzahlen - durch unterschiedlich hohe Wahlbeteiligung können die echten Wählerzahlen ganz andere sein, und diese Verzerrungen wird die Zürcher Methode wohl aushalten.

> Für das EU-Parlament halt ich das nicht für optimal, aber es ist
> eine sinnvolle Kompromisslinie, wenn man auf die verzerrende
> Länderverteilung nicht ganz verzichten will.
Wie oben gesagt: Ich halte die Verzerrungen für geeignet, weil man damit die kleineren Länder besser vertreten hat, ohne daß Abstriche am allgemeinen Demokratieprinzip gemacht werden müssen.
Man gleicht damit die strukturellen Vorteile aus, die die größeren Länder mit ihren großen Kontingenten in einem ansonsten sehr bunt gemischten Parlament haben.
Bei so einem Wahlrecht könnte man m. E. das EU-Parlament auch ohne seperate Länderkammer oder Ministerrat als wesentliche Beschlußkammer nehmen.
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Montag, 24. Mai 2004 - 23:14 Uhr:   

Ob die Neue Züricher Zuteilungmethode optimal ist, hängt von den gewünschten Rahmenbedingungen ab, und das sind doch einige der hier diskutierten. Die Verzerrung durch das Festlegen der Sitz je Land wird von der Methode berücksichtigt und in ihrem Sinne optimal umgesetzt.

@Mörsberg
Verzerrte Stimmen gibt es hier ja gerade nicht. Die Stimmenzahl pro Wähler ist überall gleich und die Sitze werden im gesamten Wahlgebiet proportional auf die Parteien verteilt. Merkwürdige Effekte gibt es erst bei der Unterverteilung.
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Mörsberg
Veröffentlicht am Dienstag, 25. Mai 2004 - 17:10 Uhr:   

> Merkwürdige Effekte gibt es erst bei der Unterverteilung.
Nur wenn die (Ideal-)Zahl der Sitze (also der zweite Divisor) eben nicht angenährt proportional zur Zahl der Einwohner/Wahlberechtigten ist oder die Wahlbeteiligung regional stark unterschiedlich ist. In Europa läge genau das vor.
Um die Effekte einschätzen zu können, müsste man es eben mal durchrechnen. Das gibts morgen. Ich nehm die aktuelle Sitzverteilung, bau aber eine 1/732-Sperrklausel ein, weil das sonst zu mühsam ist, die Ergebnisse sämtlicher nationaler Krümelparteien herauszusuchen.
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c07
Veröffentlicht am Dienstag, 25. Mai 2004 - 17:57 Uhr:   

Merkwürdige Effekte kann es auch schon dann geben, wenn die Sitze proportional sind. Insbesondere können Parteien und Wahlkreise, die häufig Anspruch auf ungefähr einen halben Sitz haben, die Ordnung ziemlich erstören.

Übrigens bin ich auch dabei, das für das letzte EU-Parlament auszurechnen. Mein Plan ist, die kompletten Wahlergebnisse zu sammeln, aber nur die Listen mit Sitzen gemäß ihren ursprünglichen Fraktionen zu berücksichtigen. Wenn sich wer mit den Kleinparteien auskennt, könnte man dann immer noch das sonstige größere Kleinzeug hypothetisch zuordnen.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Dienstag, 25. Mai 2004 - 22:51 Uhr:   

Proporz im ganzen Wahlgebiet und feste Sitzzahlen für Wahlkreise gehen nur dann zusammen, wenn überall die gleichen Parteien (zumindest die, die Chancen auf Mandate haben) antreten. Sonst gibt es Chaos. Das ist bei der Europawahl besonders wahrscheinlich, da Wahlverhalten, Parteinsystem und Wahlbeteiligung krass voneinander abweichen. Zudem kommt dann innerhalb der Länder u.U. eine ziemlich unsinnige Sitzverteilung raus, selbst wenn die Sitzverteilung reibungslos klappt.
Ein europaweiter Verhältnisausgleich ist auch politisch nicht sinnvoll, da es eben keine europäischen Parteien gibt, sondern nur lose Zusammenschlüsse. Es ist wohl kaum vermittelbar, daß eine CDU-Stimme in Deutschland möglicherweise Forza Italia zugute kommt, oder einen Grünen-Stimme den baskischen Separatisten.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Mittwoch, 26. Mai 2004 - 11:01 Uhr:   

@Thomas:
> Proporz im ganzen Wahlgebiet und feste Sitzzahlen für Wahlkreise
> gehen nur dann zusammen, wenn überall die gleichen Parteien
> (zumindest die, die Chancen auf Mandate haben) antreten.
Im wesentlichen schon.
Aber es können schon in diversen Ländern mal die eine, mal die andere Partei fehlen - das schadet nichts.
Das derzeitige Spektrum der Parteienfamilien ist da völlig ausreichend.

> Zudem kommt dann innerhalb der Länder u.U. eine ziemlich unsinnige
> Sitzverteilung raus, selbst wenn die Sitzverteilung reibungslos
> klappt.
Es wird Auffälligkeiten geben (insbesondere, daß lokal schwächere Parteien wegen ihrer Eu-weiten Gesamtstärke mehr Mandate bekommen als lokale Konkurrenten mit mehr Stimmen dort - und umgekehrt).
Aber "unsinnig" wäre das nicht.

> Ein europaweiter Verhältnisausgleich ist auch politisch nicht
> sinnvoll, da es eben keine europäischen Parteien gibt, sondern nur
> lose Zusammenschlüsse.
Es gibt sie bisher nicht, weil das Wahlsystem das nicht vorsieht bzw. nötig macht.
Aber der Trend zu einem europäischen Parteiensystem ist deutlich da, hat über die Jahre hinweg zu deutlichen Annäherungen geführt und bei Einführung eines einheitlichen Wahlsystems würden die Parteien m. E. auch organisatorisch entsprechend nachziehen.

> Es ist wohl kaum vermittelbar, daß eine CDU-Stimme in Deutschland
> möglicherweise Forza Italia zugute kommt, oder einen Grünen-Stimme
> den baskischen Separatisten.
Was soll daran nicht vorstellbar sein?
Wenn die betreffenenden Parteien sich gegenseitig als gleichwertige Partner ansehen, dann wäre das ok.

Wobei ich vermute, daß bei einem neuen Wahlrecht einige der bisherigen Zweckallianzen wegfallen würden.
Um beim Beispiel zu bleiben: Ich vermute mal, daß die baskischen Seperatisten nur aus technischen Gründen in der Grünen-Fraktion sind, weil sie es eben ins Parlament geschafft haben (würde künftig vielleicht nicht mehr klappen) und umgekehrt es keine spanischen Grünen im EP gibt.

Es wird aber wohl politische Gruppen in Spanien geben, die durchaus inhaltlich den deutschen Grünen vergleichbar sind, die aber bisher mangels Erfolgsaussichten nicht mit einer Landesliste zur EP-Wahl angetreten sind.
Bei einem einheitlichen Wahlrecht aber könnten und würden sie antreten und als Teil der europäischen Gesamtgrünen wohl auch ins Parlament kommen, selbst wenn ihr spanisches Ergebnis schwach wäre.

Ähnliches gilt für viele andere Fälle (wir hatten schon mal das Beispiel mit dem Liberalen Forum in Österreich).

Das europäische Wahlrecht würde also sehr stark zu genau dem europaweiten Parteiensystem beitragen, das Du noch vermißt.
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Mittwoch, 26. Mai 2004 - 12:40 Uhr:   

Wenn eine Partei in einigen Ländern nicht antritt – oder Null Stimmen erhält- kann das mathematische Verteilungssystem nichtlösbar sein. Wegen der Benachteiligung großer Länder (und damit derer Parteien) besteht dort ein Interesse, sich nicht mit anderen Europäischen Parteien zusammenzuschließen, was letztlich das hiervorgestellte System konterkarieren könnte.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Mittwoch, 26. Mai 2004 - 14:02 Uhr:   

@Martin:
> Wenn eine Partei in einigen Ländern nicht antritt – oder Null
> Stimmen erhält- kann das mathematische Verteilungssystem
> nichtlösbar sein.
Das müssen aber ganz extreme Fälle sein.
Wenn eine Partei in einem großen Land antritt und dort alle Stimmen holt, hätte sie Anspruch auf mehr Mandate, als in diesem Land zu holen sind. Und wenn sie außerdem in keinem anderen Land antritt, könnte sie diesen Mehranspruch nicht einlösen.

Da würde ich mal sagen, daß die Sitze halt nicht besetzt werden (wie in einem Fall, wenn die Liste nicht lang genug ist für das Wahlergebnis).

In der Praxis dürfte das keine Rolle spielen.

> Wegen der Benachteiligung großer Länder (und damit derer Parteien)
> besteht dort ein Interesse, sich nicht mit anderen Europäischen
> Parteien zusammenzuschließen, was letztlich das hiervorgestellte
> System konterkarieren könnte.
Wenn die Verzerrungen bei den Ländermandaten zu groß werden, könnte diese Versuchung entstehen. Noch ein Grund mehr, dies nicht zu übertreiben.
Bei der aktuellen Verteilung dürfte der Effekt aber nur wenige Mandate betreffen - und es wäre ziemlich fraglich, ob eine Partei dafür einen wohl doch recht deutlichen Einflußverlust in ihrer Parteienfamilie in Kauf nimmt.
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Mörsberg
Veröffentlicht am Mittwoch, 26. Mai 2004 - 15:09 Uhr:   

> Übrigens bin ich auch dabei, das für das letzte EU-Parlament
> auszurechnen. Mein Plan ist, die kompletten Wahlergebnisse zu
> sammeln, aber nur die Listen mit Sitzen gemäß ihren ursprünglichen
> Fraktionen zu berücksichtigen. Wenn sich wer mit den Kleinparteien
> auskennt, könnte man dann immer noch das sonstige größere Kleinzeug
> hypothetisch zuordnen.
Also gut, die unklaren Kleinparteien bitte einfach hier posten, wir können dann ja gemeinsam sehen, was wir zugeordnet bekommen.
Im Grunde würde es ja fast ausreichen, die Oberverteilung vollständig proportional durchzuführen und die Unterverteilung mit Länderfaktoren zu verzerren. Dann kommt das mit der Sitzzahl je Land aber nicht immer genau hin - bei den großen Ländern wäre dann eine Abweichung von bis zu vier Sitzen gegeben, bei den Kleinen allenfalls von einem oder - bei Rundungsglück bzw. -pech - zweien. So könnte man sich die Probleme mit Listen, die nicht überall antreten, ersparen.

Weil es offenbar Not tut, zur allgemeinen Aufklärung zur Situation in Spanien:
Tatsächlich haben den Grünen 1999 mit einer eigenen Liste wenige Stimmen an einem Sitz gefehlt, d'Hondt sei Dank. Bei der nun anstehenden Wahl ist ein kastilischer Grüner auf Platz 20 der PSOE-Liste (sicher ab 36,4%), ein katalanischer Grüner auf Platz 2 einer gemeinsamen Liste mit der IU (sicher ab 3,7%). Gegenwärtig gehören aus Spanien nur Vertreter verschiedener Regionalparteien zur Fraktion GRÜNE-EFA, andere spanische Regionalparteien sind wiederum in den Fraktionen von EVP und ELDR vertreten. Der EFA-Teil der Fraktion GRÜNE-EFA besitzt sogar so eine Art europäischen Dachverband, der über sich selbst hier informiert.
Im baskischen Sprachgebiet ist zwischen drei regional operierenen politischen Strömungen zu unterscheiden: Die Mitte/Links-Partei EA ist in der EFA organisiert. Die konservative PNV gehört zur GRÜNE-EFA-Fraktion, hat in der EFA aber nur Gaststatus. Der Vertreter des politischen ETA-Arms, der 1999 als EH (Euskal Herritarok) angetreten war, ist fraktionslos. Ein bisschen differenzieren sollte man eben. Wer in Spanien bei der Europawahl eine Regionalpartei unterstützen möchte, muss eine von drei gemischten Listen wählen und weiß dabei nicht so richtig, welche Fraktion er damit verstärkt. Möglich sind eben die drei oben genannten. Wie sich indes die Parteien in Spanien (und auch der Rest der EFA) bei einer Europawahl mit länderübergreifendem Ausgleich verhalten würden, kann man nicht genau vorhersagen. Ohne Sperrklausel und bei Anwendung neutraler Auszählmethoden wären gemeinsame Listen mit den Grünen ja nicht nötig.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Mittwoch, 26. Mai 2004 - 16:00 Uhr:   

Mörsbergs Ausführungen sind doch eigentlich ein guter Beleg dafür, daß man gar nicht erst versuchen sollte, das alte Wahlergebnis mit dem neuen Verfahren auf Sitze umzurechnen.
Denn das alte Wahlergebnis ist deswegen gerade so entstanden, weil eben das alte Wahlverfahren galt und die Parteien und Wähler entsprechend abgestimmt haben.
Bei diesem ganzen nur vom Wahlverfahren erzwungenen Gewurschtel von Listenverbindungen und Kandidaten auf fremden Listen läßt sich der "eigentliche" Wählerwille doch gar nicht so genau feststellen.

Wenn man sich Ergebnisse der Art "mit dem neuen Wahlrecht wäre Partei X auf Kosten von Y stärker" erhofft, dann lügt man sich in die Tasche.
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Mörsberg
Veröffentlicht am Mittwoch, 26. Mai 2004 - 21:27 Uhr:   

Also: Verfahren im Simulationstest, Teil 1 - Berechnung auf Grundlage der jeweils letzten nationalen Parlamentswahl, UK und FR letzte Europawahl, IE das für die einzelnen Parteien höhere Ergebnis von beiden. Wahlergebnisse in Prozent zumeinst von electionworld.org geholt, dann mit der Annahme einheitlicher Wahlbeteiligung in hypothetische Stimmen umgerechnet. Ein paar kleine Schummeleien, die am Gesamtergebnis nichts Entscheidendes ändern, Sperrklausel 1/732 (eine volle Hare-Quote).

Ergibt folgende Oberverteilung nach Sainte-Laguë:
EVP 242
SPE 234
ELDR 73
GRÜNE-EFA 46
VEL 40
UEN 37
EDD 15
sonstige insgesamt 45 (verteilt auf 14 Parteien)

Die Unterverteilung erfolgt dann nach der biproportionalen Methode, die Ländersitze entsprechen dem Status quo von Deutschland/99 bis Malta/5. Das Programm braucht man übrigens selbst bei 7 Parteien und 25 Ländern nicht unbedingt, mit iterativem Vorgehen von Hand kommt man auch in einer akzeptablen Zeit zum Ziel. Von Interesse sind nun die Fälle, in denen die Reihenfolge der Stimmenzahlen nicht der Reihenfolge der Sitze entspricht. Der weitaus häufigere Fall ist dabei die Vertauschung der innerparteilichen Rangfolge. Das kommt ziemlich oft vor, ist aber aufgrund der disproportionalen Sitzaufteilung zwischen den Ländern als gewollt zu betrachten. Bei uneinheitlicher Wahlbeteiligung wären diese Effekte noch viel größer. Der umgekehrte Fall liegt vor, wenn eine Partei in einem Land mehr Sitze als eine andere erhält, obwohl sie nicht mehr Stimmen erhalten hat. Das kommt genau sechs Mal vor, nämlich (mandatsstärkere Parte jeweils zuerst genannt):
Deutschland - SPE/EVP
Frankreich - SPE/EVP
Italien - SPE/ELDR
Zypern - EVP/VEL
Österreich - GRÜNE-EFA/FPÖ(FL)
UK - GRÜNE-EFA/ELDR.
Das ist nicht gerade viel. In den beiden Fällen, wo kleinere Länder betroffen sind, liegen die Stimmenzahlen auch nicht weit auseinander.

Zur weiteren Beschreibung der Verzerrung noch ein Blick auf das relative Verhältnis möglicher Divisoren:
1. Parteidivisoren für niedrigster Wert = 100: EDD 100; GRÜNE-EFA 114,3; SPE 122,4; EVP 127,4; UEN 129,6; VEL 139,3; ELDR 143,5.
2. Länderdivisoren für niedrigster Wert = 100: LU 100; MT 100; CY 123; EE 269; SI 308; LV 308; LT 346; IE 350; SK 385; FI 446; BE 462; DK 500; CS 500; PT 512; AT 546; EL 557; HU 562; SE 615; NL 789; ES 946; IT 962; UK 973; PL 1000; FR 1000; DE 1088.

Mein Hauptvorwurf bleibt weiter, dass Unterschiede in der Wahlbeteiligung nur durch die Oberverteilung abgebildet werden. Außerdem ist das Heraussuchen der geeigneten Divisoren eben nicht gerade anschaulich und wenn die Leute was nicht blicken, sagen sie gerne erstmal nein. Bei c07s Europawahlsimulation spielt ja vermutlich auch die Wahlbeteiligung eine Rolle (aber dann bitte den Effekt der Wahlpflicht berücksichtigen!), vielleicht siehts dann nicht mehr so gut aus.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Donnerstag, 27. Mai 2004 - 11:23 Uhr:   

@Mörsberg:
> Berechnung auf Grundlage der jeweils letzten nationalen
> Parlamentswahl, UK und FR letzte Europawahl, IE das für die
> einzelnen Parteien höhere Ergebnis von beiden.
Nicht daß ich diese merkwürdige Mischung verstehen würde ...
Ist aber angesichts der Schwankungen von Wahl zu Wahl ok, Hauptsache die Größenverhältnisse sind halbwegs plausibel.

> Das kommt genau sechs Mal vor, ...
In der Tat sehr wenig und gut verkraftbar.

> Mein Hauptvorwurf bleibt weiter, dass Unterschiede in der
> Wahlbeteiligung nur durch die Oberverteilung abgebildet werden.
Wo ist das Problem? Möchtest Du, daß Länder mit niedriger Wahlbeteiligung weniger Mandate bekommen?
Kann man ja drüber reden, ist aber m. W. eine unübliche Sache.

> Außerdem ist das Heraussuchen der geeigneten Divisoren eben nicht
> gerade anschaulich ...
Das machen die Wahlämter, die normalen Wähler belasten sich nicht mit solchen Details.
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Mörsberg
Veröffentlicht am Donnerstag, 27. Mai 2004 - 12:43 Uhr:   

> > Berechnung auf Grundlage der jeweils letzten nationalen
> > Parlamentswahl, UK und FR letzte Europawahl, IE das für die
> > einzelnen Parteien höhere Ergebnis von beiden.
> Nicht daß ich diese merkwürdige Mischung verstehen würde ...
In UK und FR sind die nationalen Wahlergebnisse wegen der Mehrheitswahlsysteme eindeutig die schlechteren Anhaltspunkte. In IE betrifft die merkwürdige Methode in erster Linie Progressive Democrats, Grüne und Unabhängige. Das halte ich deswegen für zulässig, weil die PD- und grün-nahen Wähler anscheinend am ehesten zu Independants neigen, weil oft keine Parteikandidaten im Wahlkreis antreten.
> Möchtest Du, daß Länder mit niedriger Wahlbeteiligung weniger
> Mandate bekommen?
Radio-Eriwan-Antwort: Im Prinzip ja. Ich sehe natürlich die Schwierigkeiten, dass hier unterschiedliedlich gewachsene politische Kulturen 1:1 miteinander verglichen werden. Einen zusätzlichen Anreiz zu einer höheren Beteiligung sollte man sich aber nicht einfach so entgehen lassen.

Nicht unerheblich ist übrigens die Frage, wie stark sich einzelne Verschiebungen auf die gesamte Matrix auswirken können. Zwei Beispiele:
1. Einmal habe ich GRÜNE und EFA getrennt. Ergebnis: GRÜNE 37, EFA 9, beide erhalten denselben Parteidivisor. Änderungen bei den andern keine.
2. Also musste ein stärkerer Einschnitt her. Angenommen wird, dass Fianna Fáil kurz vor der Wahl bei der UEN rausfliegen, weil sie den anderen Parteien nicht rechts genug sind und daher einzeln antreten müssen.
Neue Oberverteilung: UEN 34 (-3), sonstige 48 (+3 FF)
Änderungen in der Unterverteilung, aufgelistet nach Ländern:
GR: SPE -1, VEL +1
FR: VEL -1, UEN +1
IE: EVP +2, GRÜNE-EFA +1, UEN -6, sonstige +3
IT: EVP -1, UEN +1
CY: EVP -1, SPE +1
NL: SPE +1, GRÜNE-EFA -1
PL: SPE -1, UEN +1
Größere Länder, in denen viele Fraktionen vertreten sind, wie Frankreich, Italien oder die Niederlande, werden in solchen Fällen fast immer an den Umverteilungen beteiligt sein. Erstaunlich, dass sich in Deutschland nichts täte.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Donnerstag, 27. Mai 2004 - 14:14 Uhr:   

@Mörsberg:
> Einen zusätzlichen Anreiz zu einer höheren Beteiligung sollte man
> sich aber nicht einfach so entgehen lassen.
Ist eine Überlegung wert.
Wobei ich hohe Wahlbeteiligungen nicht per se für besser oder demokratischer halte.
Aber es wäre naheliegend, daß Regionen mit mehr aktiven Wählern auch mehr Abgeordnete bekommen.

Aber mal abgesehen davon, daß so ein Bonus-System bisher überhaupt nicht üblich ist: Da wir hier schon zwei wesentliche Prinzipien (Regionalproporz und Parteienverhältnisse) mit einem Wahlsystem bedienen wollen, wäre die Hinzufügung dieses zusätzlichen Elements vielleicht übertrieben.
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C.-J. Dickow
Veröffentlicht am Donnerstag, 27. Mai 2004 - 15:44 Uhr:   

@ Ralf Arnemann
"Wo ist das Problem? Möchtest Du, daß Länder mit niedriger Wahlbeteiligung weniger Mandate bekommen?
Kann man ja drüber reden, ist aber m. W. eine unübliche Sache."

So unüblich ist das nicht. Schau Dir mal das Bundestagswahlrecht an. Wäre in Hamburg zB die Wahlbeteiligung um 10 Prozentpunkte niedriger gewesen (und hätten sich diese ca. 120.000 weniger Stimmen anteilig nach dem tatsächlichen Wahlergebnis auf die Parteien verteilt), so wäre Hamburg nur mit 11 statt 13 Abgeordneten vertreten gewesen, weil die Hamburger CDU und Grünen dann in der jeweiligen Partei einen Sitz weniger erhalten hätten (der wäre dann in einem anderen Bundesland gelandet). Die Grünen hätten dann im Übrigen eine andere Fraktionsvorsitzende, weil Krista Sager nicht in den Bundestag eingezogen wäre.
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Fredel
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Montag, 20. Oktober 2008 - 20:58 Uhr:   

Bald ist sie ja wieder, die EP-Wahl.... geändert hat sich seitdem nix am Wahlsystem, oder?

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