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5%-Hürde - Sinn und Unsinn?

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Philipp Wälchli
Veröffentlicht am Samstag, 24. August 2002 - 00:43 Uhr:   

Immer wieder ist von der 5%-Hürde auf diesen Seiten zu lesen. Angeblich soll sie eine übermässige Zersplitterung unter den Parteien verhindern und gegen extreme Parteien wirken.
Es fragt sich allerdings, ob diese Wirkungen in der Praxis auch eintreten.
Es ist klar, dass die Ausgestaltung des Wahlsystems die Möglichkeiten der Parteibildung einschränken kann. In einem System mit relativer Mehrheitswahl in Einzlwahlkreisen wie in England haben kleinere Parteien kaum Erfolgsaussichten - jedenfalls aufs Ganze gerechnet. Zugleich aber ist es möglich, dass einzelne Wahlkreise an Kandidaten aus einer Richtung fallen, die sonst nirgends stark ist. Sobald sich irgendwo Hochburgen bilden, die mit einzelnen Wahlkreisen stark korrelieren, haben solche Gruppierungen einzelne Sitze auf sicher.
Ein solches Wahlsystem erschwert gewiss auch die Chancen neugegründeter Parteien. Indessen hat sich inzwischen in England trotzdem ein System mit drei Parteien statt der traditionellen zwei etabliert, und in Teilen wie Schottland haben auch nationalistische Parteien plötzlich gute Chancen.
Es ist klar, dass auch die 5%-Hürde es neu gegründeten Parteien schwer macht. Oft werden Parteien, die mit vielen Hoffnungen antreten, aber die Hürde verpassen, sich wegen des Misserfolgs schnell wieder auflösen. Die Grünen haben es trotzdem geschafft, und die FDP ist trotz ihres langen "Wellenrittes" nicht untergegangen. Ja, auch ein Phänomen wie die Schill-Partei kann mit der 5%-Hürde nicht verhindert werden - wenn eine Liste mit einzelnen hervorstechenden Personen antritt und für grössere Wählergruppen attraktive Werbung betreibt, so kann sie durchaus auch beim ersten Antreten schon mehr als 5% gewinnen.
Auch der Vormarsch der NSDAP hätte durch eine 5%-Hürde kaum verhindert werden können: 1923 schien sie zerschlagen zu sein, doch 1932, bloss 9 Jahre später, war sie bereits die stärkste Partei.
Von daher meine ich, dass die 5%-Hürde keine Garantie gegen extreme Parteien gleich welcher Richtung bietet.
In der Tat bietet sie eine gewisse Garantie gegen Parteienzersplitterung, denn rein rechnerisch zeigt sich, dass maximal 20 Parteien mit ihr Wahlerfolg haben können (wenn alle genau 5% erreichen!), in der Praxis werden es naheliegenderweise weniger sein - doch 10 oder 15 Parteien können bereits zuviel sein. Um die Zahl der Parteien garantiert unter 10 zu halten, müsste die Hürde mindestens 10% betragen (womit rein rechnerisch maximal 10 vertreten sein könnten).
Umgekehrt stellt sich die Frage, ob diese Hürde nicht ihrerseits zur Destabilsierung der Politik beiträgt. Wie stabilisierend wirkt es, wenn Parteien wie die Grünen oder die FDP einmal in einem Landtag vertreten sind, dann einmal beide nicht, dann vielleicht eine von ihnen, dann wieder beide nicht, dann doch wieder beide usw.?

Die Zahl der Parteien braucht zudem nicht unbedingt massgebend zu sein, und sie hängt von weiteren Faktoren ab.
In den USA, wo ein ausgeprägtes Zweiparteien-System besteht, das vor allem auch durch das Wahlrecht bedingt ist, entstehen zwar kaum neue Parteien, und jene, die es neben den beiden grossen noch gibt, dümpeln mit wenig Erfolg nebenher. Doch die beiden grossen Parteien sind in sich selbst je breit gefächert, und es kommt somit immer auch darauf an, welcher internen Richtung die Gewählten jeweils angehören. Die Parteien sind in sich somit pluralistischer als bei uns.
Die Zahl der Parteien, deren Aufsplitterung und die Stabilität der Parteienlandschaft ist zudem von weiteren Faktoren als vom Wahlrecht abhängig. Ich möchte als Beispiele Israel und die Schweiz anführen:
Israel ist das "ideale" Beispiel, wie das Wahlrecht kleine Parteien und Parteienzersplitterung fördern könnte. Denn die 120 Sitze der Knesset werden so vergeben, dass weniger als 1% der Stimmen genügt, einen Sitz zu erzielen.
Indessen gibt es dennoch zwei deutlich grössere Parteien als alle andern (Likud und Arbeitspartei), als dritte relativ grosse Partei kommt Meretz hinzu. Die weiteren kleinen und kleinsten Parteien werden aber nicht nur durch das Wahlrecht gefördert, sondern zugleich zeigt sich auch, dass z. B. staatliche Förderung, Einfluss auf die Mittelverteilung zu Gunsten der Wählerbasis und schliesslich besonders wichtig die solide Verankerung der Parteien in jeweiligen Kern-Wählergruppen einen massgeblichen Einfluss ausüben. Man wählt also nicht deshalb z. B. Schaas, weil man das beim geltenden Wahlrecht ohne Verlust der eigenen Stimme tun kann, sondern deswegen, weil man mit Schaas verbunden ist und weil Schaas dafür sorgen kann, dass z. B. Geld für eigene Schulen gegeben wird.
Die Schweiz bietet wahlrechtlich das gegenteilige Bild:
Es gibt keinerlei staatliche Förderung oder Unterstützung der Parteien. Wahlerfolg einer Partei lässt sich auch nicht unmittelbar in Geldflüsse zu Gunsten der jeweiligen Wählerbasis umsetzen. Das Referendumsrecht des Volkes garantiert zudem, dass sektorielle Anliegen einzelner Gruppen von der Mehrheit blockiert werden kann, selbst wenn sich eine Gruppe im Parlament durchsetzen konnte.
Das Wahlsystem bietet kleinen und unbekannten bzw. neuen Parteien insofern Schwierigkeiten, als die Wahlen in 26 Wahlkreisen stattfinden, in denen zudem teilweise Mehrheitswahlen stattfinden. Aber auch in Wahlkreisen, die z. B. 5 Sitze im Verhältniswahlreicht zu vergeben haben, sieht es für kleine und neue Parteien übel aus. Das Schweizer Wahlrecht bietet somit durch natürliche Hürden wesentlich schwerere Bedingungen als die 5%-Hürde in Deutschland.
Gleichwohl teilen sich seit Jahrzehnten die immer vier gleichen grösseren Parteien, von denen keine über 25% kommt, die Regierungssitze und die Macht. Daneben existieren traditionelle kleine Parteien wie die Liberalen und entstehen immer wieder kleine neue Parteien wie die ehemalige Autopartei, die Schweizer Demokraten oder auch die Grünen.
Auch wenn das Wahlsystem durch seine kleinen Wahlkreise ohne landesweite Proporz-Rechnung die grossen Parteien bevorzugt, führt dies keineswegs zu einem System mit wenigen oder gar nur zwei Parteien. Auch das Fehlen jeder staatlichen Förderung verhindert nicht die Existenz kleiner Parteien. Im Gegenteil zeigt es sich wiederum wie am Beispiel Israels, dass Faktoren anderer Art massgebend sind: So sind manche der kleinen Parteien wie z. B. die Liberalen regional solide verankert, andere wie z. B. die Grünen verdanken ihre Existenz einer soziologischen Veränderung, die eine neue Klientelgruppe hat entstehen lassen usw.

Ich möchte damit anregen, über Sinn und tatsächliche Auswirkungen der 5%-Hürde grundsätzlicher nachzudenken. Könnte es sein, dass sie gar nicht das bietet, was man sich von ihr traditionell erwartet? Wäre es sogar möglich, dass sie Tendenzen fördert, die weit gefährlicher sind als ihr Nutzen? Oder gäbe es bessere Methoden, die Wirkungen zu erzielen, die sie hervorbringen sollte?
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Samstag, 24. August 2002 - 15:00 Uhr:   

Zunächst einmal sind dir da ein paar kleinere Fehler unterlaufen: Für die Knesset gibt es seit 1992 eine 1,5%(!)-Hürde (vorher 1%). Und dass die faktische Hürde in der Schweiz deutlich über 5% liegt, stimmt so pauschal nicht. In den größeren Kantonen liegt die Hürde z.T. sogar deutlich darunter und zwar erstens wegen der grösseren Anzahl der zu vergebenden Mandate und zweitens besteht die Möglichkeit von Listen- und sogar Unterlistenverbindungen. 1999 reichten dem LdU im Kanton Zürich (34 Sitze) 2,1% für ein Mandat, derselben Partei 1995 im Aargau 3,3%- erstaunlich wenig bei 15 Mandaten. Und in St. Gallen (12 Sitze) reichten den Grünen 1999 4%.
Aber ich habe auch grundsätzliche Bedenken, ob schweizer Erfahrungen übertragbar sind und ob das überhaupt sinnvoll ist. Z.B. die Behauptung, Referenden könnten eine zu starke Ausrichtung auf sektorielle Anliegen beschränken, ist doch sehr fragwürdig. Die schweizerischen Bauern haben ihre Partikularinteressen viel besser durchgesetzt als ihre EU-Kollegen und zwar auf Kosten des Stimmvolkes, das in Form hoher Lebensmittelpreise dafür blechen muss.

Sehr richtig aber ist die Feststellung, dass man politische Stabilität nicht über eine Sperrklausel erreichen kann- zumindest nicht allein. Die 10%-Hürde hat aus der Türkei ja auch kein stabiles Land gemacht. Dennoch sollte- wenn man die jetzige "personalisierte Verhältniswahl" beibehält- auch die 5%-Hürde beibehalten werden. Denn sonst wäre nach den letzten beiden Wahlen wohl nur eine große Koalition möglich gewesen- weder Scharz-Gelb noch Rot-Grün haben damals 50% erreicht. Damit wären die schon jetzt geringen inhaltlichen Alternativen für den Wähler faktisch auch null reduziert.

Wichtiger Effekt der Sperrklausel ist also, dass auch mit weniger als 50% der Stimmen eine absolute Mehrheit möglich ist. Aber dies muss nicht zwangsläufig über eine Sperrklausel erreicht werden. Eine Idee von mir wäre, in größeren Wahlreisen ohne Sperrklausel für jede erreichte volle Hare-Quota einen Sitz an die Parteien zu vergeben und alle Restmandate der landesweit stärksten Partei oder Koalition zuzuschlagen. So hätten kleinere Parteien eine Chance aber die Mehrheitsbildung wäre gesichert.
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Philipp Wälchli
Veröffentlicht am Samstag, 24. August 2002 - 18:15 Uhr:   

Eine 1%-Hürde ist m. E. keine Hürde. Faktum bleibt im übrigen, dass eine Partei in Israel eben mit 2,1% schon drei oder vier Sitze holen kann usw.
Auch die Bemerkungen zur Schweiz sind zu relativieren: Von 26 Kantonen haben genau 2 mehr als 20 Vertreter im Nationalrat, 5 weitere haben mehr als 10 Sitze. Schon bei 10 Sitzen liegt die natürliche Hürde bei 7% und mehr, je nach Zahl der antretenden Listen, der Streuung der Stimmen usw.
Die erwähnten Phänomene sind denn auch eher ein Problem der sog. Restmandate, über die gewiss eine Dissertation geschrieben werden könnte.
Vor allem aber gibt es daneben noch den Ständerat, in dem jeder Kanton nur gerade 2 Sitze hat. Dort gilt Mehrheitswahlrecht mit Ausnahme eines Kantons, in dem aber die "Verhältniswahl" letztlich nur darauf hinausläuft, dass die beiden stärksten Parteien das Rennen machen. Weil der Ständerat genau gleich viel zu sagen hat wie der Nationalrat, ergibt eine isolierte Betrachtung des NR kein zutreffendes Bild.
Die EU als Staatenbund mit einem Staat zu vergleichen, halte ich im übrigen für sachlich verfehlt. Was die Landwirtschaft in der Schweiz angeht, so ist es in den letzten 20 Jahren gerade das Volk gewesen, das Veränderungen erzwungen hat, die die traditionelle Planwirtschaft mehr und mehr abbauen sollen. Im übrigen wird seit den Erfahrungen des zweiten Weltkrieges die Versorgung des Landes mit Lebensmitteln nicht als sektorielles Problem der Landwirtschaft, sondern als vitales Grundinteresse des ganzen Landes verstanden, es handelt sich somit in den Augen der Mehrheit eben gerade nicht um ein sektorielles Anliegen. Bei zahlreichen anderen Beispielen lässt sich eher das Gegenteil erweisen, dass es alles schwer hat, was als sektoriell angesehen wird.

Soviel zur sachlichen Abgrenzung. Ob eine wie auch immer geartete Hürde dem dient, was als politisches Ziel angesehen wird, müsste periodisch geprüft werden.
Dient die sog. personalisierte Verhältniswahl wirklich dazu, sowohl die Auswahl von Persönlichkeiten als auch die freie Wahl unter den Parteien zu ermöglichen? Das müsste, wer die 5%-Hürde an dieses System bindet, ebenfalls bedenken.
Ein System mit reiner Verhältniswahl, aber veränderlicher Liste könnte z. B. ebensogut ermöglichen, eine proportional gerechte Parteienvertretung mit einer Auswahl von Persönlichkeiten zu verbinden.
Es stellt sich auch die Frage, ob es wünschbar sei, dass ein Land von einer einzigen Partei regiert werde oder von einer Koalition von Gross und Klein. Es gibt Länder, in denen sich öfter Minderheitsregierungen der zwar stärksten, aber nicht die Mehrheit besitzenden Partei finden, Länder, in denen Koalitionsregierungen mit breiter Abstützung die Regel sind und ebenso Länder, in denen sich regelmässig Parteien in der Mehrheit abwechseln, die dann jeweils einige Zeit alleine regieren.
Ich kann aus der Aussensicht nicht behaupten, dass eines dieser Länder deutlich erkennbar schlechter regiert würde als ein anderes.
Wenn man der Ansicht ist, bei jeder Wahl sollte eine klare Regierungsmehrheit entstehen, dann bin ich allerdings auch der Meinung, dass das Wahlrecht entsprechend ausgestaltet sein muss, sei als reines Mehrheitswahlverfahren, mit der Festlegung einer bestimmten Quote für die stärkste Partei, mit Hürden usw. Wenn man allerdings nicht dieser Ansicht ist, sondern in Kauf nimmt, dass die Wähler auch einmal breit gestreut wählen können und dies nicht künstlich durchs Wahlrecht verzerrt werden sollte, dann müsste sich das eben auch im Wahlrecht so ausdrücken.
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Sonntag, 25. August 2002 - 19:38 Uhr:   

Eine 1% Hürde in Israel ist im Prinzip auch nur eine explizite "Erste Sitz" Schwelle.

Schweizer "Restmandate" ist auch nur Divisorverfahren mit Abrunden (d'Hondt), also nichts hochwissenschaftliches.
Bei 10 Sitzen müssen schon sehr viele Parteien (sechs) antreten, damit 7% reichen kann. Dazu kommt allerdings die schweizer Möglichkeit der Listenverbindungen, so daß eine Teilliste selbst deutlich weniger Stimmen brauchen kann.

Die Formel für die Schwelle zum Ersten Sitz findet sich hier:
http://www.wahlrecht.de/verfahren/faktische-sperrklausel.html
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Montag, 26. August 2002 - 10:01 Uhr:   

@Philipp Wälchli:
Erst einmal allgemein: Deine Beiträge in den letzten Tagen sind eine echte Bereicherung fürs Forum.

Ich stimme zu, daß die 5%-Hürde gegen Extremismus fast nichts hilft. Im Gegenteil scheinen gerade extreme bzw. Protest-Wähler relativ wenig Angst zu haben, ihre Stimme deswegen zu "verlieren".

Auch Zersplitterung allgemein ist nicht das Hauptthema: Sowohl Union wie SPD vereinigen mehrere Hauptströmungen, die programmatisch recht unterschiedlich sind und oft nur mühsam zusammenfinden. Jede dieser Strömungen wäre locker für mehr als 5% gut - wenn sie sich trotzdem nicht abspalten, hat das andere Gründe als die Wahlrechtshürde.

Dagegen ist die 5%-Hürde wirklich nützlich, um die Arbeitsfähigkeit des Parlaments zu sichern.
In Darmstadt haben wir derzeit neben den vier "normalen" Parteien 5 Ein-Mann-Listen im Kommunalparlament. Das führt in der Praxis zu deutlichen Problemen, vor allem bei der Ausschussarbeit.
Es ist schon sinnvoll, wenn im Parlament Teams von Gleichgesinnten zusammenarbeiten und die Arbeit besser organisieren.

Allerdings ist diese verbesserte Parlamentsorganisation wohl kein ausreichender Grund, um Wählerstimmen unter den Tisch fallen zu lassen.
Die Verzerrungen des Wählerwillens durch die 5%-Hürde können ja gravierend sein.
Derzeit sieht es z. B. so aus, als würden einige Zehntelprozente mehr oder weniger für die PDS die Bundestagswahl viel stärker beeinflussen als einige Prozent Verschiebung zwischen den übrigen Parteien.
Das kanns ja wohl nicht sein!

Daher plädiere ich ganz deutlich für die Ergänzung der 5%-Hürde durch ein Präferenzsystem, bei dem Stimmen für gescheiterte Parteien an andere Partien übertragen werden können.
Damit könnten die Wähler frei abstimmen, ohne taktische Winkelzüge beachten zu müssen und ohne Angst, ihre Stimme zu verschenken.
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Ralf Henrichs
Veröffentlicht am Montag, 26. August 2002 - 12:40 Uhr:   

Ich denke die 5%-Hürde wird solange in Deutschland nicht problematisiert, wie die sonstigen Parteien in Deutschland zusammen kaum mehr als 5% bekommen.

Frage an die Statistiker: Bei welcher Bundestags- oder Landtagswahlen haben die Parteien, die einzeln an der 5%-Hürde gescheitert sind, zusammen am meisten bekommen? Oder mit anderen Worten: wann sind die meisten Stimmen unterm Tisch gefallen?

Und (keine ernstzunehmende) Frage an alle, die sich mal über eine abstrus-unrealistisch (aber wie ich finde witzige) Frage den Kopf zerbrechen wollen: Wie sieht das Parlament aus, wenn die stärkste Partei auf 4,9% Stimmen kommt? Gibt es hierzu eine Regelung?

Zweite Frage brauch man nicht wirklich zu beachten (nur wer will). Die erste Frage interessiert mich aber wirklich.
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Wilko Zicht
Veröffentlicht am Montag, 26. August 2002 - 12:54 Uhr:   

@Ralf Henrichs:

Ich hab jetzt nicht genau nachgeschaut, aber aus der jüngeren Vergangenheit ist mir das Hamburger Bürgerschaftswahl 1997 in Erinnerung, als über 19 Prozent der Stimmen auf Parteien entfielen, die an der Fünfprozenthürde gescheitert sind.

Zur zweiten Frage: Auf Bundesebene gibt es ja noch die Grundmandatsklausel. Ansonsten gibt es aber weder hier noch in den Landeswahlgesetzen einen Regelung für so einen Fall. Streng nach dem Gesetzeswortlaut könnten die Sitze nicht besetzt werden, das Parlament wäre also leer. Da das natürlich inakzeptabel wäre, würde die Wahllausschüsse die Sperrklausel wohl einfach ignorieren (und dies auch von den Wahlprüfungsinstanzen abgesegnet bekommen). Gleiches gilt, falls nur eine einzige Partei die Sperrklausel überwinden kann.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Montag, 26. August 2002 - 14:20 Uhr:   

@Wilko:
> Da das natürlich inakzeptabel wäre, würde die Wahllausschüsse die
> Sperrklausel wohl einfach ignorieren (und dies auch von den
> Wahlprüfungsinstanzen abgesegnet bekommen).
Kann doch nicht sein, das wäre doch ein glatter Gesetzesbruch.
Da müßte man doch eher die Wahl widerholen.

> Gleiches gilt, falls nur eine einzige Partei die Sperrklausel
> überwinden kann.
Hier wäre doch alles klar: Diese Partei bekommt alle Sitze. Das entspricht exakt dem Gesetzestext, nicht anderes wäre zulässig.

Sag ich mal so als Aushilfsjurist ;-)
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Montag, 26. August 2002 - 15:25 Uhr:   

Ich möchte doch noch einmal in Erinnerung rufen, dass die Sperrklausel für Parteien einer Minderheit, etwa den SSW in Schleswig-Holstein, nicht gilt. D.h. hier kann die Partei der Minderheit dann einziehen, wenn sie den prozentulen Anteil erhält, der für einen Sitz nötig ist. Aufgrund der - allgemein sinkenden - Wahlbeteiligung erhielt der SSW zunächst ein Sitz, dann zwei Sitze.

Die Sperrklausel ist meines Erachtens sinnvoll, da sie zu einer Konzentration in der Parteienlandschaft geführt hat. Dies kann aber nur gelingen, wenn die Parteien als Volksparteien eine stärkere Bindungskraft bei den Wählern gewinnen. Dies war in der Weimarer Republik, wo sich die Parteien als reine Interessenvertretungen verstanden haben (oder als regionale Vertretungen wie die Bayerische Volkspartei) nicht möglich. Vgl. hierzu das grundlegende Werk über die Auflösung der Weimarer Republik von Bracher.

Aufgrund der nachlassenden Bindungswirkung der Volksparteien (vgl. hierzu den interessanten Artikel aus der FAZ von Graf Kielmannsegg vom vergangenen Samstag)steigt die Zahl der Parteien wieder. D.h. es gibt hier die Gefahr des Scheiterns an der Sperrklausel, die - da gebe ich Ralf Arnemann recht - durchaus zu Ungerechtigkeiten im Wahlsystem führen kann. Man stelle sich einmal vor, bei den letzten Landtagswahlen in Hessen und in Hamburg wäre die FDP mit 4,9% an der Sperrklausel gescheitert - in beiden Ländern wären die rot-grünen Koalitionen (trotz Verlustes der Wählermehrheit) im Amt geblieben. Dennoch ist die Sperrklausel - aus den von Ralf angeführten Gründen - notwendig und sinnvoll, wenn es meiner Meinung nach auch richtig ist, andere Wege zur Repräsentation in das Parlament (Grundmandatsklausel) offen zu halten. Die Frage ist meines Erachtens nicht so sehr eine Frage der Sperrklausel, sondern ihrer Höhe und hier halte ich 5% für richtig. In der Türkei gibt es eine 10%-Sperrklausel, was zu viele Parteien ausschließt. Eine Sperrklausel unter 3% wäre meines Erachtens unwirksam. Insofern halte ich die Klausel auch in ihrer Höhe für richtig und gerechtfertigt, bin allerdings der Meinung (so ist es auch in der Hessischen Verfassung verankert), dass die Höhe der Sperrklausel 5% nicht überschreiten darf.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Montag, 26. August 2002 - 16:46 Uhr:   

Dass eine 5%-Hürde wesentlich wirkungsvoller ist als eine 3%-Hürde läßt sich für Bundestagswahlen nicht belegen. Nur einmal (1969) wären die Mehrheitsverhältnisse bei einer 3%-Sperrklausel wesentlich anders gewesen.
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Stoiber
Veröffentlicht am Dienstag, 27. August 2002 - 13:12 Uhr:   

Ich kann nur meine Meinung hier darlegen: An der sinnvollen 5% Hürde festhalten, sonst hätten wir in Sachsen-Anhalt Schill und in Baden-W. die Rep's im Landtag. Schon gäbe es Parteienzersplitterung wie in den 30er Jahren, dadurch profitieren bekanntlich dann extreme Parteien.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Dienstag, 27. August 2002 - 13:47 Uhr:   

Auch in den genannten Fällen hätten wäre bei einer 3%-Hürde die gleiche Koalition gebildet worden. Und an einer fehlenden 5%-Hürde ist die Weimarer Republik nicht zugrunde gegangen, sondern daran, dass ein demokratischer Minimalkonsens fehlte. Der Qufstieg von NSDAP und auch KPD wäre mit einer 5%-Hürde nicht gebremst worden.
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Stoiber
Veröffentlicht am Dienstag, 27. August 2002 - 14:01 Uhr:   

Bei Landtagen gäbe es noch unzählige Beispiele wie es bei einer 3%-Hürde aussehen würde, mir fallen ein paar auf die schnelle ein:
Bayern: Es wären ebenfalls die Rep's drin sowie die Partei der Freien Wählergemeinschaften die ca. auf 3,5% gekommen sind.
In Mecklenburg-V. und Thüringen wäre die DVU drin!
Im Saarland hätten wir eine rot/grüne Regierung bei einer 3%-Hürde.
Im Bremen wäre fast die PDS drin und die Schill-Partei hätte deutlich erhöhte Chancen in den Bundestag zu gelangen bei einer 3%-Hürde.
Die Wähler würden stärker kleine extreme Parteien bei einer 3%-Hürde wählen weil die Wähler wissen, daß ihre Stimme dann wahrscheinlich nicht verloren geht.
Es ist gut, daß nicht jede kleine Minderheit eine Partei aufstellen kann aufgrund der 5%-Hürde.
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Ralf Henrichs
Veröffentlicht am Dienstag, 27. August 2002 - 14:20 Uhr:   

Ich bin gegen die 5%-Hürde. Sicher gibt dies eine größere Stabilität (aber auch mehr Parteienverdrossenheit, denn wie schwer ist es eine Partei zu gründen, die in ein Parlament einziehen kann). Aber was soll ich von einem Parlament halten, in dem ca. 20% der an sich gewählten Abgeordneten nicht drin sein dürfen (hat es ja nach Wilko in Hamburg 97 gegeben)? Das ist für mich eine größere Problem als die Gefahr einer Instabilität von einer meinetwegen 3%-Hürde.
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Stoiber
Veröffentlicht am Dienstag, 27. August 2002 - 17:10 Uhr:   

Die 3%-Hürde würde langfristig aufgrund der Zersplitterung einen riesigen Politikverdruß hervorrufen, ähnlich wie in Frankreich, ich weiß nicht wieviele rechte und linke Parteien dort im Parlament sind, aber es sind zu viele.
Und wenn die Hamburger eben nie die Alternative CDU wählen wollen sondern nach jahrzehtelangem SPD-Filz sich lieber in Splitterparteien oder Schill flüchten sind die selbst schuld, diesen 20% ist es doch sowieso egal was mit ihrer Stimme passiert also kann diese ruhig verfallen. Schill beweist doch, daß man auch mit 5%-Hürde leicht den Sprung schaffen kann, dann gibt es auch noch Städte und Gemeinden bei den wir keine Hürde haben. Hier kann sich eine Partei Ansehen verschaffen, wenn dies gelingt kann sie leicht die 5% Landesweit schaffen.
In großen Landesparlamenten hat eine Partei nichts zu suchen die von weniger als 5% unterstützt wird und dann aber für alle Politik machen soll.
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Ralf Henrichs
Veröffentlicht am Dienstag, 27. August 2002 - 17:31 Uhr:   

@ Stoiber,

das Hamburger Beispiel hat mit Schill nichts zu tun. Der ist ja im Parlament. Es geht um eine Wahl, wo 20% Wähler Parteien gewählt haben, die nicht ins Parlament gekommen sind.

Bei einer 3%-Hürde werden kaum viel mehr (vielleicht ein, zwei Parteien) mehr im Parlament sein. Das ist für mich keine Zersplitterung. Und wenn: dann will es der Wähler so.
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Stoiber
Veröffentlicht am Dienstag, 27. August 2002 - 17:45 Uhr:   

Vielleicht sind die 20% von 1997 diejenigen die dann Schill gewählt haben :-)
An der Hürde von 5% wird sich ohnehin nichts ändern weil keine der großen Parteien daran interesse hat.
Wäre es ein Eingriff in die Verfassung wenn man diese Hürde senken würde?
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Wilko Zicht
Veröffentlicht am Dienstag, 27. August 2002 - 17:50 Uhr:   

>Wäre es ein Eingriff in die Verfassung wenn man diese Hürde
>senken würde?

Nein, das hat das Bundesverfassungsgericht mehrfach ausdrücklich verneint. (Für die Abschaffung gilt das gleiche.)
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Stoiber
Veröffentlicht am Dienstag, 27. August 2002 - 18:09 Uhr:   

Das finde ich erstaunlich, ich halte diese Hürde für eine extrem wichtige technisches Einzelheit des Wahlrechts, eine Abschaffung würde zweifellos eine Gefahr darstellen für die Stabilität der Bundesrepublik.
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Wilko Zicht
Veröffentlicht am Dienstag, 27. August 2002 - 18:36 Uhr:   

Zweifellos? Naja, die Ansichten darüber sind hier (und anderswo) ja unterschiedlich. Unsere Mütter und Väter des Grundgesetzes - der Parlamentarische Rat - haben jedenfalls bei der Erarbeitung des ersten Bundeswahlgesetzes auf eine Sperrklausel verzichtet, weil sie ihrer Meinung nach gegen das von ihnen zuvor beschlossene Grundgesetz verstoßen hätte.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Dienstag, 27. August 2002 - 20:05 Uhr:   

Natürlich ist die Weimarer Republik nicht an der 5%-Grenze zugrunde gegangen, dies habe ich ja auch dargestellt. Allerdings wäre bei einer 5%-Klausel die NSDAP 1928 nicht im Parlament vertreten gewesen. Der Aufstieg neuerer Parteien ist dadurch ja nur schwerer möglich, aber nicht verhinderbar. Die Sperrklausel ist ein Element der Stabilität - von mehreren. Entscheidend bleibt die Bindungswirkung der größeren Parteien. Zwischen 1961 und 1980 haben drei Parteien (Union, SPD, FDP) rund 90% der Wähler gebunden. Dies war in der Weimarer Republik niemals der Fall und dies ist seit 1983 hier auch nicht mehr der Fall. Zur Zeit haben wir ein 5-Parteien-System und dies dürfte 2002 so bleiben, wenn die PDS wieder in den Bundestag kommt (was zur Zeit ja fraglich ist). Es könnte sich langfristig sicherlich noch durch eine Partei rechts von der Union (Schill-Partei, Republikaner etc.) ein 6-Parteien-System entwickeln. Hier ist die 5%-Klausel jedoch ein wirksamer Sperrfaktor, der bei 3% (Republikaner in Landtagen) eben nicht gegeben wäre. Insofern bleibe ich dabei. Sofern das personalisierte Verhältniswahlrecht nicht geändert wird, benötigen wir die 5%-Klausel als Element der Stabilität.
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Sole
Veröffentlicht am Freitag, 30. August 2002 - 12:38 Uhr:   

Wir haben doch ein Sechsparteiensystem!

Das sagt sogar der Bundeswahlleiter, indem er von 6 Parteien im Bundestag spricht, die ohne unterschriftensammlung antreten.

Abgesehen davon, was die 4,9 % Geschichte angeht:

Wenn keine Listenmandate vergeben werden werden nur Direktmandate vergeben. Vermutlich hätten wir dann ein Dreiparteiensystem.

Eine Sperrklausel für Erststimmen kenne ich nicht. Desweiteren sollten wir mal überlegen, ob eine Rückführung der 5 % Hürde auf das System, das wir in den 40ern / 50ern hatten, sinnvoll wäre.

Was Stoiber angeht, das Maß der Dinge bei einem Wahlsystem kann nicht sein, ob dadurch PDS oder REP im Parlament sitzen. Das sahen die Verfassungsrichter 1990 wohlähnlich und verhalfen durch eine einmalige Sonderklausel der Partei Bündnis 90 und der PDS zum Sprung ins Bundesparlament.
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Martin Wilke
Veröffentlicht am Sonntag, 01. September 2002 - 15:37 Uhr:   

@ Stoiber,

unter den verfallenen Stimmen 1997 in Hamburg waren (neben der DVU) auch FDP und STATT Partei. Und ich vermute, daß es deren meisten Wählern nicht "doch sowieso egal (war), was mit ihrer Stimme passiert". DIE STATT Partei war 1993-97 immerhin Koalitionpartner der SPD.
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Cram
Veröffentlicht am Donnerstag, 05. September 2002 - 00:43 Uhr:   

Die 5%-Hürde ist sinnvoll, da sie eine Zersplitterung des Parteiensystems verhindert. Die schrittweise Einführung der 5%-Hürde (zunächst reichte zum Überspringen wenn eine Partei mehr als 5% in einem Bundesland hatte, daneben wurde die Grundmandatsklausel von zunächst 1 Mandat auf 3 Mandate erhöht) bis 1957 beförderte eine Konzentration des Parteiensystems von mehr als 10 Parteien auf 4 (1957) bzw. drei (1961). Ein solches Dreiparteiensystem (1961-1983) garantierte und stand für große politische Stabilität. Der FDP fiel die Rolle des Mehrheitsbeschaffers zu, die zunächst mit der Union !1961-1966), dann mit der SPD(1969-1982) koalierte. Mit Ausnahme der Zeit der großen Koalition von 1966-1969 gab es so immer eine starke Regierung (die sich auf eine parlamentarische Mehrheit stützen konnte) und eine starke Opposition. Mit dem Auftreten der Grünen verlor die FDP ihre Rolle als Zünglein an der Waage. Es bildete sich ein Zwei-Blöcke-System (Schwarz-Gelb versus Rot-Grün). Nach der Wiedervereinigung trat leider eine weitere Kraft hinzu, die PDS, die eine reine Ostpartei ist und deren Stellung im Parteiensystem unklar ist. Rot-Grün schließen zwar offiziell eine Zusammenarbeit mit ihr aus, aber tatsächlich arbeitet die SPD mit Ausnahme Brandenburgs in allen Ländern wo es rechnerisch möglich ist mit der PDS zusammen. Das SPD-Vorstandsmitglied Heide Simonis wollte in der Phönix-Sendung im Dialog die Frage ob Rot-Grün notfalls auch mit Hilfe der PDS fortgesetzt werde (Tolerierung, bei der Kanzlerwahl mit PDS-Stimmen zur Mehrheit) nicht beantworten. Die PDS bietet ganz offen ihre Stimmen zur Kanzlerwahl an. Durch die Grundmandatsklausel hat die PDS leider gute Chancen den Wiedereinzug zu schaffen. Ohne diese Klausel sähe es anders aus. Da wir ein Verhältniswahlsystem haben, sollte meiner Meinung nach die 5%-Hürde verbindlich sein und die Grundmandatsklausel abgeschafft werden. Denn: Die Wahl ist gleich. Daher sollte es keinen Unterschied machen ob eine Partei bundesweit z.B. 4,8% holt (und nicht vertreten ist) oder nur in einer Region stark ist (drei Direktmandate holt) und mit dem Ergebnis in den Bundestag kommt. Die 5%-Hürde muß für alle Parteien gleichermaßen gelten.
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eike
Veröffentlicht am Donnerstag, 05. September 2002 - 14:42 Uhr:   

Cram, da stimme ich dir zu. Das Problem ist hier nur, dass die CSU nie mitmachen wird. Sie erhält regelmäßig zwischen sechs und siebeneinhalb Prozent der Gesamtbundesstimmen. Da sie für das Bundestagswahlrecht natürlich als eigenständige Partei zählt, würde sie - wenn sie die Fünfprozenthürde verfehlt - völlig aus dem Bundestag fallen. Dem wird durch die Mandatsklausel abgeholfen, da die CSU immer mindestens drei Wahlkreise in Bayern gewinnen wird.
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jonas
Veröffentlicht am Donnerstag, 05. September 2002 - 14:57 Uhr:   

Ich finde, dass Parteien, die lokal stark bis sehr stark sind, im Bundestag vertreten werden sollten. Das gilt m.E. sowohl für Bayern als auch die neuen Bundesländer. Ich fände es sehr bedenkenswert, wenn eine Partei mit einer Akzeptanz von 50-60% (CSU in Bayern) oder 15-20%(PDS in Ostdeutschland) an einer alles dominierenden 5%-Hürde scheitern würde. Ich halte die Mandatsregelung für sinnvoll und könnte mir eher noch eine Ergänzung in andere Richtung vorstellen. Wenn eine Partei es schafft in drei oder mehr Bundesländern, 5%-Hürde zu überbieten, sollte sie meiner Meinung nach auf jeden Fall im Bundestag vertreten sein. Ich finde nicht, dass wir in Deutschland mit 5 (bzw.6) vertretenen PArteien ein ÜBermaß an Zersplitterung haben. Das kann man ja mal mit Italien(12 Parteinen), Frankreich (8 Parteinen) , der Schweiz(8 Parteinen) oder Holland(10 Parteinen) vergleichen. Stabile Verhältnisse drücken sich nicht durch die Anzahl der vertretenen Parteien aus.
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Cram
Veröffentlicht am Donnerstag, 05. September 2002 - 15:36 Uhr:   

CSU in Bayern fest veranktert

Wenn die CSU in Bayern 38% erzielt, hat sie schon die 5%-Hürde übersprungen. Das ist nun wirklich für die CSU kein Problem. Bislang hat sie sogar immer die 50%-Hürde geschaft. Also würde bei einer Abschaffung der Grundmandatsklausel die CSU überhaupt nicht in Gefahr geraten. Sie ist in Bayern so fest verankert, dass sie wohl auch in Zukunft eine 50%-Partei bleiben wird.
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Donnerstag, 05. September 2002 - 16:50 Uhr:   

Deine Nachricht von 0:45 Uhr

Cram,

ich bin auch ein eifriger Mitstreiter fuer weniger Parteien. Meine These ist, dass die Anzahl der Parteien im Bundestag die Anzahl der relevanten politischen Richtungen uebersteigt (s. meinen Beitrag bei "Mehrheits- oder Verhaeltniswahlrecht", insbesondere kleine Parteien als Hilfstruppen der grossen.). Der Bundestag ist somit "politisch ueberbestimmt". (Ein Tisch mit drei Beinen ist "statisch bestimmt", d.h. er steht fest auf dem Boden, ein Tisch mit vier Beinen ist "statisch ueberbestimmt", d.h. er kippelt, wenn man nicht einen Bierdeckel irgendwo unterlegt. Ein Theorem von mir besagt, dass man jeden Tisch mit vier Beinen so drehen kann, dass er nicht mehr kippelt.)

Ich habe mich belehren lassen, dass ein Mehrheitswahlrecht nicht automatisch zu weniger Parteien fuehrt, und 5%-Huerde und Grundmandateklausel schaffen es auch nicht.

Vorschlag: Die beiden Parteien mit den meissten Stimmen ziehen in den Bundestag ein. Eine dritte Partei zieht nur dann ein, wenn sie mindestens die Haelfte der Stimmen der zweiten Partei erreicht.

Auf die gegenwaertige Situation bezogen hiesse das (CSU benennt sich in CDU um): CDU und SPD ziehen sicher ein. Eine dritte Partei braeuchte ca. 18% (Guido gib Gas und baue endlich das stoeranfaellige Solaraggregat aus!) Selbstverstaendlich wuerde ein solches Wahlsystem das Wahlverhalten stark beeinflussen. Die Buerger haetten es in der Hand, ob sie eine dritte Partei wollen.

Es scheint, als koennten sich so keine neuen Parteien etablieren. Dem ist nicht so, sie muessten sich aber ueber die Bundeslaender, in denen diese Wahlrecht auch gilt, hocharbeiten. Auf jeden Fall benoetigte eine Partei, die den Sprung in den Bundestag schaffen will, eine starke Basis. Das ist auch gut so, und "Briefkastenparteien" wie die DVU haetten keine Chance. Die Milieuparteien Ost (PDS) oder West (Gruene) muessten sich dagegen im anderen Landesteil etablieren.
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Eike Biehler
Veröffentlicht am Donnerstag, 05. September 2002 - 17:02 Uhr:   

Cram: Natürlich ist es unwahrscheinlich, aber angenommen, die CSU erlebt einen enormen Einbruch und die Wahlbeteiligung in Bayern ist extrem viel niedriger als die im restlichen Bundesgebiet, dann könnte (könnte!) es schon knapper werden.
Inhaltlich stimme ich dir aber zu.

Jonas: Ich halte dennoch relativ wenige Parteien für sinnvoll, zumal in Deutschland Minderheitsregierungen wenn nicht verpönt, dann doch unüblich sind.
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Cram
Veröffentlicht am Freitag, 06. September 2002 - 09:51 Uhr:   

Stephan,

5%-Hürde, Rechts und Links, Parteiensystem

ich habe in meinen Beitrag von 0:43 die Entwicklung der Bundesrepublik von einem Dreiparteiensystem (von 1961-1983) zu einem Vierparteiensystem beschrieben (seit 1983-?). Die FDP war in der ersten Phase das Zünglein an der Waage. Seitdem hat sich ein Zweilagersystem (Rot-Grün versus Schwarz-Gelb) etabliert. Die kleinen Parteien fungieren de facto in der Tat als Hilfstruppen der Großen. (wenn auch die FDP sich aus diesem Verhältnis zu befreien versucht und diesmal eine Koalitionsaussage verweigert). Du gibts in deinen Beiträgen auch eine Definition der Begriffe Links und Rechts und folgerst aus diesen, dass an sich ein Zweiparteiensystem sinnvoll wäre (wie in den USA wonach Rot-Grün-Dunkelrot die Demokraten und Schwarz-Gelb die Republikaner bilden würden). Diese Unterteilungen in ein Zweiparteiensystem ist aus meiner Sicht für die USA genau das richtige Modell. Die Definition von Rechts und Links kann man in der USA ganz klar an der Wirtschaftspolitik festmachen: Links: Staatliche Regulierung und Dirigismus (Keysianismus (tendenziell Richtung Sozialismus); Rechst: freier Markt (Wirtschaftsliberalismus). Das Zweiparteiensystem der USA (auch befördert durch das Mehrheitswahrecht entstanden) macht diese Frage zur Scheidelinie. Für Europa kann man bei der Unterscheidung zwischen Rechts und Links historisch weit zurückgehen. Man kann es auch an der europäischen Auflärung festmachen (Looke (Gewaltenteilung, Demokratie, Recht auf Eigentum und freie Verfügungsgewalt; Rousseau: keine Gewaltenteilung. Es herrscht der "allgemeine Wille" (keine Mehrheitsentscheidungen (da diese Partikularinteressen abbilden), Vergesellschaftung des Eigentums). Rousseau ist praktisch Vorläufer des Kommunismus. Sein Entwurf einer Gesellschaft die vom "allgemeinen Willen" gelenkt werde, der mehr sein soll als die Summe von Einzelinteressen (sondern das Gemeinwohl darstellen soll), führt zur Problematik wer denn den allgemeinen Willen festlegt. In der Praxis mündete das daher stets in die Diktatur (KP - die Partei hat immer Recht, denn wer kämpft für das Recht? der hat immer recht). Meiner Ansicht nach gibt es einen allgemeinen Willen in der Realität überhaupt nicht. Es gibt immer nur Einzelinteressen, die miteinander konkurieren. Bei Locke wetteifern sie um eine Mehrheit (Mehrheitsentscheidung), bei Rousseau hingegen wird dieser Konflikt ausgeschlossen. Es gibt keine Mehrheitsentscheidungen, sondern einen allgemeinen Willen, der durch ein von Rousseau selbst nicht definiertes Verfahren gefunden werden soll (dazu wäre natürlich eine Art "Filter" notwendig, historisch sah sich die KP in dieser Rolle). Daneben hat Rousseau noch die Auffassung vertreten, dass jeder sich dem "allgemeinen Willen" unterordnen müsse und wer sich dem verweigerte müsse eben dazu gezwungen werde, was aber aus Sicht Rousseaus nichts anderes bedeutet als "das man ihn zwinge frei zu sein". Da zeigt sich schon das dieses Rousseausches Modell die Grundlage bildete für den schlimmsten Totalitarismus (z.B. gegen den "Klassenfeind" usw. Der Kommunismus hat weltweit 100 Mio. Menschenleben gekostet (laut dem Schwarzbuch des Kommunismus); aber auch der Nationalsozialismus griff auf dieses Bild zurück: "Du bist nichts, dein Volk (als Synonym für den "allgemeinen Willen") ist alles."; wirtschaftspolitisch waren die Nazis Links; zeigt sich z.T. an der Symbolik (das Hakenkreuz auf rot-weißen Grund; sie nannten sich ja auch Sozialisten). Demgegenüber setzt Locke auf den Rechtsstaat (Zweck des Staates: Schutz der Freiheit der Bürger und des Eigentums (Staat muß dieses schützen, weil das der Grund seiner Existenz ist: wenn er das nicht tut haben die Bürger laut Looke das Recht die Regierung zu stürzen (ein solches Widerstandsrecht gibt es auch im GG - diese Gedanken lassen sich daher als Vorläufer des Verfassungsstaates (mit individuellen Menschenrechten) sehen). Das Rousseaussche Konzept ist die Grundlage auf der die Linke aufbaut (von der Sozialdemokratie bis zu den Kommunisten (letztere deutlich mehr). Rousseau ist heute noch bei der Linken Leitbild (Andrea Nahles (Jusos) sieht sein Modell für ihre Politik als Grundlage). Allerdings muß man eines klar sagen: Die SPD steht mehrheitlich, was die Staatsform angeht, auf Basis von Locke (es war historisch ein langer Prozeß auf dem sich die SPD von Rousseaus Staatsformvorstellungen verabschiedet hat (die 1968er haben diese nochmals aufgeriffen und die Grünen haben in den 80er-Jahren auf Basis dieser Vorstellung versucht eine Partei zu führen (imperatives Mandat, Rotation der Abgeordneten, Entscheidungen der Basis auf Konsensbasis, imperatives Mandat, usw. was natürlich nicht funktionierte; Rousseaus Modell führt entweder zur Diktatur ( Diktator, Partei als "Filter" für den "allgemeinen Willen" oder zu Chaos(ohne "Filter"). Diese Vorstellung ist daher fast bedeutungslos geworden (mit Ausnahme bei der PDS, die noch heute die representative Demokratie ablehnt). Bei der Wirtschaftspolitik sieht es hingegen anders aus. Da ist das Ziel der Linken die "Umverteilung", die Gleichmacherei (Gleichheit des Eigentums - Rousseau).
Genau diese Haltung ist der Kernfehler der Linken. Die Gleichheit der Menschen (an Rechten) wird zur Forderung nach sozialer Gleichheit gemacht, die durch Umverteilung erzielt werden soll. Dadurch wird aber Leistung und Gewinnstreben, die die Triebfedern für wirtschaftliche Innovation und Fortschritt sind, erstickt. Der Staat weitet seine Tätigkeit immer mehr aus und besteuert die "Besserverdienen" immer mehr, bis sie das Land verlassen, ihr Geld ins Ausland schicken (um der Steuer zu entgehen) oder nichts mehr leisten wollen, weil sich eine überdurchschnittliche Leistung nicht mehr lohnt(so geschehen in den 70er-Jahren wo durch die SPD die Staatsquote von 39% auf 50% angehoben wurden, gleichzeitig massiv die Neuverschuldung erhöht wurde um Konjunkturprogramme zu finanzieren (Keysianismus) aber dennoch die Arbeitslosigkeit von 600.000 auf 1,7 Mio. stieg). Die Höhe der Staatsquote (das was Staat und Sozialversicherungen einnehmen und umverteilen) ist eben nicht ein Gradmesser für das Maß an sozialer Gerechtigkeit. In den 80er-Jahren wurde von Schwarz-Gelb die Staatsquote von 50% auf 45% zurückgefahren, die Staatseinnahmen stiegen, die Neuverschuldung sank und die Arbeitslosigkeit nahm von 9,1% (1983) auf 7,2% (1990) ab. Dieses Beispiel zeigt ja, dass es der Gesellschaft als ganzer besser geht, wenn der Staat den Menschen mehr Freiraum und mehr im Geldbeutel beläßt, anstatt alles selbst zu regeln. Das ist in der Tat die zentrale Frage am 22. September. Mit Rot-Grün-Dunkelrot weiter so mit einer Staatsquote von 48,5%, oder mit Schwarz-Gelb hin zu einer schrittweisen Absenkung auf 40%.

Obwohl auch ich diese Entscheidung für die Zentrale halte muß ich Deinem Rechts-Links-Schema doch eine Ergänzung entgegenhalten. In Deutschland (bzw. in Europa generell) spielen auch gesellschaftspolitische Fragen eine Rolle.

Dazu könnte man die Parteien wie folgt einordnen

Links (Multi-Kulti) Rechts (Leitkultur)
Grüne PDS SPD FDP CDU CSU


In der Wirtschaftspolitik bekäme man dagegen folgendes Bild

Links(Staatsinterventionismus) Rechts (freier Markt)
PDS SPD Grüne UNION FDP

Wenn man nun nur die Wirtschaftspolitik als Einordnungsgröße nehmen würde (wie in den USA), müßte man ja die FDP rechts der Union einordnen. Bei diesem Modell wäre Rot-Gelb gar nicht möglich, weil die Auffasungen praktisch konträer liegen (FDP-Vize Döring: "In der Wirtschaftspolitik liegen wir Lichtjahre von der SPD entfernt."). In anderen Fragen sieht es anders aus und gerade die FDP war immer eine sehr flexible Partei (wenn es mit der CDU reicht wird es natürlich Schwarz-Gelb geben, wenn es nicht reicht dann ?). Man muß in Europa sowohl Gesellschaftspolitik wie Wirtschaftspolitik berücksichtigen, wenn man die Parteien in ein Links-Rechs-Schema einordnet. Man braucht daher zunächst zwei Schemas. Diese beiden Bilder (siehe oben) kann man dann in eines zusammenfassen. Man gewichtet dabei die unterschiedlichen Ergebnisse jeweils zur Hälfte und berücksichtigt dabei auch die Koalitionsfähigkeit der Parteien untereinander. Ich komme somit zu folgenden Ergebnis:

Links Rechts
PDS Grüne SPD FDP CDU CSU


Das was da am meisten stört, ist linksaußen die PDS. Diese wird durch die Grundmandatsklausel meiner Einschätzung nach aber leider auf absehbare Zeit am Leben bleiben (hoffentlich irre ich mich mit meiner Einschätzung aber ich komme halt nach langer Überlegung zu dem Ergebnis). Daher würde ich bei einer Reform des Wahlsystems gerade an der Grundmandatsklausel ansetzen wollen. Eine Anhebung der 5%-Hürde ist praktisch nicht durchführbar. Das wirft bereits verfassungsrechtliche Fragen auf (Gleichheit der Wahl?). Angesichts der Rechtssprechung des BVG ist es zumindest äußerst fraglich ob dein Vorschlag einer Klage vor dem BVG standhalten würde (politisch durchsetzbar wäre er in der Realität nicht). Ich persönlich bin auch der Ansicht, dass sich die 5%-Klausel bewährt hat. Sie hat sehr wohl eine Zersplitterung der Parteienlandschaft verhindert (in Westdeutschland haben wir (mit Ausnahme Hamburgs) ein stabiles Vierparteiensystem; das halte ich durchaus noch für erträglich oder um dein Theorem zu verwenden: Jeden Tisch mit vier Beinen kann man so drehen, dass er nicht mehr kippelt. So gesehen ist ein Vierparteiensystem gerade noch akzeptabel (man kann auch von einem Zwei-Lager-System sprechen: Schwarz-Gelb versus Rot-Grün.
Die kleineren Parteien erfüllen dabei eine Art Korrektivfunktion. Die FDP besetzt traditionell das Thema Bürgerrechte und versucht dafür zu sorgen, dass bei der notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Inneren Sicherheit Bürgerrechte und das Recht der Privatsphäre der Bürger weitestgehend gewahrt bleiben (aus meiner Sicht ein wichtiger Punkt dafür das die FDP Existenzberechtigung hat). In der Wirtschaftspolitik drängt sie klar auf Reformen (Privatisierung und Deregulierung). Daher ist sie ja auch der richtige Partner für die Union. Sie würde ja gerade für ein hohes Reformtempo sorgen.
Die Grünen wiederum sind aus Sicht der Linken natürlich der richtige Partner für die SPD. Sie sind die Multi-Kulti-Partei, die dafür sorgt das die SPD klar in diese (aus meiner Sicht absolut verfehlte) Richtung Politik macht. Sei das beim Staatsbürgerschaftsrecht (wo zunächst die generelle Hinnahme der doppelten Staatsbürgerschaft vorgesehen war), bei der Homo-Ehe (Anschlag auf die Institution Ehe: Grünen fordern nämlich die vollkommene Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft mit der Ehe: im Steurrecht und im Adoptionsrecht (das konnte bis jetzt durch den Bundesrat verhindert werden)) und bei der Zuwanderung (Muli-Kulti-Gesellschaft). Daneben sind die Grünen die Partei der Technikfeindlichkeit, die gerade bei der politischen Linken verbreitet ist (da ja neue Techniken alte Arbeitsplätze überflüssig machen; sie schaffen aber auch neue; das veressen die linken Maschienenstürmer; daneben spielen natürlich auch Ängste eine Rolle). Die Gegnerschaft zur Gentechnik, zur Atomkraft und zum Transrapid erklärt sich aus diesen Ursprung (wie im 19. Jhr. die Angst vor der Eisenbahn).
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Cram
Veröffentlicht am Freitag, 06. September 2002 - 10:04 Uhr:   

Rechts-Links-Schema:

Gesellschaftspolitik
......Links (Multi-Kulti)...........Rechts (Leitkultur)
......Grüne......PDS..SPD...FDP.....CDU...CSU


In der Wirtschaftspolitik bekäme man dagegen folgendes Bild

Links(Staatsinterventionismus)....Rechts (freier Markt)
PDS.............SPD..Grüne.........UNION.....FDP


Zusammenfassung (unter Berücksichtigung der Koalitionsfähigkeit der Parteien):
.................Links...............Rechts
PDS.........Grüne..SPD........FDP....CDU..CSU
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Freitag, 06. September 2002 - 10:59 Uhr:   

Danke, Cram.

Uneingeschränkte Solidarität! Ich werde Deinen interessanten Beitrag ausdrucken und am Wochenende noch einmal in Ruhe durchlesen.

Eine weiterer Aspekt ist noch die Frage Meinungsfreiheit - politische Korrektheit. Die PDS ist manchmal politisch weniger korrekt als die anderen Parteien im Linksbuendnis. Da ich Meinungsfreiheit über alles schätze, bringt ihr das bei mir einen Sympathiepunkt, von 10 möglichen. Ich kenne einen Kommunisten, der könnte sich vorstellen, Millionen umzubringen, ist nach Serbien gefahren, um mitzukämpfen, und hält Sicherungen im Bergbau für überflüssig, man könne ja Strafgefangene reinschicken. Der PDS - den Sozialdemokraten, wie er sagt - ist er schweren Herzens beigetreten. Aber mit ehrlichen Menschen läßt sich nunmal besser diskutieren.

Sonst würde ich natürlich am liebsten die PDS "entsorgen". Nur kann man natürlich kein Wahlrecht so zusammenstricken, um eine Partei loszuwerden (s.a. die Beitäge von Stoiber: bei 3% wären ABC und XYZ im Landtag), und es wäre auch gegen meine rechtsstaatliche Überzeugung (Rule of Law).

Einfach 5% abziehen?

Ein Problem der 5%-Hürde ist die Willkür und Unstetigkeit. Hätten wir das Sexagesimalsystem, dann wären es vielleicht 1 von 24 oder so. Mit Unstetigkeit meine ich, daß geringe Änderungen der Stimmenanteile (von 4.9 bis 5.1 Prozent) große Änderungen der Zahl der Mandate bewirken. (Mathematisch ist eine Funktion stetig, wenn man sie in einem Zuge zeichnen kann. Eine Unstetige Funktion dagegen besitzt Sprünge.) So etwas findet sich auch im Steuerrecht, so kann eine Mark mehr Einnahmen zu 100 Mark höheren Steuern führen. Das ist großer Unsinn und resultiert aus einer allgemeinen mathematischen Unbildung. So weigert man sich, "komplizierte" Formeln in Gesetzestexte zu schreiben, sie würden sonst unverständlich - als würde der Laie sie ohne Formeln verstehen. Man sollte vielleich mal den Bock zum Gärtner machen und mehr Naturwissenschaftler heranlassen. In der Wirtschaft gibt es solche Tendenzen, Banken und Investmentgesellschaften suchen zunehmend Naturwissenschaftler.

Könnte man von den Wählerstimmen vielleicht einfach 5% abziehen. Bei Simmenanteilen von CDU 37%, SPD 36%, FDP 11%, Grüne 8%, PDS 5% ergäbe das 45, 43, 8, 4 und 0 Prozent der Sitze. Mögliche Koalitionen: Schwarz-Gelb, Rot-Gelb, Große Koalition.

Das Verfahren läßt sich auch aus anderer Sicht gut begründen. Entscheidend ist, um wieviel der Stimmenanteil einer Partei das "politische Grundrauschen" (hier 5%) übersteigt, wenn man einmal unterstellt, daß vollkommen irrationales Wahlverhalten einer Partei schon 5% bringen kann.

Der Vorschlag ist so einfach, daß darüber sicher schon einmal nachgedacht wurde.
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tomas30
Veröffentlicht am Freitag, 06. September 2002 - 12:40 Uhr:   

Ich finde es beschämend wie hier überlegt wird, das Wahlrecht zu verändern, um eine Partei heraus zu halten. Das Interessante an Gesetze und Regeln ist m.E. doch gerade, das sie für alle gelten und die Spielregeln nicht nach Bedarf mal eben geändert werden können.
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eike
Veröffentlicht am Freitag, 06. September 2002 - 13:59 Uhr:   

Auch wenn ich die PDS nicht mag, so muss sie doch (solange sie nicht verboten wird) die gleichen Rechte haben wie die anderen Bundestagsparteien und wie die anderen nicht im Bundestag vertretenen Parteien.
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Freitag, 06. September 2002 - 14:50 Uhr:   

thomas30,

ich weiss nicht genau, auf welchen Beitrag sich Dein Kommentar bezieht. Ich trenne hier zwischem meiner politischen Ueberzeugung (Anti-Oeko und -PDS) und den Ueberlegungen zum Wahlrecht, das natuerlich fuer alle Parteien gleichmaessig gelten muss, am besten
fuer einen sehr langen Zeitraum gelten. Never change a running system. Zur Zeit laeuft es aber wirklich nicht sehr gut.

Es hat sich so etwas wie ein Konsens herausgebildet, dass eine zu Starke Parteienzersplitterung - im Augenblick sind wir bei fuenf, und ein sechster versucht es gerade - der Demokratie sowie der demokratischen Kultur (Wahlverhalten) abtraeglich ist.

Dann ist es natuerlich immer gut, ein neues Verfahren an den derzeitigen Verhaeltnissen zu simulieren. Die Verhaeltnisse von heute sind die beste Voraussage fuer die Verhaeltnisse von Morgen. Das klingt sehr konservativ, bewahrheitet sich aber immer wieder. Der Aktienkurs von heute ist die beste Voraussage fuer den Aktienkurs in einem Monat. Das Wetter laesst sich ungefaehr eine Woche im voraus berechnen, und das Klima gar nicht. Progressive, Utopisten und Visionaere, versucht euch erst einmal am Aktienmarkt oder mit einer eigenen Firma, und wenn ihr dort erfolgreich seid, lassen wir euch auf die Gesellschaft los.

Stichwort Ehrlichkeit: Es ist aber besser, wenn sich die Diskussionsteilnehmer mit ihren politischen Ueberzeugungen "outen", wie ich (bei Cram ist es wohl auch offensichtlich, und Eike kann ich bei aller Neutralitaet seiner Formulierungen auch in etwa einschaetzen), als wenn sie "Untergundwahlkampf", eine Art von Manipulation betreiben. So waere es denkbar, dass Aktivisten alle moeglichen Argumente gegen eine 5%-Huerde in die Diskussion werfen, nur um ihre Partei zu schuetzen.
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Freitag, 06. September 2002 - 15:56 Uhr:   

Betr. Rechts, Links, PDS=Multikulti?

Cram,

Deine Recht-Links-Schemata sind sehr interessant, vor allem aber kommen bei jeder moeglichen Einteilung die beiden Lager heraus, was sich auch dem wenig an Politik interessiertem intuitiv erschliesst.

Aussenpolitisch wichtig waeren noch die Stellung zum atlantischen Buendnis und, nicht zu trennen, zu Israel. Beim letzten Golfkrieg war alles noch intakt:

links - rechts
Gruene (Stroebele) SPD (Lafontaine) CDU FDP (Genscher)

Im letzten Jahr ist es etwas durcheinandergeraten.

Es gaebe auch noch eine andere Einteilung:

harmoniebeduerftig - streitsuechtig

SPD ... CDU ... Gruene ....... FDP

Hier kommt ein anderes Bild heraus. Natuerlich ist das mit mehr oder weniger Staat, ob Sozialstaat oder Law and Order, korreliert. Die Anhaenger der Volksparteien sind harmoniebeduerftiger, besonders die Gruppen "Subventionsempfaenger" und "Spiesser". Gerade in der SPD und zum Teil bei den Gruenen gibt es die Lebensstilgruppe der "Wertkonservativen": gutsituiert, vielleicht verbeamtet, gebildet, aber etwas unbeweglich in vieler Beziehung, langsam, Tendenz zum Besserwisser, Bedenkentraeger und Gutmenschen. Die FDP schert etwas aus und versucht sich dadurch zu profilieren, z.B. "Wir muessen die Schwachen vor den Faulen schuetzen." Recht hat er, aber das schmerzt bei den Hamoniebeduerftigen; lieber zahlen sie weiter. Oder Angriffe auf den "Generationenvertrag". Gibt es ihn ueberhaupt in schriftlicher Form (ernstgemeinte Frage)? Die Gruenen haben sich deutlich in Richtung harmoniebeduerftig entwickelt, seit sie an der Regierung beteiligt sind. Die Protestparteien spielen eine Sonderrolle: ihre Anhaenger sind extrem spiessig, und der Fuehrer spielt die Rolle des Volkstribuns, er verteidigt sozusagen ihre Unbeweglichkeit. Beispiele sind: PDS, Republikaner, Schill-Partei, FPOe, moeglicherweise auch SVP.

Ist die PDS eine Multikultipartei? Der groessten Teil ihrer Waehler und Funktionaere kommen aus der SED. Die DDR war alles andere als multikulturell. Diskriminierende Bezeichnungen fuer und Witze ueber Auslaender waren ueblich. Leiharbeiter waren streng unter sich. Viele zahlten ihre Beitraege fuer die Gesellschaft fuer Deutsch-Sowjetische Freundschaft (DSF), kamen aber nie mit Russen privat in Beruehrung. Lange Zeit hatte sich die Kulturpolitik gegen die westliche Muellkultur gewandt. Multikulti und Punker auf dem Wahlplakat sind Teil einer Strategie. Auf einem fuer sie gesellschaftspolitisch wenig relevanten Thema passt sie sich eben einfach dem Zeitgeist an, um das grosse Ziel nicht zu gefaehrden. Das ist Bestandteil der Buendnispolitik, wenn man "nuetzliche Idioten" (Lenin) fuer sich einspannen will. Es ist wahrscheinlich heute schlimmer, gegen das Multikulti-Dogma zu verstossen, als fuer die Ueberwinding der kapitalistischen Verhaeltnisse zu sein. Also, der Rentner aus der Plattensiedlung ist nicht fuer Multikulti, sondern tendiert eher zu lange Haare - kurzer Verstand. Und frueher, da konnte man sich noch als alte Frau auf die Strasse trauen ...
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eike
Veröffentlicht am Freitag, 06. September 2002 - 16:11 Uhr:   

Mach doch aus dem "streitsüchtig" ein "diskussionsfreudig", dann sind wir uns fast einig ...
Den Generationenvertrag gibt es in der Tat (in der Rentengesetzgebung) in schriftlicher Form; die Bezeichnung "Vertrag" ist natürlich irreführend, weil es sich zunächst (bei den meisten) um einen Pflichtbeitrag handelt und niemand sich vertraglich dazu verpflichtet hat, dass seine Rentenbeiträge gleich wieder an die heutigen Rentenbezieher ausbezahlt werden.
Zu den "Führern": Wer soll bei der PDS der (An-)"Führer" sein? Zu den anderen (extrem rechten) Parteien sind Schlierer, Schill, Haider und Blocher klar. Aber zur PDS fällt mir niemand ein. Und du meinst nicht im Ernst Zimmer? Ach so: Gysi - da fällt auf, dass die Masche "einfaches Parteimitglied" immer beliebter wird - erst Haider, jetzt Gysi ...
Die PDS ist eine linke Partei, eine Partei, die der von den linken Parteien gesetzten "political correctness" nachhängt. Dass die "political correctness" durchaus auch (übertriebene) multikulturelle Züge trägt, dürfte uns allen klar sein.
Damit ich nicht falsch verstanden werde: Ich bin durchaus sicher, dass wir Ausländer und v.a. Zuwanderer in Deutschland brauchen, aber schon die Aussage, dass die Zuwanderer Deutschland "nützen" müssen, wird von einigen Gutmenschen - mit dieser Formulierung stimme ich Stephan zu - bereits für nicht hinnehmbar gehalten, obwohl dieses Denken in anderen Ländern selbstverständlich ist.
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Stephen Schöndorf
Veröffentlicht am Freitag, 06. September 2002 - 17:18 Uhr:   

Der Vorschlag, einfach 5 % vom Wahlergebnis abzuziehen, würde langfristig zu einem Zwei-Parteien-System führen, da das Stimmengewicht massiv zugunsten der großen Parteien verzerrt wird.
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Freitag, 06. September 2002 - 18:03 Uhr:   

Eike,

ja, ich hatte auch nach einem anderen Begriff fuer "streitsuechtig" gesucht, aber nicht gefunden. Das Wort "Führer" setze ich nicht in Anführungsstriche, es sei denn es handelt sich um d e n Führer. Was kann das unschuldige Wort dafür. Autobahn setzt man ja auch nicht in Anführungsstriche, und der "Führer" hat nicht das Recht, noch 50 Jahre danach unsere Sprache kaputt zu machen. Auch an Aufarbeitungsritualen beteilige ich mich nicht, sie werden nur politisch ausgeschlachtet, und die richtigen Schlußfolgerungen werden sowieso nicht gezogen. Ich habe mich 1990 einmal an einem KZ-Gedenkmarsch beteiligt. Unter den Rednern waren nur Linksextremisten, die vor Wiedervereinigung und Konsumterror warnten, es war zum kotzen.

Die PDS-Weiber bringen es nicht. Deshalb ist die Partei ja auch im Abwärtstrend.

Bei Zuwanderung bin ich skeptisch, denn die Leistungseliten, die wir gerne hätten, kommen sowieso nicht. Die USA haben da größere Vorzüge: Englisch, niedrigere Steuern, mehr Freiheit, offenere Gesellschaft. Außerdem sollten wir uns erst einmal anschauen, wie wir die bisherigen "Gastarbeiter" verdaut haben, daß man die Fehler nicht zweimal macht.
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Freitag, 06. September 2002 - 18:47 Uhr:   

[sti:vn],

darum geht es ja gerade. Die Frage, ob mehr oder weniger Parteien besser waeren, ist ausführlich diskutiert worden, und es sind einige zu dem Schluß gekommen, das weniger mehr ist. Ich vertrete sogar die Auffassung, daß zwei Parteien ausreichten, insbesondere bilden sie das gegenwärtige Spektrum ausreichend ab. Es könnte auch noch eine dritte Partei sein, das haben die Wähler in der Hand. Es würde sicher so kommen, wenn sich die Volksparteien zu sehr ähnelten. Diese Partei würde aber nicht in jedem Fall "grün" sein, wie sich in Österreich gezeigt hat. Sie würde sehr wahrscheinlich nicht grün sein, da die jetigen Grünen der SPD zu ähnlich sind (meine Hilfstruppenthese, Rechts-Links-Analyse von Cram). Die FDP mußte sich auch aus der Umklammerung durch die Union lösen, um zu überleben.

Außerdem greift mein Vorschlag wirklich nicht sehr stark ein. Für Parteien unter 5% ändert sich gar nichts. Es ist wahrscheinlich die kleinstmögliche Änderung, die bisher vorgeschlagen wurde.

Es müssen ja nicht 5% sein. Gäbe es vielleicht die Möglichkeit diese Zahl nach einem objektiven Verfahren nach der Wahl zu bestimmen, nach dem Motto: mehr Zersplitterung - erhöhen, mehr Konzentration - senken. Eine solche politische Kybernetik ist sicher nicht so einfach, vielleicht unmöglich. Es ist sogar schon schwierig, die Raumtemperatur konstant zu halten. In der Wirtschaft hat man das versucht und wollte die zyklische Bewegung durch staatliche Wirtschaftssteuerung dämpfen (John Maynard Keynes), und es hat nicht richtig funktioniert, zum Teil haben sich die Probleme verschärft. Wirtschaft und Politik sind nichtlineare Gleichungen mit vielen Unbekannten, das kann sogar zu Chaos führen.
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Eike
Veröffentlicht am Freitag, 06. September 2002 - 21:32 Uhr:   

Stephan: Ich finde den Begriff "Führer" (als Begriff in Anführungszeichen!) in der Demokratie einfach für fragwürdig.
In puncto Gastarbeiter-"Verdauung" stimme ich dir zu. Damals sind Fehler passiert, die nicht noch einmal gemacht werden sollten.
Deine Fünf-Prozent-These gefällt mir aus zwei Gründen nicht:
1. Bevorzugt sie die großen Parteien (weil bei ihnen fünf Prozent prozentual weniger ausmachen)
2. Es liegt dann eine gewisse Unlogik vor, weil dann Parteiverbindungen (CDU/CSU) einerseits (CDU) Vorteile, andererseits (CSU) Nachteile erleiden. Da finde ich das vorteilsneutrale System, das wir heute haben, besser, auch wenn es nicht befriedigen kann, dass im Extremfall eine Stimme (die von 4,99% auf 5,00%) eine große Änderung in der Bundestagssitzverteilung ausmacht.

Eine Idee wäre, die Sitzverteilung nur auf 30 oder 60 Sitze auszurechnen (nicht explizite Sperrklausel) und von dort aus auf 598 oder was auch immer wie viele Sitze hochzurechnen. Vielleicht könnte man dann argumentieren, dass diese Sitzverteilung etwas weniger willkürlich ist.
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Cram
Veröffentlicht am Freitag, 06. September 2002 - 21:47 Uhr:   

Thomas 30


Nicht um eine Partei draußen zu halten, sondern aus prinzipillen Überlegungen (siehe meinen Beitrag von 0:43). Allerdings könnte eine solche Maßnahme diese Wirkung haben (wenn die Wähler die PDS nicht zu mehr als 5% wählen). Das würde ich keineswegs bedauern. Wahlrecht ist nicht nur eine rein technische Angelegenheit. Politische Interessen spielen immer eine Rolle. Als in der Zeit der Großen Koalition (1966-1969) die Einführung eines Mehrheitswahlrechts diskutiert wurde hat die FDP davon gesprochen das das Ende der Freiheit drohe. Frage: Sind Länder wie GB oder die USA keine freiheitlichen Länder?. Die Folge des Mehrheitswahlrechts wäre allerdings mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ein Zweiparteiensystem gewesen. Die FDP hätte kaum eine Chance überhaupt parlamentarisch vertreten zu sein (in der Zeit von 1961-1983 war díe FDP ja praktisch Zünglein an der Waage und konnte bestimmen ob die CDU oder die SPD den Kanzler stellt). Die Partei mußte um ihre Existenz fürchten. Daher sind ihre Aussagen sehr verständlich. Nur: Man sollte nicht den Fehler machen, die Frage der Existenz (bzw. der Vertretung einer Partei im Parlament) mit der Frage Demokratie oder nicht zu verwechseln.
Ich habe ehrlich die Karten auf den Tisch gelegt, habe meine Position begründet (siehe Beitrag von 0:43) und habe ehrlicherweise zugegeben, dass ich mit dem möglichen Ergebnis der Abschaffung der Grundmandatsklausel (Rausfall der PDS) sehr einverstanden wäre. Mit dem Vorwurf, dass das nur meine Meinung sei weil ich die PDS loshaben wolle kann ich leben auch wenn das nicht der Grund ist (ich bin für das personalisierte Verhältniswahlrecht mit Sperrklausel 5% (die sollte aber absolut verbindlich sein und nicht durch drei Direktmandate (Mehrheitswahlrecht) durchbrochen werden können. Das eine Partei mit 4,9% ohne Direktmandate nicht vertreten ist und eine mit 3,5% (und drei Direktmandaten) dann von der 5%-Hürde befreit ist und in den Bundestag einzieht führt dazu das der Grundsatz des gleichen Gewichts von Stimmen nicht gewahrt wird. Die Wähler der 4,9% werden nicht vertreten, die der 3,5% aber schon. Daher: 5%-Hürde für alle verbindlich.
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Freitag, 06. September 2002 - 23:37 Uhr:   

Eike,

wir habe früher in der Schule den Begriff Assimilation für Verdauung gelernt, die Umwandlung körperfremder in körpereigene Stoffe. Das ist fast das einzige, was ich noch weiß, den der Lehrer hat es immer wieder heruntergeleiert.

Deiner Argumentation mit CDU/CSU schließe ich mich nicht an, denn man muß das inhaltliche (Ähnlichkeit von CDU und CSU) vom formalen (Wahlrecht) trennen. Theoretisch könnte die CSU ja auch mit anderen Parteien eine Fraktionsgemeinschaft bilden. Außerdem könnte sie sich mit der CDU zusammenschließen (Bolschewiki in Bayern, Menschewiki in den anderen Bundesländern). Die Fünfprozenthürde würde die CSU theoretisch auch dann benachteiligen, wenn sie an ihr scheitern würde.
Also ist der Vorschlag noch nicht ganz vom Tisch. Das Subtraktionsverfahren ist ein Verhältniswahlrecht mit leichter Tendenz zum Mehrheitswahlrecht, man könnte sagen, es verbindet die Vorteile beider Verfahren. In jedem Fall wäre ich auch für den Wegfall der Grundmandateklausel. Das war vielleicht am Anfang nötig, bis sich ein stabiles Parteiensystem etabliert hatte. Zwölf Jahre nach der Wiedervereinigung könnte man sie also wieder wegfallen lassen. Bei der nächsten Wiedervereinigung könnte man die Grundmandateklausel wieder einführen, dann aber bei jeder folgenden Wahl die Anzahl der Grundmandate erhöhen, bis man über der Fünfprozentmarke angelangt ist, das wäre ein schleichender Wegfall.

Deinen Vorschlag "auf nur 60 oder 30 Sitze auszurechnen" verstehe ich nicht ganz. Wenn es bedeutet, daß die Anzahl der Mandate auf volle 60 oder 30 gerundet wird, dann ist das nichts anderes, als die Wählerstimmen auf ganze 10 oder 5 Prozent zu runden. Dann würden auch die großen Parteien mit gerastert, zumindest wäre das eine Gleichbehandlung. Auf die gegenwärtigen Umfragen angewandt, bekämen die Parteien 40, 40, 10, 10 oder aber 40, 30, 10, 10, 10 Prozent der Sitze, was Pattsituationen sehr viel wahrscheinlicher machen würde. Außerdem müßte eine Partei, die in den Umfragen bei 8 Prozent liegt, sich nicht weiter anstrengen, die Nächste Erhöhung der Mandate erfolgte nämlich erst bei Überschreitung von 15 Prozent.
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Eike
Veröffentlicht am Freitag, 06. September 2002 - 23:58 Uhr:   

1. Korrektur: Die CDU kann NICHT mit anderen Parteien eine Fraktionsgemeinschaft bilden (jedenfalls nicht mit der bestehenden Bundestags-GO)
2. Was meinst du mit 'nächster Wiedervereinigung'? Die Wiedereingliederung der Ostgebiete? Oder von Österreich?
3. Ansonsten verstehe ich deine Argumentation.
4. Aber zur 60 oder 30-Rundung:
a) Erstens wird damit auf 3,3 oder 1,6 Prozent gerundet, nicht auf 5 oder gar 10 Prozent.
b) Verfeinerung: Rundung auf 30 oder 60 Mandate, Parteien, die dann ein Mandat haben, werden wie bisher exakt berechnet (am besten nach St. Lague-Schepers)
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Samstag, 07. September 2002 - 00:30 Uhr:   

Eike,

mit der nächsten Wiedervereinigung, das war nicht ernst gemeint. Als wir die letzte am 3. Oktober 1990 in Berlin feierlich begingen, da lagen überall Flaschen, Pappbecher usw. herum. Einer meiner Freunde sagte: Beim nächsten Mal werden wir sicher knietief im Müll herumwaten."

Deinen Punkt 4 verstehe ich nicht. 30 von 600 sind 5 Prozent und 60 von 600 sind 10 Prozent. 20 Mandate auf 30 aufzurunden ist dasselbe wie 3.33 Prozent Stimmanteile auf 5 Prozent aufzurunden.
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Cram
Veröffentlicht am Samstag, 07. September 2002 - 01:42 Uhr:   

Stephan,

ich kann mich was die PDS und Multi-Kulti betrifft Eike nur anschließen. "Die PDS ist eine linke Partei, eine Partei, die der von den linken Parteien gesetzten "political correctness" nachhängt. Dass die "political correctness" durchaus auch (übertriebene) multikulturelle Züge trägt, dürfte uns allen klar sein."

Ich habe meiner Einteilung die programmatischen Aussagen der Parteien und ihre Politik in den letzten Jahren zugrunde gelegt. Die geselschaftspolitischen Veränderungen von Rot-Grün wurden von der PDS alle mitgetragen (Staatsangehörigkeitsrecht, Homo-Ehe, Zuwanderungsgesetz). Ich habe die PDS in diesem Punkt daher auch ganz dicht an die SPD gesetzt. Ich sehe in diesen Fragen keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen beiden Parteien. Traditionell stehen ja beide Parteien für Umverteilung. Die PDS versucht sich ja als Lafontaine-SPD zu profilieren. Dabei versucht sie auch in grünes Klientel einzudringen (daher die Positionierung links der SPD in der Gesellschaftspolitik: der PDS sind diese ganzen Fragen eigentlich nicht wichtig. Ihrer Wählerschaft auch nicht (die ist alles andere als Multi-Kulti), aber die PDS muß versuchen ihre Wählerschaft zu verbreitern und in Westdeutschland käme 1. diese Gruppe in Frage(Multi-Kultis) und 2. der linke Gewerkschaftsflügel (gab schon Versuche der PDS dort Fuß zu fassen; bislang absolut erfolglos). Der PDS geht es eigentlich um andere Fragen. Es geht, wie sie selbst sagt, um die Veränderung des Staatssystem der BRD. Helmut Holter sagte immer dazu: "Wir sind eine sozialistische, antikapitalistische und systemoppositionelle Partei." Es geht ihr in der Tat um den Aufbau einer stark staatlich gelenkten Wirtschaft und eines stark umverteilenden Staates. Dieses Konzept ist bereits in der Vergangenheit gescheitert (70er-Jahre) und ist heute gar nicht realisierbar. Immer mehr Menschen sehen das auch ein. Die PDS verliert daher doch auch im Osten allmählich an Unterstützung.
Voll für Multi-Kulti stehen in der Tat die Grünen, die ich daher ganz links gesetzt habe und bestimmte Teile der SPD. Ohne die Grünen würde die SPD aber nicht so extrem diese Richtung eingeschlagen haben, das ist sicher (sie ist wie du zurecht schreibst eher konsensorientiert; solche Veränderungen führen aber notwendigerweise zu Konflikten (die Grünen haben da in der Tat vieles durchgesetzt und die SPD buchstäblich "getrieben"; man erinnere sich an Schilys: "Die Grenzen der Belastbarkeit durch Zuwanderung sind überschritten" (1999) und dann kam 2002 das Zuwanderungsgesetz; nach dem Debakel beim Staatsangehörigkeitsrecht 1999 wurde die Homo-Ehe erstmal verschoben; die Grünen haben das Thema aber am Laufen gehalten und sie konnten es dann 2001 wieder auf die Tagesordnung bringen und es kam zu diesem Gesetz).

Was dein außenpolitisches Schema betrifft, so würde ich doch die UNION klar als die Partei der transatlantischen Solidarität benennen. Die FDP hat sich in den 1950er-Jahren teilweise recht schwer getan mit der Westanbindung. 1956 hat sie sogar die Regierung verlassen (Streit um Atomwaffenbewaffnung). Die Union ist da klar die Partei, die am stärksten für die transatlantische Gemeinschaft eintritt. Dann kommt die FDP und mit weitem Abstand die SPD (Linker Flügel überhaupt nicht mehr). Die Grünen propagierten von Anfang an Antiamerikanismus (hat sich inzwischen etwas abgeschwächt) und für die PDS ist Antiamerikanismus und die Gegnerschaft zum "Westen" Glaubensbekenntnis und ideologische Grundlage (die Partei hat ihre Basis, ihre Struktur, ihre Mitgliedschaft und ihre Programmatik ja aus der DDR-Zeit übernommen (SED-PDS).

Daher folgendes Bild.
links.............................................. rechts
PDS. .Gruene ..... SPD......FDP........UNION

Ich persönlich halte (sollte nicht in den nächsten Tagen ein Krieg ausbrechen) das Thema Wirtschaft, Soziales für das Thema 1.
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Eike
Veröffentlicht am Samstag, 07. September 2002 - 11:37 Uhr:   

@Stephan:
Zur "Wiedervereinigung II": Alles klar, dachte (hoffte) ich mir doch ... Aber es hätte ja sein können, dass hier so'n verkappter NPD-Fan auftritt ...
Zur "30/60-Rundung":
Wenn eine Partei 3,33 Prozent bekommt, erhält sie einen von dreißig Sitzen (also 3,33 Prozent der Sitze). Eine Partei, die 40 Prozent bekommt, erhält 12 Sitze (also exakt 40 Prozent). Eine Partei, die vier Prozent der Stimmen erhält, bekommt 1,2 Sitze (vereinfacht gerechnet, ohne Sperrklausel), also einen Sitz. Von einer Rundung auf fünf Prozent kann spätestens beim dritten Beispiel keine Rede sein.
Du unterliegst einem Denkfehler:
Du schreibst:
"30 von 600 sind 5 Prozent und 60 von 600 sind 10 Prozent."
Das ist natürlich richtig, nur hat es mit meinem System nichts zu tun.
Wenn die 5 oder 10 Prozent die Rundungsgenauigkeit darstellen würden, würde ja bei 30 (also weniger) verteilten Sitzen (5 Prozent) ergebnisähnlicher verteilt als bei 60 Sitzen (10 Prozent). Wenn du darüber etwas nachdenkst, siehst du, dass es nicht richtig ist.
(Aber sonst hast du mich ganz schön ins Schwitzen gebracht *g*.)
Nach meinem System brächte ein Sitz im 30er-Bundestag etwa 20 Sitze im 598er und ein Sitz im 60er-Bundestag etwa 10 Sitze im 598er-Bundestag.

@Cram:
Welches Debakel beim Staatsangehörigkeitsrecht 1999 meinst du? 1999 hat rot-grün das Staatsangehörigkeitsrecht mit Hilfe der FDP in Rheinland-Pfalz im Bundesrat durchgebracht.
Und das mit der "systemoppositionellen" PDS nehme ich nicht mehr gar so ernst. Insofern glaube ich schon, dass die PDS in der Bundesrepublik angekommen ist und jetzt so langsam gegenstandslos und aufgesaugt wird.
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Samstag, 07. September 2002 - 11:49 Uhr:   

Eike,

ich glaube, jetzt habe ich es verstanden. Mit ausrechnen auf 30 oder 60 Sitze meinst Du eine Rundung auf 1/30 = 3.33% oder 1/60 = 1.67%. Das ändert aber an dem Makel der Rundung nichts, nämlich daß Pattsituationen wahrscheinlicher werden: Bei 30 Sitzen sind sie Wahrscheinlicher als bei 600. Und bei 2 Sitzen sind sie sogar noch wahrscheinlicher (nicht so ganz ernst gemeint, siehe Wiedervereinigung II).
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Cram
Veröffentlicht am Samstag, 07. September 2002 - 23:02 Uhr:   

Eike,


Rot-Grün wollte generell die doppelte Staatsbürgerschaft zulassen (generelle Hinnahme der Mehrstaatigkeit). Mehrstaatigkeit für zu Loyalitätskonflikten (z.B. bei jugoslawischen, afghanischen Bürgern, siehe Konflikte).
Die FDP hat erfreulicherweise die selbe Position und hat dafür gesorgt, dass dieser Rot-Grüne Entwurf in der Schublade verschwand. Das geänderte Staatsangehörigkeitsrecht (Optionsmodell) verlangt richtigerweise nach wie vor die Abgabe der alte Staatsangehörigkeit.

Die Union hat dieses Gesetz daher auch nicht blockiert (sie hat sich der Stimme enthalten; meiner Ansicht nach hätte sie zustimmen können (was Teile der Union auch wollten)).

Mit Debakel meine ich die Art und Weise wie Rot-Grün mit seinen Multi-Kulti-Doppelpaßgesetz gescheitert ist (Landtagswahl Hessen 1999).


Die PDS ist aus meiner Sicht noch lange nicht in der Bundesrepublik angekommen. Sie hat realitätsferne (oder besser gesagt groteske) programmatische Vorstellungen (erinnert etwas an die frühen Programme der Grünen, vollkommen unausgegoren und Weltfremd). Allerdings hat sich die PDS in den letzten Jahren sehr geschickt verhalten und hat sich gegenüber der SPD auch sehr flexibel gezeigt (schließlich eröffnete die SPD die Möglichkeit aus dem Schattendasein zu kommen und mit an die Macht zu kommen. Sie ist aber nicht in der BRD noch in das Parteiensystem angekommen, durch ihre unverantwortliche Haltung in der Außenpolitik hat sie sich letzlich wohl selbst ein Bein gestellt). Die PDS ist und bleibt eine Ostpartei die vom Ostfrust lebt. Desto mehr unser Land zusammenwächst, desto schwächer wird sie werden. Das ist ein Prozeß der sicher noch lange Zeit dauern wird. Eine Partei von vorgestern wie die PDS, deren Mitgliedschaft zu 70% über 65 Jahre alt ist und nur zu 2% unter 30% (PDS = SED, 1989 sind ja viele aus der SED ausgetreten, nur die Hard-Core-Mitglieder blieben (die in der Stalinära bzw. Ära Ulbricht sozialisiert wurden; dieses Denken prägt die PDS; sie ist nicht demokratietauglich) steht nur für die Vergangenheit und nicht für die Zukunft. Ihre Konzepte sind von vorgestern und daher wird sie m.E. nach in den nächsten 10-20 Jahren in der Bedeutungslosigkeit verschwinden.
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Stephen Schöndorf
Veröffentlicht am Montag, 09. September 2002 - 16:40 Uhr:   

Die Unstetigkeit, die durch die 5 %-Klausel entsteht, ließe sich dadurch beseitigen, daß zwei Hürden eingeführt werden - eine Hürde für die Repräsentanz und eine für das volle Stimmengewicht.

Wenn die erste z.B. bei 2.5 % liegt und die zweite bei 5 %, dann würde die Prozentzahl, die zur Berechnung der Anzahl der Sitze herangezogen würde, für die Parteien, die zwischen diesen beiden Hürden liegen, durch eine lineare Funktion bestimmt werden

f(x) = 2 x - 5

Ein realer Stimmenanteil von 3 %, 4 % oder 4.5 % würde demnach für die Auszählung einem Anteil von 1 %, 3 % oder 4 % entsprechen.
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Eike
Veröffentlicht am Montag, 09. September 2002 - 16:47 Uhr:   

Interessanter Vorschlag.
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Montag, 09. September 2002 - 18:12 Uhr:   

Über so etwas habe ich auch schon einmal nachgedacht. Damit würden wir aber nicht weniger, sondern mehr Parteien im Bundestag haben. So manche Protestpartei mit 2.6% würde dann schon einen Sitz erlangen, den sie für "Wahlkampf zu Fenster hinaus" nutzen könnte (siehe jüngstes Beispiel). Außerdem, warum soll die Kurve zwischen 2.5 und 5 Prozent doppelt so steil sein wie danach? Das ist aber nur eine Kleinigkeit, die sich beseitigen ließe.
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Eike
Veröffentlicht am Montag, 09. September 2002 - 19:05 Uhr:   

Die Kurve muss doppelt so steil sein, weil sonst das Problem der Unstetigkeit bliebe.
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Montag, 09. September 2002 - 20:32 Uhr:   

Und trotzdem ergibt sich hier eine erhebliche "Gerechtigkeitslücke" zwischen Parteien die weniger als 2.5% und welchen die zwischen 2.5% und 5% erreichen. Also Parteien zwischen 2.5 und 5 Prozent würden bevorzugt.

Ich glaube, Stephen versucht, das Unmögliche möglich zu machen, naemlich eine Hürde einzuführen, die kleine Parteien nicht benachteiligt und große nicht bevorzugt.

Ich würde folgende Funktion vorschlagen:

y = 0 für x 0,

wobei x das Wahlergebnis in % ist und y der Prozentsatz, der fuer die Sitzverteilung maßgeblich ist. Die positive Konstante a würde ich ungefähr bei 5 festlegen. Die obige Formel ist also eine weiche a%-Hürde.

Als angehender Mathematikstudent kannst Du ja einmal die 100. Ableitung bei x=0 bilden.
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Montag, 09. September 2002 - 20:36 Uhr:   

Mist, eine Zeile ist verlorengegangen. Also die Funktion ist y = 0 für x kleiner oder = 0 und y = exp(-a/x) * x für x größer als 0. Hoffentlich klappt es jetzt.
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Eike
Veröffentlicht am Montag, 09. September 2002 - 21:21 Uhr:   

Du scheinst den Begriff "Negative Stimmen" falsch verstanden zu haben *g*: Wie soll es denn - wenn x das Wahlergebnis in Prozent ist - x kleiner Null geben?
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Eike
Veröffentlicht am Montag, 09. September 2002 - 21:23 Uhr:   

Was meinst du im Übrigen mit "exp"?
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Montag, 09. September 2002 - 22:25 Uhr:   

exp(x) ist dasselbe wie e hoch x, wobei e=2.71828 die Eulersche Zahl, das ist auch die Basis für den natuerlichen Logarithmus, bedeutet.
exp(-x) ist dasselbe wie 1/exp(x).

Um exp(-5/3) zu berechnen, gebe ich auf meinem Taschenrechner ein:
5/3 = +/- SHIFT ln (exp ist die Umkehrfunktion von ln).

Fuer x=0 ist die Funktion nicht definiert, also muß man sie explizit Null setzen. Für x kleiner als Null ist es tatsächlich belanglos, das habe ich nur aus Gründen der Differenzierbarkeit festgelegt.
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Eike
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 02:00 Uhr:   

Alles klar. ln- und e-Funktion sind mir durchaus ein Begriff *g*.

Zur Sicherheit: Deine Formel soll also lauten [nach meiner Schreibweise]:

f(x) = e^(-a/x) * x

Verstehen wir uns?

Deine Formel muss aber dann ja für alle Parteien gelten, sehe ich das richtig? [mit a=const.=5]

f(5) = 1,839

f(40) = 35,300

Wenn dem so ist, werden die kleinen Parteien aber massiv benachteiligt.

(Hare-Niemeyer) für x:

x=5 erbringt bei 100 Sitzen 11, x=40 89 Sitze;
f(5) erbringt bei 100 Sitzen 5, f(40) bringt 95 Sitze.

Außerdem spräche hier der Grundsatz der Wahlklarheit dagegen. Wer von den Nichtabiturienten versteht das? [Die Frage trifft natürlich auch auf unser gegenwärtiges Wahlsystem zu.]
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 09:55 Uhr:   

Ja, genau so meine ich die Formel. Fuer großes x kommt x-5 heraus, fuere kleines x geht sie sehr glatt in die Null über. Es ist sozusagen die Fortsetzung meiner Abzugsmethode mit anderen Mitteln.

Ich habe ja schon vorher geschrieben, eine Hürde, die kleine Parteien nicht benachteiligt, gibt es nicht. Das ist ja gerade der Sinn einer Mindestklausel. Man kann nur darueber diskutieren, ob die Hürde weich oder hart sein soll. Die bisherige 5%-Hürde ist sehr hart: unter 5% - keinen Sitz, über 5% - viele Sitze. Das Abzugsverfahren ist etwas weicher, weil stetig. Die obige Formal ist ultraweich, da alle Ableitungen stetig, einschließlich der negativen x-Achse. Da kann man also schön mit dem Auto hochfahren, ohne die Stoßdämpfer zu beschädigen.

Über den Klarheitsgrundsatz habe ich mich schon einmal geäußert. Wenn man auf "komplizierte" Formeln verzichtet, muß es nicht einfacher werden. Im Gegenteil, anstelle einer geschlossenen Formel benutzt das gegenwärtige Steuersystem Dutzende von Fallunterscheidungen. Ich benutze es nur als Black Box: Ich probiere aus, wie sich bei meinem Steuerprogramm verschiedene Eingaben auf das Ergebnis auswirken, so wie es die Urmenschen schon gemacht haben. Gesetzestexte sind doch nicht deshalb für den Laien verständlich, nur weil sie keine Formeln enthalten. Mit Formeln wären sie aber vielleicht für ein paar Naturwissenschaftler und Ingenieure zu verstehen. Wahrscheinlich will man das aber nicht (eine schwache Form einer Verschwörung), denn dann würde so mancher Blödsinn schneller auffallen, z.B. daß eine Mark mehr Einnahmen zu 100 Mark mehr Steuern führt. Das Steuerrecht ist nämlich unstetig, genauso wie das Wahlrecht. Man sollte deshalb einen "Stetigkeitsgrundsatz" in die Verfassung aufnehmen.

Man kann ja eine Tabelle oder Grafik in das Wahlrecht aufnehmen.

Generell sollte mehr für die mathematische Bildung getan werden, sonst kommen wir dahin, daß eine Minderheit die Mehrheit gnadenlos manipulieren kann. Da gibt es ein schönes Buch: W. Krämer: So lügt man mit Statistik.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 10:41 Uhr:   

Mit diesem Verfahren hätte man dann alle Nachteile kombiniert:
Das Stimmrecht von Wählern wird entwertet, wenn die Partei unter 5% bleibt.
Die Arbeitsfähigkeit des Parlaments wird durch Minifraktionen beeinträchtigt.
Und schwierige Mehrheitsfindungen sind vermehrt möglich.
Dazu hat man das Wahlrecht noch deutlich verkompliziert mit einer schwer verständlichen und inhaltlich nicht begründbaren Komponente.

Was soll uns das bringen?
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Stephen Schöndorf
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 11:20 Uhr:   

Nun, Ralf, ich selbst bin keineswegs vom Sinn der 5 %-Hürde überzeugt, da es stabile politisiche System wie z.B. die Niederlande gibt, die ganz ohne Hürde auskommen. Mein Vorschlag zielte darauf ab, die Unstetigkeit im jetzigen Wahlsystem zu beseitigen, die dazu führt, daß eine Stimme für eine 5.1 % -Partei das volle Gewicht hat, während eine Stimme für eine 4.9 %-Partei das Gewicht 0 hat.

Die oben vorgeschlagene Verwendung einer Exponentialfunktion würde ich aus dem Grund ablehnen, weil sie das Stimmenungleichgewicht auf alle abgegebenen Stimmen ausdehnt.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 11:29 Uhr:   

@Stephen:
Es gibt viele Argumente pro und contra 5%-Hürde.
Einige davon gehen m. E. völllig am Thema vorbei.
Z. B. schützt die Hürde nicht wirklich gegen Extremismus, auch wenn auch mal extremistische Parteien daran scheitern.
Dagegen hilft sie sehr, um die aus dem Parlament ein arbeitsfähiges Organ zu machen (Minifraktionen mit eingeschränkten Rechten würden da extrem stören).
Beim Thema Stabilität kommt es eher auf die Traditionen des politischen Umgangs an. Die Konsens-Orientierung z. B. der Niederlande hält halt auch einige Kleinparteien mehr aus. In Deutschland gibt es viel mehr Abgrenzung. Solange alle möglichen Parteien grundsätzlich ablehnen mit diversen anderen Parteien zusammenzuarbeiten, könnte eine Zunahme der Parteienvielfalt im Parlament sehr wohl die Regierungsfähigkeit erschweren.

Man muß sich also schon überlegen, für welchen Aspekt der 5%-Hürde man
Reparaturen vornehmen will.
Und da halte ich das Problem "Unstetigkeit" für recht unwesentlich.
Die eigentlichen Probleme heißen "Verzerrung der Wahlmehrheit" und "Ungleiches Stimmgewicht unter dern Wählern" - und die werden mit Formeln wie oben nicht gelöst.
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 11:40 Uhr:   

Ralf,

der ersten Nachteil (ob es wirklich einer einer ist?) läßt sich nicht so einfach beseitigen. Gegen die Prioritätenwahl habe ich den Einwand, daß sie nicht idiotensicher ist. Man sollte überhaupt jedes Wahlverfahren erst einmal im Altersheim testen, dann hätte man ein viel realistischeres Bild von dem, was möglich ist. Auch die Möglichkeit, daß die Wähler zwischen bisherigem Verfahren oder Prioritätenliste entscheiden, wie ich das für die Alternative Landesliste/Direktkandidaten vorschlug, ist nicht durchführbar, denn dann könnten die Stimmen der einen Wähler verfallen, die der anderen nicht.

Das von mir vorgeschlagene Abzugsverfahren (einfach 5% bei jeder Partei abziehen) beseitigt die beiden anderen von Dir genannten Nachteile: es ist weniger kompliziert und es reduzeirt die Minifraktionen, da jede Minifraktion mindestens 5% benötigt. Es kann theoretisch nur 19 Minifraktionen geben, praktisch aber viel weniger, und zwar tendenziell weniger, als wir gegenwärtig haben.

Stephen,

das Stimmenungleichgewicht läßt sich schon deshalb nie beseitigen, weil die Stimmen der Parteien, die nicht im Parlament sitzen, auf die anderen aufgeteilt wird.
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 12:00 Uhr:   

Ralf,

jetzt sind sich unsere Nachrichten unterwegs begegnet. Prinzipiell ist es so, daß die Einführung einer irgendwie gearteten Hürde eine Abkehr von der Linearität bedeutet, die die Wähler der kleineren Parteien natürlich viel härter trifft als die der großen.

Das Prioritätenwahlverfahren ist theoretisch sicher das gerechteste, man führt sozusagen mehrere Wahlgänge in einem durch, aber bei der Durchführbarkeit sehe ich Probleme.

Was wäre, wenn die Partei ABC beim Scheitern an der 5%-Hürde ihre Stimmen der Partei DEF vererben darf, vorausgesetzt DEF wäre damit einverstanden. Dann würden den ABC-Wählern keine Stimmen verlorengehen. Wenn die Kleinpartei GHI beim Scheitern an der 5%-Hürde ihre Stimmen keiner anderen Parte zur Verfügung stellt, oder keine Partei sie annehmen will, dann wüßte der Wähler, daß er den Verlust seiner Stimme riskiert.

In der gegenwärtigen Situation würde das bedeuten, Schill vererbt seine Stimmen an die Union und die PDS an die SPD (nach einem argumentativen Ringeltanz von Müntefering).

Vorteile des Vererbungsverfahrens:
1. Einfachheit (das Problem liegt bei den Parteien)
2. Stimmen müssen nicht mehr verlorengehen.

Nachteile?
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 12:33 Uhr:   

Nun fallen mir doch ein paar gravierende Nachteile des Vererbungsverfahrens ein. Kleinparteien könnten sich länger halten und würden häufiger gewählt, wenn sie dauerhaft ihre Stimmen einer größeren Partei überschreiben. Es könnte sich so ein System von "Zubringerparteien" herausbilden, und viele Wähler würden die großen Parteien dauerhaft durch die kleinen Parteien, die noch "die wahren Ideale" vertreten, hindurchwählen. Große Parteien könnten als Geburtshelfer kleinerer Parteien fungieren, um die Ränder besser zu erreichen, usw. usf.

Natürlich gibt es diese Tendenz auch bei der Prioritätenwahl, nur inoffiziell. Also stehen wir wieder vor der Frage, ob es überhaupt sinvoll ist, daß Stimmen nicht verlorengehen. Vielleicht ist es besser, wenn die Stimmen von Wirrköpfen einfach entsorgt werden.
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Eike
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 13:08 Uhr:   

Ich habe bisher die Prioritätenwahl so verstanden, dass der Wähler die Vererbungsentscheidung trifft und nicht die Parteien.
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 13:24 Uhr:   

Ja, richtig, und mein Einwand ist der, dass es zu kompliziert ist. Das Vererbungssystem waere wesentlich einfacher, zumindest fuer den Waehler, und die Parteien muessten vor allem Farbe bekennen (meine Lagertheorie). So koennte die SPD schlecht eine Zusammenarbeit mit der PDS ausschliessen, aber gleichzeitig sich deren Stimmen uebertragen lassen, nicht wahr?

Ausserdem: fuehrt nicht auch die Prioritaetenwahl durch die Waehler zu einer Auffaserung des Parteiensystems?

Man koennte vielleicht das Vererbungsprinzip dahingehend modifizieren, dass nur die Haelfte der Stimmen an die andere Pertei fallen. Damit wuerde man einer absichtlich betriebene Zersplitterung des Parteiensystems begegnen. Fundamentalisten haetten nur halbes Stimmrecht. Dann haetten wir

1. Chancenlose Parteien: NPD -- Republikaner -- Entsorgung
2. Zubringerparteien: Schill -- CDU, PDS -- SPD,
in manchen Bundeslaendern (Thueringen 1999) FDP -- CDU
3. Grosse Parteien, die die 5% sicher erreichen.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 13:27 Uhr:   

@Stephan:
Ich befürchte, daß Du das Präferenzwahlverfahren (bei Dir "Vererbung" genannt) noch nicht vollständig verstanden hast. Die von Dir genannten Argumente passen jedenfalls nicht dazu, z. B. gibt es kein "Annehmen" der Stimmen durch die Parteien.
Lies Dir vielleicht mal die Diskussionen zu diesem Wahlrecht durch, dann können wir hier weitermache.
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 14:59 Uhr:   

Ralf,

ich kannte Deine Vorschläge und habe sie mir noch einmal durchgelesen. Ich habe mich oben nur unglücklich ausgedrückt. "Was wäre, wenn ..." ist also als Vorschlag gemeint.

Mein Einwand gegen das Präferenzverfahren mit zwei oder mehreren Stimmen ist der, daß es zu kompliziert ist. Jemand, der das Verfahren nicht kennt und nur eine Partei ankreuzt, kann dadurch Nachteile haben. Das jetzige Verfahren mit Erst- und Zweitstimme ist zwar auch kaum zu verstehen, den einfachsten Bedürfnissen genügt es aber: Wenn ich nur eine Partei wählen will, mache ich einfach auf jedem der beiden Zettel ein Kreuz bei dieser Partei. Es erfüllt den Grundsatz: "The easy things are easy."

Deshalb geht meine Frage in die Richtung ob man nicht die Vergabe der Altenativstimme den Parteien überlassen kann. Dann ist für den "einfachen Wähler" wieder alles genau so einfach wie vorher. Das hätte manchen Vorteil, würde aber auch Folgeprobleme aufwerfen. Die kleinen Parteien könnten sich z.B. das Übertragen der Stimmen irgendwie vergüten lassen, und wir hätten de-facto-Koalitionen mit Parteien, die gar nicht im Parlament sitzen.

Das Alternativstimmen- oder Präferenzverfahren wirft außerdem die Frage auf, ob es richtig ist, daß Stimmen nicht verloren gehen sollen. Ich könnte z.B. ein Extremist sein und über viele Jahre der PDN die Hauptstimme und der CDU die Nebenstimme geben. Die PDN scheitert regelmäßig an der 5%-Hürde, und meine Stimme fällt in voller Höhe der CDU zu. Das machen auch andere so, nicht immer, aber immer öfter, und die PDN bewegt sich langsam auf die 5% zu. In den Wahlwerbespots heißt es: "Das nächste mal schaffen wir es." Gibt es die Alternativstimme dagegen nicht, so wähle ich nur ein oder zwei Mal PDN und danach wieder CDU. Um es kurzzufassen, Alternativstimmen- oder Präferenzverfahren, bei denen die Wählerstimme "versichert" ist, fördern Protestwahlverhalten sowie das Überleben extremistischer Parteien.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 15:13 Uhr:   

@Stephan:
> Mein Einwand gegen das Präferenzverfahren mit zwei oder mehreren
> Stimmen ist der, daß es zu kompliziert ist.
Im Prinzip ja, jedenfalls verglichen mit dem ganz schlichten Verhältnislistenwahlrecht.
Aber das Durchnummerieren von Parteien ist nicht so viel schwerer als das Ankreuzen nur der Lieblingspartei.

Vor allem aber muß sich der Wähler keine taktischen Überlegungen machen, um den Verlust seiner Stimme zu vermeiden - das vereinfacht insgesamt die Wahlentscheidung eher.

> Jemand, der das Verfahren nicht kennt und nur eine Partei ankreuzt,
> kann dadurch Nachteile haben.
Das heißt halt, er verzichtet auf die weiteren Optionen. Das ist legitim. Er wird dadurch nicht schlechter gestellt als mit dem heutigen Wahlrecht.

> Deshalb geht meine Frage in die Richtung ob man nicht die Vergabe
> der Altenativstimme den Parteien überlassen kann.
Ah, jetzt habe ich den das "Vererben" verstanden.
Also, ich als Wähler möchte die "Weiterverwertung" meiner Stimme nicht den Parteien überlassen! Die derzeitigen Mißstände incl. Fraktionszwang sind da schon schlimm genug.
Insbesondere haben die Wähler einer Partei bestimmt recht unterschiedliche Vorstellungen über ihre Zweitpräferenz, das sollten sie dann auch selber entscheiden dürfen.

> Die PDN scheitert regelmäßig an der 5%-Hürde, und meine Stimme fällt
> in voller Höhe der CDU zu. Das machen auch andere so, nicht immer,
> aber immer öfter, und die PDN bewegt sich langsam auf die 5% zu.
Wo ist das Problem?
Es ist doch kein legitimies Ziel bei der Wahlrechts-Gestaltung, Erneuerungen im Parteiensystem zu erschweren.
Wenn man sich mit stetiger Arbeit allmählich ins Parlament vorarbeiten kann, ist das doch sehr zu begrüßen (und viel besser als die Eintagsfliegen à la "Statt-Partei").
Umgekehrt entfällt dann dieses blöde Argument "Auch wenn Du mit X unzufrieden bist, hilf' Ihr noch einmal über die 5%-Hürde, weil sie sonst auf immer verloren ist".
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 15:49 Uhr:   

Ich stelle mir gerade vor, meiner Oma (89), die zwei Diktaturen miterlebt hat, das Präferenzverfahren zu erklären. Dabei will sie eigentlich bloß Genscher wählen.

Die Versicherung der Wählerstimme verführt m.E. zu unverantwortlichem Wahlverhalten. Es könnte so kommen, daß Wähler 4 von 5 Stimmen irgendwelchen Spaßparteien wie der Deutschen Biertrinker-Union geben und die fünfte Stimme dann einer richtigen Partei mit Chancen auf Einzug in den Bundestag. Oder man rollt das Parteienspektrum von einer Seite auf: 1. NPD, 2. DVU, 3. Republikaner, 4. Schill, 5. CDU. Mit anderen Worten, Dummheit wird nicht betraft (durch Verlust der Wählerstimme) bzw. Protestwählen kostet nichts. Handlanger des Kapitalismus wie ich haben dabei ein ungutes Gefühl.

Es könnte so kommen, daß viele, um das Verfahren voll auszuschöpfern, der Partei mit den geringsten Chancen die höchste Priorität geben (wie oben), denn wenn ich die erste Stimme der CDU gebe, brauche ich keine weiteren Stimmen zu vergeben. Das kann zur "Negation der Prognose" und zu Überraschungseffekten führen.

Außerdem könnten sich kleine Parteien an große dranhängen, z.B. Schill an die Union, nach dem Motto: "Unionswähler, gebt mir eure Erststimme."

Ein anderes Problem ergibt sich noch, nämlich das der Stimmenauszählung und der Wahlkampfkostenerstattung. Bei der obigen Reihenfolge, wo wird meine Stimme statistisch erfaßt, bei der NPD, der CDU, oder bei beiden? Alle drei Varianten funktionieren nicht.
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Stephen Schöndorf
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 16:04 Uhr:   

@ Ralf

"Z. B. schützt die Hürde nicht wirklich gegen Extremismus, auch wenn auch mal extremistische Parteien daran scheitern."

Sehe ich ähnlich.

"Dagegen hilft sie sehr, um die aus dem Parlament ein arbeitsfähiges Organ zu machen (Minifraktionen mit eingeschränkten Rechten würden da extrem stören)."

Im Bundestag gibt es immer wieder nach Parteiaustritten fraktionslose Abgeordnete, ohne daß die Parlamentsarbeit behindert würde - kein sehr überzeugendes Argument.

"...da halte ich das Problem "Unstetigkeit" für recht unwesentlich.
Die eigentlichen Probleme heißen "Verzerrung der Wahlmehrheit" und "Ungleiches Stimmgewicht unter dern Wählern" - und die werden mit Formeln wie oben nicht gelöst."

Diese "eigentlichen" Probleme würden aber nur dann gelöst, wenn die Hürde ganz abgeschafft würde. Alle anderen Modifizierungen (also auch die Alternativstimmvergabe) sind nur als Teillösungen zu betrachten.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 16:13 Uhr:   

@Stephan:
> Ich stelle mir gerade vor, meiner Oma (89), die zwei Diktaturen
> miterlebt hat, das Präferenzverfahren zu erklären.
"Nummerier die Parteien einfach in der Reihenfolge, wie sie Dir gefallen" - das versteht jeder, der überhaupt die Hürde "Lesen und Schreiben können" genommen hat.
Das ist z. B. viel einfacher zu verstehen als der Unterschied zwischen Erst- und Zweitstimme oder gar das durchaus übliche Kumulieren/Panaschieren.

> Dabei will sie eigentlich bloß Genscher wählen.
Sehr löblich ;-)
Aber der steht halt in keiner Weise zur Wahl. Solche Wünsche wird daher kein Wahlsystem erfüllen können.

> Die Versicherung der Wählerstimme verführt m.E. zu
> unverantwortlichem Wahlverhalten.
Das kann schon mal vorkommen, aber die Gefahr halte ich für überaus gering. Insbesondere sehe ich kaum ein Risiko, daß sich wirklich 5% für eine reine Spaßpartei einsetzen.
Und wenn sie es doch tun: das ist nun mal ihr gutes Recht und sie müssen dann genauso mit den Folgen leben wie die, die heute auf die oft inhaltsleeren Parolen einer Standardpartei reinfallen.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 16:16 Uhr:   

@Stephen:
> Im Bundestag gibt es immer wieder nach Parteiaustritten
> fraktionslose Abgeordnete, ohne daß die Parlamentsarbeit behindert
> würde -
Das "funktioniert" eigentlich nur deshalb, weil diese Einzelgänger de facto fast komplett entrechtet werden. Sowohl bei der Ausschußarbeit wie bei den Redezeiten im Parlament kommen diese Abgeordneten fast nicht mehr zum Zuge.
Dieser Zustand ist jetzt schon hochproblematisch, aber auf jeden Fall nicht mehr akzeptabel, wenn es sich um eine gewählte Partei handelt.
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Cram
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 16:29 Uhr:   

Ralf,

dein Vorschlag würde zu einem größeren Zahl an Parteien im Parlament führen (da die Leute kleine Parteien dann doch wählen würden, weil ihre Stimmen nicht mehr verschenkt würden - daher höhere Chancen für Parteien an die 5% heranzukommen). Eine Zersplitterung des Parteiensystems erschwert die Regierungsbildung. Deshalb ist die 5%-Hürde auch so wichtig. Schafft man sie ab (wie bei Kommunahlwahlen) so führt das zur Zersplitterung (BSP. Frankfurt 10 Parteien im Parlament, Regierungsbildung war lange Zeit gar nicht möglich). Abgesehen davon das es ja auch ohne 5%-Hürde eine Hürde gibt, nämlich die Größe des Parlaments (im Saarland 51 Sitze, in Hessen 110). Die 5%-Hürde ist für alle verbindlich und sollte es auch sein (daher sollte man meiner Meinung nach auch die Grundmandatsklausel abschaffen oder sie mit der 5%-Hürde synchronisieren (d.h. staat 3 (=1% der Direktmandate) auf 15 (=5%) der Direktmandate anheben).
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 16:39 Uhr:   

@Cram:
Wohlgemerkt: Ich bin NICHT für die Abschaffung der 5%-Hürde.
Sondern nur dagegen, daß die Stimmen für Parteien unter der Hürder ersatzlos gestrichen werden.

Wenn sich nun mehr als 5% der Wahlberechtigten für eine Partei entscheiden, weil sie nicht mehr Angst haben müssen, daß ihre Stimme in den Papierkorb wandert - dann ist es legitim, daß diese ins Parlament kommt.
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petergro
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 16:42 Uhr:   

Ich stelle mir eine durchnummerierte Wahl weniger Kompliziert für den Wähler als für die Auswerter/STimmenzähler vor.
Heisst es dann am Wahlarbend ca. 18.30 nach ersten Hochrechnung ben die PArteien folgende ERgebnisse. MAn muss ja dann erst einmal das Gesamntergebnis haben, um z.B. sicher zu sein, dass die Schill-Partei die 5%-Hürde nicht überschirtten hat und dann muss man sehen, mit welchen Anteilen die Schillwähler wen bzw. niemanden auf Platz zwei gesetzt haben. das erscheint mir sehr aufwendig und mit einem Endergebnis wäre nicht vor 4.30 am nächsten Morgen zu rechnen.
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Cram
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 16:55 Uhr:   

Ralf,

alles klar. Dennoch würde ein solches Wahlsystem kleine Parteien befördern um Stimmen zu werben (z.B. die ÖDP oder auch die Schill-Partei, usw.) da die Wähler von Anfang an nicht sagen das dass eh verlorene Stimmen sind(was vielfach der Fall ist). Tendenziell ist das Ergebnis also eine Beförderung von Kleinstparteien (auch wenn man die 5%-Hürde beibehält) und damit eine Beförderung einer Zersplitterungstendenz. Das würde zu Problemen bei der Regierungsbildung führen.
Chancenlos sind neue Parteien auch beim gegenwärtigen System nicht, was sich am Aufstieg der Grünen zeigt. Ich sehe keinen Grund für eine Veränderung.
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 17:14 Uhr:   

petergro,

irgendwann werden die Stimmen maschinell gezählt werden wie in den USA. Dort arbeitet man auch schon daran, die Wahlen an einem Bildschirm, einem "Touch Screen" durchzuführen. Dan sind die Stimmen schon direkt im Computer, und der schafft über eine Million Rechenoperationen in der Sekunde. Das Problem sollte in Zukunft keine Rolle meht spielen.

Ralf + Stephen,

wie Cram bin ich auch ein Anhänger weniger Parteien, denn ich glaube nicht, daß mehr Parteien mehr Demokratie bedeuten. Die Gründe habe ich schon einmal dargelegt. Das hat nicht nur mit Extremismus zu tun. Wenn man dieses Ziel verfolgt, dann muß man der natürlichen Tendenz zur Zersplitterung entgegenwirken und explizit kleine Parteien b e n a c h t e i l i g e n. Das macht die 5%-Hürde so recht und schlecht. Insbesondere die 5,3%-Parteien haben, gemessen an ihrem Stimmenanteil, einen zu großen Einfluß (früher FDP, heute PDS). Deshalb würde ich lieber 5% abziehen, dann hätte die 5.3%-Partei nur noch etwa 0.3% der Sitze.

Und was Parteineugründungen betrifft, da bin ich auch skeptisch. Es reicht m.E. völlig aus, wenn die Möglichkeit auf dem Papier steht. Diejenigen, die in der Politik etwas bewegen wollen, sind normalerweise schon in den etablierten Parteien tätig. Deshalb sind neue Parteien meistens nicht seriös. In den USA gibt es seit langer Zeit nur zwei Parteien im Parlament, und in Deutschland würden es drei Parteien auch tun.

Wenn wir verschiedene Ziele verfolgen, also die einen wollen mehr und die anderen weniger Parteien, dann hat es keinen Zweck über die Methoden zu streiten.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 17:23 Uhr:   

@Petergro:
Richtig, komplizierter wird es nicht für den Wähler, sondern für die Auszähler.
Aber das ist nicht so schlimm, wie Du befürchtest.

In der Praxis sortiert man wie bisher auch erstmal nach Erststimmen.
Und dann ist schon im ersten Durchgang klar, daß über 80% der Stimmen so bleiben.
Und umgekehrt hast Du die Stapel mit den Winzparteien, die alle zusammen nicht auf 5% kommen - die können sofort und komplett umverteilt werden.

Erst dann ist zu prüfen, ob eine der "mittleren" Parteien noch unter 5% liegt und ebenfalls umverteilt werden muß.

Insgesamt keine sehr schlimme Verlängerung der Auszählung (nicht ansatzweise vergleichbar mit dem längst eingeführten Kumulieren/Panaschieren) und außerdem bald mit Computerhilfe noch schneller machbar.
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petergro
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 17:27 Uhr:   

WEnn wirklich auf Rechnerauszählung umgestellt werden würde, hätte ich keine Bedenken mehr.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 17:31 Uhr:   

@Cram und Stephan:
OK, Ihr wollt weniger Parteien. Und Stephan hat recht, man muß nicht über Methoden reden, wenn man über das Ziel keine Einigkeit hat.
Es sollte aber doch daran erinnert werden, daß eine solche Benachteiligung kleiner Parteien und ihrer Wähler erst einmal GG-widrig ist.

Wenn also nach Crams Beispiel eigentlich über 5% der Leute das ÖDP-Angebot am besten finden, aber durch das Wahlrecht abgeschreckt werden, ihren Wunsch zu realisieren - dann ist das schon eine bedenklich unfaire Sache.

Und ansonsten gilt: Selbst wenn man nun den Einfluß kleiner Parteien auf die Regierungsbildung zurückdrängen möchte - so ist die 5%-Hürde OHNE Ausgleich ein schlechtes Instrument.

Man sieht das ja derzeit:
Vielleicht entscheiden einige Millionen FDP-Stimmen, ob Stoiber oder Schröder Kanzler werden - und das haltet Ihr für einen übertriebenen Einfluß.
Aber durch das derzeitige Wahlrecht entscheiden vielleicht wenige Dutzend PDS-Wähler, ob Stoiber oder Schröder Kanzler werden - das ist wohl um Größenordnungen krasser.
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Eike
Veröffentlicht am Dienstag, 10. September 2002 - 17:54 Uhr:   

Natürlich wäre es am besten, wenn alle Wahllokale mit Computern ausgestattet würden. Das Problem wäre halt nur, dass das extrem viel Geld kostet und eigentlich nur fünfmal binnen vier, fünf Jahren genutzt wird (Europawahl, BT-Wahl, Landtagswahl, Kommunalwahl, Bürgermeisterwahl).
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Cram
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. September 2002 - 01:24 Uhr:   

Ralf,

das ist eben so. Auch bei deinem System könnte eine Partei mit 4,9% scheitern (wenn sie keine Zweitpreferänzen bekommt oder/bzw. nach Zweit, Dritt, usw.-Preferänzen bei 4,9% liegt.

Ansonsten: Wenn du dich mit deinem Kommentar auf die Grundmandatsklausel beziehst (PDS und drei Direktmandate) so verweise ich darauf das ich die Klausel in der Form ablehne. Man sollte sie daher grundsätzlich abschaffen oder mit der 5%-Hürde synchronisieren (5% der Dirkemandate (=15) als Hürde anstatt 3 (=1%), siehe auch meine Beiträge unter Alternativstimmgebung ab 8. September)
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. September 2002 - 11:26 Uhr:   

@Cram:
> Auch bei deinem System könnte eine Partei mit 4,9% scheitern
Richtig. Das ist ja auch nicht das Problem.

Dann sind das aber echte 4,9% - und das reicht halt nicht.
Während es derzeit 4,9% plus eine Anzahl von Anhängern sein kann, die sich von der 5%-Hürde abschrecken ließen, sprich selbst bei echtem Rückhalt über 5% kann die Partei scheitern.

Im übrigen geht es mir weniger um die Parteien, sondern um die Wähler.
Wenn die Partei mit 4,9% scheitert - ok.
Aber muß das bedeuten, daß eine entsprechende Anzahl von Wählern de facto ihr Wahlrecht verliert?
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Cram
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. September 2002 - 14:57 Uhr:   

Ralf,

kann passieren. Aber andererseits: Kleine Parteien, die als Koalitionspartner oder potentielle Koalitionspartner von größeren fungieren können gerade wenn sie knapp unter 5% liegen auf die Zweitstimmen von Anhängern des größeren Koalitionspartners hoffen, bzw. um sie werben. Gerade die FDP hat davon profitiert.

Die 5%-Hürde wirkt wahrscheinlich in zwei Richtungen: Splitterparteien und Kleinstparteien bleiben klein (Wähler wollen keine Stimmen verschenken), größere kleinere Parteien werden eher gestärkt (auf über 5%, es sei denn sie sind lokal sehr schwach: dann werden auch sie weiter geschwächt).
So gesehen kann die 5%-Hürde bei kleinen Parteien durchaus hilfreich sein ihre Anhänger zu mobilisieren (auch wenn viele Wähler mit der Partei unzufrieden sind (und möglicherweise zuhause bleiben wollen) führt die Aussicht das die präferierte Partei unter 5% kommt und in die Bedeutunglosigkeit versinkt zu einer Mobilisierung der Stammwähler (die FDP hat häufig (natürlich nicht immer) die 5%-Hürde genommen, obwohl es ihr nicht zugetraut wurde. Ich bin mal gespannt wie die PDS abschneidet (das Totenglöcklein wurde ja jetzt schon geläutet; aus meiner Sicht verfrüht: das könnte der PDS die Mobilisierung im Osten eher erleichtern.)
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. September 2002 - 15:05 Uhr:   

@Cram:
> Die 5%-Hürde wirkt wahrscheinlich in zwei Richtungen:
Völlig richtig.
Und das sind für mich schon zwei Richtungen zuviel ;-)

Denn beiden Trends liegen sachfremde Überlegungen zugrunde, d.h. das Abschneiden der Partei ist nicht mehr direkt proportional zum Wählerzuspruch, sondern irgendwelche Umfrageeindrücke oder taktische Überlegungen überlagern die politischen Inhalte.
Das muß nicht sein.
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. September 2002 - 15:31 Uhr:   

Cram,

genau dieser Tendenz würde mein Vorschlag, 5% zu subtrahieren, entgegenwirken. Bisher lohnt es sich, kleineren Parteien Leihstimmen zu geben. Gibt man einer 4%-Partei 1% Leihstimmen, so bekommt man damit 4% geschenkt. Bei meiner Methode dagegen würde man die 1% verlieren, die erforderlich sind, die kleine Partei an die 5% heranzubringen.

Gibt es Erkenntnisse, ob die Grünen von SPD-Leihstimmen profitieren?
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Cram
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. September 2002 - 15:32 Uhr:   

Ralf,

beim Preferänzwahlsystem spielen ja auch taktische Überlegungen eine Rolle (z.B. an wen die Zweitpräferenz geht). Tendenziell führt es zu einer Zersplitterung, weil dann keine "Angst vor der Bedeutungslosigkeit der Stimme" besteht.
Die von dir kritisierten sachfremden Überlegungen würden auch bei der Erstpreferänz eine sehr große Rolle spielen (z.B . Erstpräferenz FDP, 2. CDU, oder 1. Grüne, 2. SPD).

Jede Hürde führt zu taktischen Wahlverhalten.
Sie ist aber notwendig um ein arbeitsfähiges Parlament zu haben und die Regierungsbildung zu erleichtern, die bei einem zersplitterten Parteiensystem nicht möglich ist. Das Wahlrecht hat zwei konträre Zielrichtungen (proportionale Representation - leichte Regierungsbildung(daher Zersplitterung entgegenwirken).
In der Rubrik Alternativstimmgebung (unter Wahlsysteme und Wahlverfahren) habe ich dazu Vorschläge gemacht.
Ich lege mehr wert auf ein stabiles Parteiensystem mit wenigen Parteien, du darauf das möglichst keine Stimme verloren geht und kleine Parteien bessere Chancen haben. Das sind konträre Zielvorstellungen (die beide legitim sind), daher werden wir uns wohl über ein Wahlmodell kaum einigen können.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. September 2002 - 15:39 Uhr:   

@Stephan:
Mal abgesehen davon, daß ich eine solche Benachteiligung kleinerer Parteien ohnehin für grob ungerecht und verfassungswidrig halte: Damit verlagerst Du das Leihstimmenproblem nur auf die 10%-Marke ...
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. September 2002 - 16:58 Uhr:   

Ralf,

es geht hier nicht um "ungerecht oder verfassungswidrig halten", denn die 5%-Hürde ist auch nicht verfassungswidrig, sonst wäre sie schon nicht mehr da.

Mit den Leihstimmen (= Übertragung von Stmmen einer großen auf eine kleine Partei) ist es so, daß sie bisher Vorteile bringen können. Bei meiner Variante bringen sie niemals Vorteile, in manchen Fällen aber Nachteile.

Ein nicht arbeitsfähiges Parlament ist auch ungerecht, denn der Wähler bekommt nicht, was er gewählt hat, sondern die Politik wird durch taktische Überlegungen der Parteien bestimmt. In Holland spielte dieses Problem bei den letzten Wahlen eine große Rolle.

Außerdem teile ich deine Definition von Gerechtigkeit nicht, wonach jeder Wähler den Anspruch hat, über 1/100000 Sitz im Bundestag zu entscheiden. Anspruchsgerechtigkeit, ein sozialistisches Ideal, ist auch sonst im Leben nicht zu verwirklichen. Meiner Meinung reichen gleiche Spielregeln (kapitalistisch) völlig aus. Ich weiß nicht, wie Verfassungsrichter diese Frage sehen.
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Frank Schmidt
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. September 2002 - 18:21 Uhr:   

@Stephan:
Der 5%-Abzug sorgt meiner Ansicht nach für Konzentration auf SPD und Union im Westen, aber nur für knappe Mehrheiten. Und dann kommt eine Protestpartei a la Schill, die beide ablehnt, und keiner kann allein regieren...

Im Osten wäre die Situation schon da, es bleibt dort bis auf weiteres bei 3-Parteien-Parlamenten: SPD, Union, PDS.

Wenn du Mehrheiten willst, nimm lieber das Grabenwahlrecht.
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Cram
Veröffentlicht am Donnerstag, 12. September 2002 - 01:51 Uhr:   

Stephan,

Frank Schmidt hat mit seinem Einwand recht. Rot-Grün und Schwarz-Gelb liegen in einigen Westdeutschen Bundesländern sehr nahe beieinander. Die großen Parteien würden weiterhin auf die kleinen Koalitionspartner angewiesen sein, auch wenn diese nur 2%,3% oder 4% der Parlamentsmandate bekämen. Der große Einfluß der kleinen Parteien wäre damit ungebrochen, die Mehrheitsbildung würde nicht erleichtert.
Ich habe unter der Rubrik "Wahlsystem und Wahlverfahren", Rubrik "Alernativstimmgebung" einen Vorschlag zur Einführung eines Grabenwahlsystems gemacht (Diskussion vom 8. September). Vielleicht könnten wir uns auf ein solches Verfahren verständigen. (kleine Parteien bleiben vertreten (über den Listenanteil(50% der Abgeorneten nach Verhältniswahlrecht, 50% nach relativen Mehrheitswahlrecht (ohne Anrechung auf die Liste wie bisher) Konsequenz: kleine Partei x bekommt 5% Zweitstimmen = 2,5% der Gesamtmandate (wenn sie keine Direktmandate holen, was den kleinen Parteien (FDP; Grüne) nicht gelingt; über den Mehrheitswahlanteil kommt es zu deutlichen Ergebnissen pro-CDU/CSU oder SPD und damit zu erleichterter Regierungsbildung (absolute Mehrheit wahrscheinlicher, es würde auf jeden Fall für Mehrheiten einer großen mit einer kleinen Partei reichen (Zweierkoalition) was mit unserem heutigen Wahlsystem und userer heutigen Parteienlandschaft auf Bundesebene (5 Parteien) nicht garantiert ist.
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Kleinparteienfreund
Veröffentlicht am Donnerstag, 12. September 2002 - 08:57 Uhr:   

Dein Grabenwahlrecht würde die Monopolstellung der sog. Volksparteien noch mehr verstärken, als das bisherige, in dem der 5%-Hürde diese Funktion zukommt. Ich frage mich, wann man auf die Idee kommt, reines Mehrheitswahlrecht einzuführen. Dann wäre man das "Problem" der Kleinparteien definitiv los und nur noch die Betonköpfe von Union/SPD würden im Bundestag vertreten (+ 2 von der PDS). Frei nach dem Motto: Union+SPD: Der Staat sind wir.
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Donnerstag, 12. September 2002 - 10:17 Uhr:   

Cram (1:51 Uhr),

ich stimme Dir zu, daß das schon ein großer Schritt in die richtige Richtung ist. Gegen die Anrechnung der Direktmandate bin ich auch, denn im bisherigen System ist die Erststimme nur eine Farce.

Kleinparteienfreund,

deswegen heißen sie ja Volksparteien, weil sie von der Überwiegenden Mehrheit des Volkes gewählt werden. Bei dem bisherigen Verfahren haben kleine Parteien zu viel Macht, die Politik wird durch taktische Überlegungen bestimmt, und die Konsenspolitik bringt manchmal sogar die schlechtestmögliche Lösung hervor, nach dem Motto: viele Köche verderben den Brei.

Es spricht durchaus einiges für das Mehrheitswahlrecht. Der Philosoph Karl Popper hatte Deutschland das Mehrheitswahlrecht ausdrücklich empfohlen, um den Reformstau zu beseitigen. Es ist auch sicher kein Zufall, daß den angeslächsischen Ländern, in denen es traditionell weniger Parteien gibt, die größten Katastrophen (Sozialismus, Nationalsozialismus) erspart geblieben sind.

Der Tendenz zum Kollektivismus sollte man durch Stärkung der Individualrechte abhelfen und nicht durch mehr Parteien im Parlament. In angelsächsischen Ländern greift der Staat in das Privatleben längst nicht so stark ein wie bei uns. Ich wüßte nicht, in welcher Weise zwei weitere politisch korrekte Parteien zu mehr Meinungsfreiheit beitragen sollten.
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Frank Schmidt
Veröffentlicht am Donnerstag, 12. September 2002 - 11:09 Uhr:   

@Stephan:

Im heutigen Deutschland sind eben die "zwei weiteren" Parteien FDP und Grüne diejenigen, die für die Stärkung der Individualrechte stehen. Von SPD und Union erwarte ich da wenig. Insbesondere von der Union befürchte ich, dass sie mit "mehr Sicherheit" noch mehr Einschränkungen in Persönlichkeitsrechten rechtfertigen würde, wenn die denn allein regierte.
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Eike
Veröffentlicht am Donnerstag, 12. September 2002 - 12:00 Uhr:   

Frank hat leider Recht, wobei sich Beckstein - wenn überhaupt - auch nur noch von Schily übertreffen lässt.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Donnerstag, 12. September 2002 - 13:12 Uhr:   

@Stephan:
> deswegen heißen sie ja Volksparteien, weil sie von der
> Überwiegenden Mehrheit des Volkes gewählt werden.
Und entsprechend bekommen sie ja auch die überwiegende Mehrheit der Parlamentssitze. Und das sollte auch reichen.

> Bei dem bisherigen Verfahren haben kleine Parteien zu viel Macht,
"Zu viel" oder "zu wenig" ist hier eine persönliche Geschmacksfrage. Und das kann kein Grund sein, bestimmte Wählergruppen zu privilegieren.

> Der Philosoph Karl Popper hatte Deutschland das Mehrheitswahlrecht
> ausdrücklich empfohlen, um den Reformstau zu beseitigen.
Bei allem Respekt vor diesem Herrn: Er hat ganz offensichtlich weder das Wahlrecht noch die Ursachen des Reformstaus begriffen.
Gerade die großen Gruppen und Parteien in Deutschland kleben am Status quo, Reformen kommen eher von den Kleinen.

> Es ist auch sicher kein Zufall, daß den angeslächsischen Ländern,
> in denen es traditionell weniger Parteien gibt, die größten
> Katastrophen (Sozialismus, Nationalsozialismus) erspart geblieben
> sind.
Doch, das ist Zufall.
Es gibt ja nur sehr wenige angelsächsische Länder, die sich politisch durchaus unterschiedlich darstellen. Und es gibt sehr viele Nicht-angelsächsische Länder, denen trotz Verhältniswahlrecht diese Katastrophen ebenfalls erspart blieben.
Und sowohl Nazis wie Kommunisten hätten mit dem Mehrheitswahlrecht bestimmt kein Problem gehabt ...

> In angelsächsischen Ländern greift der Staat in das
> Privatleben längst nicht so stark ein wie bei uns.
Aber das hat bestimmt nichts mit dem Parteienspektrum zu tun.

> Ich wüßte nicht, in welcher Weise zwei weitere politisch korrekte
> Parteien zu mehr Meinungsfreiheit beitragen sollten.
Na ja, wenn nur noch zwei politische Meinungen öffentlich vertreten sind, dann sehe ich da schon eine ziemlich krasse Einschränkung der Meinungsfreiheit.
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Donnerstag, 12. September 2002 - 13:18 Uhr:   

Frank,

da gebe ich Dir z.T. recht, aber die Grundrechte muessen durch den Rechtsstaat garantiert werden und nicht alle vier Jahre erneut zur Abstimmung stehen.

Die besondere Rolle des Rechtsstaates ist in diesem Forum noch nicht diskutiert worden. Wenn ich aussuchen koennte zwischen Rechtsstaat ohne Demokratie und Demokratie ohne Rechtsstaat, wuerde ich mich fuer die erstere Alternative entscheiden (und die Beine in die Hand nehmen).
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Eike
Veröffentlicht am Donnerstag, 12. September 2002 - 13:22 Uhr:   

@Stephan: Demokratie und Rechtsstaat hängen meines Erachtens unmittelbar zusammen. Ich kenne jedenfalls kein Land, in dem das eine ohne das andere geht.
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Donnerstag, 12. September 2002 - 13:27 Uhr:   

Das war ja nur hypothetisch. Ich glaube aber, es sollte ein Grossteil von Individualrechten geben, die einem nicht durch Mehrheitsentscheidung genommen werden duerfen. Zu hohe Steuern sind meiner Meinung nach auch ein Angriff auf den Schutz des Eigentums. Da hat es schon einmal eine Verfassungsklage gegeben, allerdings erfolglos.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Donnerstag, 12. September 2002 - 14:53 Uhr:   

Gerade das Beispiel Steuern zeigt doch, wie sinnvoll es ist, die Grundrechte nicht zu weit auszudehnen und damit dem Gesetzgeber Handlungsspielraum zu nehmen. Denn wann sind Steuern zu hoch und was ist eine "gerechte" Steuerbelastung? Die Antwort hängt doch ganz vom politischen Standort ab.
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Frank Schmidt
Veröffentlicht am Donnerstag, 12. September 2002 - 22:27 Uhr:   

A propos angelsächsisch:

Im UK gab es vor dem jetzigen Mehrheitswahlrecht ein System, das aus den allermeisten Wahlkreisen ZWEI Abgeordnete ins Parlament schickte. Dies waren wohl meistens Abgeordnete verschiedener Parteien, und das Ergebnis waren mehrere große Parteien, von denen keine allein regieren konnte...
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Eike
Veröffentlicht am Freitag, 13. September 2002 - 08:27 Uhr:   

@Thomas: Ich traue hier notfalls dem BVerfG zu, eine Verfassungswidrigkeit festzustellen.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Freitag, 13. September 2002 - 12:58 Uhr:   

@Frank Schmidt

In England gab es fast immer absolute Mehrheiten, nur nach dem Ersten Weltkrieg gab es öfters keine. Relative Mehrheitswahl in Mehrmannwahlkreisen wirkt wie relative Mehrheitswahl in Einerwahlkreisen oder verschärft den Effekt eher noch. Es wurde in England kein STNV wie in Japan praktiziert, die Wähler hatten soviel Stimmen wie Abgeordnete zu wählen waren. Nur bei beschränkter Stimmgebung werden die Auswirkungen des Mehrheitswahlrechts abgeschwächt.
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Ralf Arnemann.de
Veröffentlicht am Freitag, 13. September 2002 - 15:27 Uhr:   

> In England gab es fast immer absolute Mehrheiten, nur nach dem
> Ersten Weltkrieg gab es öfters keine.
Auch nach dem zweiten Weltkrieg gab es schon Wahlergebnisse ohne absolute Mehrheit ("hung parliament").
Vor allem aber: Vom System her hat das Mehrheitswahlrecht wenig mit der Wahrscheinlichkeit einer absoluten Mehrheit zu tun. Es ist eher Zufall, daß es bei den letzten Wahlen in GB so klare Ergebnisse gegeben hat.
In Frankreich hat das Mehrheitswahlrecht in keiner Weise zu absoluten Mehrheiten einer Partei geführt.
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Frank Schmidt
Veröffentlicht am Freitag, 13. September 2002 - 15:41 Uhr:   

In Frankreich ist auch die absolute Mehrheit zum Sitzgewinn notwendig. Der Stärkste braucht also ein Bündnis mit den Schwächeren, die ihm nahestehen. Weil diese noch gebraucht werden und vielleicht eine Gegenleistung erhalten, schliessen sich die Parteien weniger eng zusammen als bei relativem Mehrheitswahlrecht, wo die Schwachen einfach ignoriert werden.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Freitag, 13. September 2002 - 16:25 Uhr:   

> In Frankreich ist auch die absolute Mehrheit zum
> Sitzgewinn notwendig.
Nur im ersten Wahlgang. Im zweiten zählt wie in GB die relative Mehrheit - und da fällt die eigentliche Entscheidung.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Freitag, 13. September 2002 - 17:02 Uhr:   

Natürlich hat das Wahlsystem Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit, eine absolute Mehrheit zu erreichen. In Deutschland gäbe es mit relativer Mehrheitswahl immer eine absolute Mehrheit für Union oder SPD. Und was GB betrifft: Wenn man das unmittelbare Wahlergebnis (also ohne Nachwahlen) zugrunde legt, gab es seit 1945 nur einmal (Feb. 1974) keine absolute Mehrheit. Und damals fanden schon nach sieben Monaten Neuwahlen statt.
Und die These, dass relative Mehrheitswahl schlechter für kleine Parteien ist als absolute Mehrheitswahl ist definitiv falsch. Man vergleiche nur mal die Verteilung der Direktsitze in Italien und Frankreich. Relative Mehrheitswahl zwingt bei fragmentiertem Parteiensystem zu Absprachen vor der Wahl und da kommen z.B. in Italien die kleinen Parteien (u.a. Lega Nord, CDU-CCDhomas Frings) sehr gut weg.
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Frank Schmidt
Veröffentlicht am Freitag, 13. September 2002 - 21:18 Uhr:   

@Thomas Frings:
In Italien konnte sich das fragmentierte Parteiensystem im Verhältniswahlrecht entwickeln, ebenso in Frankreich, wo es aber Jahrzehnte früher durch ein Mehrheitswahlrecht ersetzt wurde. Ich glaube aber, dass die Fragmentierung in Italien dadurch erhalten wird, dass verschiedene Parteien eines Lagers ihre Hochburgen in verschiedenen Teilen des Landes haben, und deswegen das Lager dort vertreten.

In GB hast du wahrscheinlich recht mit deiner Erklärung des alten Wahlrechts (zwei Stimmen für den Bürger für zwei Mandate im Wahlkreis), die Konsequenz daraus ist allerdings nicht automatisch, dass diese an die selbe Partei gingen. Da gab es wohl auch viele taktische Überlegungen.
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Populus
Veröffentlicht am Dienstag, 17. September 2002 - 10:27 Uhr:   

Ich bin mit der 5%-Hürde nicht glücklich. Eigentlich könnten bis zu 19 Parteien jeweils über 5% erreichen. Da es aber praktisch unmöglich ist, dass 19 gleichstarke Parteien jeweils etwas mehr als 5% haben, wäre es eher wahrscheinlich, dass mehr als 10 von diesen Parteien tatsächlich über 5% kommen.

Es könnten also 10 Parteien im Parlament vertreten sein. Tatsächlich sind in den deutschen (Landes- und Bundes-) Parlamenten (der letzten 50 Jahre) fast immer zwischen 2 und 5 Parteien vertreten. Ich denke, die Welt ist zu kompliziert, als dass 5 Parteien (meist 3 oder 4) einen die Bevölkerung repräsentierenden Ausschnitt der möglichen politischen Einstellungen angemessen repräsentieren könnten.

Ich schlage daher folgendes vor: Im Parlament vertreten sind die Parteien, die entweder 5% erzielen, oder unter den 10 meistgewählten Parteien sind.
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Dienstag, 17. September 2002 - 11:11 Uhr:   

Die Welt ist zu kompliziert, als daß man sie durch 10 Parteien im Parlament noch komplizierter machen sollte. Dann hätte der Wähler so gut wie keinen Einfluß mehr auf die Regierungsbildung, sie hinge nur noch von den taktischen Spielen irgendwelcher Kleinparteien ab. Bei den jetzigen 4-5 Parteien spielt der Zufall schon eine zu große Rolle.
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alberto
Veröffentlicht am Dienstag, 17. September 2002 - 13:23 Uhr:   

poldi
Die Welt?,

Quote:

Von Stephan Glutsch
     Die Welt ist zu kompliziert, als daß man sie durch 10
Parteien im Parlament noch komplizierter machen sollte.


oder die Demokratie? Logisch! »DDR«light ist bequemer
WahlRechtReform
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alberto
Veröffentlicht am Dienstag, 17. September 2002 - 17:24 Uhr:   

Wer nur jeweils eine Perspektive kennt,
der ist geneigt, ein Blatt Papier entweder als einen Strich oder als einen Klotz anzusehen. Beides ist falsch. Wer im Land der 100.000 Gesetze nicht auch mal danachfragt: ´Wie kann man die Flut eindämmen?`, der hat eine Perspektive zu wenig. Alles, was demZiel dient, ist nach Lage der Dinge ein Gewinn. Man kann auch nicht mehr gestalten, wenn man nicht zuvor wegwirft. Es gibt viel zu entsorgen, dafür braucht es viele Hände. Packen wir's an? Dann darf man niemanden aussperren!
poldi
WahlRechtReform
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anti-alberto
Veröffentlicht am Montag, 07. Juni 2004 - 14:53 Uhr:   

@ Alberno

Du bleibst wirr, wie immer! Außerdem nervt Deine Großschreiberei ...
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Sweet-Chilling
Veröffentlicht am Donnerstag, 16. Dezember 2004 - 20:07 Uhr:   

jaja da guckt man auf diese VIELVERSPRECHEBDE Seite und was findet man ?! KOMENTARE!!! Das kann ich doch meinem Politiklehrer nich als Referat abgeben bzw. Vortragen ......


aber , man kann ebn nich alles habn..............................................................................
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alfredmayer
Veröffentlicht am Donnerstag, 04. August 2005 - 01:10 Uhr:   

Was haltet Ihr von einem Alternativstimmen-Wahlverfahren ?

Bei Alternativstimmen-Wahlverfahren haben die Wähler, deren Stimmen durch die 5%-Hürde unwirksam wären, eine Alternative: sie können weitere Parteien benennen, die sie in diesem Fall wählen würden. Sollte ihr Favorit nicht ins Parlament kommen, zählt ihre Stimme für die gewählte Alternative.

In der Praxis geschieht folgendes: der Wähler numeriert die Parteien auf dem Stimmzettel in der Reihenfolge, in der seine Stimme für diese Parteien zählen soll: Wenn Partei 1 unter 5% bleibt, dann soll Partei 2 gewählt werden, wenn auch Partei 2 unter 5% bleibt, dann Partei 3, und so weiter.

Ausgezählt wird dann zum Beispiel so: Die Stimmen aller Wähler gehen zunächst an die Parteien, die an erster Stelle genannt werden. Nach dem ersten Auszählen werden diejenigen Stimmzettel, die die letztplatzierte Partei favorisierten, erneut ausgewertet. Deren Stimme wird nun auf die Partei übertragen. die auf dem 2.Platz steht. Dann wird erneut ausgezählt und dieses Verfahren so lange wiederholt, bis nur noch Parteien vertreten sind, die über der festgelegten Sperrklausel liegen. Die Stimmen für die ausgeschiedenen Parteien sind dabei jedoch nicht verlorengegangen.

Man kann Alternativstimmen-Wahlverfahren auch dazu nutzen, den demokratieschädigenden Zwang zur Koalitionsbildung auszuschalten. Dazu wird solange ausgezählt, bis eine Partei die absolute Mehrheit an Sitzen im Parlament hat.

Die Alternativstimmen-Wahlverfahren erfordern einen Mehraufwand bei der Auszählung, der aber durch den Gewinn an Demokratie mehr als gerechtfertigt ist und im Zeitalter der Informationstechnik nicht ins Gewicht fällt.


Fazit

Alternativstimmen-Wahlverfahren sind ein spürbarer Fortschritt gegenüber Wahlen mit Sperrklauseln, da sie die Stimmen der Wähler differenzierter erfassen. Deshalb sollten sie in Deutschland möglichst bald angewendet werden. Welches Alternativstimmen-Wahlverfahren zum Einsatz kommt, bleibt zu diskutieren, entscheidend ist, daß sich etwas ändert.
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Gast
Veröffentlicht am Donnerstag, 04. August 2005 - 09:23 Uhr:   

@Alfred
Alternativstimmen-Wahlverfahren sind eine gute Sache, besonders wenn man sie nicht so auszählunfreundlich gestaltet, wie Dein Vorschlag (jedenfalls solange keine Wahlgeräte eingesetzt werden).

Leider reicht eine politische Sinnhaftigkeit noch nicht zur Einführung dieses Verfahrens aus. Man kann aber auch die Auffassung vertreten, daß solche Systeme verfassungrechtlich geboten sind, um bei einem Verhältniswahlsystem auch den Wählern kleiner Parteien die Möglichkeit zu geben, an der Zusammensetzung des Parlaments mitzuwirken.

Eine erste Wahlprüfungsbeschwerde ist gescheitert (www.wahlreform.de), jetzt heißt es, dieses Thema in die öffentliche und rechtliche Diskussion zu bringen.
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MMA
Veröffentlicht am Donnerstag, 04. August 2005 - 15:01 Uhr:   

Einwände:

Wer die Auszähler (= Vertreter des bösen Staates, der Parteien etc.) ärgern will, wird mit Vergnügen alle Wahlvorschläge auf dem Zettel nummerieren.

Was ist mit undeutlich geschriebenen Zahlen? ("Ist das eine 1 oder eine 7?" - "Nee, die 7 ist doch eine 2!")

Was ist mit dem Wahlgeheimnis in überschaubaren Wahlbezirken? ("Die schnörkelige 3 ist wohl von Oma Meier, die 1 ohne Schrägstrich bestimmt von einem Amerikaner!"; anhand der psychologisch aufschlussreichen Nummerierung der Wahlvorschläge lassen sich derartige Spekulationen durchaus erhärten.)
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Lars Tietjen
Veröffentlicht am Donnerstag, 04. August 2005 - 17:26 Uhr:   

@ MMA

Stimmzettel:

---------1-2-3-4-5-6-7-8-9
Partei A ----X------------
Partei B X----------------
Partei C --X--------------

Man kann ggf. die Zahl der Alternativstimmen beschränken.
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Florian
Veröffentlicht am Freitag, 05. August 2005 - 17:01 Uhr:   

@Alfred:
Das System hat seinen Charme.
Aber:

"
Man kann Alternativstimmen-Wahlverfahren auch dazu nutzen, den demokratieschädigenden Zwang zur Koalitionsbildung auszuschalten. Dazu wird solange ausgezählt, bis eine Partei die absolute Mehrheit an Sitzen im Parlament hat.
"

Nun ja.
Angewandt auf die letzte Bundestagswahl:
Unter der Annahme, dass die wegfallenden FDP-Stimmen v.a. der Union zugeflossen wären, hätte es dann ein 3-Parteien-Parlament gegeben.
(SPD, CDU, CSU).
Hätten die Grünen mehr Stimmen als die CSU gehabt, dann wären sogar nur 2 Parteien übrig geblieben: SPD und CDU.
Eine Stärkung der kleinen Parteien wäre das dann wohl nicht mehr.
Das kann man auch einfacher haben.
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Fragender
Veröffentlicht am Freitag, 05. August 2005 - 23:04 Uhr:   

@Alfred
Seit wann sind Koalitionen "demokratieschädigend"? Ich glaube, Du hast da was nicht verstanden.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Samstag, 06. August 2005 - 00:30 Uhr:   

Warum dann nicht gleich STV, Condorcet oder Borda einführen? Alles dies sind Verfahren (vgl. den Link: absolutes Mehrheitswahlrecht oder Condorcet), die dem Wähler aller Parteien, also auch derjenigen, die über der Sperrklausel liegen, die Möglichkeit geben, Alternativstimmgebung zu betreiben. Warum sollen nur die Wähler von Parteien, die absehbar unter der Sperrklausel liegen, diese Möglichkeit bekommen? STV oder Alternative Vote-Verfahren gibt es doch bereits und sie scheinen sich ja bewährt zu haben.
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Marco Güttler
Veröffentlicht am Mittwoch, 17. August 2005 - 09:51 Uhr:   

Kleinparteien sind doch das Salz in der Suppe.... !
Allerdings verstehe ich auch den Grund der %-Hürden.
In Deutschland wird es immer Schwieriger zu regieren, da jeder individuell alles und jedes mit zu "bestimmen" oder zu machen gedenkt.
Daher sollte, auch wenn ich Mitglied der Familienpartei bin, eine gewisse Bevölkerung hinter den Parteien stehen die dann regieren, sonnst würden wir uns in Deutschland weiter zu sehr verzetteln.
Problematisch ist nicht unbedingt die %-Hürde, sonder eher die Grundlagen um überhaupt an einer Wahl teilzunehmen und da sind die Gesetze heute nur auf Machterhalt gestrickt. Wieviele Kleinparteien mit Programminnhalten und guten gesamtheitlichen Konzepten kennt den der "normale" Bürger. Viele Sagen "Die" machen eh alle den selben...

Wir sind Ost wie West nicht schlauer oder dümmer, wir sind im allgemeinen alle sehr gut ausgebildet und nur desshalb schwer regierbar. Etwas Ironisch aber nachdenkenswert: "Nur ein dummes Volk läst sich leicht regieren." Wird von der Regierung die Ausbildung wirklich als so wichtig angesehen wie gesagt. Schul- und Kitaschließungen oder - zusammenlegung, anstatt mit geringerer Schülerzahl höher qualifizierrt auf den Unterrichtsstoff einzugehen.

... PS.: Die Familienpartei wird in ca. 65 % aller Haushalte auch wählbar sein.
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Frank Ehmann
Veröffentlicht am Donnerstag, 18. August 2005 - 12:34 Uhr:   

Es ist schade, dass die Ideen der kleinen Parteien meist keinen Weg in die Politik der Regierung finden. Vielleicht fehlt hier eine Möglichkeit, dass Kozepte von außerhalb (z.B. von zugelassenen Parteien) in den Bundestag eingebracht werden und - was für mich wirklich Demokratie wäre !!! - von den Abgeordneten UNABHÄNGIG von Parteiansichten beurteilt würden. Gerade da sich kleine Parteien meist auf bestimmt Themen fixieren und damit kein "regierungsfähiges" Programm haben, sich jedoch sehr detailiert mit ihren Themen auseinandersetzen wäre dies eine Möglichkeit, neue Ideen auch von außerhalb der vier oder fünf großen Parteien einzubringen. Und damit hätten auch kleine Parteien eine Möglichkeit ihre politischen Themen in den Bundestag einzubringen.

Mehr kleine Parteien im Bundestag finde ich dagegen gefährlich. Gerade im Moment sehe ich schon die 5 Parteien als eine zuviel an, da eine Koalition aus meiner Sicht aus max. 2 Parteien bestehen sollte und diese beiden eine Mehrheit erreichen sollten. Es ist schon schwer genug, zwei Meinungen unter einen Hut zu bekommen.

Wenn die Anzahl der Sitze dann aber noch weiter verstreut werden und dann Koalitionen aus mehreren Parteien notwendig sind, kann es sein, daß plötzlich eine unbedeutende "Pimpelhuber-Partei" zum "Königsmacher" wird und so ein evtl. sinnloses Ziel durchsetzt.

So gesehen ist die 5%-Klausel schon richtig und hat sich auch bewährt. Dass mich die Parteien und Politiker gerade allgemein nicht sehr ermutigen ist ein anderes Problem.
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Popkop
Veröffentlicht am Sonntag, 21. August 2005 - 12:55 Uhr:   

Jedes Volk hat den Staat und die Regierung, die es verdient.
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Albert
Veröffentlicht am Freitag, 09. September 2005 - 22:37 Uhr:   

Ich halte die 5-%-Klausel für ein Relikt der 50er Jahre.

Eingeführt wurde sie, um kleine Parteien auszuschalten.
Sicher über 5% waren 1949 nämlich nur SPD, CDU/CSU und FDP.
Die KPD hatte gerade 5,7% erreicht und bekam nur in
einigen Bundesländern Mandate (weil damals landesweite
5%-Klauseln galten); später verschwand sie schon durch
Stimmenverluste aus vielen Landtagen - ehe sie verboten wurde.
Fast alle anderen kleineren Parteien waren
eher dem bürgerlichen oder rechten Spektrum zuzuordnen, also
Konkurrenten der CDU/CSU, die nur 31% erhalten hatte.
Vor allem waren dies lokal stark verankerte Parteien,
DP (Niedersachsen), BP (Bayern), Zentrum (NRW).

Dies erklärt auch die merkwürdige Regelung mit der Grundmandatsklausel.
(1949 reichte ein Direktmandat im Land, 1953 eins im Bund und ab
1957 drei für Parteien unter 5% um Listenmandate zu erhalten.)
Die CDU/CSU konnte dadurch ihren potentiellen Koalitionspartnern
FDP und DP einige Wahlkreise überlassen, um diese Parteien ins
Parlament gelangen zu lassen.
Im Fall der DP gelang dies drei Bundestagswahlen bis 1957,
obwohl die Partei bundesweit nur zwischen 3% und 4% bekam.
Nach dem Zweitstimmenergebnis in den Wahlkreisen wären 1953
und 1957 viele diese Direktmandate gar nicht mehr von der DP
gewonnen worden. So zog die DP 1957 mit 3,1% in den Bundestag ein,
aber der GB/BHE scheiterte aber mit 4,6% - weil ihn die CDU
nicht mehr als Koalitionspartner brauchte.

Der krasseste Fall einer Wahlabsprache war wohl 1953 das
Bündnis der CDU mit dem Zentrum. Damals reichte noch ein
Direktmandat, um ins Parlament einzuziehen.
Das Zentrum durfte diesmal nur noch in einem Land (NRW) kandidieren. Dafür verzichete die CDU auf einen Wahlkreis. Der erste Kandidat auf der Zentrumsliste war wiederum CDU-Mitglied. So gewann die Partei, die 1949 3,1% gehabt hatte, nur noch 0,8%, uns stellte drei Abgeordnete, von denen einer zur CDU-Fraktion ging.

Nach meiner Meinung gehört die 5-%-Klausel abgeschafft.
Solche Klauseln sind doch in der Regel genau nach den Größen
der Parteien bemessen, die ausgeschaltet werden sollen.
Was jetzt schon in vielen Kommunalparlamenten geht, müßte
mindestens auch in Landtagen möglich sein: Verhältniswahl
ohne Klausel mit Kumulieren und Panaschieren.

Im übrigen ist die Weimarer Republik nicht an der Verhältniswahl
gescheitert, sondern an zu wenig Demokraten. Andere Demokratien
(Schweiz, skandinavische Länder, BeNeLux) haben sie schon viel länger
mit sehr geringen Mindestquoren.
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richards
Veröffentlicht am Mittwoch, 14. September 2005 - 21:11 Uhr:   

@Alfred u.a.

Ich bin wie du und andere der Meinung, dass die derzeitige 5% Klausel ungerecht und letztlich auch verfassungsrechtlich problematisch ist, obwohl die Höchstgerichte in Deutschland und in Österreich (4%-Hürde) bisher gegenteilig urteilten. Es ist nicht O.k., dass die Stimme eines Wählers bei der Verteilung der Mandate überhaupt nicht berücksichtigt wird. Ich stimme Alfred zu, dass zumindest ein "additional vote" notwendig wäre, um auch den Wählern, deren bevorzugte Partei an der Prozentklausel scheitert, die Möglichkeit zu geben, gleichberechtigt an der Verteilung der Mandate mitzuwirken. Bei einer Präsidentenstichwahl (in Ö absolute Mehrheit erforderlich) darf ja klarerweise im zweiten Wahlgang auch wieder jeder mitwählen und zwischen den beiden verbliebenden Kandidaten wählen.

Am Mandatsermittlungsverfahren nach Auswertung der Sperrklausel nehmen die Wähler einer zu kleinen Partei aber unfreiwilligerweise überhaupt NICHT mehr teil. Von einem "allgemeinen und gleichen Wahlrecht" kann man hier nurmehr formal sprechen, de facto werden Wähler großer und kleiner Parteien unterschiedlich behandelt

In Österreich hatten wir 1999 etwa die Situation, dass das Liberale Forum mit 3,7% knapp rausflog und alle Stimmen in den Mistkübel wanderten. Taktisches Wählen war absolut großgeschrieben, je nachdem ob man annahm dass es für das LIF sowieso nicht reicht oder aber knapp reichen könnte. In einem Lagerwahlkampf kann so etwas heißen, dass die Linke die Mehrheit der Stimmen hat, die Rechte aber die Mehrheit der Mandate (oder auch umgekehrt), nur weil eine Partei rausfliegt und ihre Wähler in der Folge unberücksichtigt bleiben.

Anders als Alfred würde ich es aber bei einer zweiten oder maximal dritten Wahl belassen. Das ist technisch leicht umsetzbar und sollte reichen. Hat man additional votes zur Verfügung, so könnte man übrigens auch die Sperrklausel für Parteien variabler definieren. Beispielsweise könnten nur Parteien akzeptiert werden, die für mindestens 4% der Wähler erste Wahl und für mindestens 8% der Wähler erste oder 2. Wahl sind. Für gemäßigte Parteien eher eine Erleichterung, für radikale eher eine Erschwernis, da sie wohl relativ schwer die 8%-Hürde nehmen können.

Noch was zu Alfeds Statment: "Demokratieschädigender Zwang zur Koalitionsbildung" ist eine Anschauung, die mich auch stört. Ich finde wechselnde 2-er Koalitionen für eine durchaus gute Form der demokratischen Machtverteilung und im übrigen gibt es für jede große Partei das Recht, es mit einer Alleinregierung zu versuchen und es mit wechselnder Mehrheitsbildung zu versuchen.

Zu hohe Sperrklauseln zwegs vereinfachter Mehrheitbildung (vgl. Alfreds Vorschlag) gefallen mir aus mehreren Gründen nicht: Erstens gehen Ideen in der parlamentarischen Diskussion verloren. Zweitens werden die politischen Unterschiede zwischen den Akteuren weniger transparent, wenn es weniger Parteien im Parlament gibt, bleiben aber hinter den Kulissen im internen Grabenkampf vorhanden. Der Konflikt "Schröder gegen Lafontaine" wäre langfristig wohl weit destruktiver, wenn er innerhalb der SPD weitergären müsste, weil keine alternativen Parteien mit Mandatschancen vorhanden wären.

Wenn man die Mehrheitsbildung in Deutschland in Zukunft vereinfachen will, was legitim ist, gibt es andere Lösungen als Sperrklauseln, etwa eine Schwächung des Bundesrats oder eine Stärkung großer, mehrheitsfähiger Parteien über Direktmandate. Bei Additional Votes sollte übrigens meist eine absolute Mehrheit in einem Wahlkreis drinnen sein, was die Aussagekraft des Ergebnisses erhöht.
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Mitdenker (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Donnerstag, 29. Juni 2006 - 18:16 Uhr:   

Bei unseren Wahlen in Deutschland haben wir die unterschiedlichsten Wahlbeteilungen. Das geht von ca. 40 % bei einigen Kommunalwahlen und der Europawahl bis hin zu ca. 75 % bei Bundestagswahlen. Dieser teilweisen Ablehnung der Wahlen sollte bei der Mandatsvergabe berücksichtigt werden.

Bei einer Bundestagswahl mit einer Beteilligung von 75 %, einem Ergebnis von 4 % für die Linke.PDS und 6 % für die Sonstigen, spiegelt sich der Wählerwille nur zu 67,5 % wieder. Dies würde bei einer Koppelung an die Wahlbeteilligung 404 Sitze für die 4 Fraktionen im Bundestag ergeben. 194 Sitze, also fast 1/3 der Sitze, gibt es für sie praktisch gratis. Dieser Effekt ist bei der Europawahl fast doppelt so hoch.

Ich gebe gleich einen Vorschlag für ein Wahlverfahren und ein Beispiel dafür ab. Ich habe folgende Ziele formuliert:
1. Koppelung der Mandate an die Wahlbeteilligung!
2. Einführung von Präferenzstimmen!
3. Beschneidung der Wirkung der 5 %-Hürde!
4. Sitzvergabe an kleinere Parteien ermöglichen!
5. Sanfter Übergang statt Jackpot-Effekt!

Nach den Grundsätzen kommen die genauen Regeln:

1. Jeder Wähler nummeriert alle Parteien durch, im Bespiel unten sind es 15 (plus CSU).
2. Es gibt mehrere Verteilungsschritte ,maximal aber soviele wie es Parteien bzw. Präferenzen gibt.
3. In jeder Runde werden die jeweiligen Präferenzen gewertet, d. h. z. B in der 1. Runde die Erstpräferenzen, usw.
4. Die in einer Runde zu vergebenen Sitze ergeben sich aus der folgenden Formel:

Sitze=x% der Partei*y% der Parteien über 5%* Restsitze* Wahlbeteiligung in %/1 000 000 [also x/100/100/100]

5. Die Wahlbeteilligung wird nicht berücksichtigt, wenn alle Parteien auf der aktuellen Stufe mehr als 5 % der Stimmen dieser Präferenzstufe erhalten.

6. Bei höchstens 20 Restsitzen enfällt die Koppelung der Stimmen an die Wahlbeteilung.

7. Bei höchstens 20 Restsitzen entfällt auch die 5 %-Hürde. Nun wirkt die natütliche Sperrklausel.

Beispielrechnung für eine Bundestagswahl mit Hare/Niemeyer:

Wahlbeteiligung: 75 % = 45 Millionen Stimmen

Prozente (x. Runde = x. Präferenz)

PAR R.01 R.02 R.03 R.04 R.05 R.06 R.07 R.08 Rd.09 R.10 R.11 R.12 R.13 R.14 R.15

CDU 37,0 35,0 29,0 27,0 24,0 21,8 17,5 14,8 14,0 12,5 12,0 11,0 10,0 09,8 09,5
SPD 35,0 32,0 28,0 25,5 23,0 20,5 16,5 14,0 13,5 12,0 11,0 10,0 09,0 08,8 08,5
FDP 07,0 08,0 09,0 10,0 11,0 11,5 13,0 13,5 12,5 11,5 10,5 09,5 08,5 08,3 08,0
GRÜ 06,0 07,0 08,0 09,0 10,0 10,5 12,0 13,0 11,5 11,0 10,0 09,0 08,0 07,9 07,7
CSU 05,0 06,0 07,0 08,0 09,0 10,0 11,0 12,0 11,0 10,5 09,5 08,5 07,5 07,5 07,3
LI/P 04,5 05,0 06,0 07,0 08,0 09,0 10,0 11,0 09,5 10,0 09,0 08,0 07,2 07,2 07,0
ZEN 01,0 01,5 05,0 02,1 03,0 03,5 04,0 04,5 05,0 05,5 06,0 06,5 07,0 06,9 06,7
PRO 00,9 01,1 02,8 05,3 02,5 03,0 03,5 04,0 04,5 05,0 05,5 06,0 06,5 06,6 06,3
DVU 00,8 00,9 01,0 01,2 03,3 02,5 02,8 01,4 04,0 04,5 05,0 05,5 06,0 06,1 06,0
NPD 00,7 00,8 00,9 01,0 01,5 02,0 02,5 03,0 03,5 04,0 03,5 05,0 05,5 05,9 05,8
FAM 00,6 00,7 00,8 00,9 01,2 01,5 02,0 02,5 03,0 03,5 04,0 04,5 05,0 05,5 05,7
REP 00,5 00,6 00,7 00,8 00,9 01,2 01,5 02,0 02,5 03,0 03,5 04,0 04,5 03,9 05,3
PBC 00,4 00,5 00,6 00,7 00,8 00,9 01,3 01,5 02,0 02,5 03,0 03,5 04,0 04,5 05,0
ÖDP 00,3 00,4 00,5 00,6 00,7 00,8 00,9 01,0 01,5 02,0 02,5 03,0 05,0 03,9 04,3
FRA 00,2 00,3 00,4 00,5 00,6 00,7 00,8 00,9 01,1 01,5 02,0 02,5 03,0 03,5 03,7
50P 00,1 00,2 00,3 00,4 00,5 00,6 00,7 00,8 00,9 01,0 01,5 02,0 02,3 02,7 03,0

GES 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100

Sitze

PAR R01 R02 R03 R04 R05 R06 R07 R08 R09 R10 R11 R12 R13 R14 R15

CDU 166 050 013 006 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000
SPD 157 046 012 005 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000
FDP 031 012 004 002 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000
GRÜ 027 010 004 002 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000
CSU 023 009 003 002 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000
LI/P 000 007 003 001 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000
ZEN 000 000 002 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000
PRO 000 000 000 001 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000
DVU 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000
NPD 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000
FAM 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000
REP 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000
PBC 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000
ÖDP 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000
FRA 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000
50P 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000

VER 404 134 041 019 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000
SUM 404 538 579 598 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000
RES 194 060 019 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000
GES 598 598 598 598 598 598 598 598 598 598 598 598 598 598 598

Die Sitzverteilung lautet folgendermaßen:

CDU 235 (bisher 246)
SPD 220 (bisher 233)
FDP 049 (bisher 047)
GRÜ 043 (bisher 040)
CSU 037 (bisher 033)
LI/P 011 (bisher 000)
ZEN 002 (bisher 000)
PRO 001 (bisher 000)

GES 598 (bisher 598)
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MMA (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Donnerstag, 29. Juni 2006 - 18:35 Uhr:   

"Bei einer Bundestagswahl mit einer Beteiligung von 75 %, einem Ergebnis von 4 % für die Linke.PDS und 6 % für die Sonstigen, spiegelt sich der Wählerwille nur zu 67,5 % wieder."

Falsch. Falls die PDS tatsächlich nicht ins Parlament kommt (und falls überhaupt alle "Sonstigen-"Wähler einen Erfolg der von ihnen angekreuzen Partei wollten), spiegelt sich in diesem Fall der Wählerwille, grob gerechnet, zu 90 Prozent wider.
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Philipp Wälchli (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Donnerstag, 29. Juni 2006 - 23:15 Uhr:   

Was genau ist der Wählerwille?
Es liegt eigentlich nahe zu denken, dass Wählerwille der Wille derjenigen sei, die tatsächlich wählen.
Nicht-Wähler könnten höchstens einen Nicht-Wählerwillen haben. Aber sollte man einen Nicht-Willen berücksichtigen?

Wie schon an anderer Stelle bemerkt, muss ich auch hierzu anmerken: Was im Grundsatz schon nicht durchdacht ist, kann es in der Durchführung erst recht nicht sein - ohne dass man auf Einzelheiten einzugehen braucht.
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covellin (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Freitag, 30. Juni 2006 - 10:14 Uhr:   

Es ist sicherlich kaum zulässig, die 5 % - Hürde durch rechnerische Spielereien auszutricksen. Eher sollte man die Wahlbeteiligung in folgender Weise als Basis annehmen:

Partei X: 6,5 %

Wahlbeteiligung: 75 %

Partei X bezogen auf die Gesamtheit der Wahlberechtigten: 4,875 % = 6,5 % * ( 75 % / 100 % )

Somit würde diese Partei, da der "Wählerwille" sie nur zu 4,875 % in den BT / LT gewählt hat, in diesen nicht einziehen.

Diese Idee korrespondiert mit der Vorstellung mancher Schreiber in diesem Forum, welche den durchaus vernünftigen Vorschlag eingebracht haben, die Zahl der zu vergebenden Mandate an die Höhe der Wahlbeteiligung zu knüpfen.
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Philipp Wälchli (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Freitag, 30. Juni 2006 - 11:30 Uhr:   

Was soll daran "vernünftig" sein, die Zahl der zu vergebenden Mandate von der Höhe der Wahlbeteiligung abhängig zu machen?
Wer würde davon wie profitieren? Anders gefragt: Was brächte eine solche Regelung an Vorteilen für die Politik, den Staat, die Gesellschaft und das Land?

Die Grösse von Gremien hängt unter anderen Gesichtspunkten auch davon ab, welche Aufgaben sie zu erfüllen haben. Die Grösse einer Regierung bspw. wird in der Regel so bestimmt, dass die zu betreuenden Ressorts festgelegt werden, anschliessend wird jedem Ressort ein Minister zugewiesen. Parlamente, die auch Ausschüsse, internationale Delegationen usw. bilden müssen, kommen im allgemeinen mit 20, 30 Leuten nicht aus, sondern benötigen mehr Mitglieder. Im Schweizer Nationalrat, der aus 200 Mitgliedern besteht, hat im Durchschnitt jedes Mitglied zusätzlich zu seinem einfachen Mandat noch zwei bis drei zusätzliche Chargen wie Kommissionsmitgliedschaften, Delegationszugehörigkeiten u. dgl. inne. Im Schweizer Ständerat, der nur aus 46 Abgeordneten besteht, sind es im Schnitt etwa 4 solcher zusätzlicher Funktionen. Damit kommen manche Abgeordnete schon an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Wollte man ausgehend von diesen Werten ein Parlament so gross machen, dass jeder Abgeordnete höchstens eine zusätzliche Funktion übernehmen müsste, dann müsste man mindestens 400 oder eher 500 Sitze einführen.
Abgesehen davon sollen Parlamente auch eine Vielzahl von Meinungen widerspiegeln, die ausdiskutiert werden können; eine regional ausgewogene Vertretung aller Teile des Landes ist ebenfalls meist erwünscht, zumal in einem Bundesstaat. Beides kann aber nur ab einer bestimmten Mindestgrösse sinnvoll verwirklicht werden.
Ob die heutige Regelung, die durch Überhangmandate zu einer Vergrösserung des Bundestages, aber auch zu dessen allmählichen Schrumpfen während der Legislatur führen kann (und faktisch regelmässig dazu geführt hat), sinnvoll sei, steht auf einem andern Blatt. Persönlich sehe ich keine Vorteile in einem Schwanken der Parlamentsgrösse und zöge eine absolute Fixierung, wie sie in den meisten Staaten üblich ist, vor. Wollte man aber ein Schwanken in Kauf nehmen, dann müsste man sich doch ernsthaft überlegen, allermindestens eine untere Grenze einzuführen, denn wenn eine gewisse Grösse unterschritten wird, kann eine ordentliche Parlamentsarbeit nicht mehr in allen Fällen gewährleistet werden.

Im übrigen sind trotz markiger Sprüche bisher keine wirklichen Argumente angefürt worden, weshalb Nichtwähler in irgendeiner Weise "berücksichtigt" werden sollten.
In einer pluralistischen Demokratie, die niemand wirkliche Hürden zur Stimmabgabe in den Weg legt, die gut mit öffentlichen Medien und Schulen, die ihrerseits auch Politikunterricht anbieten, versorgt ist, kann ich keine schwerwiegenden Gründe erkennen, die jemand von einer Stimmabgabe abhalten könnten. Ob Gründe wie Desinteresse, Gleichgültigkeit, Bequemlichkeit u. dgl. mehr durch irgendwelche wahlrechtlichen Manipulationen belohnt werden sollten, scheint jedenfalls mir fraglich.
Wenn schwerer wiegende Motive einer Wahlabstinenz zugrunde liegen sollten, dann können sie eigentlich nur in einem Bereich liegen, der entweder als schwere Enttäuschung durch die Politik oder Ablehnung des gegenwärtigen Verfassungs- bzw. Parteiensystems bezeichnet werden kann. Ob aber eine pluralistische Demokratie ihre Feinde belohnen sollte, scheint mir nun doch sehr, sehr zweifelhaft. Wer schliesslich allein von den gegenwärtig existierenden Parteien enttäuscht ist, hat jederzeit die Möglichkeit, eine eigene zu gründen, was im übrigen in den letzten Jahren in Deutschland ja auch erfolgreich geschehen ist.
Bevor wir also in einen Dialog über die Berücksichtigung der Nichtwähler gezwungen werden, meine ich erst einmal fordern zu dürfen, dass triftig begründet wird, WARUM wir diese überhaupt irgendwie berücksichtigen sollten.
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Thomas Frings (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Freitag, 30. Juni 2006 - 12:54 Uhr:   

@Phillipp Wälchli: Dem kann ich nur zustimmen. Vertretbar wäre allenfalls eine automatische Methode (ein Mandat für eine bestimmte Anzahl Stimmen).

"Somit würde diese Partei, da der "Wählerwille" sie nur zu 4,875 % in den BT / LT gewählt hat, in diesen nicht einziehen"
Schwachsinn! Abgesehen, davon daß natürlich nur die abgegebenen gültigen Stimmen relevant sein sollten: Warum sollen denn auch die Großparteien auf diese Weise von niedriger Wahlbeteiligung profitieren? Nebenbei wäre eine faktische Sperrklausel weit über 5% auch verfassungswidrig.
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Florian (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Freitag, 30. Juni 2006 - 12:56 Uhr:   

"Was soll daran "vernünftig" sein, die Zahl der zu vergebenden Mandate von der Höhe der Wahlbeteiligung abhängig zu machen?
Wer würde davon wie profitieren? Anders gefragt: Was brächte eine solche Regelung an Vorteilen für die Politik, den Staat, die Gesellschaft und das Land? "

Das ist genau die richtige Frage.
Immer wieder taucht diese Forderung in diesem Forum auf.
Und das implizite Motiv scheint immer folgendes zu sein:
"Leute, die sich von der Politik angeekelt fühlen werden zu Nichtwählern. Viele Nichtwähler bedeutet also, dass "die Politiker" versagt haben. Dafür sollte man sie bestrafen - und das geht am einfachsten, indem man ihnen die Mandate-Fleischtöpfe entzieht".

In dieser Logik gibt es aber mehrere Denkfehler.
Die 2 wichtigsten:
- Wenn die Wahlbeteiligung niedrig ist, dann muss dass nicht daran liegen, dass die Wähler unzufrieden sind. Es kann auch daran liegen, dass die Wähler ausgesprochen zufrieden sind, aber halt zwischen Regierung und Opposition keinen ausreichenden Unterschied erkennen, der sie in die Wahlurne treiben würde.
- Die Zahl der Abgeordneten sollte nur davon abhängen, welche Zahl sinnvoll ist, um die Parlamentsarbeit effizient zu erledigen. Irgendwelche "Bestrafungs-Effekte" sind da vollkommen deplatziert - und schaden letztlich nur der Bevölkerung.

Im übrigen:
So ein System wäre grundsätzlich unvereinbar mit dem Prinzip der Direktkandidaten.
Denn es wäre mit dem Gleichheitsgrundsatz nicht vereinbar, wenn man einzelnen Wahlkreisen ihre Direktkandidaten entziehen würde (was spätestens bei unter 50% Wahlbeteiligung notwendig wäre).
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Freitag, 30. Juni 2006 - 14:16 Uhr:   

@Philipp:
Völlige Zustimmung.

Die Forderung, "die da oben" mit eigener Faulheit (d.h. Nichtwahlteilnahme) abstrafen zu dürfen, ist populistischer Unsinn und offenbart ein peinliches Verständnis von Demokratie.
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covellin (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Freitag, 30. Juni 2006 - 15:48 Uhr:   

Oh Mann, da habe ich bloß eine Anregung im Konjunktiv vorgeschlagen ( "sollte" - "würde" ) und sogleich wird zurückgehauen und mit "Schwachsinn!" ( Zitat von Thomas Frings ) geantwortet. Dies wird dann "untereinander" bestätigt.

Zitat Ralf Arnemann: @Philipp:
Völlige Zustimmung.

Die Forderung, "die da oben" mit eigener Faulheit (d.h. Nichtwahlteilnahme) abstrafen zu dürfen, ist populistischer Unsinn und offenbart ein peinliches Verständnis von Demokratie.


Auseinandersetzung unerwünscht? Aber nein, wenn die Argumente stimmig sind und vor allem nachvollziehbar, glaubwürdig... Leider schreibe ich nur Schwachsinn, ist dann wohl so.

Allerdings gebe ich zu Bedenken, dasss dabei doch beachtet werden sollte, dass jede Stimmabgabe und Nichtstimmabgabe einer Entscheidung bedarf, die zuvor von dem Wahlberechtigten getroffen wurde.

Stellt ein potentieller Wähler fest, dass es keine Partei gibt, die durch ihr Programm ihn zu überzeugen vermag, ist sein Votum nicht: "Die sind alle Schuld." oder dergleichen, Worthülsen, die ich keineswegs gebrauchte und erst in diversen Kommentaren auf meinen Beitrag enthalten waren. Im Gegenteil: Er kauft das Produkt "Partei X" nicht, weil ihm das Angebot nicht behagt.

Das hat nix mit Schuldzuweisung zu tun, auch die Floskel "die da oben" ist da vollkommen irreführend.

Aber wenn man von einem "Wählerwillen" spricht, und einen "Nicht-Willen" als solchen gar nicht erst akzeptiert, sollte doch dieser "Nicht-Wille" dennoch in anderer Form Beachtung finden:

Denn könnte man somit feststellen, minimiert oder erhöht sich doch auf diese Weise die Zahl derer, die einen "Willen" äußern, wird ihre Stimme somit in Abhängigkeit von der aktuellen Beteiligung verschieden gewichtet. Somit ist es als völlig ungerecht einzuschätzen, dass eine Partei durch schrumpfende Wählerzahlen den Sprung über die 5 % - Hürde schafft, ohne dass dies durch einen realen Stimmenzuwachs erreicht wurde.

Ist ein anderes Mal die Wahlbeteiligung sehr hoch, da aufgrund eines Kopf-an-Kopf-Rennen der großen Parteien der Bürger stärker mobilisiert wird, kann nun bei identischer Stimmzahl wiederum selbige Partei unter die Marke von 5 % rutschen. Der Wählerwille des Klientels dieser Partei bleibt indes derselbe.

Theoretisch kann auch eine Partei trotz Stimmverlusten in einen LT oder den BT einziehen oder bei Zugewinnen ihre Mandatsansprüche verlieren.
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Philipp Wälchli (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Freitag, 30. Juni 2006 - 19:19 Uhr:   

Zuerst einmal eine Klarstellung: Die Ablehnung des Vorschlags, gewählte Gremien in Abhängigkeit von der Wahlbeteiligung zu stutzen, bezog sich nicht auf eine Person, sondern auf die Gesamtheit aller diesbezüglicher Äusserungen der letzten Zeit in diesem Forum.

Abgesehen davon ersetzt der Verweis auf Konjunktive (genuin handelt es sich im Deutschen übrigens eigentlich um Optative) keine Argumente. Ob ich sage, die Wiedereinführung der Todesstrafe schiene mir wünschenswert, oder ob ich sage, ich fordere die Wiedereinführung der Todesstrafe in Deutschland, unterscheidet sich nur durch den Aussagemodus, aber nicht im INHALT. Der INHALT bedarf in beiden Fällen einer BEGRÜNDUNG, und insbesondere in Deutschland bei der noch nicht so elend lange zurückliegenden strafrechtlichen Vorgeschichte einer SEHR TRIFTIGEN, EINLEUCHTENDEN BEGRÜNDUNG.

Etwaige Interpretationen eines nicht begründeten Gedankens beruhen auf Annahmen, die MANGELS Begründung eben unterstellt werden müssen.
Wenn etwa jemand ohne Begründung die Wiedereinführung der Todesstrafe in Deutschland fordert, dann liegt es der Vorgeschichte entsprechend durchaus im Bereich vernünftiger Annahmen zu schliessen, der Betreffende sei Neonazi oder doch weit rechts aussen.

Nun wollen wir aber auf den Begründungsgehalt, der freundlicherweise nachgeliefert wurde, näher eingehen:

"Allerdings gebe ich zu Bedenken, dasss dabei doch beachtet werden sollte, dass jede Stimmabgabe und Nichtstimmabgabe einer Entscheidung bedarf, die zuvor von dem Wahlberechtigten getroffen wurde."

Schon mehrfach habe ich auf die besondere Natur politischer Entscheidungen hingewiesen. Es kann sein, dass die Nichtteilnahme an einer Wahl einem bewussten Entscheid entspringt. Dies muss aber keineswegs so sein. Es kann auch sein, dass die Wahl "verschlafen" wurde. Beispielsweise möchte ich gern um 20.15 Uhr ins Konzert gehen; aber ich fühle mich müde, lege mich kurz hin und wache erst wieder 21.30 Uhr auf. Ebenso kann sich jemand vornehmen, dann und dann zur Wahl zu gehen, aber es kommt etwas dazwischen. Dann haben wir eine bewusste Entscheidung (zur Wahl zu gehen) und eine faktische, aber unbewusste oder gar zufällige Entscheidung, die in Wahlabstinenz mündet. Angesichts mancher Äusserungen auch in diesem Forum, die von gelegentlichen Besuchern (gemeint ist damit NICHT der gelegentliche Besucher; statt "Besucher" gäbe es im übrigen für die Gemeinten treffendere Bezeichnungen) ab und an eingeworfen werden, aus denen eine unglaubliche Ignoranz und Unkenntnis des Wahlverfahrens und überhaupt des politischen Systems spricht, bspw. "lohnt sich wählen Gehen?", ist kaum anzunehmen, dass JEDE Wahlabstinenz einer bewussten Entscheidung entspringt. Dann müsste man aber gewichten und jene Stimmen, die keiner bewussten Entscheidung wegen nicht abgegeben wurden, aus der Rechnung ausscheiden. Dies ist aber mangels einer ausgesprochenen Willensäusserung nicht möglich.

"Stellt ein potentieller Wähler fest, dass es keine Partei gibt, die durch ihr Programm ihn zu überzeugen vermag, ist sein Votum nicht: "Die sind alle Schuld." oder dergleichen, Worthülsen, die ich keineswegs gebrauchte und erst in diversen Kommentaren auf meinen Beitrag enthalten waren. Im Gegenteil: Er kauft das Produkt "Partei X" nicht, weil ihm das Angebot nicht behagt."

Nun muss ich wiederum auf Wortwahl zu sprechen kommen, so wenig das manchen hier beliebt:
Erstens gibt es keine potentiellen Wähler, sondern Wahlberechtigte und solche Wahlberechtigte, die auch tatsächlich wählen, andere, die es nicht tun. Nur scheinbar ist dies ein trivialer Unterschied: Es geht in einem Staatswesen nicht darum, die Bürger bei Laune zu halten. Zu einem Staat gehört man, ob es einem passt oder nicht. Was in einem Staat geschieht, geht uns alle, die wir dazugehören, im Grunde etwas an, ob es uns passt oder nicht. Wir alle haben daher ein Wahl-RECHT, das allerdings keine Pflicht ist (also kann man es auch unterlassen, es auszuüben). Aus einem Staat kann man auch nicht austreten (faktisch ist es in Sonderfällen möglich, aber dem Grundsatze nach nicht). Staat ist die Solidargemeinschaft aller Bürger eines Landes, die aus Notwendigkeit einer staatlichen Organisation bedürfen. Im Gegensatz zu allen andern Organisationen hat daher der Staat keinen endgültig fixierten Zweck, sondern muss sich laufend neuen Bedürfnissen und Anforderungen anpassen, und ist eben eine Zwangsgemeinschaft, in die man nicht einfach so eintreten und aus der man auch nicht austreten kann.
Parteien müssen daher nichts verkaufen, auch nicht sich selbst; Wahlberechtigte müssen den Parteien auch nichts abkaufen. Der Staat hat die Aufgabe, anstehende Probleme zu lösen, die andere (Einzelne, private Organisationen, Wirtschaftsakteure usw.) nicht lösen können. Die Frage ist also nicht, wer wem was verkauft, sondern wer welche Probleme staatlicher Lösung für bedürftig hält und wer wessen Lösungsvorschläge für die erkannten Probleme am ehesten für tauglich ansieht.
An Klimaerwärmung bspw. ist nicht der Staat schuld, schon gar nicht Deutschland allein. Wenn aber Bürger X die Klimaproblematik als die wichtigste Thematik der Politik ansieht und Partei Y für geeignet hält, auch in internationalen Gremien, die etwas zum Klimaschutz beitragen könnten, energisch auf den Tisch zu klopfen, dann wird er tendentiell diese Partei wählen.
Wir haben es hier mit einer besonderen Form von Entscheidung zu tun, die nicht mit Kaufhandel und anderen Arten von Tätigkeiten verwechselt oder gleichgesetzt werden sollte.

Nun wiederhole ich meine Frage wieder: Wenn wir ein Parlament allein wegen tiefer Stimmbeteiligung stutzen, welchen Zugewinn erhalten wir daraus für genau diese besondere Form der Entscheidung, die das Politische ausmacht? Von den Nicht-Wählern liegt nun einmal, das kann man drehen und wenden, wie man will, KEINE politische Meinungsäusserung vor.

Wenn jemand deshalb nicht wählen geht, weil er oder sie keine Partei tauglich findet, dann steht, wie bereits erwähnt, der Weg offen, selbst eine Partei zu gründen. Ferner gibt es andere Wege, auf die Politik Einfluss zu nehmen, etwa durch Petitionen oder durch das Einbringen guter Vorschläge in die öffentliche Diskussion mittels Medien u. a. m. Wahlen stellen dazu bei Gott nicht das einzige Mittel dar.
Das Einbringen eigener Vorschläge in die Politik auf solchen alternativen Wegen wäre gewiss konstruktiver als das Stutzen eines Parlamentes durch Wahlabstinenz.

Wiederum auf einem andern Blatt stehen die Regelungen zur 5%-Hürde und andere Besonderheiten des deutschen Wahlrechts, wie es zur Zeit gilt. Allerdings darf auch einmal gewürdigt werden, dass auch manche der hier Mitschreibenden sehr aktiv dabei sind, Veränderungen bspw. mittels Wahleinsprüchen in Gang zu bringen, es also nicht so ist, dass dieses Forum bloss eine gelehrte Schwatzbude sei, sondern dessen Teilnehmer durchaus auch konkrete politische Aktionen zur Wahlrechtsverbesserung betreiben.
Summa summarum kann ich daher nach wie vor kein einleuchtendes Argument erkennen, warum man die Nicht-Wähler berücksichtigen sollte und welchen Gewinn an politischer Qualität man davon hätte.
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(Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Juli 2006 - 17:49 Uhr:   

Weniger Mandate bei geringer Wahlbeteiligung
Es gibt zwei gute Gruende:
1. Die Politiker wuerden sich aktiv um die Nichtwaehler bemuehen, und nicht ausschliesslich versuchen die 30% Unentschlossenen, die zwar sicher zur Wahl gehen aber noch nicht wissen wenn sie waehlen sollen, zu gewinnen.
2. Es wuerde Politikern sehr viel schwerer Fallen sich am Wahlabend als grosse Gewinner zu gerieren, obwohl sie vielleicht von einer Mio. Menschen weniger gewaehlt wurden.
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Thomas Frings (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Juli 2006 - 18:00 Uhr:   

Ausschließlich interessant ist der MANDATSANTEIL. Ob eine Partei 240 von 600 oder 200 von 500 Sitzen hat, ist schnurz. Nicht für jeden einzelnen, aber in jedem Fall für die Parteiführung. Und wenn die Partei zulegt (oder genauer: einen höheren Mandatsanteil hat), dann freut die sich vollkommen zurecht. Ob der Erfolg nun einer höheren Stimmenzahl zu verdanken ist oder der Wahlabstinenz der Gegner und Unentschlossenen, das ist für die nächsten 4 oder 5 Jahre egal.
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(Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Juli 2006 - 18:36 Uhr:   

Der einzelne Abgeordnete wird das anders sehen. Immerhin lebt eine Partei auch davon, dass sie Kandidaten auch in die Parlamente bekommt. Wuerde dies bei allen Parlamenten praktiziert haette das enorme Auswirkung auf die Zahl der zu vergebenden Posten. Die Motivation der Kandidaten wuerde auf jeden Fall steigen.
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covellin (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Juli 2006 - 20:28 Uhr:   

@ Thomas Frings:

Es ging dem unregistrierten Gast wohl nicht allein um die Fraktionsstärke, sondern vor allem um die Ausschöpfung des Wählerklientels.

Es gibt Parteien, welche ihre maximal zu generierende Stimmenzahl nahezu bei jeder Wahl erreichen. Diese erzielen bei geringer Wahlbeteiligung natürlich teils immense Mandatsanteilgewinne, welche von der Presse dann gefeiert werden.

Dies kann obgleich es einem Negativvotum gegenüber einer anderen Partei entspringt, eine indirekte Werbung für diese Partei darstellen. Somit wird sie durch die Abstinenz großer Teile der Bevölkerung aufgewertet und legitimiert sich auf höherem Niveau vielleicht sogar als Oppositionsführerin.

Der hiermit verbundene Eindruck ist nicht korrigierbar, insofern eine Analyse der Zahl der abgegebenen gültigen Stimmen nicht erfolgt.

Dies würde aber augenblicklich realisiert, da eine Mandatsvergabe abhängig vom Wähleranteil gestaltet würde.

____________________________________________


Andererseits sollte noch auf ein anderes Phänomen hingewiesen werden:

Die nach dem Hare-Niemeyer-System vorgenommene Rundung erfolgt meines Wissens ohne Streichung aller an der 5%-Hürde gescheiterten Parteien. Würde dies indes geschehen, ergäben sich andere prozentuale Anteile und die Rundung erfolgte im Einzelfall in anderer Richtung. Bei einer Mandatsvergabe in Abhängigkeit zu Stimmzahl wäre dieser Fehler ebenfalls ausgeschlossen.
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Juli 2006 - 21:46 Uhr:   

@covellin
Welche Partei hat eine so konstante Wählerschaft, daß der Stimmenanteil entsprechend der Wahlbeteilung schwankt?

Bei Hare-Niemeyer werden keine Stimmen gescheiterten Parteien berücksichtigt (sonst wär das Verfahren nicht immer eindeutig definiert).

@unregistrierter
Die Kandidaten um die es ging, wären die Listenhinteren, also Hinterbänkler, die man weniger bemerken oder konkret vermissen würde. Diese Kandidaten hätten dann natürlich mehr ein Interesse an den absoluten Zahlen, aber das sind nicht die, die den Wahlkampf bestimmen.
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Alfred Mayer
Veröffentlicht am Montag, 14. August 2006 - 19:20 Uhr:   

Der Kampf gegen die 5%Klausel ist augenblicklich kaum zu gewinnen. Es gibt einen genialen Vorschlag, der Gegner und Befürworter der 5%Klausel gefallen müßte, soweit sie wirklich demokratisch gesinnt wären, also wollten, daß sich möglichst viele Bürger in den Parlamenten vertreten fühlen:
Alternativstimmenwahlrecht
http://www.wahlrecht.de/forum/messages/172/2548.html?1155212634
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Alfred Mayer
Veröffentlicht am Montag, 25. September 2006 - 10:02 Uhr:   

Kurz und bündig ist das Alternativstimmenwahlrecht dargestellt unter

http://www.wahlreform.de/valeske.htm

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