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"Minderheiten" im Wahlrecht?

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Philipp Wälchli
Veröffentlicht am Donnerstag, 22. August 2002 - 00:23 Uhr:   

Die deutsche Bundesregierung hat zum "Rahmenübereinkommen
zum Schutz nationaler Minderheiten" folgende Erklärung abgegeben:

"Das Rahmenübereinkommen enthält keine Definition des Begriffs der nationalen
Minderheiten. Es ist deshalb Sache der einzelnen Vertragsstaaten zu bestimmen, auf
welche Gruppen es nach der Ratifizierung Anwendung findet. Nationale Minderheiten
in der Bundesrepublik Deutschland sind die Dänen deutscher Staatsangehörigkeit
und die Angehörigen des sorbischen Volkes mit deutscher Staatsangehörigkeit.
Das Rahmenübereinkommen wird auch auf die Angehörigen der traditionell in
Deutschland heimischen Volksgruppen der Friesen deutscher Staatsangehörigkeit
und der Sinti und Roma deutscher Staatsangehörigkeit angewendet."

Demnach haben in Deutschland heimische Dänen, Sorben, Friesen, Sinti und Roma als Minderheiten zu gelten und Anspruch auf entsprechende Minderheitenrechte gemäss Abkommen.

Wie sieht dies nun aber im Wahlrecht aus? Ist z. B. vorgesehen, dass Listen oder Einzelkandidaten solcher Gruppen von der 5%-Hürde befreit sind? Oder gibt es z. B. tiefere Nominationshürden für solche Listen? Wie wird ggf. Missbrauch verhindert? Es könnte ja z. B. jemand eine "Friesen-Liste" aufstellen, bei der dann aber gar keine Friesen mitmachen, sondern einfach "schlaue" Leute, die auf diesem Wege einschränkende Vorschriften für besseren Wahlerfolg zu umgehen suchen.

Oder ist es z. B. solchen Gruppen erlaubt, ihre Wahlunterlagen in friesischer, dänischer, sorbischer Sprache einzureichen?
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SoleSurvivor
Veröffentlicht am Donnerstag, 22. August 2002 - 09:28 Uhr:   

Bei einer personenbezogenen Wahl (Direktmandate) gibt es ja sowieso keine 5 % Hürde. Parteien nationaler Minderheiten sind von den Hürden befreit. Man muß das Ganze aber so sehen: wie groß ist die Minderheit und wieviele Stimmen brauchst du für mindestens einen Sitz im Parlament? Seit der Wiedervereinigung ist für Minderheiten durch ihren geringeren Anteil an der Bevölkerung eine Vertretung im Bundestag eigentlich illusorisch, außer es gelingt ihnen, "normale" Deutsche für ihre Interessen zu gewinnen.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Donnerstag, 22. August 2002 - 10:27 Uhr:   

In der Praxis gibt es hier bisher ja nur einen Fall: Die Dänen in Schleswig, die von der 5%-Hürde befreit schon lange einen Abgeordneten im Kieler Landtag haben.
Wobei der die auch dafür nötigen Stimmenzahl nur deshalb erreicht, weil auch sehr viele "deutsche Deutsche" die Dänenliste wählen.

Vielleicht könnten die Sorben so etwas in Brandenburg auch erreichen, aber da scheint kein ernsthaftes Interesse da zu sein.
Ähnliches gilt für die Friesen (denen ich bei einem ernsthaften Antreten in Schleswig-Holstein oder Niedersachsen durchaus reelle Chancen geben würde).

Die Sinti und Roma dagegen sind so verstreut, die werden von dieser Regelung wohl nie profitieren können.
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Uwe Tetzlaff
Veröffentlicht am Donnerstag, 22. August 2002 - 11:27 Uhr:   

Eine kleine Korrektur zum Beitrag von Ralf:

Der SSW hat inzwischen drei Abgeordnete im Landtag. Der von Dir angesprochene Effekt, daß sehr viele "deutsche Deutsche" für diese Partei stimmen, hat sich in den letzten Wahlen dort immer weiter verstärkt - bei der letzten Wahl erreichte sie immerhin 4,1 Prozent.

Ist es nur ein Eindruck "von außen", daß der SSW dort als eine Art Alternative zu den herkömmlichen Parteien angesehen wird?
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Donnerstag, 22. August 2002 - 12:57 Uhr:   

Der Eindruck ist richtig. Aber dass der SSW bei der letzten Wahl stark zulegen konnte, hat vor allem mit der Einführung der Zweitstimme in Schleswig-Holstein zu tun. Bis 1996 stellte sie fast nur im Landesteil Schleswig Kandidaten auf und war somit auch nur dort wählbar. Nun kann man im ganzen Land für die Landesliste stimmen. In ihrem "Stammland" hat sie aber bei den letzten Wahlen sogar leicht verloren.
Übrigens war der SSW in der unmittelbaren Nachkriegszeit noch viel stärker (1947;: 9,3%- 1950: 5,5%). Das lässt sich nur damit erklären dass viele, die nicht zur dänischen Minderheit gehören, in der Not der Nachkriegszeit eine Anlehnung ans reiche Dänemark wollten.
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Sole
Veröffentlicht am Donnerstag, 22. August 2002 - 18:01 Uhr:   

SSW hat 1949 sogar ein Bundestagsmandat erringen können.
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C.-J. Dickow
Veröffentlicht am Montag, 23. Juni 2003 - 02:19 Uhr:   

@ Ralf Arnemann

Der SSW sieht sich nicht nur als Vertreter der Dänen, sondern auch als Vertreter der Friesen, weshalb (seit 1971) die ungeraden Listenplätze im Regelfall von Dänen und die geraden Listenplätze von Friesen belegt werden. Von 1958 bis 1971 war der damals einzige SSW-Abgeordnete ein Friese, der nach seinem Tod vom legendären Dänen Karl-Otto Meyer abgelöst wurde.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Montag, 23. Juni 2003 - 10:27 Uhr:   

@C.-J. Dickow:
Vielen Dank für diese interessante Zusatzinformation.
Laut Fischer-Weltalmanach gibt es 10 000 Friesen in Schleswig-Holstein (neben 60 000 Dänen).
Da scheint es aber eine größere Zahl von Wählern zu geben, die sich damit identifizieren, obwohl sie sich bei den Volkszählungen (oder dem Einwohnermeldeamt?) nicht offiziell als Friesen bezeichnen.
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Philipp Wälchli
Veröffentlicht am Montag, 23. Juni 2003 - 11:29 Uhr:   

Wie steht es mit den Friesen in Niedersachsen?
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Matthias Cantow
Veröffentlicht am Montag, 23. Juni 2003 - 11:50 Uhr:   

Es gibt in Niedersachsen für nationale Minderheiten keine Befreiung von der Sperrklausel bei den Landtagswahlen, was aber wohl daran liegt, dass die Friesen dort nicht als politische Partei organisiert sind.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Montag, 23. Juni 2003 - 15:02 Uhr:   

@Philipp:
> Wie steht es mit den Friesen in Niedersachsen?Laut Weltalmanach sind das nur 2000.
Und es gibt dort keine andere Minderheit, bei der sich nach Dänen-Vorbild mitmachen könnten.
Das reicht wohl nicht für eine politische Ausnahmeregelung.

@Matthias:
> was aber wohl daran liegt, dass die Friesen dort nicht als politische
> Partei organisiert sind.
Die Logik könnte man auch umkehren: Was sollen sie eine Partei gründen, wenn sie mangels Befreiungsklausel ohnehin nichts reißen können ...
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Matthias Cantow
Veröffentlicht am Montag, 23. Juni 2003 - 15:29 Uhr:   

@Ralf
"Laut Weltalmanach sind das nur 2000. Und es gibt dort keine andere Minderheit, bei der sich nach Dänen-Vorbild mitmachen könnten."

Das sind nur die Saterfriesen, es gibt noch über 300.000 Ostfriesen, deren ursprüngliches Friesisch allerdings nicht mehr gesprochen wird, womit sie in der Bundesrepublik Deutschland nicht als nationale Minderheit anerkannt werden.

"Die Logik könnte man auch umkehren: Was sollen sie eine Partei gründen, wenn sie mangels Befreiungsklausel ohnehin nichts reißen können ... "

Eine Partei kann man natürlich trotzdem gründen und wenn die Zahl der Angehörigen der nationalen Minderheit für einen Mandatsanspruch groß genug wäre, müsste auch das Wahlgesetz geändert werden.
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C.-J. Dickow
Veröffentlicht am Montag, 23. Juni 2003 - 20:47 Uhr:   

Über seine Geschichte hat der SSW einen ganz interesanten Artikel auf seiner Homepage unter www.ssw.dk/deutsch/geschichte/geschichte.htm, wo auch auf den friesischen Einflüsse und die "Liste Friesland" in der Weimarer Zeit eingegangen wird.

Derzeit gehören mit Anke Spoorendonk und Silke Hinrichsen zwei Däninnen und mit Lars Harms ein Friese für den SSW dem Landtag an. Während die beiden Däninnen ihre Vorstellung auf der Landtagshomepage (www.sh-landtag.de) lediglich auf deutsch eingestellt haben, ist die Vorstellung von Harms auch auf friesisch im Netz.
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Martinus
Veröffentlicht am Dienstag, 24. Juni 2003 - 08:35 Uhr:   

@Ralf Arnemann

"Da scheint es aber eine größere Zahl von Wählern zu geben, die sich damit identifizieren"
In der Tat sehen diverse meiner Bekannten den SSW als harmloses kleinstes Übel, den man ja ruhig mal wählen könnte, wenn einem sonst nichts besseres einfällt.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Dienstag, 24. Juni 2003 - 12:25 Uhr:   

@Matthias:
> Das sind nur die Saterfriesen, ...
So heißt es in den Quellen - wo leben die eigentlich?

> es gibt noch über 300.000 Ostfriesen, deren ursprüngliches Friesisch
> allerdings nicht mehr gesprochen wird, ...
Und die sich damit überhaupt nicht mehr von den übrigen Küstenbewohnern unterscheiden.
Wobei die Minderheitsdefinition über "eigene Sprache" nicht wirklich trennscharf ist.
Bei der engen Verwandschaft der Sprachformen in Norddeutschland und Nachbarländern ist es letztlich Konvention (oder auch Willkür ;-), ob man von eigener Sprache oder nur von Dialekt spricht (der keine Rechte begründet).

> Eine Partei kann man natürlich trotzdem gründen ...Klar.
Aber eigentlich sollte es ja eine eindeutige Definition für "Minderheit" so geben, daß das nicht von der Existenz einer Partei abhängig ist.
Wenn die Saterfriesen nun eine echte Minderheit sind, dann sollten sie auch eine Regelung kriegen - ob sie die dann nutzen, ist ihre Sache.
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c07
Veröffentlicht am Dienstag, 24. Juni 2003 - 14:48 Uhr:   

Ralf:
> wo leben die eigentlich?

Im Saterland. :)
Ist zwischen Friesoythe und Leer (also westlich von Oldenburg), war schon im Mittelalter eine friesische Sprachexklave und ist ziemlich abgeschieden, weil von Mooren umgeben.

Insbesondere auf den ostfriesischen Inseln soll es aber auch noch Leute geben, die echtes Ostfriesisch sprechen können. Später hat man allerdings auch die niederdeutsche Mundart, die die ehemals friesisch sprechenden Gegenden angenommen haben, als Ostfriesisch bezeichnet. Heute ist selbst das zu einem guten Teil vom Hochdeutschen verdrängt.

> Bei der engen Verwandschaft der Sprachformen in Norddeutschland und
> Nachbarländern ist es letztlich Konvention (oder auch Willkür ;-), ob man
> von eigener Sprache oder nur von Dialekt spricht (der keine Rechte begründet).

Es gibt aber auch sinnvolle Definitionen. Zwischen Sprechern zweier verschiedener Sprachen ist die Kommunikation schon dann deutlich eingeschränkt, wenn sie aus der selben näheren Umgebung kommen. Bei Mundarten innerhalb einer Sprache kann die Kommunikation zwar genauso eingeschränkt sein, aber es gibt keine klare Grenze, sondern die Sprache verändert sich allmählich über ein größeres Gebiet hinweg.

Dass ausgerechnet nationale Minderheiten Sonderrechte haben, ist eh nur aus der jüngeren Geschichte erklärbar. Und was damit gemeint ist, ist noch viel schwerer definierbar als die Sprache. Letztlich ist es einfach ein historisch gewachsenes Privileg, das irgendwann auslaufen muss. Sonst müssten demnächst zumindest die Kinder der türkischstämmigen deutschen Staatsbürger die gleichen Rechte bekommen. Und generell leuchtet mir nicht ein, warum eine Partei der Friesen schützenswerter sein soll als eine der Alleinerziehenden, der Katholiken in Schleswig-Holstein oder der Alkoholiker.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Dienstag, 24. Juni 2003 - 16:28 Uhr:   

@c07:
> Ist zwischen Friesoythe und Leer ...
Meine Güte, da leben auch noch Menschen?
Vielen Dank für die Information ;-)

> Insbesondere auf den ostfriesischen Inseln soll es aber auch noch
> Leute geben, die echtes Ostfriesisch sprechen können.
Na ich weiß nicht. Ich hab' zwar erst die Hälfte der Inseln besucht (und dabei auch nicht mit allen Einwohnern gesprochen ;-), aber so lokalpatriotisch wie das da zugeht, wären solche Traditionsreste doch groß rausgestellt worden ...

> Es gibt aber auch sinnvolle Definitionen.
Aber keine wirklich trennscharfen. Im Zweifelsfall kommen dann noch andere Kriterien hinzu, die dann politisch zu werten sind (z. B. ob es eine Literaturtradition gibt oder ob sich um die Sprache/den Dialekt eines selbständigen Landes handelt).

Die Luxemburger bezeichnen "Letzeburgisch" als Sprache, das ist ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt.

Manche Dialekte in West-Niedersachsen sind ganz dicht am Holländischen dran, gelte aber als deutsche Dialekte.

Manche Schweizerdeutsch-Varianten sind schon ein paar Kilometer weiter kaum verständlich - gelten aber noch als Dialekte des Schriftdeutschen.

> Dass ausgerechnet nationale Minderheiten Sonderrechte haben, ist eh
> nur aus der jüngeren Geschichte erklärbar.
Richtig, das ist der eigentliche Knackpunkt. Und deswegen sind diese Rechte (auch in ihrem Ausmaß) recht ungleich verteilt.

> Letztlich ist es einfach ein historisch gewachsenes Privileg, das
> irgendwann auslaufen muss.
Das ist aber nicht das übliche Verständnis.
Sondern im Gegenteil sollen die Privilegien dafür sorgen, daß dieser Zustand möglichst ewig erhalten bleibt.

> Sonst müssten demnächst zumindest die Kinder der türkischstämmigen
> deutschen Staatsbürger die gleichen Rechte bekommen.
Das ist eine andere Situation. Die sind ja eingewandert bzw. haben die Staatsbürgerschaft bekommen, unter der klaren Bedingung, daß sie Deutsch akzeptieren müssen.
Bei den Sorben oder Saterfriesen ist halt umgekehrt das Deutsche "eingewandert". Und quasi als Entschädigung für diese Invasion erhalten sie nun Bestandsschutz - die Alkoholiker oder Alleinerziehenden halt nicht.
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c07
Veröffentlicht am Dienstag, 24. Juni 2003 - 19:40 Uhr:   

Ralf:
> Im Zweifelsfall kommen dann noch andere Kriterien hinzu, die dann
> politisch zu werten sind (z. B. ob es eine Literaturtradition gibt

Eigene Literatur wirkt natürlich auch auf die Sprache selbst zurück, besonders wenn sie tatsächlich noch gelesen wird. Aber auch sonst stärkt sie das Selbstbewusstsein als abgegrenzte Gruppe.

> oder ob sich um die Sprache/den Dialekt eines selbständigen Landes handelt).

Andauernde politische Grenzen behindern natürlich den Austausch und festigen bzw. bündeln vorhandene Sprachgrenzen, so dass dadurch oft erst eine eigenständige Sprache entsteht. Aber teilweise wird da wirklich nur ein Dialekt zur eigenen Sprache erklärt (wobei er aber auch einen zusätzlichen Nutzen bekommt, wenn er dann im amtlichen Gebrauch so verwendet werden kann).

> Sondern im Gegenteil sollen die Privilegien dafür sorgen, daß dieser
> Zustand möglichst ewig erhalten bleibt.

Der Erhalt der eigenen Identität mag ja durchaus langfristig schützenswert sein, aber Privilegien für Parteien von nationalen Minderheiten sind dafür wenig geeignet. Es geht ja hauptsächlich um kulturelle Fragen, die nur einen Bruchteil des gesamten Politikspektrums ausmachen. Und wenn konkrete Entscheidungen anstehen und die Fronten verhärtet sind, ist die Minderheit eben in der Minderheit, und es wird gegen sie entschieden, egal ob sie nun eine eigene Partei hat oder nicht.

[Türkischstämmige Deutsche]
> Das ist eine andere Situation.

Nicht viel anders als bei den Sinti und Roma, außer dass es da länger her ist. Und die Bedingungen waren so klar nicht.

> Bei den Sorben oder Saterfriesen ist halt umgekehrt das Deutsche "eingewandert".

Eine Sprache wandert nicht ein. Entweder wandern Leute ein, die sie sprechen und irgendwann die Mehrheit stellen oder mächtiger werden, oder die Einheimischen nehmen allmählich die neue Sprache an, weil es für sie praktischer ist (was allerdings auch durch eine erzwungene fremde Amtssprache der Fall sein kann).

Soweit es sich um echte historische Altlasten handelt, ist ein gewisser besonderer Schutz vielleicht angebracht. Das ist wohl bei den Sorben und Dänen der Fall, bei den Friesen eher weniger, während es bei den Sinti und Roma gar nicht stimmt (da hat es Unrecht anderer Art gegeben).

Und bei den Saterfriesen ist das Deutsche ja noch gar nicht eingewandert, zumindest noch nicht vollständig. Eher im Gegenteil war das Saterland ein friesischer Vorposten in sächsisches Gebiet, vermutlich ähnlich wie bei den Deutschen, die in unwirtlichen Hochtälern in zuvor unbesiedeltes romanisches Gebiet vorgedrungen sind (aber ich weiß da keine Details).

Jedenfalls halt ich übertriebenen Minderheitenschutz für genauso wenig sinnvoll wie gezielte (oder auch nur fahrlässige) Benachteiligungen. Und ein bloßer Bestandsschutz sollte eigentlich selbstverständlich sein, wenn eine Konstellation über Generationen hinweg existiert hat. Wer vor Jahrzehnten oder Jahrhunderten mal im Recht oder Unrecht war, sollte für die aktuellen Generationen ziemlich belanglos sein, wenn auch eine gewisse Sensibilität für das Unrecht der eigenen Vorfahren angebracht ist.
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Frederic
Veröffentlicht am Dienstag, 24. Juni 2003 - 21:56 Uhr:   

Wieso bekommen die Friesen Minderheitenrechte zugesprochen?
Sie sind doch auch nur ein deutscher Stamm wie die Schwaben, Bayern, Franken, Thüringer und Sachsen.

Bei den Sorben und Dänen sehe ich es ja ein. Aber warum die Friesen?
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c07
Veröffentlicht am Dienstag, 24. Juni 2003 - 22:30 Uhr:   

Es gibt mindestens 3 Unterschiede:

1. haben sich die Friesen lang zuvor konstituiert und sind seitdem weitgehend ortstreu geblieben,
2. ist ihre Sprache u.a. deshalb deutlich verschiedener als die anderen untereinander, weshalb sie auch als eigenständige Sprache betrachtet wird, und
3. lebt nur die Minderheit der Friesen (zumindest der friesischsprachigen Friesen) in Deutschland.
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C.-J. Dickow
Veröffentlicht am Dienstag, 24. Juni 2003 - 23:00 Uhr:   

@ Frederic

Ob die Friesen ein deutscher Stamm sind oder nicht, ist (nicht nur) in Friesland ziemlich umstritten. Neben den sog. "Deutsch-Friesen", die sich für einen deutschen Stamm wie Bayern, Hessen oder Holsten halten, gibt es auch die sog. "National-Friesen", die die Friesen von Dänemark bis in die Niederlande als ein eigenes Volk begreifen. Diese Friesen sind es, die sich in Schleswig-Holstein vor 1933 in der "Liste Friesland" organisiert hatten und nach 1945 unter Führung Johannes Oldsens (MdL 1946 - 1950) und Berthold Bahnsens (MdL 1946 - 1971) den friesischen Zweig des SSW begründeten.
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C.-J. Dickow
Veröffentlicht am Dienstag, 24. Juni 2003 - 23:05 Uhr:   

Im Übrigen ist inzwischen sprachwissenschaftlich anerkannzt, daß Friesisch eine eigenständige germanische Sprache ist, da es eine eigene Grammatik besitzt, die gravierende Unterschiede zum Niederdeutschen besitzt. Niederländisch und Altenglisch sind dem Niederdeutschen dabei grammatikalisch und vom Wortschatz deutlich näher als das Friesische. Lest mal die friesische Abgeordnetenbiographie von LarsHarms auf www.sh-landtag.de, dann werdet ihr begreifen, was ich meine.
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Frederic
Veröffentlicht am Dienstag, 24. Juni 2003 - 23:46 Uhr:   

Danke für die Infos!

Den Lebenslauf von Lars Harms hatte ich gestern schon gelesen. Allerdings sind mir die norddeutschen Dialekte doch sehr fremd, so daß ich da keine Besonderheiten entdecken konnte.
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Matthias Cantow
Veröffentlicht am Mittwoch, 25. Juni 2003 - 00:11 Uhr:   

@C.-J.
„die gravierende Unterschiede zum Niederdeutschen besitzt“

Gravierend ist etwas übertrieben, die grammatikalischen Unterschiede vom Niederdeutschen zum Hochdeutschen sind auch nicht gering, weshalb das Niederdeutsche mittlerweile als eigene Sprache anerkannt ist.

@Ralf
„Bei der engen Verwandschaft der Sprachformen in Norddeutschland und Nachbarländern ist es letztlich Konvention (oder auch Willkür ;-), ob man von eigener Sprache oder nur von Dialekt spricht (der keine Rechte begründet).“

Ja, allerdings reicht auch eine eigene Sprache noch nicht aus, um eine nationale Minderheit zu sein.

„Wenn die Saterfriesen nun eine echte Minderheit sind, dann sollten sie auch eine Regelung kriegen - ob sie die dann nutzen, ist ihre Sache.“

Das würde ihnen bei der geringen Personenzahl nichts bringen.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Mittwoch, 25. Juni 2003 - 11:09 Uhr:   

@Frederic:
> Wieso bekommen die Friesen Minderheitenrechte zugesprochen?
> Sie sind doch auch nur ein deutscher Stamm wie die Schwaben, Bayern,
> Franken, Thüringer und Sachsen.
Etwa so ähnlich wie die "deutschen Stämme" der Holländer, Schweizer und Dänen ;-)

Letztlich ist der germanische Sprachraum in Mitteleuropa nur zu den romanischen Sprachen im Westen/Süden und den slawischen Sprachen (und ungarisch) im Osten halbwegs klar abgegrenzt (obwohl die Grenzdialekte zum Teil erstaunlich gemischt sind).
Innerhalb des Sprachraums aber gibt es graduelle Unterschiede von den Alpen bis nach Skandinavien.

Und irgendwo sind halt historisch Staatsgrenzen entstanden, innerhalb derer manchmal eine von Staat und Hochkultur benutzte Sprachvariante nun "Sprache" heißt (Deutschland, Dänemark, Holland/Belgien, Luxemburg) und manchmal halt nicht (Schweiz, Liechtenstein, Österreich).

Und die Friesen hängen halt irgendwie dazwischen und können sich nach Belieben als Volk ohne eigenen Staat oder sprachliche Minderheit in Holland/Deutachland/Dänemark fühlen.

Die ganze Nomenklatur ist zwar nicht ohne Logik, hat aber auch einen hohen Zufalls-/Willkür-Anteil, das kann man nicht perfekt begründen.
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Bernd Schaller
Veröffentlicht am Sonntag, 31. August 2003 - 19:21 Uhr:   

Vor Jahren, etwa 1987, hat es mal eine Partei namens"Das Glück der
dänischen Minderheit-Die Glücklichen" gegeben. Da versuchte ein Student über den o. a. Wegfall der 5%-Klausel in den BT zu kommen.
Klappte aber nicht, da auf der BTW-Liste einige Deutsch-Dänen hätten
kandidieren müssen - welche aber nicht wollten.
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tg
Veröffentlicht am Freitag, 18. Februar 2005 - 10:33 Uhr:   

WEenn ich mich recht erinnere, wollte "Glück der dänischen Minderhait" in München(!) antreten.
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Kerbel
Veröffentlicht am Freitag, 18. Februar 2005 - 20:17 Uhr:   

Im Fall Weiße Liga war das doch wenn ich mich recht entsinne ähnlich.
Eine Partei, ich glaube mit Sitz in Marburg und mit Wirkungskreis nicht weit darüber hinaus, wollte Vertreter erst aller nationalen Minderheiten, später nur noch der Wenden sein, hat sich zu dem Zwecke auch irgendeinen sorbischen Kulturverein einverleibt und den offiziellen Sitz nach Brandenburg verlegt, wurde aber nicht als Minderheitenvertreter anerkannt.
Ich hab da irgendwann mal eine Erklärung gelesen warum man überall in Deutschland, und auch ohne von wendischen Vorfahren zu wissen oder gar sorbisch zu sprechen Wende sein könne wenn man nur die politische Einstellung des Autors teile und dadurch in wendischer Tradition stehe.
Alles aber nur aus dunkler Erinnerung, kann Fehler enthalten.
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Sole
Veröffentlicht am Montag, 21. Februar 2005 - 16:15 Uhr:   

§ 3 Wahl der Abgeordneten nach den Landeslisten
(1) Bei der Verteilung der Sitze auf die Landeslisten werden nur Parteien, politische Vereinigungen und Listenvereinigungen berücksichtigt, die mindestens fünf vom Hundert der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen erhalten oder mindestens in einem Wahlkreis einen Sitz errungen haben. Die Bestimmungen über die Sperrklausel nach Satz 1 finden auf die von Parteien, politischen Vereinigungen oder Listenvereinigungen der Sorben eingereichten Landeslisten keine Anwendung. Ob eine Landesliste von Parteien, politischen Vereinigungen oder Listenvereinigungen eine Landesliste der Sorben ist, entscheidet der Landeswahlausschuß auf Vorschlag des Präsidiums des Landtages nach Anhörung der Domowina - Bund Lausitzer Sorben.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Montag, 21. Februar 2005 - 17:10 Uhr:   

Interessant wäre es auch, wenn die Türkischstämmigen eine eigene Partei gründen würden und für sich eine Befreiung von der 5%-Hürde beanspruchen würden (für ein Paar Sitze würde es sicher reichen), die sieht ja auch das Bundeswahlgesetz vor. Ich wüßte nicht, mit welcher Begründung man das veweigern könnte. Wünschenswert wäre so eine Partei natürlich nicht. Minderheiten im Wahlrecht halt ich sowieso für grundsätzlich falsch. Zu irgendeiner Minderheit gehört jeder. Mehr oder weniger deutlich unter 50% der Bevölkerung liegen u.a. Männer, Unternehmer, Arbeiter, Angestellte, Beamte, Arbeitslose, Studenten, Sozialhilfeempfänger, Rentner, Bauern, Katholiken, Protestanten, Moslems, Juden etc. etc. Wieso man solchen Minderheiten keine Sonderrechte zugesteht (was natürlich auch vollkommen richtig ist), wohl aber Leuten, die ab und zu mal dänisch oder sorbisch reden, ist mir schleierhaft.
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Sole
Veröffentlicht am Montag, 21. Februar 2005 - 17:18 Uhr:   

"Wünschenswert wäre so eine Partei natürlich nicht."
Wenn es ein Bedürfnis danach gibt...

Der Unterschied zwischen einer nationalen Minderheit und einer Rentnerpartei (die es ja auch gibt= liegt auf der Hand.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Montag, 21. Februar 2005 - 17:46 Uhr:   

"Der Unterschied zwischen einer nationalen Minderheit und einer Rentnerpartei (die es ja auch gibt= liegt auf der Hand."

Natürlich, aber nicht, warum die eine bevorzugt wird.
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tg
Veröffentlicht am Montag, 21. Februar 2005 - 18:12 Uhr:   

Weil die Rentner nicht aufgrund eines historischen Zufalls deutsche Staatsbürger geworden sind. Der SSW ist ein historisch erklärbarer Teil der deutsch-dänischen Geschichte: Wäre die Geschichte etwas anders verlaufen, könnte z. B. Flensburg heute zu Dänemark gehören und Töndern zu Deutschland. Dazu hätte man nur die Stimmbezirke bei der Volksabstimmung über die nationale Zugehörigkeit etwas anders schneiden müssen. Also: Eine völlige Trennung der deutschen und der dänischen Volksgruppe war nicht möglich bzw. hätte nur über Vertreibungen erreicht werden können. Und eine mit Zusatzrechten ausgestattete Minderheit ist dann doch immer noch besser als eine etnische Säuberung in einem Grenzgebiet.

Übrigens ist der Fall SSW nicht einmalig: Es gibt in einigen Nachfolgestaaten und -territorien Jugoslawiens noch viel weitergehende Sonderregelungen für Minderheitenparteien. In Kroatien und Kosovo (ich glaube auch, auf Bundesebene von Serbien-Montenegro) ist ein überproportionaler Anteil an Mandaten für Minderheiten reservieret, so daß sie selbst bei Wahlboykott noch ihre Abgeordneten bekämen.
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Philipp Wälchli
Veröffentlicht am Dienstag, 22. Februar 2005 - 09:47 Uhr:   

Nun ja, das Problem ist, dass Thomas Frings Minderheit rein zahlenmässig definiert. Dummerweise definieren sich aber Minderheiten stets selbst und lassen sich nicht von andern definieren.
Grob gesagt ist eine Minderheit eine Gruppe ortsansässiger Menschen, die sich durch irgendein Merkmal von den andern um sie wohnenden unterscheiden und die deswegen selbst der Meinung sind, nicht zu den andern zu gehören.
Und wenn sie von der andersartigen Mehrheit regelmässig überstimmt werden, dann kann es sein, dass sie aggressiv werden bis hin zum Bürgerkrieg.
Daher ist es vermutlich immer noch besser, solchen Minderheiten, die sich selbst als solche betrachten, Sonderrechte zu geben statt auf irgendwelchen rechthaberischen Zahlenspielereien und Prinzipienreitereien zu bestehen und einen Bürgerkrieg zu riskieren.
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tg
Veröffentlicht am Dienstag, 22. Februar 2005 - 10:13 Uhr:   

Aber diskutierenswert ist Thomas' Einwurf mit der türkischstämmigen Minderheit. Üblicherweise gibt es Minderheitenrechte für autochthone (=ansässige) Minderheiten, aber nicht für allochthone (=zugewanderte). Also: Minderheitenrechte für die deutschsprachigen ansässigen Südtiroler, aber nicht für die deutschsprachige Gruppe auf Mallorca. Aber es bleibt - etwa bei den Türken in Deutschland - die Frage, nach wievielen Generationen eine allochthone Minderheit zu einer autochthonen wird.
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Immanuel Goldstein
Veröffentlicht am Dienstag, 22. Februar 2005 - 10:41 Uhr:   

@ tg
"Aber es bleibt - etwa bei den Türken in Deutschland - die Frage, nach wievielen Generationen eine allochthone Minderheit zu einer autochthonen wird."
Sehr richtig - und schwer zu beantworten. Ich würde zu einer eher kurzen Frist tendieren (Z.B drei bis vier Generationen) - wird eine Personenkreis nicht innerhalb von drei Generationen "assimiliert", besitzt er genug kulturelles Selbstverständniss und -behauptungsvermögen, dass er als autochthone Minderheit respektiert werden sollte.
Auf ein Problem in der Fragestellung sollte noch hingewiesen werden: es wird meist von sesshaften "Völkern" in der Diskussion ausgegangen. (Wie bereits oben angeklungen) gibt es aber auch "nomadisierende Völker", die eigentlich nirgends ansässig sind (es sei denn man zwingt sie dazu, wie z.B. die Roma) - die also immer und überall zugewanderte Minderheit sind (sofern sie frei sind). Diesen Menschen müsste man eigentlich grundsätzlich gewissen Minderheitenschutz und -rechte zukommen lassen, da allein schon gar keine staatliche Einheit anderswo vorhanden wäre, auf die sie sich stützen könnten. (Innerhalb der EU mit schätzungsweise bis zu 8 mio. Roma, Sinti, Huzulern, SAmen etc. ist dies wirklich ein aktuelles Thema geworden - es gibt mehr "Nomaden" (selbst wenn sie zwangsweise ihrer traditionelleren Lebenweisen beraubt wurden) als z.B. Malteser, Luxemburger, Dänen, Iren oder ähnlichen - sie haben aber eigentlich keine eigenen Abgeordneten und werden weitgehend diskriminert - z.B. in der Slowakei, Tschechien, Ungarn,...).
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tg
Veröffentlicht am Dienstag, 22. Februar 2005 - 15:29 Uhr:   

Schwieriges Thema. Man könnte ja es auch anders herum sehen: Eine Minderheit, die sich drei bis vier Generationen lang der Anpassung verweigert, wird durch die Gewährung von Minderheitenrechten belohnt.

Bei den nomadischen Völkern ist das Problem, daß Rechte oft an bestimmte Territorien gebunden sind. Makedonien z. B. erlaubt die Verwendung von Minderheitensprachen im Amts- und Schulbereich in Kommunen mit einem Minderheitenanteil von mehr als 20 %. Für die seßhaften Roma trifft das in einer Gemeinde zu (Shuto Orizari), aber die nomadischen Roma haben davon natürlich nichts.
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tg
Veröffentlicht am Dienstag, 22. Februar 2005 - 21:57 Uhr:   

Ergänzung: Auch deutsche Minderheiten profitieren von Sonderregelungen. In Polen sind die Deutschen (auf nationaler Ebene!) von der 5 % Hürde befreit. In Belgien hat die kleine deutsche Gruppe (ca. 1 % der Bevölkerung) einen Senator und einen der 24 Europa-Abgeordneten garantiert. Auch in Rumänien gibt es meines Wissens bei der Parlamentswahl garantierte Sitze für die Deutschen und die anderen nationalen Minderheiten.

Alle diese Sonderregelungen müßte man auch in Frage stellen, wenn man die Sonderbehandlung des SSW abschaffte.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Mittwoch, 23. Februar 2005 - 08:47 Uhr:   

Ah, noch ein Spiegel-Online-Leser ;-)

Es gibt natürlich überhaupt keinen Automatismus, der die diversen Sonderregelungen von Deutschen im Ausland an den Status des SSW koppelt.
Es gibt ja auch eine Reihe von Staaten, in denen Minderheiten keineswegs solche Sonderrechte genießen - Frankreich wäre das augenfälligste Beispiel.

Wenn man rein pragmatisch an die Sache rangehen würde, dann müßte man schauen, wo es (noch) Integrationsprobleme gibt - da sind Sonderregelungen sinnvoll.
Das gilt z. B. für ganz Osteuropa, wo man das friedliche demokratische Zusammenleben von Mehrheit und Minderheiten gerade erst anfängt zu üben. So etwa wie in Schleswig nach dem Krieg.

Anderswo könnte man schon sagen, daß sich politische Sonderrechte eigentlich überlebt haben (kulturelle Förderung ist etwas anderes).
Den Deutschen in Belgien etwa könnte man ihre politische Sonderstellung unbesorgt streichen, sie sind perfekt integriert und haben genauso wenig Benachteiligungen zu fürchten wie die Deutschen in Dänemark oder die Dänen in Deutschland.
In Belgien sind es eher die Nicht-Deutschen, die an dieser Sonderregelung ein besonderes Interesse haben: Die deutsche Minderheit spielt dort den neutralen Dritten zwischen Wallonen und Flamen und entschärft damit den Konflikt zwischen den beiden Volksgruppen.

Das ist übrigens ein bißchen vergleichbar mit der unterschwelligen Erwarungshaltung an den SSW: Die Idee, seine Sonderstellung verpflichte ihn moralisch zu fairer Neutralität.

Und diese Vorstellung gehörte durchaus immer auch etwas zum SSW. Den Spagat zur völlig normalen politischen Interessenvertretung jetzt in Richtung einer Blockzugehörigkeit zu verlassen wäre ein Bruch.
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Frank Schmidt
Veröffentlicht am Mittwoch, 23. Februar 2005 - 15:13 Uhr:   

Faire Neutralität ist ein Ideal, das manchmal einfach nicht zu erreichen ist. Der SSW hat zu wählen zwischen einem Bündnis mit Leuten, die in wichtigen Punkten ähnliche Vorstellungen haben (rot-grün, zB in der Bildungspolitik), und zwischen Leuten, die sich einen Erfolg durch Drohungen erzwingen wollen und generell den SSW nicht mögen (CDU). Dass der SSW die Verhandlungen mit der Union noch nicht abgebrochen hat, finde ich neutraler, als die Union es verdient.

Es gibt in der Union sicher jede Menge Leute, die mit dem SSW gut zusammenarbeiten könnten, aber solange die Unionsführung lieber droht, als Angebote zu machen, sehe ich keine Chancen für eine Zusammenarbeit von SSW und schwarz-gelb.
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Görd
Veröffentlicht am Mittwoch, 23. Februar 2005 - 16:58 Uhr:   

Es gibt kein Automatismus, aber die falschen Leute könnten auf die falschen Gedanken kommen. Dann sagen die Polen einfach, die Deutschen sind gut integriert und weg ist die deutsche Minderheitenvertretung im Parlament. Man möchte ja nicht behaupten, es gäbe Probleme zwischen Deutschen und Polen in Polen.

Den SSW jetzt irgendwelche Rechte absprechen zu wollen, sehe ich auch als unfair gegenüber den Wählern des SSW an, die eben darauf vertraut haben, dass diese Partei vollwertige Mandate bekommt.

Dann der Blödsinn, eine Mindheit würde die Mehrheit kippen. CDU und FDP haben eben nicht die Mehrheit, denn die dänische Minderheit ist genau so deutsch wie jeder andere Deutsche. Wenn's zwei große Parteien, die keine absolute Mehrheit haben, und eine dritte Kleine gibt, dann muss diese kleine Partei ja auch nicht zwangsläufig mit der größten stimmen, oder?

Man sieht hier wieder einmal, CDU und FDP sind schlechte verlierer, besonders nachdem man sich bereits als Sieger gefeiert hat.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Freitag, 25. Februar 2005 - 14:00 Uhr:   

"Und diese Vorstellung gehörte durchaus immer auch etwas zum SSW. Den Spagat zur völlig normalen politischen Interessenvertretung jetzt in Richtung einer Blockzugehörigkeit zu verlassen wäre ein Bruch."

Eine Partei ist dazu da, Politik (mit-) zu gestalten. Sie ist schon allein deshalb niemals neutral. Es ist natürlich das gute Recht des SSW, die Regierungsbildung in seinem Sinne zu beeinflussen. Eine ganz andere Frage ist, ob die Bevorzugung des SSW gerechtfertigt ist.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Freitag, 25. Februar 2005 - 14:15 Uhr:   

@Thomas:
> Eine Partei ist dazu da, Politik (mit-) zu gestalten.
Ja, aber beim SSW lag die Betonung immer auf "mit".
Ich bin auch der Letzte, der dem SSW seine Mandate und seine vollen Rechte absprechen würde.

Aber er hat halt eine Tradition der sehr sanften Halb-Neutralität.
Der Kuschelfaktor, der ihn gerade bei den letzten Wahlen immer populärer gemacht hat hatte eben auch damit zu tun, daß er sich nicht so scharf an der Blockbildung beteiligte.

Das volle Ausreizen einer Machtposition wäre ein Bruch mit dem typischen SSW-Stil. Er darf diesen Bruch natürlich machen. Aber das würde viele Mitglieder und Wähler irritieren.
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Philipp Wälchli
Veröffentlicht am Samstag, 26. Februar 2005 - 10:52 Uhr:   

Wie bereits weiter oben gesagt: Eine Minderheit definiert sich im allgemeinen selbst dadurch, dass sie sich als irgendwie anders empfindet als die "Mehrheit".
Das ist keine Frage der demokratischen Tradition o. dgl. Deutsche in Polen werden, solange sie deutsch sprechen und sich als deutsch oder deutsch-polnisch oder was auch immer empfinden, eben eine Gruppe für sich bilden und ihre gruppenspezifischen Sonderinteressen haben. Genau dazu dienen Minderheitenrechte ja auch.
Nun ergibt sich folgendes Problem, und zwar ergibt es sich zwingend, ist also kein Problem des Einzelfalls, sondern ein systematisches Problem:
Gibt man der Minderheit keine Sonderrechte, so wird sie benachteiligt. Denn sie kann ihre legitimen Sonerinteressen, die aus ihrem irgendwie-anders-Sein hervorgehen, nicht wirksam gegen die Mehrheit vertreten und auch durchsetzen.
Gibt man der Minderheit solche Sonderrechte, so kann sie damit einen Einfluss ausüben, der ihrem Anteil an der Gesamtheit nicht entspricht, sondern ihn mehr oder weniger übersteigt. Damit ist sie dann aber bevorzugt, und dies bedeutet zugleich, dass die Angehörigen der Mehrheit dadurch benachteiligt sind.
Nun kann man versuchen, die Sache so anzugehen, dass man die Sonderrechte der Minderheit so ausgestaltet, dass sie nicht in den normalen politischen Ablauf eingreifen, sondern nur in den Bereichen gelten, in denen es Sonderinteressen der Minderheit nachweislich gibt. Man könnte z. B. einer sprachlichen Minderheit einen massgeblichen Einfluss auf das Schulwesen geben, indem man dieses einem Erziehungsrat unterstellt, in dem die Minderheit überproportional vertreten ist, oder in dem man eigene Schulen für die Minderheit garantiert u. dgl.
Oft ist aber eine saubere Trennung zwischen legitimen Sonderinteressen der Minderheit und allgemein politischen Interessen nicht möglich und das Verfahren wie eben beschrieben somit nicht durchführbar.
Dann kommt man aber wieder in die systematische Zwickmühle: Gibt man der Minderheit eine allgemein politische Vertretung, so kann sie auch einen Einfluss ausüben, der überproportional zu ihrer Stärke ausfällt. Oder aber man verpflichtet sie zur "Neutralität" in allgemein politischen Angelegenheiten - damit ist sie dann aber wieder benachteiligt, weil es ein Grundrecht ist, eine politische Meinung haben und ihr nachleben zu dürfen.
Man kann also in der Praxis letztlich nur versuchen, zwischen Skylla und Charybdis einen sinnvollen mittleren Weg zu steuern, der die legitimen Rechte der Minderheit und der Mehrheit ausgewogen und angemessen berücksichtigt. D. h. auch, dass Minderheitenrechte von Zeit zu Zeit auch neu definiert und angepasst werden müssen, je nach dem, wie sich die Situation geändert hat. Eine allgemeingültige Lösung gibt es eben nicht.

In concreto möchte ich aber noch auf etwas hinweisen:
Mit Zahlenspielereien kommt man m. E. nicht weit. Wenn ich die Zahlen richtig gelesen habe, dann kommt Linksgrün auf knapp 43%, Rechts auf knapp 45%, SSW auf rund 3% aller Stimmen. Das ist jetzt gut gerundet. Wenn man diese Zahlen zusammenzählt, dann bleiben aber immer noch rund 9% (unter Abzug der Rundungen vielleicht sogar 10%), und das bedeutet doch, dass die Stimmen der Wählenden, die jetzt durch die 5%-Klausel unter den Tisch fallen, grundsätzlich reichen würden, einer weiteren Partei eine doch vergleichsweise starke Stellung zu geben, mit der diese ohne weiteres die Mehrheit in die eine oder andere Richtung kippen könnte.
Wenn man also auf den "Wählerwillen" schielt, dann sehe ich nicht, wie sich bei diesem eine so eindeutige, klare Mehrheit für einen der beiden Blöcke ausmachen liesse.
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Florian
Veröffentlicht am Samstag, 26. Februar 2005 - 13:02 Uhr:   

Um Philipps Argument noch einmal zu vertiefen:

Es ist ja gerade _nicht_ so, dass dem SSW im Wahlrecht ein überporportionales Gewicht zugestanden wird.
Vielmehr ist es genau umgekehrt: Alle anderen Kleinparteien werden vom Wahlrecht systematisch gegenüber den größeren Parteien benachteiligt und lediglich diese Benachteiligung gilt für den SSW nicht.
(und sowohl die generelle Benachteiligung als auch deren Aussetzung im Einzelfall scheint mir durchaus begründbar).

SPD+Grüne+SSW wurden von _mehr_ Leuten gewählt als CDU+FDP.
Die relative Mehrheit liegt also gerade nicht auf Seiten von CDU+FDP.

Dass es für Schwarz-Gelb in Schleswig-Holstein nicht gereicht hat mag man als bitter empfinden aber das muss man als Demokrat einfach schlucken (mir persönlich tun die Menschen dort leid - aber sie wollten es ja nicht anders!).

Und noch etwas:
In den Prognosen von ZDF und ARD, die am Wahlabend zwischenzeitlich eine parlamentarische Mehrheit von CDU+FDP gesehen haben, war nie unstrittig, dass die _Stimmenzahl_ von SPD+Grün+SSW deutlich höher war als die der Gegenseite. Schwarz-Gelb hätten eine parlamentarische Mehrheit somit ohnehin nur dem -zweifelhaften- d'Hondt zu verdanken gehabt.
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Husumer
Veröffentlicht am Samstag, 26. Februar 2005 - 14:56 Uhr:   

@Philipp:
Rot und Grün kommen auf 44,9%
Schwarz und Gelb (ich würde da nicht von "rechts", sondern von bürgerlich sprechen) auf 46,8%
Der SSW kommt auf 3,6%
Die größte Partei, die nicht im Landtag vertreten ist (NPD, die sind rechts) kommt auf 1,9%. Es gibt also keine nicht vertretene Partei, die stärker ist, als der SSW. Da sich der Bogen von Kommunisten (DKP) über christliche Fundamentalisten (PBC) bis Nazis (NPD) spannt, kann man die 4,7% "Sonstige" auch nicht in einen Topf werfen.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Sonntag, 27. Februar 2005 - 09:08 Uhr:   

@ Philipp Wälchli
"Das ist keine Frage der demokratischen Tradition o. dgl. Deutsche in Polen werden, solange sie deutsch sprechen und sich als deutsch oder deutsch-polnisch oder was auch immer empfinden, eben eine Gruppe für sich bilden und ihre gruppenspezifischen Sonderinteressen haben."

Das Problem beginnt aber bereits damit, daß man schon die Frage, wer überhaupt Däne ist, nicht so eindeutig beantworten kann. Heute wird in Südschleswig nahezu ausschließlich Deutsch verwendet (und in Nordschleswig Dänisch), sogar auf Pateiversammlungen des explizit dänischen SSW werden nur wenige dänische Sätze eingeflochten und irgendein Bezug zum "Dänentum" ist auch nicht Mitgliedschaftsvoraussetzung. Und die "nationalen Friesen" sind schon in Ermangelung einer friesischen Nation eine Fiktion.
Die Stimmenanteile des SSW schwankten auch erheblich: 9,27% waren es 1947 (es war in der Nachkriegszeit natürlich opportun, sich von Restddeutschland abzuwenden), dann ging es nahehu stetig abwärts bis auf 1,31% (1983, damit wäre sie bei 69 Sitzen sogar ohne Sperrklausel leer ausgegangen), seitdem stieg der Stimmenanteil wieder.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Sonntag, 27. Februar 2005 - 09:29 Uhr:   

Ich kann Frank Schmidt in diesem Thread nur zustimmen. Außerdem muss natürlich noch ein weiterer Gedanke verdeutlicht werden - wurde auch im Thread: "Wahl Schleswig-Holstein" schon angesprochen: Der SSW hat sich vor der Wahl und auch bei seinem "kleinen" Parteitagsbeschluss am Freitag, dem 25.02. eindeutig darauf festgelegt, eine Regierung zu tolerieren und keine feste Koalition einzugehen (obwohl die SSW-Parteivorsitzende Eichhorn dies zeitweise zu favorisieren schien). Nun hat der FDP-Fraktionsvorsitzende Kubicki am Wahlabend und auch in öffentlichen Äußerungen in dieser Woche mehrfach die Beteiligung der FDP an einer vom SSW-tolerierten Minderheitsregierung abgelehnt und erklärt, in dieser gegebenen Situation sollten Union und SPD eine große Koalition zum Wohle des Landes SH eingehen. Außerdem hat die CDU gestern weitere Gespräche mit dem SSW abgelehnt, nachdem dieser erklärt hat, er werde Tolerierungsverhandlungen mit rot-grün aufnehmen.

Nach den Äußerungen Kubickis muss doch die Frage gestellt werden: der SSW kann sich ja gar nicht zwischen zwei "Optionen" der Tolerierung entscheiden, wenn die FDP nicht mitmacht. Selbst wenn der SSW von seiner Neigung her nicht eher zu rot-grün tendierte, sondern wirklich so "neutral" wäre, wie hier in dem Thread diskutiert worden ist: wie hätte er eine andere Option durchsetzen sollen, da sich die FDP einer solchen Konstellation verweigert?

Ich denke, wenn die dänische Minderheit mit der Politik des SSW nicht zufrieden ist, dann soll sie eine weitere Partei gründen, die eher konservative Positionen abdeckt und als ihre zweite Vertretung in den schleswig-holsteinischen Landtag schicken. Dies wäre dann konsequenter, als auf dem SSW herumzuhacken.
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conservative
Veröffentlicht am Sonntag, 27. Februar 2005 - 15:17 Uhr:   

@Bernhard Nowak
Du glaubst doch nicht ernsthaft, daß Kubicki nicht umkippen würde, wenn Frau Spoorendonk ihm das Ministeramt auf dem Silbertablett darreichen würde. Wir kennen doch die Machtgeilheit der FDP. So blauäugig kannst Du doch nicht wirklich sein. Ergo: Der SSW hat zwei Optionen und muß sich jetzt entscheiden, ob er lieber eine streng sozialistische oder eine vernunftorientiert-christliche Regierung unterstützen will.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Sonntag, 27. Februar 2005 - 18:42 Uhr:   

@conservative: doch, das glaube ich, da Kubicki sehr ehrlich ist. Meines Erachtens wurde sein "Koalitionsangebot" an die SPD auch missinterpretiert. Er hat m. E. lediglich gesagt, dass ein Zusammengehen mit der SPD möglich wäre, wenn rechnerisch eine Alternative aufgrund der damaligen Umfragen nicht möglich sei. Er hat ja auch ehrlich seinen Fehler zugegeben. Insofern verlöre die FDP ihre Glaubwürdigkeit, wenn sie in dieser Frage - Tolerierung durch SSW - umkippte.
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conservative
Veröffentlicht am Montag, 28. Februar 2005 - 19:01 Uhr:   

@Bernhard Nowak
Die FDP hat keine Glaubwürdigkeit, also kann sie auch keine verlieren. Wer in einem Bundesland mit der CDU regiert und im Nachbarland mit der SPD, kann nicht glaubwürdig sein. Die FDP kann sich offensichtlich nicht zwischen Christentum (CDU) und Sozialismus (SPD) entscheiden und hat keinen Wertekompass, denn der sogenannte "Liberalismus" ist nichts anderes als Beliebigkeit. Sie muß sich - wenn sie noch gebraucht werden will - endlich zwischen beiden Polen entscheiden, einen Mittelweg gibt es nicht!
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Frank Schmidt
Veröffentlicht am Montag, 28. Februar 2005 - 19:15 Uhr:   

@conservative
Ich würde es umgekehrt sehen: die FDP steht in der Mitte und ist nach rechts und links koalitionsfähig. Wenn sie vorher ihre Ziele bekanntgibt und nach der Wahl verhandelt, um diese Ziele durchzusetzen, ist dies nicht Beliebigkeit, sondern Demokratie.

Gehe ich recht in der Annahme, dass in deinem politischen Wertesystem "Christentum" gut und "Sozialismus" schlecht, und alles dazwischen "Beliebigkeit" und somit ebenfalls schlecht ist?
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Montag, 28. Februar 2005 - 19:24 Uhr:   

"Die FDP hat keine Glaubwürdigkeit, also kann sie auch keine verlieren. Wer in einem Bundesland mit der CDU regiert und im Nachbarland mit der SPD, kann nicht glaubwürdig sein."

Nur weil die CDU auch mit der SPD koaliert (Sachsen, Brandenburg), verliert sie auch nicht ihre Glaubwürdigkeit (was immer man darunter versteht). In einer Demokratie kann man sich halt nicht sein Wunschparlament schnitzen, dann wären Koalitionen sowieso überflüssig.
Kubicki hat nur gesagt, daß Rot-Gelb gegenüber Rot-Grün ein Fortschritt wäre. Das werden in der FDP nur wenige anders sehen.

Daß Kubicki sich vom SSW in Koalitionsboot holen ließe, halte ich auch für ausgesprochen unwahrscheinlich. Ein Ministeramt wollte er ja auch in eine schwrz-gelben Regierung nicht übernehmen. Selbst wenn er wollte, müßte er noch die Partei hinter sich bringen.
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J.A.L.
Veröffentlicht am Montag, 28. Februar 2005 - 19:28 Uhr:   

@ conservative:

Solche Christen wie du, die unsere Religion in ein politisches Umfeld pressen, versündigen sich an ihr und missbrauchen sie. Das widert mich an.

Wie erklärst du übrigens das durchaus bestehende Phänomen des christlichen Sozialismus? Aber hier ist glaube ich nichts mehr zu erwarten.
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conservative
Veröffentlicht am Montag, 28. Februar 2005 - 21:21 Uhr:   

@J.A.L.
Ich habe nicht gesagt Christ zu sein, ich bin es nicht, ich bin Moslem. Da ich aber eine religiös geprägte Welt haben möchte, stehen mir christliche und jüdische politische auffassungen deutlich näher, als nihilistisch-sozialistische.
Der sog. christliche sozialismus ist im Übrigen im Regelfall kein echter Sozialismus, sondern christlicher Humanismus.

@Thomas Frings
Große Koalitionen sind auch nicht daß was ich mir wünsche und werden im Regelfall nur dort geschlossen, wo es sonst keine Regierungsmehrheit unter Ausschluß von Extremisten gibt. Carstensen verachte ich dafür, daß er sich in einer Situation wo es andere Möglichkeiten gibt der SPD anbiedert. Frau Simonis macht da eine deutlich bessere Figur, auch wenn ich ihre Partei nie wählen würde.

@Frank Schmidt
Die Beliebigkeit ist schlecht. Der Sozialismus ist eine legitime Idee, die ich zwar für falsch halte, die aber in sich konsequent ist. Die FDP steht nicht in der Mitte, weil es keine vermittelnde Mitte zwischen religiöser (in Deutschland: Christlicher) und sozialistischer geben kann. Es ist einfach inkonsequent mal mit einer religiösen und mal mit einer nihilistischen Partei koalieren zu wollen.
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Robert Z.
Veröffentlicht am Dienstag, 01. März 2005 - 00:39 Uhr:   

Die FDP steht für den Liberalismus. Das ist nicht die Mitte zwischen Konservativ/Christdemokratisch und Sozialdemokratisch/Sozialistisch, sondern eine eigenständige Weltanschauung (das übliche links-mitte-rechts-Schema ist zu simpel). Die FDP arbeitet, je nach Wahlergebnis, mit der Partei zusammen, mit der sich ihre liberalen Ziele umsetzen lassen. Was soll daran inkonsequent oder beliebig sein? Welchen Sinn hätte die Existenz der FDP, falls sie immer nur mit der CDU zusammenarbeiten würde?

Worin unterscheidet sich das vom Vorgehen der CDU oder der SPD? So koaliert die CDU in Bremen mit der SPD, obwohl es auch unter Ausschluss von extremistischen Parteien eine Mehrheiten gäbe (allerdings ohne CDU). In RP koaliert die SPD mit der FDP, obwohl es auch eine Mehrheit mit den Grünen gäbe.

Inkonsequent oder beliebig ist das alles auch nicht, weil CDU und SPD in einem Punkt, den Du für den wichtigsten hältst (Religion), unterschiedliche Auffassungen haben. Nicht jeder hält diesen Punkt für wichtig...

Das ist alles nicht "inkonsequent" oder "beliebig", da Koalitionen keine unscheidbaren Liebesheiraten sind, sondern Zweckbündnisse zwischen Parteien, die verschiedene Weltbilder und Ziele haben.
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ewelincia@freenet.de
Veröffentlicht am Dienstag, 01. März 2005 - 16:10 Uhr:   

Die Polen sind de facto. die grösste Minderheit in Deutschland.
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conservative
Veröffentlicht am Dienstag, 01. März 2005 - 19:30 Uhr:   

@Robert Z.
Die FDP hat aus meiner Sicht ja auch keinen Sinn, es sei denn, sie würde ihr Aufgabe endlich wieder (wie unter Kinkel und Gerhard) darin sehen, seltene Kirchgänger für die Zusammenarbeit mit der CDU/CSU zu gewinnen. Fakt ist, daß niemand die Existenz des Liberalismus je nachgewiesen hat, sie wurde stets nur behauptet. Religion und Sozialismus sind hingegen nachweisbar existente Weltanschauungen.
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Sole
Veröffentlicht am Dienstag, 01. März 2005 - 20:21 Uhr:   

Die Pole heißen sicher nicht Christenheit und Sozialismus
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J.A.L.
Veröffentlicht am Mittwoch, 02. März 2005 - 12:07 Uhr:   

Mich würde doch interessieren, wie der Existenzbeweis einer Weltanschauung aussieht.
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Hans
Veröffentlicht am Dienstag, 09. August 2005 - 18:15 Uhr:   

so ein schwachsinn
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Hadrian Silberer
Veröffentlicht am Donnerstag, 11. August 2005 - 04:42 Uhr:   

@conservative: Wir haben Ihrem Empfinden nach also die Religion auf der einen Seite, den Atheismus - gleichgestellt dem Sozialismus - auf der anderen. Wie erklären Sie sich aber die Unterscheide zwischen den Religionen? Nur weil ihnen der Glaube an eine höhere Macht zu eigen ist (sogar hier schert der Buddhismus aus), teilen sie sich noch lange kein Weltbild.

Der Sozialismus trägt seine Wurzeln übrigens nicht im Atheismus. Marx selbst war bekanntlich Jude und müßte demnach Ihrer politischen Auffassung recht nahegestanden haben. Auch andere, denen kommunistische Grundideen nachgesagt werden, wie beispielsweise Platon, stützten ihre Thesen nicht auf eine gottlose Welt.

Den Beweis zur Existenz einer Weltanschauung erwarte auch ich mit großer Spannung. Damit könnten wir doch tatsächlich die angebliche Existenz des abstrakten Denkens widerlegen! Nur... können wir den Beweis dann auch anfassen?
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Mitdenker
Veröffentlicht am Freitag, 08. Februar 2008 - 18:07 Uhr:   

Beim Thema Niedersachsenwahl kam das Thema über die Partei Die Friesen auf, die vom Land Niedersachsen, gerne als eine Partei einer Nationalen Minderheit, anerkannnt werden möchte.

Gedankenexperiment:

Landtagswahlen

Landtagswahl in Schleswig-Holstein
1-Sitz Hürde für den Südschleswiger Wählerbund (SSW)
Prozenthürde für den SSW = 1 * 100 % / 69 = 1,45 %
Berechnung einer modifizierten 5 %-Hürde ohne die Stimmen für den SSW.

Landtagswahl in Niedersachsen
1-Sitz Hürde für Die Friesen
Prozenthürde für die Friesen = 1 * 100 % / 135 = 0,74 %
Berechnung einer modifizierten 5 %-Hürde ohne die Stimmen für Die Friesen.

Landtagswahl in Brandenburg
1-Sitz Hürde für die SLS
Prozenthürde für die SLS = 1 * 100 % / 88 = 1,14 %
Berechnung einer modifizierten 5 %-Hürde ohne die Stimmen für SLS.

Landtagswahl in Sachsen
1 Sitz-Hürde die die SLS
Prozenthürde für die SLS = 1 * 100 % / 120 = 0,83 %
Berechnung einer modifizierten 5 %-Hürde ohne die Stimmen für SLS.


Bundestagswahl

Schleswig-Holstein
0,5 Sitz-Hürde im Land
Prozenthürde für den SSW = 1 * 100 / 22 / 2 = 2,27 % im Land

Niedersachsen
0,5 Sitz-Hürde im Land
Prozenthürde für Die Friesen = 1 * 100 / 60 / 2 = 0,83 % im Land

Brandenburg
0,5 Sitz Hürde im Land
Prozenthürde für die SLS = 1 * 100 / 20 / 2 = 2,5 % im Land

Sachsen
0,5 Sitz Hürde im Land
Prozenthürde für die SLS = 1 * 100 / 32 / 2 = 1,56 % im Land
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Ralf Lang
Veröffentlicht am Samstag, 09. Februar 2008 - 09:07 Uhr:   

Der Sozialismus trägt seine Wurzeln übrigens nicht im Atheismus. Marx selbst war bekanntlich Jude und müßte demnach Ihrer politischen Auffassung recht nahegestanden haben. Auch andere, denen kommunistische Grundideen nachgesagt werden, wie beispielsweise Platon, stützten ihre Thesen nicht auf eine gottlose Welt.

Das ist ein wenig krumm. Aus einem jüdischen Elternhaus zu stammen ist kein Hinderungsgrund für atheistische Gedanken. Spätestens mit den Feuerbachthesen hegt Marx aber solche.

Gott wählt nicht CSU, denn er ist kein Bayer. Soviel steht schon mal fest.
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albertk (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Donnerstag, 14. Februar 2008 - 23:44 Uhr:   

"Marx war bekanntlich Jude". Karl Marx war der Sohn eines Rabbiners, der zum Protestantismus konvertierte und seine Kinder taufen ließ. Und Karl Marx selbst verstand sich wohl eindeutig als Religionskritiker.
Es gibt hier scheinbar immer noch ewig-gestrige Zeitgenossen, die den Unfug einer Ideologie vor 1945 herunterbeten. Übrigens hatte der Religionsstifter des Christentums auch zufällig jüdische Vorfahren.
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ElTres (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Dienstag, 19. Februar 2008 - 23:14 Uhr:   

"Gott wählt nicht CSU, denn er ist kein Bayer."

Sicher? Wie sagt schon Hans Soellner so richtig: "Der erste Mensch war schwarz, das war ein Bayer!"
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Florian (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Mittwoch, 20. Februar 2008 - 18:27 Uhr:   

Und wie sagt Heilige Petrus zur Enkeltochter des Brandner Kasper auf die Frage, ob es im Himmel auch Preußen gäbe: "Natürlich nicht. Sonst wäre es ja kein Himmel mehr."

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