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Erfolgswert- vs. Vertretungswertgleic...

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Baldini2010 (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Dienstag, 29. November 2005 - 21:56 Uhr:   

Ich verstehe nicht, warum die Ziele Erfolgwert- und Vertretungswertgleichheit nicht streng positiv korreliert bzw. deckungsgleich sind.
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Dienstag, 29. November 2005 - 22:42 Uhr:   

Die Ziele sind schon gleich. Nur wenn man das Ziel wegen der Erfordernis, ganzzahlige Sitze zuzuteilen, nicht erreichen kann und daher Ungleichheitskennzahlen (z.B. Erfolgswertdifferenzen) minimiert, macht es schon einen Unterschied welche Kennzahl man nimmt, oder wie man die Abweichung vom Ziel beschreibt.
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P.K. (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Donnerstag, 01. Dezember 2005 - 12:36 Uhr:   

Könnten Sie den Unterschied einmal an einem Zahlenbeispiel veranschaulichen?
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sebu
Veröffentlicht am Donnerstag, 01. Dezember 2005 - 17:25 Uhr:   

Bei paarweisem Vergleich ist bei Verwendung von Vertretungsgewichten das Verfahren von Dean optimal, bei Verwendung von Erfolgswerten das Verfahren von Sainte-Lague. D.h. konkret, wenn durch einen Sitztransfer von einer Partei zu einer anderen, die Erfolgswerte oder Vertretungsgewichte "näher zusammenrücken", soll man einen Sitztransfer machen. Soweit die Theorie, nun ein Beispiel.
Bayerische Landtagswahlen vom 21. September 2003, Bezirk Mittelfranken:
Stimmen:
CSU: 786366, SPD: 353430, Gruene: 122061, Sitze: 25
Zuteilung mit Sainte-Lague:16, 7, 2, Divisor 50000
Zuteilung mit Dean: 15, 7, 3, Divisor 50800

Erfolgswerte:
Sainte-Lague: 1.0270 0.9997 0.8270, Differenz CSU-Gruene: 0.2
Dean : 0.9628 0.9997 1.2406, Differenz CSU-Gruene: 0.2778
Die Erfolgswerte sind bei Sainte-Lague näher zusammen, also ist dieses Verfahren in diesem Fall optimal.
Vertretungsgewichte:
Sainte-Lague: 49147.88 50490.00 61030.50, Differenz CSU-Gruene: 11882.62
Dean : 52424.4 50490.0 40687.0, Differenz CSU-Gruene: 11737.2
Hier sind dagegen die Vertretungsgewichte beim Verfahren von Dean näher beieinander, also ist dieses Verfahren in diesem Sinne optimal.
In der Realität wird in Bayern aber mit Hare/Niemeyer zugeteilt, was bezüglich keines der genannten Kriterien optimal ist.
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Bürger (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Donnerstag, 01. Dezember 2005 - 18:37 Uhr:   

@sebu
Welches Verfahren ergibt denn den besten Kompromiss zwischen Erfolgswert und Vertretungsgewicht. Ich halte beide Faktoren für gleich wichtig und möchte daher ein Wahlrecht, daß ein Mittel beider Ziele hergibt.
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Donnerstag, 01. Dezember 2005 - 20:51 Uhr:   

Das Ziel ist dasselbe, der Unterschied ist, wie man den Abstand vom Ziel (Fehlerbewertung) beurteilt.

Zwischen Dean und Sainte-Lague liegt das
Divisorverfahren mit geometrischer Rundung - Hill, das sowohl den relativen Vertretungswertunterschied als auch den relativen Erfolgswertunterschied minimiert.

Am Ende muß man sich aber für eine Fehlerminimierung entscheiden.

Wenn man Vertretungsgewichte betrachtet, schneiden kleine Parteien tendentiell etwas besser ab. Und jede Partei muß mindestens einen Sitz haben.
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sebu
Veröffentlicht am Freitag, 02. Dezember 2005 - 10:34 Uhr:   

@Bürger
Letztlich muss man sich (wie Martin Fehndrich geschrieben hat) immer für ein Verfahren entscheiden - entweder man will die Erfolgswerte optimal haben, oder man will die Vertretungsgewichte optimal haben, oder man will die relativen Unterschiede minimal haben - alles geht leider nicht. Im Zweifelsfall würde ich mich für die Erfolgswerte entscheiden, weil das eine mehr wählerorientierte Sicht ist, die Betrachtung der Vertretungsgewichte ist eine mehr abgeordnetenorientierte Sicht. Oft führen unterschiedliche Zuteilungsverfahren auch zu dem gleichen Ergebnis.
Nebenbei gesagt wollen die Parteien auch meist eine sog. "Mehrheitsklausel", d.h. dass die absolute Mehrheit der Stimmen auch in eine absolute Mehrheit der Parlamentssitze abgebildet werden. Meines Wissens leistet das nur das Verfahren von D'Hondt, bei den anderen muss man immer etwas "nachhelfen", was dann aber auch wieder zu Verzerrungen führt.
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Fragender (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Freitag, 02. Dezember 2005 - 18:41 Uhr:   

@sebu
D'Hondt leistet die Mehrheit der Sitze bei einer Mehrheit der Stimmen auch nicht immer. Siehe z.B. (um mal keinen erfundenen sondern einen realen Fall zu nehmen) hier: http://www.statistik.baden-wuerttemberg.de/Wahlen/Kommunalwahlen_2004/Gem.asp?G117007

In der Gemeinde Bad Überkingen waren 14 Sitze zu verteilen. Die FWG erhielt 840 Stimmen, die CDU 745. Beide Listen bekamen 7 Sitze. Der FWG fehlten 12 Stimmen zum achten Sitz.
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P.K. (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Montag, 05. Dezember 2005 - 12:42 Uhr:   

@sebu (1.12.)

Durch Ihr praktisches Beispiel wird gleich vieles klarer. Vielen Dank.

'..., wenn durch einen Sitztransfer die Erfolgswerte oder Vertretungsgewichte "näher zusammenrücken", ...'

Aber warum muß die "Nähe" durch die Differenz gemessen werden? Ich habe sogar ein deutliches Unbehagen, wenn zum Vergleich zweier Verhältniszahlen deren Differenz betrachtet wird. (Ich könnte dieses Unbehagen aber aus dem Stehgreif methodisch oder mathematisch nicht exakt begründen. Aber irgendwie scheint mir hier die Vermischung von Punkt- und Strichrechnung problematisch - wie ja auch die unterschiedlichen Ergebnisse zeigen.)

Die Alternative ist, die "Nähe" durch den Quotienten der beiden Erfolgswerte bzw. der beiden Vertretungsgewichte zu messen. Je weniger sich der Quotient von 1 unterscheidet, desto näher sind die beiden Verhältniszahlen. Für das mittelfränkische Landtagswahlergebnis ergibt sich dann:

StimmenSitze Erfolgs-
wert
Vertretungs-
gewicht
Sitze Erfolgs-
wert
Vertretungs-
gewicht
CSU 786.36616 1,027 49.148150,96352.424
GRÜNE 122.061 2 0,827 61.031 31,24140.687
Quotient
[groß / klein]
-
-
1,2421,242
-
1,2891,289
Quotient
[klein / groß]
-
-
0,8050,805
-
0,7760,776


Die Auswertungen der Erfolgswerte und der Vertretungsgewichte führen zum selben Ergebnis (die Division durch Null soll einmal außer acht bleiben).}
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sebu
Veröffentlicht am Dienstag, 06. Dezember 2005 - 09:17 Uhr:   

@P.K.
Quotienten und deren Abstand zur 1 sind natürlich auch ein sehr gutes Maß für die Berechnung der Abweichung, das daraus entstehende Verfahren, ist das Verfahren von Hill und wird zur Verteilung der Sitze des US-Repräsentantenhauses auf die einzelnen Bundesstaaten verwendet.
NB: In diesem Zusammenhang keine Angst vor der Division durch Null - diese macht den Quotienten zu unendlich, somit lohnt sich jeder Sitztransfer hin zu einer Partei, die Null Sitze hat. Bei der Betrachtung als Divisorverfahren werden als Quotienten Stimmen/Divisor, die zwischen Null und eins liegen, zu eins aufgerundet.

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