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Nordrhein-Westfalen – Änderung des Ko...

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Martin Fehndrich
Moderator
Veröffentlicht am Samstag, 21. Februar 2009 - 21:20 Uhr:   

@Thomas

Die 72,5% absolute Mehrheiten muß man aus der Diskussion nehmen, da es hier keine Änderung gibt.

Beim Londoner System wäre es auch besser, wenn man die Kandidaten nacheinander streichen würde. Mit der automatischen Zählung hätte das auch kaum Mehraufwand bedeutet. Das hätte vermutlich eine Le Pen Stichwahl verhindert.

Es verhindert wenigstens, daß bei einem Dreierrennen der Minderheitskandidat und bei einem Zwei-Lager-Vier-Kandidaten-Rennen das Minderheitslager gewinnt.

@Marc
Der Druck auf die Lager ist auch eine Chance für die Kleinen, die für ihre Nichtkandidatur nun besser einen Preis erzielen können (eine der Absichten des Gesetzgebers).
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Marc K.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 22. Februar 2009 - 00:07 Uhr:   

@Martin Fehndrich,

nun, die kleinen Parteien haben ja auch im Fall eines zweiten Wahlgangs die Möglichkeit eine Wahlempfehlung zu geben oder eben auch nicht zu geben - und können hierfür etwas aushandeln.

Zumal bei einem großen Abscheiden für den Kandidaten einer kleinen Partei im ersten Wahlgang die Verhandlungsposition in Bezug auf eine Wahlempfehlung besser sein könnte.

Ich persönlich würde befürchten, dass die Legitimation eines Bürgermeisters, der mit nur einer relativen Merheit der abgegebenen Stimmen gewählt wird, von Anfang angeschlagen und dessen Position von daher geschwächt wäre.
Gerade diese sollte aber überhaupt durch die Einführung der Direktwahl gestärkt werden.

Ohne Zweifel hat auch ein solcher Bürgermeister eine demokratische Legitimation. Die direkt gewählten Abgeordneten des Bundestages und der Landtage werden ja auch nach relativer Mehrheitswahl gewählt. Allerdings spielt dieses aufgrund der Verrechnung der Direktmandate mit den Zweitstimme ja für die Verteilung zwischen den Parteien nur im Fall von Überhangmandaten eine Rolle. Bei diesen Wahlen handelt es sich doch faktisch um eine reine Parteienwahl.

Bei Personenwahlen - sowohl im Fall von Ministerpräsident wie Bundeskanzler - ist ja im Regelfall auch die absolute Mehrheit erforderlich.
Ich sehe keinen Grund, weshalb es beim Bürgermeister anders sein sollte.

Damit hat er auch eine politisch stärkere Position gegenüber einer Gemeindevertretung, in der politische Gegner von ihm die Mehrheit haben, als wenn er von vornherein nur auf ein Minderheitsvotum der Wähler berufen kann.
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Marc K.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 22. Februar 2009 - 00:50 Uhr:   

@Thomas Frings,

Einige allgemeine Anmerkungen zu der Änderung:

"Beim Landtagswahlrecht wird neben der Einführung der Zweitstimme die Aufstellung von Ersatzbewerbern für Direktkandidaten obligatorisch. Unlogisch ist in diesen Zusammenhang, daß der Ersatzbewerber nicht für einen ausscheidenden Direktbewerber in den Landtag nachrücken kann, das geht weiterhin nur über die Liste. Der Ersatzbewerber kommt also nur zum Zuge, wenn der Bewerber zwischen der Zulassung der Wahlvorschläge und dem Wahltag ausfällt."

Völlige Zustimmung. Sehe ich genauso.



"Wenn man aber schon Ersatzbewerber aufstellt, sollten die auch ggf. für den erfolgreichen Wahlkreisbewerber nachrücken können."

Sehe ich ebenso

"Analog zum Bundestagswahlrecht werden die Zweitstimmen derjenigen Wähler nicht berücksichtigt, die ihre Erststimme einem erfolgreichen Einzelbewerber oder einem Bewerber einer Partei ohne Landesliste gaben."

Das ist zwar einerseits folgerichtig, da in diesem Fall eine Verrechnung mit Zweitstimmen nicht möglich ist.
Andererseits führt es dazu, dass der Wähler in diesem Fall faktisch nur eine Stimme und nicht zwei Stimmen hat. Auf dem ersten Blick kommen mir bei dieser Regelungen daher Bedenken.....


"Parteien dürfen keine Bewerber mehr aufstellen, die mehreren Parteien oder einer anderen Partei angehören."

Das ist zu begrüßen.
Die Aufstellung Parteiloser bleibt davon sicherlich unberührt..

"Bemerkenswert ist, daß die Hürde von 1000 Unterschriften für die Landesliste nicht angehoben wird. Bisher lag die Hürde, um überall zu kandidieren und eine Landesliste aufzustellen bei 13800 Unterschriften (128x100 Unterschriften in den Wahlkreisen und 1000 für die Landesliste). 1000 Unterschriften bei gut 13 Mio. Wahlberechtigten dürfte jede Gurkentruppe schaffen."

Zustimmung. Wenn man schon eine glatte Zahl nehmen will, sollte man im Fall von NRW zumindest auf 10.000 Unterstützungsunterschriften gehen.


"Beim Kommunalwahlrecht wird die Sperrklausel nicht, wie ursprünglich vorgesehen, auf ein ganzes Mandat, sondern nur auf rechnerisch 0,75 Mandate angehoben."

Ich halte viel von so einer Mindestklausel.
Ansonsten kann es sehr vom Zufall abhängen, ob eine Kandidat/Gruppierung mit 0,5 Mandatsanteil (oder gar darunter) einzieht oder nicht.
Eine gewisse Untergrenze sollte man schon einziehen, nachdem nach Verzicht auf die 5%-Klausel (die nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht in Bezug auf das Kommunalwahlrecht in Schleswig-Holstein wohl für diese Ebene endgültig beerdigt werden muss:

http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ks20080213_2bvk000107.html


"Bürgermeister und Landräte werden künftig für 6 Jahre mit relativer Mehrheit gewählt."

Halte ich nicht für eine gute Regelung...


"Die bisherige (m.E. unsinnige) Altersgrenze von 68 Jahren entfällt."

Zustimmung. Angesichts der älter werdenden Gesellschaft werden solche Altersgrenzen immer fragwürdiger. Von daher liegt es nahe sie ersatzlos zu streichen oder zumindest deutlich anzuheben (etwa auf 80 Jahre).

"Künftig dürfen mehrere Parteien und Wählergruppen einen gemeinsamen Bürgermeister- oder Landratskandidaten aufstellen."

Generell sinnvoll.

"Im Gegensatz zu Hessen wird das Alter für das aktive Wahlrecht nicht wieder auf 18."

Bedauerlich. Ich hielte eine generelle Festlegung des Wahlalters auf 18 Jahre für besser...
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Martin Fehndrich
Moderator
Veröffentlicht am Sonntag, 22. Februar 2009 - 11:40 Uhr:   

@Marc K.
Ich seh in der Wahlempfehlung nach dem Ausscheiden die deutlich geringer Einflußmöglichkeit. Da kann die größere Partei darauf setzen, daß die Wähler - Wahlempfehlung hin oder her - schon rüberwechseln werden.
Ein chancenreicher Kandidat der kleineren Partei ist dann auch die Konstellation, wo das neue System versagt. Eine Einigung im Vorfeld ist schwer bis unmöglich, das Lager wird gespalten und das kleinere Lager gewinnt.
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Philipp Waelchli
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Sonntag, 22. Februar 2009 - 11:53 Uhr:   

Nur eine Anmerkung:
Die "Stärke" eines Bürgermeisters muss nicht unmittelbar von der Art seiner Wahl abhängen. Um ein bei uns eher unbeliebtes Beispiel zu nehmen: Ex-US-Präsident Bush wurde mit ziemlich viel Nebengeräuschen gewählt, seine unversöhnlichen Gegner wetzten seit der Wahlnacht die Messer. Seine ersten Amtsmonate waren durch allerlei Skandälchen, Fettnäpfchen u. dgl. geprägt. Aber nach dem 11. 9. 2001 hat er eine fulminante Dynamik entwickelt, die kaum jemand in Europa ihm zugetraut hätte. Er hat zwei Fronten eröffnet, Gesetze und Kriegsermächtigungen durch einen Kongress gepaukt, der zeitweise von seinen politischen Begegnern beherrscht war, und mehr noch - er hat seine politischen Gegner zeitweise völlig gegen die Wand gedrückt. Nebenbei hat er auch einige entscheidende Weichen gestellt, die wohl auf absehbare Zeit hin nicht umgekehrt werden können. Erst in seinen allerletzten Amtsmonaten erschien er wieder als lamy duck - was ja bei US-Präsidenten nicht unbedingt erstaunt.
Auch bei einem Bürgermeisteramt spielen wohl Faktoren wie die Kompetenzordnung innerhalb der Gemeindeverfassung, die politische Wetterlage usw. eine am Ende grössere Rolle als der einmalige Wahlakt.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 22. Februar 2009 - 12:44 Uhr:   

@Marc K
Einiges ist inzwischen überholt: Im Koalitionsvertrag hatten CDU und FDP die Ein-Sitz-Hürde vereinbart. Der Gesetzentwurf sah eine 0,75-Sitze-Hürde vor, beschlossen wurden dann letztlich aber die Ein-Sitz-Hürde, die dann vom Verfassungsgericht kassiert wurde. Wenn man also eine höhere Sperrklausel unbedingt wollte, dann bliebe nur die Rückkehr zu d'Hondt. Vor der Kommunalwahl 1999 war die 5%-Hürde für verfassungswidrig erklärt worden. Das Gesetz wurde daraufhin angepaßt, aber zusätzlich wurde auch d'Hondt durch Hare/Niemeier erstzt, was dann durch Sainte-Lague abgelöst wurde.

Die vorgesehene Ersatzbewerberregelung für die Landtagswahl wurde fallen gelassen.


@Martin
"Die 72,5% absolute Mehrheiten muß man aus der Diskussion nehmen, da es hier keine Änderung gibt."
Auch in 86% der Fälle, in denen es eine Stichwahl gab, lag der Führende über 40%. Mir ging es auch vor allem darum, zu zeigen, daß ein plakatives 25%-Beispiel wenig mit der Realität zu tun hat.

"Beim Londoner System wäre es auch besser, wenn man die Kandidaten nacheinander streichen würde. Mit der automatischen Zählung hätte das auch kaum Mehraufwand bedeutet. Das hätte vermutlich eine Le Pen Stichwahl verhindert."
Zustimmung. Das Londoner Verfahren könnte man leicht verbessern.

"Es verhindert wenigstens, daß bei einem Dreierrennen der Minderheitskandidat und bei einem Zwei-Lager-Vier-Kandidaten-Rennen das Minderheitslager gewinnt."
Das hängt natürlich auch davon ab, wie viele Stimmen verloren gehen und wie "linientreu" die Wähler sind. Schlecht ist es für ein Lager mit zwei Kandidaten natürlich, wenn beide Kandidaten fast gleich stark sind. Wenn dann ein Drittel bis die Hälfte der Wähler keine Zweitpräferenz vergeben hat, dann geht sehr viel verloren. Von daher kann es auch bei IRV sinnvoll sein, durch Absprachen die Zahl der Kandidaten zu begrenzen.

Ich halte IRV für besser als die relative Mehrheitswahl und die wiederum für besser als den bishrigen Stichwahlmodus.


"Ein chancenreicher Kandidat der kleineren Partei ist dann auch die Konstellation, wo das neue System versagt."
Ja, viel häufiger ist aber die Konstelllation, daß praktisch zwei Kandidasten derselben Großpartei gegeneinander antreten (wobei dann üblicherweise aus der Partei ausgeschlossen wurde). Da gab es schon einige Fälle, besonders bei der CDU (z.B. Kreis Paderborn, Rheinbach, Selfkant, dieses Jahr in Blankenheim).
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Marc K.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 22. Februar 2009 - 13:03 Uhr:   

@Philipp Waelchli,

das hängt aber auch mit der sowohl verfassungsrechtlich wie in der Staatspraxis praktizierten starken Stellung des US-Präsidenten zusammen.
Die Stellung des Oberbürgermeisters ist in den Gemeindeordnungen der Bundesländer unterschiedlich geregelt, aber kaum so stark.

Zudem hatte George Bush von 2000-2006 parlamentarische Merheiten im Repräsentantenhaus und von 2002-2006 auch im Senat. Von 2000-2002 hatte er ebenfalls zeitweise die Mehrheit im Senat - bei Patt gibt die Stimme des Vorsitzenden des Senats, der Vizepräsident, den Ausschlag - bis ein Republikaner die Seiten gewechselt hat....

Insofern auch nicht ganz vergleichbar mit einem Oberbürgermeister oder Landrat, der über seine gesamte Amtszeit eine parlamentarische Mehrheit der Opposition gegen sich hat.
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Marc K.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 22. Februar 2009 - 13:21 Uhr:   

@Thomas Frings,

"Der Gesetzentwurf sah eine 0,75-Sitze-Hürde vor, beschlossen wurden dann letztlich aber die Ein-Sitz-Hürde, die dann vom Verfassungsgericht kassiert wurde."

Bedauerlich.. Angesichts der Argumentation für dieses Ergebnis erscheint fraglich, ob überhaupt eine Sperrklausel noch möglich ist.

Ggf. könnte man über eine 0,5 Sitz-Sperrklausel als minimale Grenze nachdenken.

Eine niedrigere Sperrklausel - etwa 3% - wäre ebenfalls eine Möglichkeit gegen die Zersplitterung. Allerdings ist nach der verfassungsgerichtlichen Aufhebung der 5%-Klausel das Risiko der Aufhebung jeder prozentualen Sperrklausel relativ wahrscheinlich.
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Marc K.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 22. Februar 2009 - 13:32 Uhr:   

@Martin Fehndrich,

gerade die letztgenannte Konstellation ist eine, die für das Festhalten an eine Stichwahl (oder zumindest alternativ für die Möglichkeit von STV) spricht.
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Martin Fehndrich
Moderator
Veröffentlicht am Sonntag, 22. Februar 2009 - 13:49 Uhr:   

@Marc K.
Eine 0,5 Sitz-Sperre ist praktisch in Sainte-Laguë integriert. Nach dem Urteil braucht jede Sperre eine Rechtfertigung. Für eine 3%-Klausel wird das sicher nicht gelingen.

Ob eine 0,75-Sitze-Hürde noch möglich ist, halte ich inzwischen für fraglich. Wenn, dann aber nicht als Klausel mit falschem Bezug, sondern im Verfahren integriert (vgl. Skandinavische Methode).

Wahl ohne Stichwahl:
Die nun bestehende bessere Möglichkeit, seine Nichtkandidatur für einen guten Preis zu verkaufen, halte auch für nicht demokratisch wünschenswert.
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Marc K.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 22. Februar 2009 - 14:26 Uhr:   

@Martin Fehndrich,

nun, ich bin kein Experte in Bezug auf die Berechnungsmethoden.
Aber ich habe selbst einige Beispielrechnungen mit dem Mandaterechner durchgeführt:

http://www.election.de/cgi-bin/call_mandate.pl?bgcolor=ffffdd&methode=Lague&sitze=598&parteien=CDU/CSU,SPD,FDP,Die%20Linke.,GR%DCNE,Sonstige&stimmen=36.0,27.0,15.0,8.0,11.0,3.0

Bei zugrundelegung von Saint-Lague bin ich durchaus zu dem Ergebnis gekommen, dass es möglich ist, dass eine Gruppierung unterhalb von 0,5 Sitzanteil einen Sitz erhält.

Ähnliches gab es auch bei einer Kommunalwahl in Frankfurt, wo eine Gruppierung mit 0,5% Stimmanteil 1 Sitz in der 93köpfigen Stadtverordnetenversammlung erhielt.
Deren Sitzanteil betrug ebenso unter 0,5...

Von daher kann ich nicht ganz nachvollziehen, inwiefern in Saint-Lague eine praktische 0,5 Sitz-Sperre enthalten sein soll....

[Link repariert – der Admin.]
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Martin Fehndrich
Moderator
Veröffentlicht am Sonntag, 22. Februar 2009 - 16:11 Uhr:   

@Marc K.
Es ist möglich, aber bei Sainte-Laguë liegt die Sperre sehr nah bei 0,5, während sie bei Hare/Niemeyer deutlich darunter oder darüber liegen kann. Da fehlt dann bei Sainte-Laguë der große Regelungsbedarf.
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Matthias Cantow
Moderator
Veröffentlicht am Sonntag, 22. Februar 2009 - 16:17 Uhr:   

Dazu gibt es sehr anschauliche Grafiken von Andreas Schneider.
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Marc K.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 22. Februar 2009 - 16:38 Uhr:   

Nun, ich sehe, dass Saint-Lague am nähesten an einer 0,5 Sitz-Klausel dran ist.

Allerdings nähern sich alle Verfahren bei sinkender Mandatszahl einander an, wie gerade die Graphiken zeigen.

Und gerade Gemeindevertretungen können eine recht niedrige Sitzzahl haben (19 Sitze oder gar nur 9 Sitze (etwa Ortsbeiräte).
Gerade bei einer starken Zersplitterung des Parteiensystems differiert dann die faktische Hürde doch z.T. nicht ganz unerheblich..

Von daher hätte eine solche Regelung auch bei Saint-Lague durchaus relevanten Einfluß, wenngleich zugegenermaßen weniger als bei den anderen Verfahren...
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Lars Tietjen
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 31. Dezember 2010 - 15:25 Uhr:   

Die Landesregierung von NRW hat nun einen Gesetzentwurf zur Wiedereinführung der Stichwahl von (Ober-)Bürgermeistern und Landräten in den Landtag eingebracht:

Gesetzentwurf der Landesregierung
Gesetz zur Wiedereinführung der Stichwahl

http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD15-975.pdf

"Das Kommunalwahlgesetz wird dahingehend geändert, dass die frühere Rechtslage bzgl. Stichwahlen wieder hergestellt wird. Danach stellen die Bestimmungen für die Wahl der (Ober-) Bürgermeister und Landräte wieder auf deren Wahl mit absoluter Mehrheit der abge-gebenen Stimmen, ggf. nach einem Stichwahlgang ab."
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 11. April 2011 - 15:21 Uhr:   

Mehr Demokratie promotet immer noch Approval Voting für Bürgermeisterwahlen. Da würde dann die Seite gewinnen, die unehrlicher bzw. taktisch klüger abstimmt. Wenn sich die Wähler rational verhalten, ist der Unterschied zu relativer Mehrheitswahl praktisch null, außer dass aussichtslose Kandidaten zusätzliche Stimmen aus höheren Präferenzen bekommen (aber chancenlos bleiben, selbst dann, wenn sie real nach Erstpräferenzen eine Mehrheit hätten).

Approval Voting ist nur dann geeignet, wenn die Informationen über die Chancen der Kandidaten allgemein gering sind und/oder mehr als 2 Bewerber ähnlich aussichtsreich sind. Je mehr Bewerber zu wählen sind, desto eher ist das der Fall, bei politischen Einzelwahlen aber fast nie.
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tivo
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. Dezember 2013 - 17:35 Uhr:   

Gerüchte besagen, dass sich die Interpretation des Kommunalwahlgesetzes NRW bezüglich der Kandidatenaufstellung geändert habe.
Im Kommunalwahlgesetz NRW ist festgelegt, dass bei der Kandidatenaufstellung die im Wahlgebiet wahlberechtigten Mitglieder einer Partei stimmberechtigt sind.
In den letzten 30 Jahren wurde das so interpretiert, dass bei einer Kommunalwahl in einer kreisfreien Stadt mit dem Wahlgebiet jeweils das gesamte Stadtgebiet gemeint ist. Die Kandidatenlisten für die Bezirksvertretungen wurden von den Parteien vielfach in einer gemeinsamen Versammlung gewählt.
Die derzeitige Landeswahlleitung sehe das neuerdings so, dass bei der Wahl der Bezirksvertretungen nur der jeweilige Stadtbezirk das Wahlgebiet sei. Demnach dürften bei der Aufstellung der Kandidatenlisten für die Bezirksvertretungen jeweils nur die im entsprechenden Bezirk wohnhaften Mitglieder der Partei abstimmen.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. Dezember 2013 - 19:11 Uhr:   

"In den letzten 30 Jahren wurde das so interpretiert, dass bei einer Kommunalwahl in einer kreisfreien Stadt mit dem Wahlgebiet jeweils das gesamte Stadtgebiet gemeint ist."
Da bedarf es keiner Interpretation, denn das steht klar im Gesetz. § 1 Abs. 2:
Das Gebiet der Körperschaft, deren Vertretung gewählt wird, bildet das Wahlgebiet.


"Die derzeitige Landeswahlleitung sehe das neuerdings so, dass bei der Wahl der Bezirksvertretungen nur der jeweilige Stadtbezirk das Wahlgebiet sei."
Das ist eindeutig die richtige Auslegung von § 1 Abs. 2. Verwirrung stiftet dann aber § 2. Danach gibt es einen Wahlausschuss für das Wahlgebiet. Hier sind nur Kreise und Gemeinden als Wahlgebiete vorgesehen, einen Wahlauuschuss für einen Stadtbezirk gibt es nicht. Das Gesetz ist hier schlampig formuliert, was wahrscheinlich auch daran liegt, dass die Wahl der Bezirksvertretungen nachträglich 1978 ins Kommunalwahlgesetz eingefügt wurde. Dennoch, § 1 Abs. 2 ist eindeutig und damit ist klar, dass der Stadtbezirk das Wahlgebiet ist.
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tivo
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. Dezember 2013 - 20:35 Uhr:   

Danke schön für die Erläuterung und den Link auf die Gesetzesänderung von 1978. Wahlgebiet bei Bezirksvertretungswahlen ist also der Stadtbezirk.

Zur Kandidatenaufstellung sagt § 17(1): "Als Bewerber einer Partei oder einer Wählergruppe kann in einem Wahlvorschlag nur benannt werden, wer in einer Mitglieder- oder Vertreterversammlung im Wahlgebiet hierzu gewählt worden ist."
In §46a, der die Wahl der Bezirksvertretungen regelt, steht unter (5): "...Als Bewerber in einem Listenwahlvorschlag kann nur benannt werden, wer in einer Mitglieder-, Vertreter- oder Wahlberechtigtenversammlung im Gebiet der kreisfreien Stadt oder des Stadtbezirks hierzu gewählt worden ist."
Die Formulierung "im Gebiet der kreisfreien Stadt" verstehe ich erstmal so, dass gemeinsame Versammlungen zur Wahl aller Bezirksvertretungslisten einer Partei auf Stadtebene möglich sind.
Gibt es an anderer Stelle Formulierungen, die das wieder aufheben?
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. Dezember 2013 - 21:17 Uhr:   

"Die Formulierung "im Gebiet der kreisfreien Stadt" verstehe ich erstmal so, dass gemeinsame Versammlungen zur Wahl aller Bezirksvertretungslisten einer Partei auf Stadtebene möglich sind."

Sehe ich auch so. § 17 Abs. 1 lautet zwar:
Als Bewerber einer Partei oder einer Wählergruppe kann in einem Wahlvorschlag nur benannt werden, wer in einer Mitglieder- oder Vertreterversammlung im Wahlgebiet hierzu gewählt worden ist.


Aber § 46a Abs. 1 lautet:
Auf die Wahl der Bezirksvertretungen in den kreisfreien Städten finden die Vorschriften dieses Gesetzes entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus den Absätzen 2 bis 6 etwas anderes ergibt.

Aus § 46a Abs. 5 ergibt sich etwas anderes als aus § 17 Abs. 1, hier gilt dann § 46a Abs. 5.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 11. Dezember 2013 - 23:23 Uhr:   

Selbst wenn es im Gesetz steht, ist noch die Frage, ob es verfassungsgemäß ist. In Deutschland wird generell unterstellt, dass die Kandidatenaufstellung demokratischen Grundsätzen genügen muss und Fremdbestimmung mindestens problematisch ist. Das ist glaub ich insbesondere vor ein paar Jahren in Sachsen diskutiert worden, inwieweit gesetzliche Regeln erlaubt sind, nach denen bei Mitgliedermangel die Aufstellung an höhere Ebenen übergehn darf. Ich hab das dann nicht mehr näher verfolgt; eventuell find ich noch was dazu.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 12. Dezember 2013 - 01:36 Uhr:   

Es ist um § 36 KomWG Sachsen gegangen:

"Reicht die Zahl der wahlberechtigten Mitglieder der Partei oder mitgliedschaftlich organisierten Wählervereinigung in der Ortschaft nicht zur Durchführung einer Mitgliederversammlung (§ 6c Abs. 1) aus, tritt an deren Stelle eine Versammlung der wahlberechtigten Mitglieder oder Vertreter der Partei oder mitgliedschaftlich organisierten Wählervereinigung in der Gemeinde. Soweit auch die Anzahl der in der Gemeinde wahlberechtigten Mitglieder nicht für die Durchführung einer Mitgliederversammlung ausreicht, findet § 6c Abs. 1 Satz 4 Anwendung."

Der letzte Satz ist neu und das Verweisziel lautet: "Reicht die Zahl der wahlberechtigten Mitglieder der Partei oder mitgliedschaftlichen Wählervereinigung in der Gemeinde nicht zur Durchführung einer Mitgliederversammlung aus, tritt an deren Stelle eine Versammlung der wahlberechtigten Mitglieder oder Vertreter im Landkreis."

Begründung im Gesetzentwurf 5/8276 zu Art. 3 Nr. 3 (später beschlossen als Art. 4 Nr. 3):

"Das Recht, Wahlvorschläge einzureichen, ist integraler Bestandteil des materiellen Wahlrechts. Der Grundsatz der Freiheit der Wahl nach Artikel 4 Abs. 1 SächsVerf garantiert dabei den Wahlberechtigten ein freies Wahlvorschlagsrecht. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Beteiligung von Nichtwahlberechtigten beim Aufstellungsverfahren vom Grundsatz herausgeschlossen ist. Aus diesem Grund bestimmt § 6c Abs. 1 Satz 2 KomWG, dass an der Aufstellung der Wahlbewerber ausschließlich die im Wahlgebiet wahlberechtigten Mitglieder der Partei oder mitgliedschaftlich organisierten Wählervereinigung teilnehmen dürfen.

Soweit dieses freie Wahlvorschlagsrecht der Wahlberechtigten mit dem passiven Wahlrecht des Wahlbewerbers auf Möglichkeit der Nominierung kollidiert, ist eine Lösung im Wege der praktischen Konkordanz zu finden. Der Gesetzgeber hat insoweit bereits bisher die strikte Anwendung des § 6c Abs. 1 Satz 2 KomWG gelockert zugunsten einer einmaligen Höherzonungsmöglichkeit auf die nächsthöhere kommunale Ebene: Reicht die Zahl der wahlberechtigten Mitglieder der Partei oder mitgliedschaftlich organisierten Wählervereinigung in der Ortschaft nicht zur Durchführung einer Mitgliederversammlung aus, tritt gemäß § 36 KomWG ausnahmsweise an deren Stelle eine Versammlung der wahlberechtigten Mitglieder in der Gemeinde. Gerade unter Berücksichtigung der besonderen Ortsbezogenheit der Kommunalpolitik ist es verfassungsrechtlich geboten, diese ersatzweise Zuständigkeit für die Aufstellung der Kandidaten grundsätzlich auf die jeweils nächsthöhere Ebene zu beschränken. Andernfalls wäre der Grundsatz, dass das Wahlvorschlagsrecht nur den im jeweiligen Wahlgebiet Wahlberechtigten zusteht, gänzlich durchbrochen und eine demokratischen Grundsätzen entsprechende Möglichkeit der Einflussnahme des Parteimitglieds der unteren Gebietsstufen auf die Kandidatenaufstellung nicht mehr gewährleistet.

Im Hinblick darauf, dass die Ortschaft nur ein unselbständiger Teil der Gebietskörperschaft Gemeinde ist und es der Gesetzgeber in Sachsen unter dem Gesichtspunkt des örtlichen Bezuges - anders als in Hessen und Baden-Württemberg - grundsätzlich als verfassungsrechtlich unproblematisch angesehen hat, bei Gemeindewahlen eine Höherzonung auf die Kreisebene zuzulassen (§ 6c Abs. 1 Satz 4 KomWG), ist es für die Nominierung der Wahlvorschläge für Ortschaftsratswahlen - im Gegensatz zur Nominierung für Gemeinderatswahlen - noch verfassungsrechtlich vertretbar, ausnahmsweise eine doppelte Höherzonung zu ermöglichen."

Löblicherweise stehn in Sachsen in den Gesetzentwürfen der Regierung auch die eingeholten Stellungnahmen mit drin. Städte- und Gemeindetag wie Landkreistag haben verfassungsrechtliche Bedenken gehabt; in der Anhörung ist die Änderung auch als "mutig" bezeichnet worden.

Gegen die alte Regelung hat ein verhinderter SPD-Bewerber geklagt (und von der NPD gibts auch mindestens einen abgelehnten Antrag auf einstweilige Anordnung). Der Verfassungsgerichtshof hat dazu gesagt (primär mit der Begründung, dass ein Wahlvorschlagsträger im Wahlgebiet auch real existent sein sollte):

"Entgegen der Annahme des Beschwerdeführers wäre für den Gesetzgeber also gerade die weitere „Hochzonung“ der Aufstellung von Wahlbewerbern für Ortschaftsratswahlen auf Kreisebene – und nicht ihr Unterlassen – im hohen Maße rechtfertigungsbedürftig." (Vf. 27-IV-11)
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 13. Dezember 2013 - 16:18 Uhr:   

Zumindest Leverkusen hat die Bekanntmachung zur Einreichung von Wahlvorschlägen schon heraußen, und da steht drin:

"Die Wahlvorschlagsträger können durch Satzung, Vorstandsentscheidung oder durch eine Entscheidung in der Nominationsversammlung frei darüber bestimmen, ob die Aufstellung der Listenwahlvorschläge gemeinsam auf der Ebene des Stadtgebiets oder einzeln innerhalb des Stadtbezirks erfolgen soll. Erfolgt die Aufstellung auf der Ebene des Stadtbezirks, so sind in der betreffenden Versammlung nur die Mitglieder bzw. Vertreter stimmberechtigt, die ihre Wohnung in diesem Stadtbezirk haben."

Geht es um diesen Vorfall? Da scheint es bloß darum zu gehn, ob in einer Mitgliederversammlung alle Mitglieder oder nur die wahlberechtigten Mitglieder wählen dürfen. § 46a Abs. 5 KWahlG ist in dem Punkt tatsächlich nicht eindeutig. Solang sowieso eine externe Aufstellung für zulässig gehalten wird, halt ich aber eine lokale Wahlberechtigung oder auch überhaupt eine Wahlberechtigung für entbehrlich, wenn die Satzung der Partei nichts Anderes bestimmt. Falls es bloß um die Wahl von Delegierten und lokale Vorschläge für eine zentrale Aufstellungsversammlung geht, erstrecht.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 14. Dezember 2013 - 18:55 Uhr:   

"Da scheint es bloß darum zu gehn, ob in einer Mitgliederversammlung alle Mitglieder oder nur die wahlberechtigten Mitglieder wählen dürfen. § 46a Abs. 5 KWahlG ist in dem Punkt tatsächlich nicht eindeutig."
Nur wahlberechtigten Mitglieder dürfen wählen, das ergibt sich aus Absatz 1.

Im Zeitungsartikel ging es um die Mitglidschaft im Ortsverein. Die SPD begibt sich hier auf ganz dünnes Eis. Im Wahlgebiet wohnende und wahlberechtigte Mitglieder dürfen nicht von der Delegiertenwahl ausgeschlossen werden.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 15. Dezember 2013 - 11:25 Uhr:   

Was die "entsprechende Anwendung" von § 17 Abs. 2 ist, ist aber durchaus nicht klar. Da steht wieder das Wahlgebiet drin. Wahrscheinlich kann man zumindest draus folgern, dass überhaupt eine Wahlberechtigung irgendwo in der Stadt vorliegen muss.

Was genau die Probleme bei der SPD in Hagen sind, geht aus den Artikeln nicht klar hervor, aber es scheint zumindest auch um Mitglieder zu gehn, die eben nicht im Wahlgebiet der Bezirksvertretungswahl wohnen. Im Stadtbezirk Hagen Mitte gibts mindestens 4 SPD-Ortsvereine, die wohl alle getrennt Delegierte zur stadtweiten Aufstellungsversammlung wählen und Kandidaten für die Listen nominieren. Wehringhausen ist einer davon, und die Behauptung war, dass nur eine Minderheit der anwesenden und abstimmenden Mitglieder tatsächlich im Gebiet des Ortsvereins wohnt. Einige davon sollen im Gebiet anderer Ortsvereine in Hagen Mitte wohnen, eine beträchtliche Zahl aber auch in anderen Stadtbezirken. Inwieweit sie in dem Ortsverein entgegen dem normalen Wohnortprinzip rechtlich wirksam Mitglieder sind, ist unklar; eventuell ist bloß das der eigentliche strittige Punkt. Ob die Ungültigerklärung auf internen Regeln der SPD oder auf wahlgesetzlichen Erwägungen beruht, ist auch unklar.
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tivo
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Montag, 16. Dezember 2013 - 20:13 Uhr:   

Es geht nicht um Hagen. Eine bereits durchgeführte Bezirkskandidatenwahl auf Stadtebene (wobei die für die Ratswahl wahlberechtigten Mitglieder für alle Bezirksvertretungen mitstimmen konnten) soll auf Wunsch des städtischen Parteivorstands wiederholt werden, da das Innenministerium die Auffassung vertrete:

Aus §46a KWahlG Absatz 5 ergebe sich keine spezielle Regelung für die Mitwirkung an der Bewerberaufstellung. Bei einer nach §46a Abs.5 zulässigen Aufstellungsversammlung für das gesamte Stadtgebiet müsse in der Versammlung darauf geachtet werden, dass jeweils nur die im Stadtbezirk wohnenden Parteimitglieder bei der Bewerberaufstellung für die dortige Bezirksvertretungsliste mitwirken.

Das hört sich zumindest bei oberflächlicher Betrachtung anders an als in der Leverkusener Bekanntmachung. Eigentlich lese ich den Gesetzestext §46a Abs.5 auch so, dass eine Aufstellungsversammlung EINE Versammlung ist und nicht nur die Summe von einer Handvoll gleichzeitig tagender Teilversammlungen.

Personelle Ränkespiele im Zusammenhang mit der geplanten Aufstellungswiederholung sind mir bislang nicht bekannt (was aber auch nicht wirklich was heißen will). Die wiederholte Wählerei ist halt lästig.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 16. Dezember 2013 - 23:28 Uhr:   

@tivo:
"Eigentlich lese ich den Gesetzestext §46a Abs.5 auch so, dass eine Aufstellungsversammlung EINE Versammlung ist und nicht nur die Summe von einer Handvoll gleichzeitig tagender Teilversammlungen."

Insbesondere scheint das auch die Wahlordnung zu unterstellen. Die ist grad frisch geändert, wobei da nicht viel Substanz drin ist. Es reicht weiter die Niederschrift für einen fremden Stadtbezirk, und in der (unveränderten) Anlage 9b steht auch nur eine gemeinsame Feststellung der Stimmberechtigung drin. Andererseits wird in Fußnote 1 § 17 Abs. 2 KWahlG mit dem Wahlgebiet zitiert. Aus den empfohlenen Angaben für die Anwesenheitsliste geht aber nicht hervor, in welchem Wahlgebiet der Betreffende wahlberechtigt ist. Offenbar kapieren sie das mit dem Wahlgebiet selber nicht.

Im Übrigen waren sie auch nicht in der Lage, die Änderungsanweisung für Anlage 10b korrekt auszuführen (die alten Anlagen sind hier). Als PDF scheint es das Gesetzblatt noch nicht zu geben; mal schaun, ob es da auch falsch drin ist.

Wie läuft das eigentlich beim Bundestag? Da gibts ja in § 21 Abs. 2 BWG auch so ein Konstrukt. Durch das Wort "gemeinsam" wird da eher klar, dass da wohl tatsächlich nicht Wahlberechtigte wahlberechtigt sein sollen. Die BWO und insbesondere Anlage 17 scheinen das aber komplett zu ignorieren.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 17. Dezember 2013 - 18:02 Uhr:   

@tivo
"Aus §46a KWahlG Absatz 5 ergebe sich keine spezielle Regelung für die Mitwirkung an der Bewerberaufstellung. Bei einer nach §46a Abs.5 zulässigen Aufstellungsversammlung für das gesamte Stadtgebiet müsse in der Versammlung darauf geachtet werden, dass jeweils nur die im Stadtbezirk wohnenden Parteimitglieder bei der Bewerberaufstellung für die dortige Bezirksvertretungsliste mitwirken."
Der Gesetzestext sagt das nicht und das ist auch keine nahe liegende Auslegung. Wenn Abs. 5 Satz 3 tatsächliche keine spezielle Regelung enthielte, wäre er überflüssig. Dass parallele Wahlen getrennt nach Stadtbezirken zulässig sind, ist selbstverständlich.


"Das hört sich zumindest bei oberflächlicher Betrachtung anders an als in der Leverkusener Bekanntmachung. Eigentlich lese ich den Gesetzestext §46a Abs.5 auch so, dass eine Aufstellungsversammlung EINE Versammlung ist und nicht nur die Summe von einer Handvoll gleichzeitig tagender Teilversammlungen. "
Richtig, es handelt sich um eine einzige Versammlung. Die Leverkusener Bekanntmachung sagt das auch. Die Kommunalwahlordnung geht auch davon aus, wie RL schon sagte.


Kann man die kolportierte Rechtsaufassung des Innenministeriums irgendwo nachlesen, oder behauptet die Parteiführung das einfach?


@RL
"Wie läuft das eigentlich beim Bundestag? Da gibts ja in § 21 Abs. 2 BWG auch so ein Konstrukt. Durch das Wort "gemeinsam" wird da eher klar, dass da wohl tatsächlich nicht Wahlberechtigte wahlberechtigt sein sollen."
Doch. Alle Teilnehmer dieser gemeinsamen Mitglieder- oder Vertreterversammlung können über die Bewerber sämtlicher Wahlkreise abstimmen. Praxisbeispiel:
http://www.gruenekoeln.de/kreisverband/direktkandidatinnen-gewaehlt.html

§ 21 Abs. 2 des Bundeswahlgesetzes wurde übrigens wörtlich aus dem Landeswahlgesetz übernommen (§ 18 Abs. 4). Solche Vorschriften finden sich auch in vielen anderen Landeswahlgesetzen. Unter den Ländern mit Einerwahlkreisen gibt es so etwas in allen Ländern außer Bayern, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, in Baden-Württemberg allerdings beschränkt auf kreisfreie Städte. In Berlin müssen sogar alle Direktkandaten des Bezirks in einer gemeinsamen Versammlung gewählt werden.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 17. Dezember 2013 - 22:14 Uhr:   

Lustigerweise scheint es ausgerechnet um Leverkusen zu gehn.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 18. Dezember 2013 - 01:08 Uhr:   

Die Änderung von 1978 geht übrigens drauf zurück, dass das Bundesverfassungsgericht das vorige Verfahren für ungleich, unfrei und mittelbar gehalten hat (ist auch um die Sperrklausel gegangen). Zwischen Beschluss und Veröffentlichung hat es noch einen Gesetzentwurf dazu gegeben (im Wesentlichen Hare/Niemeyer statt D'Hondt). Danach haben sie eine Notänderung beschlossen. Wenig später war der Gesetzentwurf zum Kommunalwahlgesetz, aber noch ohne Bezirksvertretungen. Die sind erst in der Beschlussempfehlung reingekommen.

Nach dem Plenarprotokoll (Seite 6185A) sollte die Kandidatenaufstellung zunächst nur im Stadtbezirk möglich sein.

"Diese Änderung war notwendig, weil die ursprüngliche Fassung für Parteien und Wählergruppen in einigen Städten eine zu kurzfristige Verfahrensumstellung oder gar hier und da auch die kurzfristige Bildung von Stadtbezirksverbänden bedeutet hätte. Darum sieht das Gesetz jetzt beide Möglichkeiten vor und überlässt es den Parteien oder Wählergruppen, welche Aufstellungsebene für Kandidaten sie in ihren Satzungen festlegen."

Wie das mit der Stimmberechtigung konkret gedacht war, ist nicht völlig klar, aber die Bezeichung "gesamtstädtische Ebene" spricht schon dafür, dass alle über alles abstimmen sollten. Jedenfalls war es nicht unbedingt als Dauerlösung konzipiert.
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tivo
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Mittwoch, 05. Februar 2014 - 20:22 Uhr:   

Eine zitierfähige Interpretation als Begründung für die getrennte Wahl der Bezirksvertretungslisten hätte ich auch gern. Ein taktischer Winkelzug des Parteivorstandes scheint die erneute, diesmal getrennte Wahl aber nicht zu sein. Irgendwelche Änderungswünsche an den gemeinsam aufgestellten Listen meiner Partei sind mir in den letzten 2 Monaten jedenfalls nicht bekannt geworden.

Außerdem sieht es jetzt hier so aus, dass sich die meisten oder alle Parteien an die Interpretation halten, dass die Kandidaten für die Bezirksvertretungen nur von den im Bezirk selbst ansässigen Mitgliedern aufgestellt werden dürfen. Selbst bei weniger mitgliederstarken Parteien ist das so. Die stimmberechtigten Teilnehmer eines Wahlganges kann man dann durchgehend an den Fingern EINER Hand abzählen.

Besonders geheim ist das neue Wahlprozedere in diesem Fall nicht.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 05. Februar 2014 - 21:24 Uhr:   

Vom 24. Januar (da gehts um die SPD in Bonn):

"Das Landesinnenministerium verschickte Ende vergangener Woche einen Erlass, mit dem es darauf hinwies, dass bei der Aufstellung der Bezirksvertretungslisten nur die Delegierten stimmberechtigt seien, die auch tatsächlich in dem jeweiligen Stadtbezirk wohnen."

Leverkusen hat übrigens obige Bekanntmachung am 6. Januar korrigiert (Streichung im Original; der zweite Absatz ist neu):

"Die Wahlvorschlagsträger können durch Satzung, Vorstandsentscheidung oder durch eine Entscheidung in der Nominationsversammlung frei darüber bestimmen, ob die Aufstellung der Listenwahlvorschläge gemeinsam auf der Ebene des Stadtgebiets oder einzeln innerhalb des Stadtbezirks erfolgen soll. Erfolgt die Aufstellung auf der Ebene des Stadtbezirks, so sind in der betreffenden Versammlung nur die Mitglieder bzw. Vertreter stimmberechtigt, die ihre Wohnung in diesem Stadtbezirk haben.

Unabhängig davon, ob eine gemeinsame Nominationsversammlung für alle Stadtbezirke oder eine getrennte Nominationsversammlung je Stadtbezirk durchgeführt wird, dürfen bei der Bewerberaufstellung für den jeweiligen Listenwahlvorschlag nur die (mindestens 3) Parteimitglieder/Delegierten mitstimmen, die am Tag der Nominationsversammlung im jeweiligen Stadtbezirk wohnen und dort für die Ratswahl wahlberechtigt sind."

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