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Zulässigkeit der Grundmandatsklausel ...

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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Dezember 2004 - 23:56 Uhr:   

Ich habe im Zusammenhang mit der Grundmandatsklausel eine Frage. Bekanntlich gibt es die Grundmandatsklausel seit 1949. Damals war es möglich, bei Erringung von einem Direktmandat mit dem Zweitstimmenanteil in den Bundestag einzuziehen, auch wenn die Partei unter der Sperrklausel von 5% blieb. Später - endgültig 1957 - wurde die Regelung "verschärft": es mussten mindestens 3 Grundmandate errungen werden, um mit dem Zweitstimmenanteil im Parlament vertreten zu sein, wenn die Partei unterhalb der Sperrklausel blieb. Bekanntlich profitierte davon 1994 die PDS. Das Bundesverfassungsgericht hat bislang diese Klausel als mit der Verfassung vereinbar erklärt. Mir ist allerdings etwas unklar geblieben. Die Mehrheitsverhältnisse im Parlament werden doch verfälscht, wenn die Sperrklausel "semipermeabel", also "halbdurchlässig" wird.

Ein Beispiel: Die Bundestagswahl 1994 ergab folgendes Ergebnis: 1994 CDU/CSU: 41,5%, SPD: 36,4%, FDP: 6,9% Grüne: 7,3% PDS:4,4%, Sonstige: 3,5%. Die PDS zog in den Bundestag mit ihrem Zweitstimmenanteil ein, weil sie die erforderlichen 3 Direktmandate gewonnen hatte.

In diesem Fall sehe auch ich keine "Verfassungswidrigkeit".

Stellt Euch aber einmal folgenden Fall vor: Die FDP hätte damals exakt 2% weniger erhalten und die Union 2% mehr. Dann hätte also bei diesem fiktiven Beispiel die Union 43,5% erhalten und die FDP 4,9%.

Folge: Die PDS hätte mit ihren 4,4% den Einzug in den Bundestag aufgrund der errungenen Zahl der Direktmandate mit dem Zweitstimmenanteil "geschafft", die FDP in diesem Fall, obwohl im fiktiven Beispiel um 0,5% stärker, wäre bei der Sitzverteilung leer ausgeblieben.

Und hier meine Frage: Ist es denn auch verfassungsmäßig, wenn eine Partei über die Grundmandatsklausel mit ihrem Zweitstimmenanteil ins Parlament einziehen kann, gleichzeitig aber einer Partei, die stimmenmäßig - und damit potentiell auch mandatsmäßig! - stärker ist als die Partei, die die Grundmandatsklausel "errungen" hat jedoch unter der Sperrklausel geblieben ist und keine 3 Direktmandate erzielt hat, der Einzug ins Parlament verwehrt ist?

Diese Frage wurde meines Wissens in den entsprechenden Urteilen des Bundesverfassungsgerichtes nämlich nicht angesprochen.

Wir haben im Zusammenhang mit den verschiedenen Threads zu den Überhangmandaten festgestellt, dass das Bundesverfassungsgericht erklärt hat, Überhangmandate seien dann nicht mehr ohne Ausgleich zu tolerieren, wenn die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag dadurch berührt würden. Dies wäre ja ein "demokratiepolitischer Gau".

Genauso wäre es aber meines Erachtens ein "demokratiepolitischer Gau", wenn ein - wie gesagt, bisher fiktives - Wahlergebnis wie oben dargestellt, eintreten würde. Denn dadurch würde die Sperrklausel - wie erwähnt - halb durchlässig. Dadurch würden aber die Mehrheitsverhältnisse im Parlament verfälscht, da einer Partei, die weniger Stimmen besitzt als eine andere Partei, die unter der Sperrklausel verbleibt, der Einzug ins Parlament gelingt. In diesem Fall gäbe es eine bequeme Mehrheit rot-rot-grün vor schwarz, während im anderen Fall schwarz-gelb eine Mehrheit vor SPD, Grünen und PDS gehabt hätte.

Nochmals meine Frage: Wäre dies denn zulässig? Ich habe nicht entdecken können, dass sich das Bundesverfassungsgericht zu dieser Situation geäußert hätte, mir liegt allerdings das diesbezügliche Urteil nicht vor.

Was meint ihr dazu?
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Freitag, 31. Dezember 2004 - 00:28 Uhr:   

Etwas ähnliches passiert regelmäßig in Schleswig-Holstein. Der SSW zieht ein, eine 4% Partei nicht. Oder in Bremen, Schill ist stimmenstärker als FDP und DVU, bekommt aber keinen Sitz.

Der "demokratiepolitische Gau" (Änderung der Mehrheitsverhältnisse) tritt auch schon durch die 5%-Hürde regelmäßig und krasser auf, daß mit einem Partner einer Mehrheitskolaition die Mehrheit verloren geht, ohne daß sich ein Gericht darüber groß aufgeregt hätte.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Freitag, 31. Dezember 2004 - 00:42 Uhr:   

Trotzdem ist der Fall SSW meines Erachtens nicht vergleichbar, da es sich beim SSW - im Gegensatz zur PDS - wirklich um eine Minderheit handelt, nämlich der Dänen in Schleswig, was ja bei der PDS nicht der Fall ist. Den Fall Schill in Bremen kann ich nicht beurteilen. Dass einem Partner durch die 5%-Klausel die Mehrheit verloren geht, ist aber meiner Meinung nach auch nicht mit dem obigen Fall vergleichbar, da hier nicht der Fall eintritt, dass Parteien unterhalb der Sperrklausel mit unterschiedlichem Stimmengewicht unterschiedlich behandelt werden. Die beiden Fälle sind also nicht mit dem von mir postulierten Fall vergleichbar.
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Freitag, 31. Dezember 2004 - 00:56 Uhr:   

Die Situation gab es 1957, 4,6% BHE draussen, DP mit 3,4% drin.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Freitag, 31. Dezember 2004 - 00:57 Uhr:   

Und ist dies verfassungsgemäß? Wurde dies geprüft? Genau da habe ich Zweifel.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Freitag, 31. Dezember 2004 - 01:02 Uhr:   

Mit verfassungsgemäß meine ich nicht die Grundmandatsklausel als solche (die ist verfassungsgemäß), sondern die unterschiedliche Behandlung von Parteien unterschiedlichen Stimmgewichtes unterhalb der Sperrklausel
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Frank Schmidt
Veröffentlicht am Freitag, 31. Dezember 2004 - 01:06 Uhr:   

Es geht in allen Fällen um klar definierte Bedingungen. Im theoretischen Fall PDS gegen FDP hat die PDS die Bedingung (3 Direktmandate) erfüllt und steht deswegen besser da als die FDP. Genauso ist es im tatsächlichen Fall in Bremen, wo Bremen und Bremerhaven getrennte Wahlgebiete mit jeweils eigener 5%-Hürde darstellen. Obwohl Schill im Land stärker war, haben FDP und DVU in Bremerhaven mehr als 5% erreicht und sind damit in der Bürgerschaft (Bremer Landtag).

Ohne 5%-Hürde könnte die Sitzverteilung die tatsächlichen Mehrheitsverhältnisse ziemlich genau darstellen. Wenn man eine 5%-Hürde und Sonderbedingungen einführt, sind nicht die Sonderbedingungen der Grund für veränderte Mehrheitsverhältnisse, sondern die 5%-Hürde selbst.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Freitag, 31. Dezember 2004 - 01:16 Uhr:   

@Frank: "Wenn man eine 5%-Hürde und Sonderbedingungen einführt, sind nicht die Sonderbedingungen der Grund für veränderte Mehrheitsverhältnisse, sondern die 5%-Hürde selbst."

Meines Erachtens beides. Die 5%-Hürde selbst, weil Parteien, die sie nicht erreichen, unberücksichtigt bleiben. Dies führt zu evtl. veränderten tatsächlichen Mehrheitsverhältnissen im Parlament. Da gebe ich Dir recht.

Aber die Sonderbedingungen eben auch. Gäbe es nicht die Sonderbedingung Grundmandatsklausel, würde die PDS nur mit nicht-verrechenbaren Direktmandaten in dem obigen Fall im Parlament vertreten sein und damit wären die Mehrheitsverhältnisse nicht tangiert.

Aber ansonsten hat mir der erste Teil deines Beitrages sehr weitergeholfen, obwohl ich nach wie vor Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Ungleichbehandlung von unterschiedlich starken Parteien mit unterschiedlichem Stimmgewicht unterhalb der Sperrklausel habe. Ich denke auch nach wie vor, dass die Grundmandatsklausel zwar für verfassungsgemäß erklärt wurde, aber diese Frage der Ungleichbehandlung von Parteien unterhalb der Sperrklausel nicht Gegenstand der Verhandlung des Verfassungsgerichtes war. Aber da kann ich mich auch irren.
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Frank Schmidt
Veröffentlicht am Freitag, 31. Dezember 2004 - 02:00 Uhr:   

Die Mehrheitsverhältnisse blieben gewahrt, wenn die Stimmen für Parteien unter 5% nicht verlorengingen, sondern übertragbar wären. Allerdings sollte man Wähler darauf hinweisen, dass der Versuch, statt einer kleinen Partei (noch über 5%) eine kleinere zu wählen und die Stimme dann an die erstere Partei zu übertragen, dazu führen kann, dass dann *beide* an der 5%-Hürde scheitern, und so *mehr* Stimmen verlorengehen als im ursprünglichen Fall.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Freitag, 31. Dezember 2004 - 13:01 Uhr:   

Ich habe jetzt nochmals das Urteil zum Grundmandat nachgelesen. Das Gericht argumentiert damit, dass es ein Spannungsverhältnis gäbe zwischen Regierungsstabilität, welche durch die 5%-Klausel sichergestellt werden soll und der Notwendigkeit, die Wünsche der Bevölkerung im Parlament zu repräsentieren. Das Urteil zur Verfassungsmäßigkeit der Grundmandatsklausel findet sich im Wahlrechtslexikon unter dem Stichwort: "Grundmandat". Ich habe aber keine Aussage zur Problematik finden können, inwieweit die ungleiche Behandlung unterschiedlich großer Parteien unterhalb der Sperrklausel, wie sie - wie Martin ja gezeigt hat -, 1957 erfolgt ist, verfassungsgemäß ist. Natürlich hat Frank recht: die Grundmandatsklausel ist eine klar definierte Bedingung. Ich denke aber nach wie vor, dass für den Fall, dass eine Partei über die Grundmandatsklausel ins Parlament einzieht, obwohl ihr prozentualer Stimmanteil utner der Sperrklausel liegt, alle Parteien, die dieselbe oder gar eine höhere Stimmenzahl und damit über eine potentiell gleiche bzw. gar höhere Mandatszahl verfügten, für diesen Fall im Parlament vertreten sein müssten, um Ungerechtigkeiten in der Stimmverteilung zu vermeiden. Um im konkreten, von Martin benannten, Beispiel von 1957 zu bleiben: Wenn die DP, eine nationalliberale Partei mit Schwerpunkt Niedersachsen zur damaligen Zeit, mit 3,4% ins Parlament darf, weil sie genügend Grundmandate errungen hat, hätte man die Sperrklausel für den BHE aufheben müssen. Ich halte die Ungleichbehandlung beider Parteien - nicht jedoch die Grundmandatsklausel an sich - für verfassungsmäßig durchaus problematisch - nach wie vor. Denn wie bei den Überhangmanten, die Mehrheitsverhältnisse im Parlament "umdrehen" können und dazu führen können, dass die "gesellschaftliche Mehrheit" zur "parlamentarischen Minderheit" wird, so ist dies im Fall 1957 ebenfalls möglich - durch Ungleichbehandlung von Parteien unterhalb der Sperrzone. Soweit meine Meinung. Ich habe nach wie vor nicht finden können, dass das BVerfG auf diesen Aspekt der Ungleichbehandlung von Parteien mit unterschiedlichem Stimmgewicht unter der Sperrklausel eingeht.
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Fragender
Veröffentlicht am Sonntag, 02. Januar 2005 - 21:18 Uhr:   

@Bernhard Nowak
Das Bu8ndesverfassungsgericht wird meines Erachtens wie folgt argumentieren:
1) Die Sperrklausel beträgt nicht 5% und kann durch drei Direktmandate durchbrochen werden. Vielmehr beträgt die Eintrittsvoraussetzung für den Verhältnisausgleich gleiberechtigt 5 % der gültigen Stimmen oder Gewinn von drei Wahlkreisen.
2) Beide Eintrittsvoraussetzungen in den Verhältnisausgleich haben einen unterschiedlichen Hintergrund sind aber gleichgewichtig.
a) Die 5%-Hürde: Eine Partei, die mehr als 1/20 der gültigen Stimmen erreicht, ist bundesweit derart in der Gesellschaft verankert und repräsentiert so viele Wähler, daß sie ihrem Stimmenanteil gemäß im Parlament vertreten sein soll.
b) Drei Direktmandate: Eine Partei, die drei Direktmandate erhält ist regional derart bedeutsam, daß nicht nur diese Abgeordneten, sondern eine dem Zweitstimmenanteil dieser Partei entsprechende Anzahl von Abgeordneten im Parlament vertreten sein soll. Dazu passt vor allem, daß in beiden bisher vorgegkommenen Fällen der Teilnahme am Verhältnisausgleich aufgrund von drei Direktmandaten (DP 1957, PDS 1994) es sich wirklich um speziell regional besonders stark verankerte Parteien handelt.
Das Beispiel GB/BHE wird mit dem Argument abgetan werden, daß eben beide Voraussetzungen (bundesweite Relevanz und besondere lokale Verankerung) nicht erfüllt worden und es daher keinen Anspruch auf Vertretung gab.

PS: Wie Du bei der DP auf "nationalliberal" kommst ist mir schleierhaft. Die waren konservativ bis auf die Knochen (viele so schwarz, daß sie nie braun werden konnten) mit erheblichem welfischen Einschlag.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Sonntag, 02. Januar 2005 - 22:51 Uhr:   

@Fragender: Mit "nationalliberal" dachte ich an die Nationalliberalen im Kaiserreich, also eine äußerst rechts stehende Gruppierung im Gegensatz zu den Fortschrittsliberalen. Klar, die DP war äußerst konservativ und Adenauer wollte sie im Parlament haben zur Abstützung seiner Regierungskoalition. Meines Wissens wurde die Direktmandatsklausel sogar von ihm extra wegen der DP eingeführt.

Ansonsten stimme ich Deiner Argumentation zu. Allerdings verstößt - wie ich schon sagte - aus meiner Sicht die Ungleichbehandlung unterschiedlich starker Parteien unter der Sperrklausel(die prozentual weniger starke Partei kommt ins Parlament, die prozentual stärkere Partei bleibt außen vor) in für mich eklatanter Weise gegen Art. 38 GG und den Grundsatz der Wahlgleichheit, da hier die Sperrklausel semipermeabel, d.h. halbdurchlässig wird. Nach der - aus meiner Sicht - abstrusen Argumentation des Bundesverfassungsgerichts von 1997 zu den Überhangmandaten und der Tatsache, dass seit 1997 im Gegensatz zu der Entscheidung 1988 plötzlich nicht mehr "Erfolgswertgleichheit" sondern "Erfolgschancengleichheit" gelten soll - ich halte dies für nicht nachvollziehbar - denke ich, dass genau so wie Du argumentiert hast, das Bundesverfassungsgericht argumentieren wird. Nichtsdestotrotz halte ich eine solche Ungleichbehandlung von Parteien unterhalb der Sperrklausel für verfassungsmäßig äußerst bedenklich.
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kai
Veröffentlicht am Montag, 03. Januar 2005 - 12:38 Uhr:   

Das Bundesverfassungsgericht sieht das mit der Grundmandatsklausel verfolgte Ziel, ausgewiesene Regionalparteien, die abstrakt an der Zahl der gewonnenen Direktmandate festgemacht werden, als legitim an. Wenn bspw. die PDS (wie 1994) drei Direktmandate in einem einzigen Bundesland gewinnt, bzw. sich klar ein zusammenhängendes Gebiet festmachen lässt, in dem die Partei besondere Hochburgen hat, ist das auch nachvollziehbar.

Wenn aber nun bspw. eine neue Linkspartei je ein Direktmandat in Nordrhein-Westfalen, Bremen und Brandenburg gewänne, im Land aber insgesamt nur auf 2% der Stimmen käme, andererseits aber die PDS in allen neuen Bundesländern deutlich über 10% läge, aber die drei Direktmandate nicht schafft, obwohl sie vielleicht in einer Vielzahl von Wahlkreisen nur knapp verloren hat, würde sich die Frage stellen, ob nicht die PDS objektiv eigentlich eher eine Regionalpartei ist als diese Linkspartei.

Dieser Fall erscheint mir viel spannender als der von 1957.
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Fragender
Veröffentlicht am Montag, 03. Januar 2005 - 17:48 Uhr:   

@kai
Der Fall der PDS ist aber nunmal mit dem der DP 1957 vergleichbar und nicht mit dem einer Partei, die an weit entfernten Orten Direktmandate holt. Im übrigen halte ich es für extrem unwahrscheinlich, daß die WASG dieses schaffen wird.

@Bernhard Nowak
Die Nationalliberalen im Kaiserreich würde ich in ihrer Gesamtheit nicht als "äußerst rechts" stehend betrachten. Erstaunlicherweise fanden sich ja gar nicht so wenige Mitglieder später in der DDP wieder, während einige Fortschrittsparteiler in der DVP auftauchten.
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Kai
Veröffentlicht am Montag, 03. Januar 2005 - 18:32 Uhr:   

@Fragender:

Die DP holte ihre Direktmandate 1957 in 4 aneinandergrenzenden Wahlkreisen im nordöstlichen Niedersachsen, ferner in Göttingen und dem Wetteraukreis, soweit mir bekannt ist, zudem durchgängig aufgrund von Wahlabsprachen mit der CDU, die in den aussichtsreichen DP-Hochburgen jeweils keine Direktkandidaten aufstellte.

Ich wollte damit zum Ausdruck bringen, dass ich das 3-Wahlkreis-Kriterium, das 1957 bei der DP und 1994 bei der PDS noch (zufällig) verfangen hat, nicht für geeignet halte, um eine Regionalpartei zu qualifizieren.
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John Rawls
Veröffentlicht am Sonntag, 09. Januar 2005 - 00:30 Uhr:   

Schlussendlich ist die Regelung seit der Wiedervereinigung vor allem ein Schutz für die CSU, denn ob sie auch in Zukunft immer in der Lage sein wird, mit den Stimmen aus Bayern alleine 5% bundesweit zu erreichen, ist durchaus fraglich.
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Kai
Veröffentlicht am Sonntag, 09. Januar 2005 - 13:00 Uhr:   

Na ja, in Bayern leben knapp 15 % der deutschen Wahlberechtigten, Tendenz eher steigend. Die CSU müsste also weit unter 40 % der Stimmen fallen, um bundesweit die 5 % nicht zu schaffen. Wenn das droht, wird die CSU sich vielleicht doch noch ein Zusammengehen mit der CDU überlegen.

Im Übrigen gibt es diese Schutzklausel bei der Europawahl nicht. Dort wäre die CSU also noch weitaus gefährdeter, insbesondere wenn sich der Trend verstärkt, dass andere Bundesländer allgemeine Wahltermine auf den Tag der Europawahl legen, um die Wahlbeteiligung zu steigern. Diese Möglichkeit gibt es in Bayern nicht, da Kommunalwahlen zwingend im März liegen und die Koppelung der Kommunal- mit anderen Wahlen und Abstimmungen dort sogar gesetzlich verboten ist und die Wahlperiode des Landtages zurzeit 9 Monate vor der Europawahl endet.
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John Rawls
Veröffentlicht am Montag, 10. Januar 2005 - 05:23 Uhr:   

Der Hinweis mit der Europawahl ist natürlich richtig und es ist zu durchaus erwarten, dass die CSU erstmal irgendwann dort eine überraschende <5%-Niederlage einstecken muss als beim Bund - vielleicht mit den o.g. Folgen (der Aufgabe der Eigenständigkeit), wenngleich Teile der CSU notfalls wohl lieber gar nicht gewählt werden würden als denn als LV der CDU.

Dennoch: trotz des blendenden Ergebnisses haben nicht mal 35% der Wahlberechtigten bei der letzten LTW CSU gewählt; Tendenz weiter fallend. Und nur das Sondermerkmal eines bayerischen Kandidaten hat die gleiche Tendenz bei den BTW durchbrechen können. Mag also sein, dass die Anzahl der Wahlberechtigten steigt, die Zahl der Wähler tut es nicht. Und ob die CSU ewig ihre derzeitigen Traumergebnisse halten kann, ist schlussendlich genauso unklar. Es sind schon andere "uneinbare" Burgen geschliffen worden - und hier würden ja sogar schon Verluste reichen.
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Kai
Veröffentlicht am Montag, 10. Januar 2005 - 10:23 Uhr:   

@John Rawls:

Der Hinweis auf die LTW ist wenig hilfreich bei einer Prognose hinsichtlich der BTW, zumal bei LTW 2003 ein fast schon beängstigender Kantersieg der CSU prognostiziert war, sodass viele CSU-Wähler auch die Notwendigkeit des Urnenganges nicht unbedingt gesehen haben.

Ob bei der BTW 2002 wirklich der bayerische Kandidat oder der sozialdemokratische Kanzler, der abgewählt werden sollte, ursächlich für die gegenüber 1998 gestiegene Wahlbeteiligung war, wird man wohl erst nach der Wahl 2006 beurteilen können. Jedenfalls ist aber in Bayern keine gegenüber den anderen Westländern signifikant niedrigere Wahlbeteiligung feststellbar. Gegenüber den Ostländern ist sie aber höher.
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Tim Spier
Veröffentlicht am Montag, 10. Januar 2005 - 11:04 Uhr:   

Noch einmal grundsätzlich zur aufgeworfenen Frage: Eigentlich ist jede Hürde und jede Ausnahme von dieser Hürde eine Ungleichbehandlung, die aber aus Gründen der politischen Stabilität vom Verfassungsgericht als gerechtfertigt angesehen wird. Das ist eine der so genannten "Lehren aus Weimar", ähnlich wie der schwache Bundespräsident und das Konzept der "wehrhaften Demokratie".

Ich halte diese Argumentation dennoch nicht für schlüssig und demokratietheoretisch nur schwer begründbar. Das historische Argument ist m.E. falsch, denn die Parteien, die die Weimarer Republik zu Fall gebracht haben, wären alle auch nach unserem Wahlrecht in das Parlament eingezogen. Und auch die allgemeine Stabilitätsforderung kann m.E. diese schwere Beeinträchtigung der Erfolgswertgleichheit nur schwer rechtfertigen: Es gibt viele politische Systeme, wie etwa die Niederlande, die ohne Sperrklauseln auskommen, und dennoch stabile Regierungen hervorbingen, genauso wie es Systeme gibt, in denen es ein rigides Mehrheitswahlrecht gibt, in denen aber trotzdem politische Instabilität herrscht.

Überdies finde ich es eher begrüßenswert, wenn man bei einer Regierungsbildung mehrere Parteien unter einen Hut bekommen muss. Diese Koalitionsverhandlungen zwingen zu Kompromiss und Mäßigung, die einer Demokratie eigentlich nur gut tun kann. Und letztlich wird dadurch das Gewicht der Abgeordneten gegenüber der Exekutive erhöht, was unserem System auch nicht schaden könnte, in dem die Bundestagsabgeordneten eigentlich nur "Stimmvieh" ihrer jeweiligen Fraktion sind und es schon als "parteischädigend" gilt, wenn man in einer Gewissensfrage von der Fraktionslinie abweicht. Auch Tolerierungen, wie sie in Skandinavien vorkommen, würden die Notwendigkeit, für einzelne Sachfragen um Mehrheiten zu werben, weiter betonen und so die Rolle des einzelnen Abgeordneten und damit auch die sachliche Diskussion verstärken.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Montag, 10. Januar 2005 - 19:28 Uhr:   

Ich möchte nochmals klarstellen: ich halte Sperrklausel (solange sie nicht höher ist als fünf von Hundert) ebenso wie die Grundmandatsklausel an sich für verfassungsgemäß und auch richtig, um regionalen Parteien die Vertretung im Parlament zu ermöglichen. Aber ich sage weiterhin: wenn die Sperrklausel semipermeabel wird, dann halte ich dies für nicht mehr vereinbar mit Art. 38 GG, auch wenn es sich hier um verschiedene Bedingungen handelt, wie Frank oben dargestellt hat. Das Beispiel von 1957 oder mein fiktives Beispiel Bundestagswahl 1994 (s.o.) verdeutlicht dies. Wenn eine Partei über die Grundmandatsklausel mit ihrem Zweitstimmenanteil im Parlament vertreten ist, so müssen meines Erachtens alle Parteien, die die gleiche prozentuale und absolute oder gar eine höhere absolute bzw. prozentuale Stimmenzahl besitzen als die Partei, die über Grundmandatsklausel ins Parlament kommt, von der Sperrklausel befreit werden, falls sie unter ihr liegen. Sonst wirkt dies mehrheitsverzerrend, wie das Beispiel Bundestagswahl 1994 -fiktiv - zeigt. Und ich bin wirklich gespannt, ob in einem solchen Fall, wie ich ihn oben als fiktiven Ausgang einer Bundestagswahl beschrieben habe (wie 1994, nur Union zwei Prozent mehr, FDP zwei Prozent weniger) die FDP "chancenlos" wäre, wenn sie gegen den Einzug der PDS über Grundmandatsklausel klagen bzw. die Befreiung von der Sperrklausel als stärkere Partei wie die PDS verlangen würde.
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Florian
Veröffentlicht am Montag, 10. Januar 2005 - 20:12 Uhr:   

@ Bernd. N.:
Dein Vorschlag könnte aber doch dazu führen, dass ein PDS-Wähler mit seiner Stimme dafür sorgt, dass die FDP (unterhalb der Sperrklausel) in den Bundestag einzieht. Da das wohl kaum im Sinne des PDS-Wählers sein dürfte, halte ich das für nicht korrekt.
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Kai
Veröffentlicht am Montag, 10. Januar 2005 - 20:33 Uhr:   

Gesetz den Fall, eine Hamburgische Landespartei träte nur in der Freien und Hansestadt Hamburg mit Direktkandidaten und Landesliste an, gewänne 35 % der Zweitstimmen und 3 Direktmandate.

Dann hätte diese Landespartei ca. 0,7 % der Zweitstimmen und 4 Mandate. Alle anderen Parteien mit über 0,7 % der Zweitstimmen würden aber auch am Verhältnisausgleich teilnehmen. Welchen Sinn hätte dann noch eine Sperrklausel?
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Montag, 10. Januar 2005 - 21:13 Uhr:   

@Kai: Sicherlich hätte eine Sperrklausel dann in dem von Dir postulierten Fall keinen Sinn. Aber die Ungleichbehandlung unterhalb der Sperrklausel ist auch nicht in Ordnung. Alternative wäre dann meines Erachtens nur die Abschaffung der Grundmandatsklausel und die Behandlung der Direktmandate als nicht-verrechenbare Direkt- und Überhangmandate. Alternative: Die Grundmandatsklausel "greift" erst bei 10 oder mehr gewonnenen Direktmandaten, so dass der Zweitstimmenanteil deutlich höher wäre als etwa 0,7%
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Montag, 10. Januar 2005 - 21:16 Uhr:   

@Florian: Aber der PDS-Wähler erhält ein Privileg: er erreicht, dass die PDS, obwohl unterhalb der Sperrklausel liegend, mit ihrem Zweitstimmenanteil im Bundestag sitzt. Um der "Gleichbehandlung" willen müsste er daher den - von ihm selbstverständlich nicht gewollten - Vorteil für die stimmstärkere Partei unterhalb der Sperrklausel hinnehmen.
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Norddeutscher
Veröffentlicht am Montag, 10. Januar 2005 - 22:59 Uhr:   

@Bernhard Nowak
Der FDP-Wähler könnte (wenn er genügend Leute überzeugt) das gleiche Privileg erhalten. Wer hindert die FDP daran, sich ebenfalls ausreichend lokale Hochburgen zu schaffen? Umgekehrt: Wer hindert eine Partei, die unter 5% liegt, genügend Menschen zu überzeugen, sie zu wählen, damit sie die 5%-Hürde überwindet.
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Kai
Veröffentlicht am Dienstag, 11. Januar 2005 - 11:06 Uhr:   

@Bernhard

Der Unterschied, der eine Ungleichbehandlung von PDS und FDP rechtfertigt, ist eben der Umstand, dass die PDS als Regionalpartei (was sich in den Direktmandaten manifestiert) es gegenüber einer bundesweit organisierten Partei schwerer hat, die 5% zu überwinden. Hinter der Grundmandatsklausel steckt die selbe Idee wie hinter den Elementen der Mehrheitswahl im Bundeswahlrecht. Die Partei, die über 3 Grundmandate verfügt, ist ohnehin bereits im Bundestag vertreten, sodass die Anwendung der 5-Prozent-Klausel (die ja ihrerseits eine rechtfertigungsbedürftige Ausnahme von der Wahlrechtsgleichheit ist) auf diese Partei keinen Sinn mehr macht. Das mit der Klausel verfolgte Ziel, die Zersplitterung des Bundestages zu verhindern, kann daher weiter erreicht werden, wenn eine Partei mit 4,8 % ohne Grundmandate selbst dann von der Sitzverteilung ausgenommen wird, wenn eine andere Partei 4,3 % der Stimmen erhalten hat und wegen der Grundmandate am Ausgleich teilnimmt. Nimmt man hingegen alle Parteien, die stärker als die über Grundmandate vertretene Partei abgeschnitten haben, von der Sperrklausel aus, verliert diese insgesamt ihre Legitimation.

Wie ich oben bereits ausgeführt habe, halte ich freilich die Grundmandatsklausel insgesamt (weder mit einem Direktmandat noch mit derer 10) für geeignet, eine starke Regionalpartei mathematisch zu definieren.

Letztlich handelt es sich bei der Grundmandatsklausel um ein vergessenes Relikt aus der Anfangszeit der Republik. Sie war ursprünglich 1953 als Ausgleich dafür eingeführt worden, dass die 5%-Klausel im Gegensatz zu 1949 nicht mehr länderbezogen, sondern bundesweit angewendet wurde. Nach 1957 wurde sie mehr oder minder vergessen, bis sie 1994 erstmals relvant wurde. Danach wollte man sie nicht abschaffen, um sich nicht dem Verdacht auszusetzen, spezifisch die PDS benachteiligen zu wollen.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Dienstag, 11. Januar 2005 - 23:42 Uhr:   

@Kai: Deine Argumente sind alle plausibel. Dennoch führen Grundmandatsklausel im Verein mit relativ hoher Sperrklausel zu deren möglicher Semipermeabilität, Ungleichbehandlung ungleich starker Parteien, die an sich unter der Sperrklausel liegen und damit zu einer Verzerrung des Wahlergebnisses. Du hast ja weiter oben selber - vollkommen korrekt aus meiner Sicht - argumentiert, dass die Grundmandatsklausel eben auch nicht Regionalparteien - wie etwa PDS oder CSU - begünstigen könnte. Wäre sie dann noch gerechtfertigt, wenn etwa die Wahlalternative in Bayern, Schleswig-Holstein und in NRW ein Direktmandat erringen würde?

Vielleicht wäre es dann doch gerechter, die Grundmandatsklausel abzuschaffen und bei unserem personalisierten Verhältniswahlrecht strikt zu trennen zwischen Direktmandat, welches durch relative Mehrheit im Wahlkreis errungen wird und Zweitstimmenanteil, der nur durch Überwindung der Sperrklausel angerechnet werden kann. Dies hielte ich dann doch für die gerechtere Lösung, da die Sperrklausel nicht semipermeabel wäre.
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Kai
Veröffentlicht am Mittwoch, 12. Januar 2005 - 00:18 Uhr:   

@Bernhard

Darauf können wir uns gerne einigen. Die Grundmandatsklausel führt im Extremfall zu Friktionen, die m.E. nicht hinnehmbar sind. Allerdings finde ich es im Widerstreit der Interessen für und wider Sperrklausel durchaus vertetbar, wenn eine ausgewiesene Regionalpartei (was eben nicht auf eine Partei zutrifft, die je ein Direktmandat in München, Duisburg und Bremen erringt), im Gegensatz zu überregionalen Splitterparteien parlamentarisch vertreten ist.

Schaut man sich das spanische Wahlrecht an, sind bspw. Regionalparteien (wie etwa der PNV - Partido Nacional Vasco = Baskische Nationalpartei) gegenüber landesweit organisierten Kleinparteien (wie der IU - Izquierda Unida = Vereinigte Linke) im Vorteil.

Kombinierte man bspw. die volle Hare-Quota mit der 5-%-Klausel auf Landesebene, könnte man die Regionalparteien viel besser von Splittergruppen abgerenzen als heute.

Denkbar wäre auch, für Parteien, die nicht in allen Ländern antreten, eine alternative 10-%-Klausel auf die Länder, in denen sie kandidiert, festzulegen.

Da sich die 5-%-Klausel in der Geschäftsordnung des Bundestages forsetzt, würden Regionalparteien gezwungen, jedenfalls parlamentarisch zu kooperieren. Und dadurch würde sich eine Kombo aus SSW, PDS, Rheinlandpartei und Bayernpartei eben von einer starken WASG oder Seniorenpartei unterscheiden.
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Norddeutscher
Veröffentlicht am Mittwoch, 12. Januar 2005 - 11:03 Uhr:   

@Kai
Seit wann sind WASG oder Seniorenpartei (meinst Du die Grauen?) stark? Die Diskussion ist doch akademisch. Nennt mir einen Fall, bei dem eine Partei ohne regionalen Schwerpunkt zwar drei Direktmandate aber weniger als 5% der gültigen Zweitstimmen bundesweit bekommen hat.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Mittwoch, 12. Januar 2005 - 11:11 Uhr:   

@Kai:
> Denkbar wäre auch, für Parteien, die nicht in allen Ländern
> antreten, eine alternative 10-%-Klausel auf die Länder, in denen
> sie kandidiert, festzulegen.
Ansätze dieser Art halte ich für sehr vernünftig.

Wenn man denn überhaupt Regionalparteien privilegieren möchte (wofür ich eigentlich in Deutschland gar keine Notwendigkeit sehe), dann sollte der Maßstab eine starke Stellung in einer Region sein.
Das ist nicht dasselbe wie eine sehr starke Stellung in einer kleinen Hochburg.

Wenn die "Frankfurter Äppelwoi Partei" in Frankfurt drei Direktmandate bekäme, aber in ganz Hessen außerhalb der Stadtgrenze keine Stimme - dann wären doch zusätzliche Listenmandate absurd.
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Kai
Veröffentlicht am Mittwoch, 12. Januar 2005 - 12:42 Uhr:   

@Norddeutscher:

Umgekehrt wird ein Schuh draus. Ich halte es für falsch, dass die PDS, die in den neuen Ländern und Berlin zusammen auf 15,3 % Stimmanteil kam, nicht am Verhältnisausgleich teilgenommen hat. Hierdurch werden weite Landstriche völlig anders repräsentiert, als sie gewählt haben. Genau das halte ich für äußerst bedenklich.

In der Tat ist es so, dass bislang eine Klein-Partei 3 Direktmandate stets in einem halbwegs zusammenhängenden Gebiet erringen konnte.

Die Fälle waren bislang:
Bayernpartei 1949: 11 zusammenhängende Wahlkreise in Ober- und Niederbayern
Deutsche Partei 1949: 5 zusammehängende Wahlkreise in Zentralniedersachsen
Deutsche Partei 1953: 7 zusammenhängende Wahlkreise in Niedersachsen, dazu 1 weiterer niedersächsischer und 2 in Hamburg.
Deutsche Partei 1957: 4 zusammenhängende Wahlkreise in Zentralniedersachsen, dazu 1 weiterer in Niedersachsen und einer in Hessen.
PDS 1994: 4 zusammenhängende Wahlkreise in Berlin

Das ändert aber nichts daran, dass in dem hypothetischen Falle, dass eine Klientelpartei 3 einzelne weit auseinanderliegende Wahlkreise, die zufällig eine dieser Klientel besonders entsprechende Struktur haben, gerade nicht den Kriterien entspricht, die die Grundmandatsklausel honorieren will.

Umgekehrt entspricht aber die PDS diesen Kriterien, obwohl sie nur 2 und nicht 3 Wahlkreise gewonnen hat. Sie hat in allen Wahlkreisen des Beitrittsgebietes über 10% der Zweitstimmen, in den grenzüberschreitenden Wahlkreisen Berlin-Friedrichshain-Kreuzberg 17,2% und Berlin-Mitte 9,9% erhalten, ist andererseits aber überall im alten Bundesgebiet deutlich unter 5% geblieben. Das ist eindeutig eine stark verankerte Regionalpartei.
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Tim Spier
Veröffentlicht am Mittwoch, 12. Januar 2005 - 13:19 Uhr:   

Ich denke, man sollte nicht verkennen, dass die Rechtfertigung der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes durch die Argumentation der Privilegierung von Regionalparteien ex post erfolgte. Das Bundesverfassungsgericht musste sich in seinem damaligen Urteil einfach mit der poltisch von Adenauer gewollten Sonderregelung zugunsten der Deutschen Partei (DP) auseinandersetzen und wollte diese Regelung offenbar nicht kippen. Daher hat es das Argument aufgenommen, obwohl es ja gerade im eklatanten Widerspruch zur Rechtfertigung der Sperklausel steht: Was ist eine Regionalpartei denn anderes, als eine Splitterpartei, die die 5 %-Hürde ja gerade bekämpfen soll.

Die Richter schweben halt auch nicht im luftleeren Raum, sondern sind politischen Einflüssen unterworfen. Und auch wenn das BVerfG immer wieder betont, dass es kein "politisches Gericht" ist. Letztlich ist es das natürlich. Es behandelt eminent politische Fragen, ist (deswegen) parteipolitisch zusammengesetzt und kann aus dem Grundgesetz als normative Grundlage in den meisten Streitfällen halt auch keine eindeutigen Hinweise für eine Entscheidung in die eine oder andere Richtung gewinnen. Wie schon oben ausgeführt: Nimmt man den Grundsatz der Erfolgswertgleichheit ernst, dann kann man eigentlich auch nicht die Sperrklausel aufrecht erhalten. Denn im Grundgesetz steht nichts davon, dass eine Regierung stabil sein muss oder Regionalparteien berücksichtigt werden sollen. Allerdings steht dort: "Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt." (Art. 38 I S. 1 GG).

Soll heißen: Wir müssen uns damit abfinden, dass das Wahlrecht Ausfluss politischer Entscheidungen und politischer Machtverhältnisse ist. Dadurch entstehen Besonderheiten und Eigentümlichkeiten, die man in normativer Hinsicht gut oder schlecht finden kann, aber sie existieren nun mal.
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Matthias Cantow
Veröffentlicht am Mittwoch, 12. Januar 2005 - 14:05 Uhr:   

@Tim
Ich denke, man sollte nicht verkennen, dass die Rechtfertigung der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes [...] ex post erfolgte.

Das ist übrigens ein Aspekt, der bei der gesamten Wahlrechts-Rechtsprechung des BVerfG zu beachten ist (siehe z.B. die Rechtfertigungsversuche in BVerfGE 79, 169 und BVerfGE 95, 335).

Soll heißen: Wir müssen uns damit abfinden, dass das Wahlrecht Ausfluss politischer Entscheidungen und politischer Machtverhältnisse ist.

Dass es so war - ja, dass es so ist und bleiben muss - nein. Ich jedenfalls möchte nicht, dass die Auslegung der fundamentalen Normen einer Demokratie abhängig von der parteipolitischen Zusammensetzung des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundestags/Bundesrats ist (was nicht heißen muss, dass die Richter nicht auch dort gewählt werden können). Ich kann auch Deine Einstellung nicht ganz verstehen (zumindest soweit Du politisch interessiert und nicht über 80 bist).
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Tim Spier
Veröffentlicht am Mittwoch, 12. Januar 2005 - 15:16 Uhr:   

@Matthias: Hmm, eigentlich bin ich ja noch nicht einmal 30 und politisch recht aktiv ... :-) Naja, da habe ich wohl missverständlich ausgedrückt. Ich wollte nicht sagen, dass wir uns mit einmal dagewesenen für immer abfinden müssen. Ganz im Gegenteil, wenn uns etwas normativ nicht passt, dann müssen wir dafür einstehen, dass es sich ändert. Ich würde es nur gerne trennen von der Frage der nüchternen Analyse.

Die Vermengung von Analyse und normativer Bewertung stört mich schon lange. Ich habe sowohl Politikwissenschaft, als auch Jura studiert und bin als "Grenzgänger" immer wieder entsetzt gewesen, dass viele Juristen davon ausgehen, dass das, was das BVerfG sagt, die "Wahrheit" ist und die Entscheidungsgründe, Machthintergründe usw. nicht weiter hinterfragt werden müssen. Andererseits argumentieren sie ständig in politischen Fragen mit angeblich sich "objektiv" aus dem Grundgesetz ergebenden Grundsätzen, die lediglich von einigen Richtern in einem Urteil als Argumentation angeführt wurden. Die "Lehren von Weimar" sind so ein Beispiel: Damit wird ein schwacher Bundespräsident gerechtfertigt, das angeblich sich aus dem Grundgesetz ergebende Verbot direktdemokratischer Elemente oder eben auch die Sperrklausel. Wenn man sich die historischen Hintergründe anschaut, dann sollte man recht schnell erkennen, dass die erste deutsche Republik nicht an verfassungsrechtlichen Problemen gescheitert ist, sondern an einer höchst bedenklichen Zustimmung einer Mehrheit der Bevölkerung für eine vollkommen antidemokratische Partei. Das gerät leider immer wieder in Vergessenheit. Dazu noch eine Story aus einem Hauptseminar Politikwissenschaft. Auf meine Feststellung, dass die Ursprünge moderner Wahlkampftechniken in Deutschland schon auf Hitlers Einsatz von Film und Funk zurückgehen, wurde ich von einer Teilnehmerin erbost zurechtgewiesen: Ich sollte mal nicht so tun, als ob Hitler in demokratischen Wahlkämpfen an die Macht gekommen wäre. Mir blieb die Spucke weg ...

Aber genug der Stories, die nicht zum eigentlichen Thema dieses Threads gehören. Quintessenz meiner Aussagen sollte sein: Ich denke, dass man normativ konsequenterweise nur zwei Standpunkte zu beiden "Hürden" haben kann. Entweder sie sind alle eine nicht hinnehmbare Verletzung des Wahlgleichheitsgrundsatzes, oder man sagt, dass die Wahlgleichheit aus Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten eingeschränkt werden kann. Isoliert die Grundmandatsklausel abzulehnen, aber die 5 %-Hürde für gerechtfertigt zu erachten, halte ich argumentativ für nur schwer haltbar.
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tg
Veröffentlicht am Mittwoch, 12. Januar 2005 - 15:21 Uhr:   

Der hier dikutierte Fall ist auch nicht völlig theoretisch. Die Grünen sind vor allem in Städten stark, und es wäre durchaus denkbar, daß sie mit drei populären Direktkandidaten und bei starker Zersplitterung der übrigen Erststimmen nicht nur in Berlin, sondern z. B. in auch in Freiburg und Marburg je einen Wahlkreis mit relativ niedrigem Stimmenanteil gewinnen (so wie bereits in Berlin), aber mit den Zweitstimmen unter 5 % bleiben. Dann wäre die Anwendung der Grundmandatsklausel wirklich zweifelhaft.
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Sole
Veröffentlicht am Mittwoch, 12. Januar 2005 - 18:49 Uhr:   

Das ist so eine Frage, auf die ich 2002 keine Antwort fand. Warum soll eine Partei, für die Direktmandate die Ausnahme und nicht die Regel sind, durch die Erringung von Direktmandaten gerettet werden ? Die PDS wäre 2002 mit dem 1998er Wahlkreisschnitt nicht auf einen dritten Wahlkreis gekommen - nicht in Rostock oder Halle und nicht in Berlin.

Die Grünen andererseits wären ohne ihr Rekordergebnis im Bund nicht an das Direktmandat gekommen. Ströbele ist kein Teufel, den man 2002 zum ersten Mal aus der Kiste springen ließ. Erklärbar sind Direktmandate bei ansonsten unterdurchschnittlichem Ergebnissen nur für absolute regionale Konzentrationen.

Die FDP hat ihre Direktmandate auch immer einhergehend mit überdurchschnittlichen Landesergebnissen gewonnen.

Gerade 1990, als die Grünen es gebraucht hätten, lagen 3 Direktmandate unglaublich weit weg.
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Frank Schmidt
Veröffentlicht am Mittwoch, 12. Januar 2005 - 18:51 Uhr:   

@tg
Die Anwendung im Fall der Grünen ist nicht zweifelhafter als in den Fällen anderer Parteien; die Begründung dagegen (Regionalpartei) müßte man dann ändern. Man hätte für Regionalparteien auch eine Grundmandatsregelung von drei Direktmandaten in einem Bundesland einführen können; man hat dies jedoch nicht getan.

Zweifelhaftigkeit in der Anwendung ist dagegen dann gegeben, wenn der Buchstabe des Gesetzes gegen seinen Sinn verwendet wird, zB im Fall einer Tarnliste.

Beispiel: Parteien A und B haben das gleiche Programm. Beide Parteien haben Landeslisten, aber nur Partei A hat Direktkandidaten. A wirbt um die Erststimmen, B dagegen um die Zweitstimmen. A erreicht kaum Zweitstimmen, aber massenhaft Überhangmandate. B erreicht dank seiner Zweitstimmen die entsprechenden Sitze. Weil A eine Landesliste hat und dank drei Grundmandaten am Verhältnisausgleich teilnimmt, wird das Stimmensplitting Erststimme A, Zweitstimme B sehr stark belohnt. (Der Fall ist nur teilweise hypothetisch, da beide großen Lager in Italien dieses Modell durchgezogen haben)
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Januar 2005 - 00:40 Uhr:   

@Kai: Ich kann Tims Argumentation mit der Sperrklausel durchaus nachvollziehen, dass man auch sagen kann: entweder für Sperrklausel und Grundmandatsklausel oder dagegen. Du hast zu Recht darauf hingewiesen, dass die Grundmandatsklausel (die ja ursprünglich vorsah, für ein gewonnenes Direktmandat dieser Partei Sitze nach ihrem Zweitstimmenanteil im Parlament zukommen zu lassen, dies wurde dann - spätestens 1956 - wieder geändert) als Folge der Bestimmung aufgenommen wurde, dass die 5%-Klausel für die gesamte Bundesebene festgelegt wurde und nicht mehr die Bestimmung galt, dass im Bundestag mit Zweitstimmenanteil vertreten ist, wer in einem Bundesland 5% überwindet (was das Bundesverfassungsgericht für 1990 de facto für die neuen Bundesländer einmalig aufgehoben hatte und damit 1990 den Einzug der PDS und der Grünen in den Bundestag ermöglichte). Dies wäre eine Regelung, zu der man anstelle der Grundmandatsklausel auch zurückkehren könnte - neben der 10%-Klausel für Parteien, die nur regional begrenzt in Bundesländern antreten.

Ich habe jedoch nicht Dein Argument verstanden bezüglich der Kombination 5%-Hürde mit Hare Quota: "Kombinierte man bspw. die volle Hare-Quota mit der 5-%-Klausel auf Landesebene, könnte man die Regionalparteien viel besser von Splittergruppen abgerenzen als heute." Was bedeutet dies? Könntest Du ein Fallbeispiel geben? Oder gibt es dazu (etwa Spanien) Beispiele? Danke im voraus für die Auskunft.
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tg
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Januar 2005 - 09:38 Uhr:   

@ Frank Schmidt: "Zweifelhaft" war sicher der falsche Ausdruck. Ich wollte nur zur erwähnen, daß drei Direktmandate und weniger als 5 % Zweitstimmen nicht nur bei Regionalparteien denkbar sind, sondern auch bei einer Partei, deren Ergebnisse in Städten deutlich besser sind als auf dem Land.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Januar 2005 - 09:47 Uhr:   

@Frank:
> A wirbt um die Erststimmen, B dagegen um die Zweitstimmen. A
> erreicht kaum Zweitstimmen, aber massenhaft Überhangmandate. B
> erreicht dank seiner Zweitstimmen die entsprechenden Sitze.
Gibt es da nicht eine Regelung, daß die Zweitstimmen entwertet werden, wenn die Erststimme bei einer Partei erfolgreich war, die diesen Sitz nicht mit einer Liste verrechnet?
Das ist doch nach meinem Eindruck der Hintergrund der Nachzählung jetzt in Berlin: Wer mit seiner Erststimme den PDS-Direktmandaten zum Erfolg verholfen hat, verliert die Zweitstimme.
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Januar 2005 - 10:21 Uhr:   

Die Regelung gibt es (noch) nicht, sonst hätte man 2002 schon entsprechend ausgezählt. Allerdings geht Frank davon aus, daß A schon die 3-Mandate Klausel erreicht, also reguläre Überhangmandate.
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Frank Schmidt
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Januar 2005 - 11:28 Uhr:   

Die jetzige Regelung trifft zwar die PDS, die in der Unterverteilung auch 2 Mandate in Berlin bekommen hätte, aber nicht eine Partei, die 3 oder mehr Mandate bekommt, die von den Zweitstimmen nicht gedeckt werden, also Überhangmandate sind.
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Kai
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Januar 2005 - 15:19 Uhr:   

@Bernhard:

In Spanien wird der Kongress nach folgendem System gewählt:

Die 350 Abgeordneten werden auf die 50 Provinzen und 2 autonomen Städte Ceuta und Melilla im Verhältnis ihrer Einwohnerzahl verteilt, wobei jede Provinz zunächst je 2 Deputierte, die Städte je einen erhält. Die 248 restlichen Deputierten werden nach Hare-Niemeyer auf die Provinzen verteilt.

Die Sitzverteilung erfolgt dann nach Provinzen getrennt nach d'Hondt, wobei eine 3-%-Klausel Anwendung findet, die allerdings nur in den großen Provinzen Madrid (2004: 35 Sitze) und Barcelona (31 Sitze) bedeutsam ist, da in den Übrigen Provinzen weit unter 20 Mandate (Valencia als drittgrößte Provinz hatte 2004 16 Sitze) zu vergeben sind.

Bei der Wahl 2004 erreichte die landesweit antretende Vereinigte Linke (IU) in Spanien 1.269.532 Stimmen (4,96 %, aber in keiner Provinz über 10%), die katalanische Nationalpartei CiU, die nur in den vier katalanischen Provinzen antrat, lediglich 829.046 Stimen (3,24 %, in diesen Provinzen zwischen 19,25 und 29,49 %) und die baskische Nationalpartei PNV 417.154 Stimmen (1,48 %, in diesen Provinzen 25,81 bis 37,29 %). Die IU kam auf lediglich 5 Mandate (je 2 in Barcelona und Madrid, eines in Valencia), die CiU auf 10 (6 in Barcelona, 2 in Girona, je eins in Lleida und Tarragona) und sogar der PNV mit knapp einem Drittel der auf die IU entfallenden Stimmen noch auf 7 Mandate (4 in Vizcaya, 2 in Guipúzcoa, 1 in Álava).

D.h. das spanische Wahlrecht, das zunächst die Sitzverteilung auf regionaler Ebene und dann auf die Parteien vornimmt (und damit genau umgekehrt zum deutschen Wahlrecht verfährt) begünstigt Regionalparteien und hält gleichzeitig Kleinparteien weitgehend von parlamentarischer Repräsentation fern. Überdies ist es von seinem theoretischen Unterbau her weitaus föderaler als das deutsche Wahlrecht.

Dieses Wahlrecht ließe sich mit seinem Grundgedanken problemlos auf Deutschland übertragen.

Freilich habe ich Bedenken, in kleineren Bundesländern (20 Sitze gäbe es erst ab der Größe von Sachsen-Anhalt und Brandenburg, d.h. bei 2.500.000 Deutschen) die Stimmen für Parteien, die über 5 % der Stimmen erhalten haben, unter den Tisch fallen zu lassen. Daher der Vorschlag mit der vollen Hare-Quota.

Das stelle ich mir so vor:

In jedem Land nehmen an der Sitzverteilung die Landeslisten teil, die über 5 % der im Land abgegebenen gültigen Zweitstimmen erhalten.

Die Stimmen dieser Parteien im Land werden zusammengerechnet und durch die Zahl der zu vergebenden Sitze geteilt. Jede Partei erhält so viele Sitze wie der ganzzahlige Anteil dieses Quotienten ist. Die Reststimmen (Stimmenzahl minus Zahl der verteilten Sitze x Verteilungsquotient) werden berücksichtigt für einen bundesweiten Ausgleich. An dem bundesweiten Ausgleich nehmen Parteien teil, die entweder 5 % der bundesweit abgebebenen Stimmen oder aber eine bestimmte Mindestzahl von Sitzen in der Erstverteilung erzielt hat. Diese Zahl sollte freilich größer als 7 sein, da ansonsten bereits das Überspringen der 5 %-Hürde in einem Land (Nordrhein-Westfalen) für den Einzug in den Bundestag ausreichen würde.

Das hieße als Rechenbeispiel bezogen auf das Land Brandenburg und die Bundestagswahl 2002:

Zu vergebende Sitze: 20
Parteien über 5 %:
- SPD 707.871 Stimmen
- CDU 339.868 Stimmen
- PDS 263.228 Stimmen
- FDP 88.685 Stimmen
Zusammen: 1.399.652 Stimmen
Verteilungszahl: 1.399.652 : 20 = 69.983
Mandate:
SPD 10 (davon 10 direkt), Reststimmen 8.045
CDU 4, Reststimmen 59.938
PDS 3, Reststimmen 53.280
FDP 1, Reststimmen 18.702
Grüne 0 (da in Brandenburg unter 5 %), Reststimmen (da bundesweit über 5 %) 68.765

Brandenburg würde dann 2 Mandate und 208.730 Stimmen für die bundesweite Restsitzverteilung beisteuern.
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Tim Spier
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Januar 2005 - 15:41 Uhr:   

@Kai: Interessante Ausführungen zum spanischen Wahlrecht, dass war mir so noch nicht bekannt. Allerdings frage ich mich noch immer, warum Du nach einem Wahlsystem suchst, dass zwar Kleinparteien mit regionalen Schwerpunkten die parlamentarische Repräsentation ermöglicht, Kleinparteien, die das gleiche Ergebnis aber landesweit ohne besondere Schwerpunkte erzielen genau diese Repräsentation verwehrt.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Januar 2005 - 16:03 Uhr:   

Es gibt m. E. zwei Grundgedanken als Begründung für die 5%-Klauseln etc.:

Einmal die Arbeitsfähigkeit im Parlament - Einzelabgeordnete oder Kleingruppen behindern entweder den Ablauf (weil man für jeden Standpunkt Rederecht braucht und jede Gruppe in jeden Ausschuß darf) oder aber man muß ihre Rechte beschneiden (was Abgeordnete erster und zweiter Klasse schafft). Dieser Grundgedanke geht generell gegen alle Kleinparteien und würde keine regionalen Ausnahmen zulassen.

Zweitens die Erleichterung der Mehrheitsbildung. Ähnliche politische Positionen sollen sich möglichst schon in Parteien finden und untereinander zusammenraufen, damit man stabile Koalitionen bilden kann. Wenn man sich ungestraft beliebig zersplittern dürfte, würden persönliche Differenzen und das Streben nach ideologischer Linientreue zu einer Atomisierung der Parteienlandschaft führen.
Wer eine eigene Partei haben will, muß also gute Gründe haben, um ins Parlament zu kommen.

Bei historisch gewachsenen nationalen Minderheiten ist der zweite Grund nicht wirklich gegeben. Die Minderheitenparteien sind meist Sammlungsparteien, die politisch noch stärker divergierende Standpunkte unter einen Hut kriegen als die "normalen" Parteien.

Oder anders gesagt: Wenn man eine nationale Minderheit vertritt, wird das nicht als mutwillige Zersplitterung bewertet. Wenn man die dritte Variante der trotzkistischen Internationale gründet, ist es das schon.

Für Spanien halte ich diese Argumentation durchaus für wichtig und das Wahlrecht für angemessen.
In Deutschland dagegen sehe ich überhaupt keine Notwendigkeit für Regionalparteien, die 3-Mandate-Klausel ist m. E. historisch gewachsener Unsinn und kann gestrichen werden.
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Kai
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Januar 2005 - 17:25 Uhr:   

@Tim

Allerdings frage ich mich noch immer, warum Du nach einem Wahlsystem suchst, dass zwar Kleinparteien mit regionalen Schwerpunkten die parlamentarische Repräsentation ermöglicht, Kleinparteien, die das gleiche Ergebnis aber landesweit ohne besondere Schwerpunkte erzielen genau diese Repräsentation verwehrt.

Die Frage habe ich weiter oben bereits im Grundsatz beantwortet: ich halte die 5-%-Klausel im Prinzip für richtig, es jedoch für bedenklich, wenn weite Landstriche falsch repräsentiert werden. Da ein erheblicher Anteil der Bevölkerung in den neuen Ländern die PDS gewählt hat, halte ich es für undemokratisch, dass diese Wähler nicht ausreichend im Bundestag repräsentiert sind und umgekehrt sogar SPD und CDU in den neuen Ländern durch Überhangmandate noch dafür belohnt werden, dass sie vor Ort die Wähler nicht ansprechen. (Von den 5 Überhangmandaten bei der Wahl 2002 sind 4 in den neuen Ländern entstanden.)
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Januar 2005 - 17:39 Uhr:   

@Kai:
> Da ein erheblicher Anteil der Bevölkerung in den neuen Ländern die
> PDS gewählt hat, halte ich es für undemokratisch, dass diese Wähler
> nicht ausreichend im Bundestag repräsentiert sind ...
Da kann ich nun kein Problem erkennen.
Grundsätzlich sind die neuen Länder mit einer ihrer Einwohnerzahl entsprechenden Zahl Abgeordneter vertreten, also alles ok.

Und PDS-Wähler sind grundsätzlich nicht vertreten - das ist nun mal der Effekt einer Sperrklausel.

Daß nun diese nicht-vertretenen Wähler stärker in einer Region (Berufsgruppe, Altersschicht) vertreten sind, bedeutet für mich keine zusätzliche Härte.

Das mit den Überhangmandaten ist eigentlich ein gesondertes Problem.
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Mörsberg
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Januar 2005 - 17:57 Uhr:   

> Grundsätzlich sind die neuen Länder mit einer ihrer Einwohnerzahl
> entsprechenden Zahl Abgeordneter vertreten
Nein, nicht ganz. Und das hängt nicht nur mit der niedrigen Wahlbeteiligung zusammen, was man ja noch als durchaus wünschenswert betrachten kann. Dadurch, dass im Osten 20% der Stimmen unberücksichtigt bleiben, im Westen aber nur 5%, beträgt das durchschnittliche Vertretungsgewicht eines Ostlandes im Verhältnis zur Zahl der Wähler nur 85% des Vertretungsgewichtes eines durchschnittlichen Westlandes. Die Nichtberücksichtigung der PDS-Stimmen führt ja nicht dazu, dass die Stimmen der anderen Parteien auf einmal mehr Gewicht hätten.

Grundsätzlich sehe ich die Privilegierung von Regionalparteien aber auch als sehr problematisch an, bei den Parteien, die es in Deutschland betrifft, handelt es sich praktisch immer auch um eine Einzellfallentscheidung.
1 PDS: "Regionalpartei", in einem größeren Teilraum klar über fünf Prozent, ansonsten klar darunter.
2 FDP: keine Regionalpartei, sehr gleichmäßige Verteilung des Wählerzuspruchs, fast überall zwischen vier und elf Prozent.
3 GRÜNE: ausgeprägte Hochburgen und klar erkennbare Diaspora, dabei sind aber die Hochburgen ihrerseits nicht auf eine bestimmte Region konzentriert, sondern auf einen oder mehrere Regionstypen, so dass eine eher kleinräumige Struktur entsteht.

Sperrklausel ohne GM-Klausel ist ein Vorteil für 2, und evtl. 3.
Von der GM-Klausel profitiert nur 1.
Das spanische Modell bevorzugt 1 und benachteiligt 2, das Abschneiden von 3 hängt entscheidend von der Größe der Einzelwahlkreise ab.
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Marek Meyer
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Januar 2005 - 18:11 Uhr:   

>Da kann ich nun kein Problem erkennen.
>Grundsätzlich sind die neuen Länder mit einer ihrer Einwohnerzahl
>entsprechenden Zahl Abgeordneter vertreten, also alles ok.
Dem kann ich nur zustimmen. Die Wähler können außerdem pro Wahlkreis einen Direktkandidaten wählen - dies sollte zur Wahrung der regionalen Interessen genügen.

Außerdem frage ich mich, warum starke Regionalparteien gegenüber bundesweiten Parteien mit gleich starker Anhängerschaft bevorzugt werden sollten. Eine Anzahl von - sagen wir mal - 500.000 Wählern einer Partei in einem Bundesland sollten betreffend Ihrer Zweitstimme nicht besser oder schlechter behandelt werden als 500.000 Wähler, die über das gesamte Bundesgebiet verteilt sind.

Wenn eine Partei in einer Region besonders stark ist, dann kann sie sich sich dort regional auch entsprechend einbringen, also z.B. in der Landespolitik und Kommunalpolitik. Die PDS ist ja schließlich auch z.B. im Berliner Senat an der Regierung beteiligt. Dadurch ergibt sich letztendlich auch ein Einfluss auf die Bundespolitik im Bundesrat.
Einen darüber hinausgehenden Anspruch auf eine bevorzugte Behandlung von Regionalparteien bei Bundestagswahlen kann ich jedoch nicht nachvollziehen.
Insofern ist die Grundmandatsklausel (die eigentlich nur eine Ausnahme von einer Ausnahme ist) überflüssig.
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Tim Spier
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Januar 2005 - 18:25 Uhr:   

Zitat Mörsberg: "Sperrklausel ohne GM-Klausel ist ein Vorteil für 2, und evtl. 3. Von der GM-Klausel profitiert nur 1. Das spanische Modell bevorzugt 1 und benachteiligt 2, das Abschneiden von 3 hängt entscheidend von der Größe der Einzelwahlkreise ab."

Naja, sehr relative Bevorzugungen und Benachteiligungen. Eigentlich sind alle drei Parteitypen vor allem von der Sperrklausel bedroht. Wichtiger als die Perspektive der Parteien finde ich aber noch die Perspektive der Wähler. Und deren Stimmwert wird nun mal durch die Hürde auf Null gesetzt.

Wenn man mal bedenkt, welche Rechnung aufgemacht werden, um die Vor- und Nachteile der grundsätzlichen Wahlsysteme herauszuarbeiten, dann finde ich diese Entwertung doch viel problematischer. Wie schon ausgeführt denke ich, dass der einzige normative Grundsatz, den man tatsächlich aus dem Grundgesetz entnehmen kann, die Wahlgleichheit ist. Und die kann man meiner Meinung nach nicht aus Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten wie "Regierungsstabilität" oder "Regionale Repräsentanz" einschränken bzw. wieder Gegenausnahmen machen.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Januar 2005 - 20:23 Uhr:   

Kai: Danke für diese ausführliche Information!
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Januar 2005 - 23:40 Uhr:   

"Außerdem frage ich mich, warum starke Regionalparteien gegenüber bundesweiten Parteien mit gleich starker Anhängerschaft bevorzugt werden sollten. Eine Anzahl von - sagen wir mal - 500.000 Wählern einer Partei in einem Bundesland sollten betreffend Ihrer Zweitstimme nicht besser oder schlechter behandelt werden als 500.000 Wähler, die über das gesamte Bundesgebiet verteilt sind." [Zitat Marek]

Diese Meinung teile ich.

Es ist in der Tat richtig, dass die Grundmandatsklausel eben nicht nur regionale Parteien begünstigt - wie zur Zeit die PDS oder potentiell die CSU, sondern eben auch Parteien, die in unterschiedlichen Regionen Stärke zeigen und - aus welchen Gründen auch immer - verschiedene Hochburgen haben. Ich bleibe aber bei meiner Anfangsthese: Um eben eine Gleichbehandlung gleichstarker Wählergruppen zu gewährleisten, darf die Sperrklausel nicht gelten für Parteien, die in absoluten und prozentualen Zahlen stärker sind als eine Partei, die absolut und prozentual ebenfalls unter der Sperrklausel liegt und keine Direktmandate errungen hat. Kais Argument, dass dadurch die Sperrklausel auf einen marginalen Stimmenwert abgesenkt würde - ist zwar völlig richtig. Um eine "gerechte" Vertretung im Parlament zu ermöglichen, müsste eine solche Marginalisierung der Sperrklausel aus meiner Sicht jedoch in diesem besonderen Fall hingenommen werden. Sonst sehe ich nur die Abschaffung der Grundmandatsklausel als sinnvoll an, da eine Abschaffung der Grundmandatsklausel dann nicht zu solchen Verzerrungen führen würde. Die PDS wäre mit 3,1% (Wahlergebnis 1994) zwar mit 3-4 Direktmandaten im Bundestag vertreten, jedoch nicht mit ihrem Zweitstimmenanteil. Die FDP - im fiktiven Beispiel 1994 mit 4,9% zwar nicht vertreten. Aber: Die Verzerrung der Mehrheitsverhältnisse im Parlament betrüge dann eben nur 3-4 Direktmandate (natürlich dann mehr, wenn mehr Parteien über die Grundmandatsklausel ins Parlament kämen) aber nicht mehr rund 30 Sitze. Ich halte - auch wenn mir niemand im Forum beistimmt - nach wie vor die Ungleichbehandlung der Parteien unterhalb der Sperrklausel - auch Grundmandatsklausel und Sperrklausel verschiedene Bedingungen sind, die erfüllt werden müsssen, wie Frank zu recht feststellte, für verfassungsmäßig bedenklich.

Also: entweder: Abschaffung der Grundmandatsklausel
oder: de-facto-Senkung der Sperrklausel für den Fall, dass Parteien unterhalb dieser Klausel liegen, die stimmstärker sind als Parteien, die über Direktmandate mit ihrem Zweitstimmenanteil ins Parlament kommen. Dabei bleibe ich.
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Kai
Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Januar 2005 - 23:52 Uhr:   

Um das Ganze mit Zahlen zu unterfüttern:

Nach der BTW 2002 waren im Saarland 71.440 gültige Stimmen und 91.246 Wähler durch einen Abgeordneten vertreten. In Mecklenburg-Vorpommern sind es 97.310 gültige Stimmen und 141.202 Wahlberechtigte. Oder: Eine Stimme in Mecklenburg-Vorpommern hat nur 73 % der Repräsentation im Bundestag im Vergleich zu einer saarländischen Stimme. Und das liegt eben ausschließlich daran, dass in Mecklenburg-Vorpommern fast 20 % der abgegebenen gültigen Stimmen für die Sitzverteilung unberücksichtigt bleiben, im Saarland knapp 4 %.

Das oben dargestellte System würde übrigens - bezogen auf die Bundestagswahl 2002 unter Berücksichtigung der Direktmandate und aufgrund einer Verteilung der Sitze auf die Lander im Verhältnis der Zahl der Deutschen nach Hare-Niemeyer - folgende Sitzverteilung ergeben:

SPD 243
CDU 184
CSU 56
Grüne 49-50
FDP 42-43
PDS 23

Ob die Grünen oder die FDP ein Mandat mehr erhalten hätten, hängt davon ab, ob bei der Verteilung der Landessitze Parteien berücksichtigt werden, die im Land zwar unter 5 %, im Bund darüber erhalten haben, oder nicht.
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Norddeutscher
Veröffentlicht am Freitag, 14. Januar 2005 - 00:14 Uhr:   

@ Kai

Es hätte also (im Groben gesehen) lediglich die PDS zulasten aller übrigen Parteien bevorzugt, aber entgegen Mörsbergs Annahme die FDP nicht benachteiligt (das Abschmelzen erfolgt ja im Rahmen der Übrigen Parteien über 5%).
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Kai
Veröffentlicht am Freitag, 14. Januar 2005 - 00:28 Uhr:   

@Norddeutscher

So ist es.

Erstaunlicherweise (ich suche noch nach einer mathematischen Begründung, vielleicht ist es aber auch nur Zufall) würde die FDP, die nur in einem Land (Bayern) unter 5 % bleibt, gegenüber den Grünen, die in 5 Ländern (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen) unter 5 % lagen, benachteiligt, wenn Parteien, die bundesweit, aber nicht landesweit 5 % geschafft haben, von der Sitzverteilung auf Landesebene ausgenommen wären. (1 Sitz der Grünen Bremen ginge an die FDP Bayern, ferner würde die FDP Bayern einen Sitz zu Lasten der FDP Berlin gewinnen - bzw. rückwärts).

Grundsätzlich ist mir aber der theoretische Unterbau des Wahlrechts wichtiger als die praktischen Ergebnisse.
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Norddeutscher
Veröffentlicht am Freitag, 14. Januar 2005 - 12:25 Uhr:   

@Kai

Das ist doch klar, die FDP erhält in Bayern (wenn die 5%-Hürde nur auf Bundesebene gilt) mehrere volle Hare-Quoten. Die Grünen in den (deutlich kleineren) Ostländern regelmäßig nicht. Daß die nicht auf Landesebene verwerteten Stimmen auf die Bundesebene transferiert gleicht das nicht aus, weil sie dort deutlich wenier wert sind (in der "Restverteilung" werden mehr Stimmen pro Sitz benötigt, als bei der Erstverteilung auf Länderebene, wenn ich mich nicht verrechnet habe).
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Mörsberg
Veröffentlicht am Freitag, 14. Januar 2005 - 17:22 Uhr:   

> Es hätte also (im Groben gesehen) lediglich die PDS zulasten aller
> übrigen Parteien bevorzugt,
aber nur, weil es die Fünfprozenthürde gibt.

> aber entgegen Mörsbergs Annahme die FDP
> nicht benachteiligt (das Abschmelzen erfolgt ja im Rahmen der
> Übrigen Parteien über 5%).
Das liegt daran, dass die 16 deutschen Bundesländer erheblich größer sind als die 50 spanischen Provinzen. So wäre die FDP natürlich fast überall vertreten. Bei kleineren Distrikten hingegen nicht.

Dass die Sperrklausel, noch dazu in dieser Höhe, das Hauptproblem ist, sehe ich im übrigen genauso.
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Kai
Veröffentlicht am Freitag, 14. Januar 2005 - 22:16 Uhr:   

Korrektur meiner Berechnung:

Gerade ist mir aufgefallen, dass mir bei der Berechnung auf der Grundlage, dass Grüne und FDP in allen Bundsländern an der Erstverteilung teilnehmen der Fehler unterlaufen ist, dass ich diese Stimmen (also FDP-Stimmen in Bayern und Grüne-Stimmen in den neuen Ländern) nicht bei der Berechnung der Hare-Quota berücksichtigt habe. Daher verändert sich die Verteilung doch etwas stärker:

SPD: 240
CDU: 183
CSU: 54
Grüne: 52
FDP: 45
PDS: 24

Die Mandate fallen wie folgt auf die Länder:
SPDUnionGrüneFDPPDS
BW2633961
BY2454741
BE96323
BR104113
HB21100
HH63210
HE1716540
MV54012
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240237524524


Restmandate gibt es wie folgt:
SPD 1 (Bayern)
CDU 5 (Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen)
CSU 1
Grüne 8 (Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt, Thüringen)
FDP 7 (Berlin, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein)
PDS 7 (Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt)

Eine volle Hare-Quota schaffen die Grünen trotz Scheiterns an der 5-%-Hürde nur in Sachsen; die FDP hat in Bayern alle 4 Sitze bereits nach der Erstverteilung erlangt.

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