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CDU-Thüringen will Wahlsystem mit off...

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Slow
Veröffentlicht am Freitag, 22. Oktober 2004 - 18:33 Uhr:   

Die CDU Thüringen hat angekündigt das Thüringer Wahlsystem zu optimieren. In ihrem Leitantrag schreibt sie dazu:

"Wir bekennen uns klar zur repräsentativen parlamentarischen Demokratie. Politik lebt von Verantwortung. Wir sind bereit, die uns von den Wählern übertragene Verantwortung wahr zu nehmen und unseren Freistaat im Interesse unserer Bürger zu gestalten. Zur Stärkung der repräsentativen Demokratie setzt sich die CDU Thüringen für eine Optimierung unseres Wahlsystems ein.
Es wird geprüft, ob bei Landtagswahlen, ähnlich wie in Bayern, eine personalisierte Verhältniswahl mit offenen Listen eingeführt werden sollte. Der Wähler könnte damit neben der Wahlkreisstimme auch seine Landeslistenstimme direkt einem der Kandidaten auf der Liste geben. Die Entscheidung darüber, welche Listenkandidaten in den Landtag nachrücken, läge somit, wie bei der Kommunalwahl bereits erfolgreich praktiziert, beim Wähler und nicht bei den Parteien allein. Die Landtagsfraktion wird bei positiver Entscheidung bis Ende 2007 hierzu einen Gesetzesvorschlag einbringen."

Die Reaktionen auf diese Ankündigung waren größtenteils positiv. Die CDU hofft mit ihrem Vorstoß wieder mehr Leute zum Wählen zu bewegen. Aber es gab auch negativ Reaktionen. So kritisierten manche Journalisten den Vorschlag als nicht praktikabel, die Wahlzettel würden viel zu groß und unübersichtlich, in Bayern würde das System nur funktionieren weil man in Bezirken wählt und man könne nicht ernsthaft erwarten, dass die Bürger sich über hunderte von Landtagskandidaten informieren würden.

Was sagt ihr? Sind offene Listen ein anstrebbares Ziel? Was spricht dafür, was spricht dagegen? Wie könnte man ein solches Verfahren praktikabel gestalten? Wie würdet ihr das Thüringer Wahlverfahren optimieren?
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uwe s.
Veröffentlicht am Freitag, 22. Oktober 2004 - 21:27 Uhr:   

Thüringen ist doch auch nicht größer als der Bezirk Oberbayern.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Samstag, 23. Oktober 2004 - 14:15 Uhr:   

"Die Reaktionen auf diese Ankündigung waren größtenteils positiv. Die CDU hofft mit ihrem Vorstoß wieder mehr Leute zum Wählen zu bewegen."

Das wird nicht geschehen. Mit den Personen kennen sich sowieso nur Wähler aus, die ohnehin regelmäßig wählen gehen. Die Wahlbeteiligung in Bayern ist auch nicht gerade berauschend.

"Aber es gab auch negativ Reaktionen. So kritisierten manche Journalisten den Vorschlag als nicht praktikabel, die Wahlzettel würden viel zu groß und unübersichtlich"
88 Abgeordnete sind für Thüringen zu viel, im größeren (und reicheren)Schleswig-Holstein sind es ab Februar regulär nur 69. Da sollte man sowieso runtergehen, 65 wäre eine vernünftige Größe.

Insgesamt ist die Idee nicht schlecht, nur sollte ein Kandidat schon ein Quorum erreichen müssen, um über Präferenzstimmen gewählt zu werden. Bayern ist nicht unbedingt ein Vorbild. Der Einfluß der Wähler ist nicht so groß wie es scheint. Wer bei der CSU Stimmkreisbewerber wird, ist damit so gut wie gewählt (selbst wenn er seinen Stimmkreis nicht direkt gewinnen sollte).

Ein vernünftiges Verfahren kömnnte m.E. so aussehen:
-65 Sitze insgesamt, werden unter een Parteien mit mehr als 5% proportional verteilt
-25 Wahlkreise (mit ca. 100000 Einwohnern), wo jeweils zwei Abgeordnete nach d'Hondt direkt gewählt werden. Dabei werden nur Parteien berücksichtigt, die mindestens 5% der Stimmen im Land haben
- Jede Partei stellt im Wahlkreis zwei Bewerber auf.
-Der Wähler hat eine Stimme, die er einem Bewerber gibt. Erhält eine Partei im Wahlkreis einen Sitz, ist der mit den meisten Stimmen gewählt, wenn ihr zwei zustehen beide.
- Die der Partei über die Direktsitze hinaus noch zustehen Sitze werden auf die Wahlkreise verteilt, die sie bei Zuweisung eines zusätzlichen Mandates den höchsten durchschnittlichen Stimmenanteil pro Bewerber hätte (also Stimmenanteil/(Direktmandate+1)).

Eine Landesliste gibt es nicht und die Auswahl ist klein, dafür ist aber die Chance hoch, die personelle Zusammensetzung tatsächlich zu beeinflussen. Die ist in Bayern recht klein, vor allem wenn man wie meisten das Wahlrecht nicht durchschaut.
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Samstag, 23. Oktober 2004 - 21:10 Uhr:   

Dummerweise paßt eine Wahlkreisstimme und eine personalisierte Landeslistenstimme nicht richtig zusammen und die personelle Wirkung der Landesstimme wird durch die Wahlkreisstimme weitgehend neutralisiert.


Zum Vorschlag von Thomas Frings:
Schöner Vorschlag:
Wie sieht die Behandlung von Überhangmandaten aus?
Was ist wenn eine Partei nicht 2 Kandidaten aufstellt?
2 Kandidaten pro WK reicht nicht unbedingt (OK bei 77% Partei, aber es soll ja auch noch Platz für Nachrücker geben.)

Um die 5% Hürde nicht zu hoch zu setzen muß eine Partei schon mind 25 Kandidaten aufstellen.
Im Prinzip Verhältniswahl verbundener (kleiner) Wahlkreislisten mit Unterverteilung nach d'Hondt.
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Harry
Veröffentlicht am Sonntag, 24. Oktober 2004 - 00:05 Uhr:   

Es müsste aber reichen, wenn eine Partei drei Kandidaten pro Wahlkreis
aufstellt. Denn es ist nicht zu erwarten dass in einem Wahlkreis Abgeortnete einer Partei während einer Amtsperiode mehrfach das Mandat niederlegen.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Sonntag, 24. Oktober 2004 - 13:31 Uhr:   

@Martin
"Wie sieht die Behandlung von Überhangmandaten aus?"

Da wäre die Streichung überzähliger Mandate vorteilhaft, da das Zweierwahlkreise meistens die zweitstärksten Partei begünstigen und es so gerade im Osten zu vielen Ausgleichsmandaten kommen kann (in Thüringen wäre das Verhältnis der Direktmandate dieses Jahr ca. 28CDU: 22PDS gewesen und es hätte 1-3 Überhangmandate für die PDS gegeben). Gestrichen werden sollten Direktmandate nach mit dem geringsten Stimmenanteil pro Mandat. Da es Überhangmandate nicht in sehr großer Anzahl geben würde, ist das kein so gravierender Eingriff.

"Was ist wenn eine Partei nicht 2 Kandidaten aufstellt?"
Dann kann sie keinen gültigen Wahlvorschlag einreichen. Für Parteien, die Chancen haben, 5% zu kriegen, dürfte das kein allzu großes Problem darstellen, außer vielleicht für Rechtsradikale. Und wenn es die schwerer haben, ist das doch ein nicht unerwünschter Nebeneffekt.

"2 Kandidaten pro WK reicht nicht unbedingt"

Ja, aber das ist äußerst unwahrscheinlich. Daß eine Partei mehr als 50 Sitze im Land bekommt ist so gut wie ausgeschlossen. Für den Fall kann man vorsehen, daß wenn eine maximal 45 Sitze bekommen kann und der Landtag dann so lange verkleinert wird bis eine d'Hondt oder Saine-Lague-konforme Sitzverteilung rauskommt. So sind dann auch noch ein paar Nachrücker da. Aber um auf 45 Sitze zu kommen, braucht man schon ein gutes CSU-Ergebnis.
Wenn einer Partei in einzelnen Wahlkreisen rechnerisch drei Mandate zustehen (was ebenfalls sehr unwahrscheinlich ist), wird das Mandat halt auf einen anderen Wahlkreis übertragen.
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Frank Schmidt
Veröffentlicht am Sonntag, 24. Oktober 2004 - 23:24 Uhr:   

Angenommen, von 65 Sitzen erhält die CDU 34, PDS 20 und SPD 11. Die PDS bekäme dann 2 Sitze aus den Wahlkreisen abgezogen. Würden dann diese Sitze an die nächst-berechtigte Partei (wohl wieder die CDU) vergeben? Dann wäre das Verhältnis 30CDU:20PDS, und es gäbe immer noch einige CDU-Sitze sowie alle SPD-Sitze zu vergeben. Die CDU-Sitze würden dann auf CDU-PDS-Wahlkreise entfallen. Und vielleicht kommt in so einem Wahlkreis dann noch ein SPD-Sitz dazu. In Doppel-CDU-Wahlkreisen dagegen ist die SPD teilweise zu schwach und sie würden dann nur von ihren beiden CDU-Abgeordneten vertreten. Wenn auch noch FDP und Grüne mit je 3 Sitzen mitmischen würden, würde das Problem noch größer.

Wenn man schon eine Variante des BaWue-Wahlrechts durchziehen will, würde ich würde für 13 Vierer-Wahlkreise plädieren. Da würden etwa genausoviele Kandidaten am Anfang aufgestellt wie in der Zweier-Version, aber es gibt mehr Wahlfreiheit auch für CDU-Wähler, und die Probleme mit stark und schwach vertretenen Wahlkreisen wären geringer.

Noch besser fände ich natürlich 13 verbundene Wahlkreise, von denen dann die meisten durch 5 Abgeordnete vertreten sein würden, mit Ausnahmen nur bei Wahlkreisen mit besonders vielen und besonders wenigen Wählern.
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neuer
Veröffentlicht am Sonntag, 07. November 2004 - 00:48 Uhr:   

Ich würde Single tranferable vote vorziehen. allerdings sollte man dann nationale Verhältnisausgleiche (bzw. Landesweite) einführen. Nur wie?

BSP: NRW:
150 Abgeordnete
10 Wahlkreise (abweichung höchstens 10.000 Wahlberechtigte vom Durchschnitt; Neueinteilung ab 10% Abweichung vom durchschnitt)
à 10 Abgeordnete.
Gewählt nach STV. Abhängige und Unabhängige Kandidaten gleichberechtigt bei der Wahl, aufstellung eines (oder mehrerer) Kandidaten durch Parteien oder Einzelbewerber mit 500 Unterschriften.

Wie könnte man dort einen Landesweiten Verhältnisausgleich schaffen? Angenommen Überhangmandate und Landesliste für Ausgleichsmandate sind erwünscht.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Sonntag, 07. November 2004 - 13:17 Uhr:   

Bei 10er-Wahlkreisen ist die Auszählung sehr aufwändig. Zudem ist zu fürchten, daß viele nur wenige prominentere Kandidaten reihen und die letzten Plätze mit weit weniger als der Droop-Quota besetzt werden. Das dürfte zu einer systematischen Benachteiligung großer Parteien führen.

150 Sitze scheinen mir für Thüringen weit überdimensioniert. Technisch wäre ein Verhältnisausgleich aber kein Problem: Man nimmt die Erstpräferenzen, verteilt die Sitze danach proportional und zieht die gewonnen STV-Mandate ab.
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neuer
Veröffentlicht am Montag, 08. November 2004 - 23:30 Uhr:   

Schon, die Idee ist mir natürlich auch schon gekommen. Nur gibt es ja auch unabhängige Kandidaten.
Ein Wähler würde die Verhältnisstimme an einen solchen Kandidaten verschwenden, wenn er ihn mit der Erstpräferenz wählt. Auch die höchste Präferenz die an eine Partei geht als Verhältnisstimme zu nehmen ist keine Lösung: Eine Partei ruft dazu auf viele (formel) unabhängige Kandidaten zu wählen, die in wirklichkeit der Partei zugetahen sind, und erst dann ihren Offziellen Kandidaten!

Was würdest du davon halten die obersten 8 oder 10 Präferenzen als Maßstab zu nehmen? An jeden dem man eine der ersten 8 bzw. 10 Präferenzen gibt, an dessen Partei geht auch jeweils eine Parteistimme. Geht eine Präferenz an einen unabhängigen Kandidaten, so verfällt diese Stimme.

Übrigens habe ich eigentlich von NRW (Nordrhein-Westfahlen) geredet.
In Thüringen wären weniger tatsächlich eher angebracht.

Auch kleinere Wahlkreise sind natürlich möglich.
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neuer
Veröffentlicht am Montag, 08. November 2004 - 23:32 Uhr:   

Die benachteiligung größer Parteien würde über den Verhältnisausgleich behoben werden!
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Norddeutscher
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Sonntag, 07. September 2008 - 02:48 Uhr:   

@Slow: "Die CDU Thüringen hat angekündigt das Thüringer Wahlsystem zu optimieren. In ihrem Leitantrag schreibt sie dazu:"

Das ist nun fast vier Jahre her. Im nächsten Jahr sind wieder Landtagswahlen und die CDU hat die absolute Mehrheit. Hat sie nun eigentlich was am Wahlgesetz getan?
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Ratinger Linke
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Freitag, 11. Juni 2010 - 04:16 Uhr:   

Nach Überfliegen der Plenarprotokolle scheint das nichtmal die Opposition irgendwie bei den Debatten zum Kommunalwahlrecht oder sonstwo angesprochen zu haben. Das Landtagswahlrecht ist ohne Debatte geändert worden (nur Wahlkreisänderungen).

Beschlossen worden ist das aber offenbar schon.

Kontrastierende Äußerung von Mike Mohring am 2008-05-08:

"Aber wir stellen auch andere Regelungen in diesem Gesetz neu auf den Prüfstand und schlagen Änderungen vor, weil wir gemerkt haben, dass bei vielen Wahlen, vor allen Dingen auf kommunaler Ebene, der Anteil an ungültigen Stimmen rapide zugenommen hat. Deshalb schlagen wir Regelungen vor, die vielleicht das Wählen so einfacher gestalten, auch den Wahlvorständen ein paar Regelungen an die Hand geben, die dafür Sorge tragen, dass wir einen höheren Anteil der gültigen Stimmen generieren können, damit es eine höhere demokratische Legitimation geben wird."

@uwe s.:

Oberbayern hat (ohne Überhang) 58 Sitze, und auch das ist für offene Listen schon viel zu groß. An einer Unterteilung in irgendeiner Art führt da kein sinnvoller Weg vorbei.

@Thomas Frings:

Dieses Wahlsystem wäre für die frühere Situation mit 3 relativ großen Parteien halbwegs angemessen, aber bei den kleineren Parteien bleiben damit ganze (strukturell ähnliche) Regionen unberücksichtigt, oder man erzwingt Kandidaturtourismus.

Zu STV:

Verhältnisausgleich nach Erstpräferenzen unterscheidet sich nicht so wesentlich von einer völlig unabhängigen Parteistimme, solang die bevorzugte Partei einen aussichtslosen Kandidaten hat, dem man die Erstpräferenz (ansonsten wirkungslos) geben kann. Beides führt zu groben wahltaktischen Problemen und potenziell zu massivem Überhang.

Am ehesten käme noch eine Parteistimmenvergabe nach Borda oder so ähnlich in Frage. Letztlich widersprechen sich aber STV und Verhältniswahl. Wenn man einem Kandidaten eine höhere Präferenz gibt, muss man auch das Risiko tragen, mit ihm auch seine Partei (anteilig) zu wählen. Für die hinteren (nicht vergebenen) Präferenzen könnte man Reststimmen auf eine Landesliste übertragen (mit der Frage, ob man dann die Quote entsprechend unangepasst lässt), aber das läuft in der Praxis im Wesentlichen auf listeninternes STV raus, das man auch einfacher haben könnte.

@neuer:

STV (mit Droopquote) bevorzugt große Parteien.

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