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Verhältniswahl / Listenwahl erfordert...

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Doc
Veröffentlicht am Dienstag, 06. Juli 2004 - 14:53 Uhr:   

In den Kassenärztlichen Vereinigungen werden nach dem Gesundheitssystem-Modernisierungsgesetz die Vertreterversammlungen nach einem neuen Modus gewählt. Statt einer Persönlichkeitswahl wie früher (die Kandidaten mit den höchsten Stimmenzahlen rückten ein, unabhängig von der Wahlliste) gibt es jetzt ein geschlossenes Listenwahlrecht mit fester Reihenfolge der Kandidaten auf der Liste. In unserer KV gibt es inzwischen 13 Listen, die mit ausgelosten Listennummern auf die Wahlscheine kommen sollen, nicht aber mit ihrem selbstgegebenen Listennamen. Daraus resultiert meine Frage:
Widerspricht es nicht dem Listenwahlrecht, wenn die Namen der Listen gar nicht auf dem Stimmzettel erscheinen dürfen, sondern nur die Listennummer und die Namen aller Kandidaten ? Gibt es dazu Literatur ? Wer kennt sich in dem Thema aus ? Fundstellen aus einem Kommentar ?

Das Verfahren ist etwa so, als erschienen bei einer Bundestagswahl nur die Nummern der Parteien und die Kandidaten, nicht aber der Name der Partei. Kann das rechtmäßig sein ?
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c07
Veröffentlicht am Mittwoch, 07. Juli 2004 - 03:15 Uhr:   

Die Frage ist, was der Sinn der Listen sein soll. Wenn die Listenwahl dazu dienen soll, das Angebot an Kandidaten für die Wähler überschaubar zu machen oder aus sonstigen Gründen absichtlich zu gliedern, ist es natürlich sinnlos, sie nur als Summe ihrer Kandidaten ohne eigene Identität zu betrachten.

Andererseits können Listen auch als primär technisches Instrument sinnvoll sein, wenn trotzdem die Personen im Vordergrund stehen sollen. Eine Personenwahl nach relativer Mehrheit führt nämlich insbesondere bei großer Kandidatenzahl zu ziemlich zufälligen Ergebnissen, die man mit Listen zumindest in halbwegs geregelte Bahnen lenken kann. Wie sinnvoll das ist, hängt recht stark von der Zahl der Sitze, der Zahl der Kandidaten, dem Verhältnis daraus und der relativen Stärke der einzelnen Listen ab.

Allerdings ist die Geschlossenheit der Listen eher ein Indiz, dass eben keine Personenwahl erwünscht ist. Gerade bei Wahlen in relativ kleinem Kreis kann man die technischen Probleme einer Personenwahl u.U. auch sinnvoller durch ein grundsätzlich besseres Verfahren wie STV lösen.
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Martin Jurgeit
Veröffentlicht am Mittwoch, 07. Juli 2004 - 09:49 Uhr:   

In dem Zusammenhang würde mich interssieren, wie die Stimmzettel in Frankreich eigentlich aussehen. Mir ist aufgefallen, dass bei (amtlichen) Zusammenstellungen der Europawahlergebnisse, die Listen zumindest teilweise nur nach dem jeweiligen Spitzenkandidaten benannt waren. Sogar in manchen Zeitungen wurde immer wieder die Parteizugehörigkeit weggelassen.
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Doc
Veröffentlicht am Mittwoch, 07. Juli 2004 - 15:33 Uhr:   

Der Sinn der Listen ...

Der Gesetzgeber hat uns das Listenwahlrecht ins SGB geschrieben. Die Listen haben Programme, die teils gleiche, teils gegensätzliche Ziele beschreiben. Der Wähler entscheidet sich nach dem Wahlprogramm und natürlich auch, welche Kandidaten er kennt und persönlich in der VV haben möchte. Aber es ist im Gesetz ausdrücklich die Listenwahl gefordert.
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c07
Veröffentlicht am Mittwoch, 07. Juli 2004 - 16:44 Uhr:   

Ich hab mal nach der Begründung gesucht. In der Bundestagsdrucksache 15/1525 (PDF, 1,1 MB) heißt es:

"Bislang ist es den Kassenärztlichen Vereinigungen überlassen, ob sie nach dem Verhältnis- oder Mehrheitswahlrecht ihre Selbstverwaltungsorgane wählen. Da beim Mehrheitswahlrecht Minderheitsgruppen im verbandspolitischen Geschehen unterrepräsentiert bleiben können, wird verbindlich das Verhältniswahlrecht eingeführt. Damit werden maßgeblichen Interessengruppen Möglichkeiten eingeräumt, mit Vertretern auch in der nunmehr verkleinerten Vertreterversammlung repräsentiert zu sein." (Seite 98 f)

Der neue Text lautet: "Die Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigungen wählen in unmittelbarer und geheimer Wahl die Mitglieder der Vertreterversammlung. Die Wahlen erfolgen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl auf Grund von Listen- und Einzelwahlvorschlägen. [...] Das Nähere [...] bestimmt die Satzung." (unverändert wie in der Drucksache beschlossen)

Das Problem muss also in der Satzung (oder deren Missachtung) liegen. Nachdem es ausdrücklich Intention war, Minderheitsgruppen zu repräsentieren, müssen die m.E. auch eindeutig identifizierbar sein. Also halt ich eine Listenkennzeichnung für zwingend geboten. Aber ich bin kein Jurist.
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c07
Veröffentlicht am Mittwoch, 07. Juli 2004 - 16:57 Uhr:   

Gerade fällt mir noch auf, dass die Änderung noch gar nicht gilt, sondern erst ab 1. Januar 2005. Außerdem steht nichts davon im Gesetz, dass die Listen geschlossen sein müssen oder dass die überhaupt existieren müssen. Es muss nur die Möglichkeit zu Listen geben.
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Doc
Veröffentlicht am Mittwoch, 07. Juli 2004 - 19:27 Uhr:   

Satzung: Die Satzung sagt nicht mehr als dies:
"Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl aufgrund von Listen und Einzelwahlvorschlägen unter Anwendung des Quotenverfahrens Hare/Niemeyer mit der Maßgabe, dass von den Listenvorschlägen die Kandidaten nach der Anzahl der auf die Liste entfallenden Stimmen in der Reihenfolge ihrer Benennung im Wahlvorschlag gewählt sind."

Obwohl die Änderung erst ab 1.1.05 gilt, muß die Wahl der ab 1.1.05 tätigen VV-Mitglieder schon in 2004 erfolgen. Nach Anweisung des Ministeriums schon nach meuem Recht.

Und weil die Satzung und die Wahlordnung dazu nichts sagen, gibt es zwei denkbare Alternativen:
1. Die Satzung sagt nichts über Listennamen, also gibt es keine Listennamen.
2. Die Satzung sagt nichts über Listennamen, also gilt allgemeines Recht. Und das war mein Anliegen: Ist irgendwo in der Wahlrechtsliteratur was zu finden, dass Listen Listennamen haben müssen ? Oder ist das vielleicht so selbstverständlich, dass das nirgendwo expressis verbis steht ?
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c07
Veröffentlicht am Mittwoch, 07. Juli 2004 - 22:45 Uhr:   

Normalerweise steht schon in den Wahlgesetzen ziemlich detailliert, was auf einem Stimmzettel stehen muss, z.B. im Bundeswahlgesetz für die Zweitstimme: "die Namen der Parteien und, sofern sie eine Kurzbezeichnung verwenden, auch diese, sowie die Namen der ersten fünf Bewerber der zugelassenen Landeslisten" (§ 30).

In Italien gibt es übrigens keine Listennamen, dafür aber ein Logo, das offenbar immer kreisförmig sein muss.
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Josef
Veröffentlicht am Mittwoch, 07. Juli 2004 - 23:24 Uhr:   

In den "normalen" Wahlordnungen ist normalerweise explizit festgelegt ist, dass eine Liste einen Namen und eine Kurzbezeichnung gibt.
Und dann gibt es allerlei Sonderregelungen, z.B.:
Maximallänge der Kurzbezeichnung.
Zum Teil kann eine Partei Zusätze in Namen weglassen, so dass z.B. die "Christlich-Soziale Union in Bayern e.V." nur als "Christlich-Soziale Union" auf dem Wahlzettel steht. (Wählertäuschung? ;-) )
In Rheinland-Pfalz gibt es keine gemeinsamen Wahlvorschläge, so dass z.B. in Mainz der (de facto) gemeinsame Wahlvorschlag von ödp und Freien Wählern als "ödp" antrat.
In Bayern ist es auch so, dass ein Zusatz wie "SPD/Unabhängige Bürger" als werbender Zusatz nicht zulässig ist. Das geht nur, wenn es ein gemeinsamer Wahlvorschlag der SPD und der Wählergruppe "Unabhängige Bürger" vorliegt (unabhängig davon, dass die SPD natürlich Nichtmitglieder aufstellen kann). Ist diese Wählergruppe nicht mitgliedschaftlich organisiert, so ist öffentlich einzuladen und jeder kann mitstimmen. (In einer Nachbargemeinde meiner früheren Heimat musste die Aufstellung wiederholt werden, weil nicht öffentlich eingeladen wurde)

Ob wir daraus folgern können, dass da, wo es KEINE Regelung über Listenbezeichung gibt, es auch KEINE Listenbezeichnung gibt, wage ich aber zu bezweifeln.
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Matthias Cantow
Veröffentlicht am Donnerstag, 08. Juli 2004 - 10:01 Uhr:   

@Doc
"Ist irgendwo in der Wahlrechtsliteratur was zu finden, dass Listen Listennamen haben müssen?"

Wohl nicht, Literatur und Rechtsprechung hatten ja nie das Problem, ob eine Liste einen Namen haben muss (da das bei den umstrittenen Wahlen stets vorgegeben war), sondern nur, wie die Liste benannt werden konnte oder durfte.
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Dr.Henatsch
Veröffentlicht am Sonntag, 12. September 2004 - 14:19 Uhr:   

Eine Frage: bei der Wahl zur Vertreterversammlung der KVNo liegt ein Stimmzettel vor, Größe DIN A 1, mit querverlaufenden Listen, in denen die Listenn und die dort aufgelisteten Namen der Kandidaten ( insgesamt >> als 600 ) kaum leserlich und ohne alphabetische oder sonstioge Logik angeordnetet sind.

Gibt es eine rechtliche Vorgabe, wie Listen und die darin enthaltenen Kandidaten dem Wähler "optiusch" kenntlich gemacht werden müssen? z.B. Einzelauflistung Name für Name untereinander..?

Christian H.
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Matthias Cantow
Veröffentlicht am Sonntag, 12. September 2004 - 14:56 Uhr:   

Gibt es eine rechtliche Vorgabe, wie Listen und die darin enthaltenen Kandidaten dem Wähler "optiusch" kenntlich gemacht werden müssen?

Wohl (wie oben) ebenso nicht, aber dass die Namen der Listen/Personen auch älteren Personen erkennbar sein müssen, versteht sich von selbst. Es kann aber sein, dass in anderen Rechtsgebieten schon einmal darüber entschieden wurde, ob z.B. eine 10-Punkte-Schriftgröße noch akzeptabel ist. Das müsste dann auf Stimmzettel übertragbar sein.

z.B. Einzelauflistung Name für Name untereinander..?

Das nicht. Da es wahrscheinlich um geschlossene Listen geht, ist eine Nennung aller Kandidaten auch nicht erforderlich (so wie bei den meisten politischen Wahlen) - es kommt also allein auf die Regelungen in der Satzung an.
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agon
Veröffentlicht am Dienstag, 14. September 2004 - 09:58 Uhr:   

Eine kleine Anmerkung (vielleicht etwas off-topic):

Auch historisch hat es in Deutschland einige Zeit gedauert, bis es die heute noch üblichen Wahlzettel gab.
Vor 1918 waren die meisten Wahlen Personenwahlen, bei den Reichstagswahlen z.B. gab es keine Wahlzettel, sondern jeder Wähler hatte auf einem Zettel den Namen und eine hinreichende Identifizierung (i.d.R. über die Adresse) seines Kandidaten anzugeben. Da dies bei handschriftlichen Angaben dazu führen konnte, daß Stimmen für Kandidaten - v.a. politisch unliebsamer Parteien - ungültig gewertet wurden (weil z.B. die Adresse nicht stimmte), gingen die Parteien dazu über, gedruckte Zettel mit den Angaben ihrer Kandidaten zu verteilen.

Nach der Einführung der Verhältniswahl 1918 wurde dieses Verfahren zunächst beibehalten und die Wähler gaben nun Zettel mit dem Kennwort ihrer Partei ab; diese Kennwörter waren häufig nicht die Parteibezeichnungen, sondern die Namen der Listenführer bzw. Kombinationen aus Partei- und Personennamen (z.B. "Deutschnational Mayer"). Dies führte z.B. bei den Reichstagswahlen 1920 dazu, daß Parteien, die nicht flächendeckend organisiert waren, in einigen Gebieten keine Stimmen erhielten, obwohl sie in Nachbargebieten durchaus stark waren, weil die Wähler offensichtlich nichts von ihrer Kandidatur wußten.

Erst bei den Reichstagswahlen 1924 wurde auf Reichsebene erstmals auf amtlichen Wahlzetteln abgestimmt, die die Parteibezeichnungen aufführten. Dabei gab es noch große regionale Unterschiede bzgl. Anordnung der einzelnen Vorschläge, Feld für die Kenntlichmachung, Angabe der einzelnen Kandidaten etc., die erst im Laufe der 20er Jahre vereinheitlicht wurden.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Dienstag, 14. September 2004 - 15:52 Uhr:   

"Vor 1918 waren die meisten Wahlen Personenwahlen, bei den Reichstagswahlen z.B. gab es keine Wahlzettel, sondern jeder Wähler hatte auf einem Zettel den Namen und eine hinreichende Identifizierung (i.d.R. über die Adresse) seines Kandidaten anzugeben."
Auch die Wahlzeit war recht Arbeiter- und Angestelltenunfreundlich (10 bis 17 oder 18 [weiß ich nicht mehr genau] Uhr, das fast immer werktags). Oft gab es auch gar keine Zettel. Im preußischen Dreiklassenwahlrecht, wo die Wahl als Versammlung zelebriert wurde, wurden zunächst die (Ur-)Wähler der dritten Klasse nacheinander aufgerufen und gaben ihr Votum vor der versammelten Wählerschaft zu Protokoll, war die Wahl der Wahlmänner der dritten Klasse abgeschlossen, hatte sie geschlossen den Abmarsch anzutreten. So erfuhren sie nicht, was die höheren Klassen wählten. Hatte die zweite Klasse gewählt, mußte sie auch abtreten und die erste Klasse blieb unter sich.

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