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Kreistagswahl Baden-Württemberg

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c07
Veröffentlicht am Mittwoch, 30. Juni 2004 - 00:56 Uhr:   

Bei Kreistagswahlen in Baden-Württemberg gibt es Wahlkreise, denen jeweils ein festes Sitzkontingent zugeordnet ist. Verteilt wird dann auch in den Wahlkreisen, und zwar nach d'Hondt. Außerdem gibt es einen landkreisweiten "Verhältnisausgleich" (bei d'Hondt muss man das in Anführungszeichen setzen), bei dem zusätzliche Mandate vergeben werden.

Die vielfache Parallelanwendung von d'Hondt in den Wahlkreisen verursacht große Fehler gegenüber einer Anwendung auf das Gesamtergebnis, weil d'Hondt umso verzerrender ist, je weniger Mandate zu verteilen sind. Also sind in der Regel massenhaft Ausgleichsmandate zu vergeben.

Das Problem ist nun, dass die Landkreisordnung in § 22 (6) die Zahl der zusätzlichen Mandate auf maximal 20% der Sollgröße limitiert. Die Begrenzung an sich ist ja noch einsichtig, aber es scheint völlig ungeregelt zu sein, wo dann Abstriche gemacht werden. Nach allgemeinem Brauch werden wohl zunächst die Überhangmandate bedient (obwohl dem Wortlaut nach keineswegs klar ist, dass sie Vorrang vor dem Verhältnis haben).

Nun scheint aber in der Praxis eine ziemlich abartige Konvention zu existieren, wer sonst Vorrang hat. Ich würd eigentlich erwarten, das höhere Höchstzahlen zuerst zugeteilt werden, aber dem scheint zumindest in Ludwigsburg nicht so zu sein.

Nach meiner Rechnung hat die CDU einen Überhang von 7 Sitzen, die Freien Wähler von 3. Es gibt zunächst 84 Sitze; das Maximum ist also 100, während man für einen vollständigen Ausgleich 103 Sitze bräuchte. Aus mir unerfindlichen Gründen werden die 3 überzähligen Sitze bei SPD (2) und Grünen (1) gestrichen. Die niedrigsten Höchstzahlen (abgesehen von den Überhangmandaten) haben aber SPD, FW und dann nochmal SPD. Dieses letzte Mandat der FW ist kein Überhangmandat mehr, sondern ein Ausgleichsmandat, das sie demnach nicht mehr erhalten dürften.

Weiß wer die formale Regel, wie das offizielle Ergebnis ermittelt wird? Ist das irgendwo niedergeschrieben oder nur persönliche Vorliebe der Wahlleiter?

Außerdem weiß ich auch nicht, was passiert, wenn schon allein die Überhangmandate die 20% überschreiten. Werden sie auch dann noch zugeteilt? Wenn nicht, müsste es ja eigentlich eine Regel geben, wessen Mandat konkret nicht zugeteilt wird.
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Mörsberg
Veröffentlicht am Mittwoch, 30. Juni 2004 - 13:37 Uhr:   

Ich vermute den Fehler bei der Darstellung auf dem KDRS-Server. Da werden nämlich nicht die gleichwertigen Stimmenzahlen angegeben, sondern die unbereinigten. Deswegen stehen die Grünen da bei 12,1%, wobei sie in den städtischen, eher großen Wahlkreisen etwas besser abschneiden. Nach gewichteten Stimmen, wie man sie beim Statistischen Landesamt findet, erreichen die Grünen 11,0%.
Ich kann §22, Abs. 6, Satz 6 der Landkreisordnung auch nicht anders interpretieren, als dass die Zuteilung der Ausgleichssitze in der Reihenfolge der d'Hondt-Höchstzahlen einfach abbricht, sobald das Sitzlimit erreicht ist.
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c07
Veröffentlicht am Mittwoch, 30. Juni 2004 - 14:34 Uhr:   

Tatsächlich. Aus mir heute unerfindlichen Gründen hab ich gedacht, die angegebenen Stimmen wären schon normiert.

Es wären damit eigentlich 102 Sitze für den kompletten Ausgleich nötig. Die 2 Sitze fehlen bei FW und SPD.
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Josef
Veröffentlicht am Mittwoch, 30. Juni 2004 - 22:37 Uhr:   

@c07:
Also, ich hab das BaWü-Gesetz jetzt nicht nochmal nachgelesen. Ich schreibe also nach dem, was ich in meinem Kopf abgespeichert habe.
Das ist also mein (bisheriges?) Verständnis der Sitzverteilung im Südwesten:
Nehmen wir als Beispiel einen Landkreis mit einer "Sollstärke" von 50 Kreisräten. (Ich "brauche" keine konkreten Zahlen, aber meine Erfahrung ist, dass sich Nicht-Mathematiker leichter tun, wenn da konkrete Zahlen stehen, auch wenn ich denke, dass das bei den Lesern dieses Forums nicht unbedingt notwendig ist).
1. Das Kreisgebiet ist in n Wahlkreise mit zusammen 50 Sitzen unterteilt. In diesen Wahlkreisen werden insgesamt 50 Sitze (nach d' Hondt in den Wahlkreisen). Diese Sitze sind sicher zugeteilt.
2. Nach dem Gesamtergebnis im Kreis werden 50 Sitze auf die Listen verteilt. Auch diese Sitze sind sicher zugeteilt - auch wenn sich in der "Summe" von 1. und 2. (Maximum der 1-Sitze und der 2-Sitze je Liste) mehr als die "Höchstzahl" von 60 Sitzen ergeben sollten.
3. Normalerweise differiert die Sitzverteilung nach 1. und nach 2. Es werden nun die Sitze nach dem Gesamtergebnis (2.) "proportional" (im d'Hondt-schen Sinne) weiter verteilt, bis der letzte Sitz nach 1. (also die Partei mit dem "letzten" Überhangmandat) erreicht ist. Und nur dieses (3.) Verteilungsverteilung ist mit 20% gedeckelt, also, es endet, wenn 60 Sitze verteilt sind.
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c07
Veröffentlicht am Donnerstag, 01. Juli 2004 - 02:06 Uhr:   

Wahrscheinlich ist das die Praxis, aber nach dem Wortlaut der Landkreisordnung gilt die Deckelung zweifelsfrei auch für Punkt 1 und 2, nur dass kein Verfahren angegeben ist, wie das konkret passieren sollte. Bei Punkt 2 wär aber klar, dass es auch die Höchstzahlen sind.

"Durch die Zuteilung von Sitzen nach Satz 1 bis 4 darf die Zahl der Kreisräte [...] nicht um mehr als 20 vom Hundert erhöht werden."

Satz 1 betrifft Punkt 1, Satz 2 und 3 Punkt 2 und Satz 4 Punkt 3 [dieser Satz ist ein schönes Beispiel für die Unzulänglichkeit unserer Schriftsprache - ich hoffe, er ist auch ohne Tabelle verstehbar]. Wenn nur Punkt 3 gemeint wär, hätte man das "Satz 4" statt "Satz 1 bis 4" schreiben müssen.
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Mörsberg
Veröffentlicht am Donnerstag, 01. Juli 2004 - 14:56 Uhr:   

> Satz 1 betrifft Punkt 1, Satz 2 und 3 Punkt 2 und Satz 4 Punkt 3
> [dieser Satz ist ein schönes Beispiel für die Unzulänglichkeit
> unserer Schriftsprache
Aber schön ist er trotzdem. Ich habe mir mal sagen lassen, das Georgische sei sehr geeignet, um mathematische oder logische Sachverhalte in Worten auszudrücken.
> Wenn nur Punkt 3 gemeint wär, hätte man das "Satz 4" statt "Satz 1
> bis 4" schreiben müssen.
Da ja Satz 1 bis 4 auch vorschreiben, in welcher Reihenfolge die Zuteilung der Sitze zu erfolgen hat, sie sind ja praktisch ein Ablaufplan, müsste im Zweifel das nach Satz 1 errungene Mandat Vorrang gegenüber einem nach Satz 2 und 3 errungenen Mandat haben. Wahlkreissitze hätten also oberste Priorität, nach dem Gesamtergebnis zustehende Sitze könnten aber auch abgeknabbert werden, sobald das Sitzlimit erreicht ist.

Warum sind die Juristen nie da, wenn man sie braucht!? Sobald eine eindeutige Antwort gefragt ist, tauchen die immer ab.
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c07
Veröffentlicht am Donnerstag, 01. Juli 2004 - 15:45 Uhr:   

Ja, die Prioritäten kann man schon rauslesen (wenn auch nicht ganz eindeutig). Demnach blieben die Wahlkreissitze immer erhalten, weil sie ja exakt der Sollsitzzahl entsprechen und damit das Limit nicht überschreiten können.
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Karl Napf
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 18. November 2011 - 16:31 Uhr:   

Folgende Frage: Eine Person P im Landkreis XY in BW ist bei der Kreistagswahl als Nachrücker für die Liste der Partei Z im Wahlkreis 1 gewählt worden. Nach der Wahl zieht Person P aus dem betreffenden Landkreis weg und zieht in einen anderen Landkreis in BW. Nach weniger als einem Jahr zieht die Person wieder in den selben Landkreis und den selben Wahlkreis 1 Kreistagswahl zurück. Nun scheidet eine Kreisrätin der Liste Partei Z im Wahlkreis 1 aus dem Kreistag aus. Rückt nun die Person P nach, obwohl Sie inzwischen einmal aus dem Landkreis weggezogen ist? oder hat die Person P durch den Wegzug aus dem Landkreis XY Ihren "Anspruch" auf das Nachrücken in den Kreistag XY endgültig verloren?
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 19. November 2011 - 08:41 Uhr:   

Dem Wortlaut nach seh ich keinen Hinderungsgrund für das Nachrücken, was aber nicht notwendigerweise heißt, dass da niemand ein Problem sehn würd. Leicht möglich, dass es dazu Präzedenzfälle oder auch Gerichtsentscheidungen gibt.

In Baden-Württemberg ist es jedenfalls eher unproblematischer als anderswo, weil es da eine Sonderklausel gibt, dass man sofort wahlberechtigt ist, wenn man nach weniger als 3 Jahren in den Landkreis zurückzieht. Andernfalls hat man ja eine mehr oder weniger lange Wartefrist, innerhalb von der man sicher nicht nachrücken könnte.

Dagegen spricht allerdings, dass auch der Fall nicht explizit geregelt ist, dass ein Nachrücker zur Zeit des Nachrückens nicht mehr wählbar ist. Dem Wortlaut nach müsste er dann als Kreisrat bestellt werden, und es wär nichtmal klar, dass er dann sofort wieder ausscheiden müsste, weil er ja nicht als Kreisrat die Wählbarkeit verloren hat (was die Bedingung in der Landkreisordnung ist), sondern schon vorher nicht mehr gehabt hat.

Dass das nicht der Sinn der Sache ist, ist hier völlig klar, während man beim Nachrücken nach vorübergehender Nichtwählbarkeit geteilter Ansicht sein kann. Meines Erachtens müsste es deshalb schon explizit gesetzlich geregelt sein, wenn eine Ersatzperson in so einem Fall ausscheiden sollte.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 19. November 2011 - 15:55 Uhr:   

Ich würde sagen, der Bewerber darf nicht nachrücken. Die Wählbarkeitsvoraussetzungen müssen für Abgeordnete ununterbrochen erfüllt sein. Fällt eine davon weg, verlieren sie ihren Sitz und können später nicht mehr nachrücken. Da kann für Nachrücker nichts anderes gelten.

Es ist auch nicht ausdrücklich geregelt, dass nicht (mehr) wählbare Personen nicht nachrücken dürfen. Das gilt übrigens auf fürs Landtagswahlgesetz und das Bundeswahlgesetz.
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Lars Tietjen
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 19. November 2011 - 22:26 Uhr:   

@Thomas Frings
Ich finde nicht, dass man aus dem Gesetz erkennen kann, dass der Bewerber nicht nachrücken sollte. Der Fall ist anders gelagert als wenn ein amtierendes Mitglied des Kreistages ausscheidet und muss deshalb nicht analog behandelt werden.

Bei nicht mehr wählbaren Personen war es sicherlich der Wille des Gesetzgebers und man kann die unklare Formulierung durch Auslegung sicherlich korrekt anwenden.

Im hier beschriebenen Fall würde ich es so sehen wie Ratinger Linke.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 20. November 2011 - 00:28 Uhr:   

@Thomas Frings:

Beim Bundestag stellt sich das Problem praktisch eh nur dann, wenn der Nachrücker gestorben ist. Fälle von vorübergehendem Verlust der Wählbarkeit sind da fast nicht möglich.

Im LWG BW ist die Sache zwar nicht völlig eindeutig geregelt, aber bei § 47 Abs. 1 LWG ist schon ziemlich klar, dass ein Verlust der Wählbarkeit (egal ob dauerhaft oder vorübergehend) auch für Nachrücker einen Mandatserwerb verhindert.

Dafür, dass der Verlust der Anwärterschaft generell für regelungsbedürftig gehalten wird, sprechen auch die teils extrem detailierten Regelungen im Fall eines Parteiverbots und neuerdings beim Ausscheiden aus der aufstellenden Partei bzw. bei neuer Parteimitgliedschaft. Im Kommunalwahlrecht von Baden-Württemberg ist das zwar (bisher) nicht drin, aber dafür ein Mandatsverlust bei versuchter Wahlfälschung und dergleichen, wo ziemlich klar ist, dass das auch auf Nachrücker anwendbar ist.

Es gibt auch Fälle, dass man ein Mandat nach Wegfall eines Hinderungsgrunds (etwa bei Senatoren) später wieder ausüben kann. Dass ein Verlust der Wählbarkeit dagegen endgültige Wirkung auf eine spätere Mandatausübung haben sollte, ist jedenfalls nicht per se klar. Ganz im Gegenteil bezieht sich das ja schon begrifflich nur auf den Zeitpunkt der Wahl, was auch in § 32 Abs. 2 KomWG explizit drinsteht. Dass ein späterer Verlust der Wählbarkeit überhaupt zum Mandatsverlust führt, liegt nur daran, dass es in § 25 Abs. 1 LKreisO so geregelt wird.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 23. November 2011 - 19:36 Uhr:   

"Dafür, dass der Verlust der Anwärterschaft generell für regelungsbedürftig gehalten wird, sprechen auch die teils extrem detailierten Regelungen im Fall eines Parteiverbots und neuerdings beim Ausscheiden aus der aufstellenden Partei bzw. bei neuer Parteimitgliedschaft."
Nein, das spricht nicht für eine Absicht einer umfassenden expliziten Regelung, sondern nur dafür, dass man das für weniger selbstverständlich hält. Der Verlust der Anwartschaft bei Ausscheiden aus der Partei steht obendrein im logischen Widerspruch dazu, dass ein Ausscheiden für die Feststellung des Ergebnisses rechtlich unerheblich ist.

(Beitrag nachträglich am 23., November. 2011 von frings editiert)

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