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passives Wahlrecht nach dem Wahltag

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René B.
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Montag, 13. Februar 2017 - 07:55 Uhr:   

Wer zum Stichtag einer Wahl 18 Jahre alt ist - in Ländern und kommunal auch 16 Jahre - besitzt das aktive Wahlrecht, heißt: 'darf wählen'. Ebenso verhält es sich beim passiven Wahlrecht, also dem Recht, gewählt werden zu dürfen. Jedoch ergibt sich daraus ein Unrecht für die folgenden Jahre.

Wer am Stichtag zur Bundestagswahl am 24.09.2017 beispielsweise 15 Jahre alt ist, wäre ab dem 24.09.2020 berechtigt, Abgeordnete/r im Dt. Bundestag zu sein. Durch die Diskrepanz zwischen Wahlzeitpunkt und Wahlalter ist dies jedoch nicht möglich. Die Folge ist, dass Bundestagsabgeordnete zum Ende der Wahlperiode mindestens 22 Jahre alt sind und die Spanne aller Wahlberechtigten deshalb nie gerecht im Parlament abgebildet sein kann.

Um es am Beispiel eines Gemeinderates mit 38 Mitgliedern in NRW festzumachen:
Zum Ende der bis 2020 andauernden Wahlperiode werden nur Ratsleute ab 24 in dem Gemeinderat sitzen, obschon unter den gedachten 38 Mitgliedern gemäß der aktuellen Bevölkerungspyramide der Bundesrepublik Deutschland dann eigentlich auch zwei Menschen zwischen 18 und 24 dem Kommunalparlament angehören sollten.

Die Frage ist: Wie man diese Ungerechtigkeit aufbrechen kann. Wichtig dabei erscheint mir zu erwähnen, dass die Ursache darin liegt, dass nur Menschen auf der so genannten Reserveliste aufgestllt werden dürfen, die zum Stichtag der Wahl bereits 18 Jahre alt sind - es geht also ganz besonders. um die Listenaufstellung.
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Good Entity
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 14. Februar 2017 - 18:38 Uhr:   

Ich sehe da keine Ungerechtigkeit. Auch beim aktiven Wahlrecht haben diejenigen Pech, die erst kurz nach dem Stichtag zur Wahl volljährig (oder 16 oder was auch immer) werden. Sie können dann erst vier oder fünf Jahre später mit 22 oder 23 Jahren das erste mal wählen.

Und in dem fiktiven Gemeinderat in Nordrhein-Westfalen werden am Ende der 2020 noch andauernden Wahlperiode auch nur sehr vereinzelt und selten Ratsleute im Alter von mehr als 80 Jahren sitzen, obschon unter den gedachten 38 Mitgliedern gemäß der aktuellen Bevölkerungspyramide drei und bald noch mehr Menschen im Alter von mehr als 80 Jahren dem Kommunalparlament angehören sollten. Die Spanne der Wahlberechtigten wird auch aus diesem Grunde nicht gerecht repräsentiert.
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Jan W.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 15. Februar 2017 - 17:05 Uhr:   

Vor vergleichbaren Problemen stehen übrigens auch Menschen, die kurz nach der Wahl eingebürgert werden, oder Menschen, bei denen die Aberkennung des Wahlrechts aufgrund einer Straftat ausläuft.

Ich sehe zweierlei Möglichkeiten, die zu heilen, die ich allerdings auch problematisch finde:
1. Nachrückfähigkeit für noch nicht passiv Wahlberechtigte: hier wird die Listenaufstellung zur Zockerbude. Wird man zu gut platziert, zieht der Platz am Wahltag oder der Nachrückfall tritt vor Erreichen des passiven Wahlrechts ein, sodass die Anwartschaft verfallen würde. Wird man zu schlecht platziert, zieht der Platz bis zum Ende der Wahlperiode gar nicht mehr.
Ein Nicht-Verfallen der Anwartschaft würde zu einem Pfropfen von Pseudo-Nachrückern führen.
Unterm Strich dürften vor allem amtsmüde Bürgermeister bei entkoppelten Ratsperioden so den Weg in den Rat zurück suchen.
2. Erstwählernachwahlen: Angenommen für ein Ratsmandat reichen 10.000 Stimmen aus oder die Zahl der Wahlberechtigten geteilt durch die Zahl der Mandate beträgt 10000. Dann könnte man jeweils in Monatskohorten den Neu-Wahlberechtigten Briefwahlunterlagen zuschicken und die Rückläufer auszählen. Dann könnte man, sobald ein Wahlvorschlag 10.000 Stimmen oder ein vielfaches davon zusammen hat, ein zusätzliches Mandat erteilen.
Ja, das muss so seltsam sein, damit man den Erstwählern kein Mehrheitswahlrecht präsentiert.
Aber auch so pfuscht man massiv in die Prinzipien von Überhang- und Ausgleichsmandaten hinein. Wenn eine Partei um ein Mandat überhängt und dadurch zusätzlich zwei Ausgleichsmandate produziert und ein Erstwählerzusatzmandat gewinnt, würde sie "nullhängend" und der Wähler hätte eigentlich nur zwei anderen Parteien die Mandate genommen, die theoretisch sogar Koalitionspartner sein können.
Übrigens ist das auch systemwidrig: schließlich werden auch keine Mandate der Letztwähler gelöscht, weil diese aufgrund des Wahlgeheimnisses nicht feststellbar sind.
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Good Entity
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Mittwoch, 15. Februar 2017 - 23:39 Uhr:   

Stimmt, @Jan W., die Neubürger sind dann ja auch benachteiligt. Da nutzt dann auch keine Nachrückerliste etwas, denn wer weiß schon vorher, dass er in vier Jahren in Deutschland eingebürgert werden könnte?

Tatsächlich könnte man die Probleme ein bisschen reduzieren, wenn man entgegen dem Trend die Wahlperioden verkürzt statt sie zu verlängern. Wären es nur drei statt vier oder fünf Jahre, wären die benachteiligten knappen Erstwähler maximal 21 Jahre, bis sie zum ersten Mal wählen dürfen.

Grundsätzlich denkbar wäre auch die Übertragung eines ganz anderen Modells. Es gibt Wahlverfahren, bei denen jährlich oder zweijährlich jeweils ein Drittel der Abgeordneten oder anderer Repräsentanten neu zu wählen ist, siehe USA. Das Ziel ist dabei, eine gewisse Kontinuität und Erfahrung in ein Gremium zu bekommen, in dem zwei Drittel des Gremiums unverändert bleibt und nur ein Drittel von Neulingen gebildet wird. Zugleich gibt es häufiger Wechsel der Zusammensetzung, es gibt also trotz der Kontinuität häufig frischen Wind und vor allem andere Mehrheitskonstellationen, um Verkrustungen aufzubrechen.

Man könnte dieses System nehmen und jedes Jahr ein anderes Drittel der Wahlberechtigten wählen lassen, also beispielsweise 2017 die Jahrgänge 1998, 1995, 1992 etc., dann 2018 die Jahrgänge 1999, 1996, 1993 etc usw.

Natürlich wäre auch ein entsprechender Vierjahres-, Fünfjahres- oder sonstiger Modus möglich. Die Wahlkreise müssten deutlich größer sein, wenn man das sonstige System beibehalten und die Zahl der Abgeordneten in der gleichen Größe halten möchte. Das Auszählen ginge jeweils schneller, aber müsste eben öfter stattfinden.

Der Vorteil einer solchen Vorgehensweise wäre natürlich, dass die Zusammensetzung eines Parlaments sehr viel weniger von der zufälligen Stimmenschwankung an einem Wahltag abhängen würde, die Manipulationsmöglichkeiten sind entsprechend geringer. Als Nachteil hätte man nicht einen heftigen Wahlkampf, sondern kontinuierlich immer so ein bisschen davon.
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Stefan Grabert
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 16. Februar 2017 - 08:24 Uhr:   

Moin, lieber Good Entity,
mir erscheint das ein bisschen viel Aufwand. Und das wichtigste Argument dagegen scheint mir in Ihrem letzten Satz zu stecken.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 19. Februar 2017 - 17:09 Uhr:   

In den Niederlanden ist es tatsächlich möglich, als Minderjähriger zu kandidieren, sofern man irgendwann in der kommenden Wahlperiode 18 Jahre alt wird. Sollte so jemand gewählt werden, könnte er sein Mandat nicht antreten, aber nachrücken, wenn er 18 ist und ein Platz frei wird. In der Praxis spielt das aber keine Rolle. Noch nie ist ein Minderjähriger in die Erste oder Zweite Kammer gewählt worden. Fast alle Abgeordneten sind zwischen Mitte 30 und Mitte 60.

Bei Gemeinderatswahlen werden zwar tatsächlich ganz vereinzelt auch Minderjährige aufgestellt, mir ist aber nur ein Fall bekannt, dass eine Minderjährige gewählt wurde, 2002 in Oss. Gewählt wurde sie wahrscheinlich auch nur wegen des sehr bekannten Vaters.

(Beitrag nachträglich am 19., Februar. 2017 von frings editiert)

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