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Ganz anderes Wahlrecht

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1-25Stephan Glutsch25 03.09.02, 23:49h 
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Ralf Henrichs
Veröffentlicht am Mittwoch, 04. September 2002 - 09:23 Uhr:   

@ Stoiber,

das merk ich mir: Edmund ist primitiv! Und das von einem Stoiber-Fan. Wirklich witzig.

@ Stephan,

1. Dafür haben wir ja jetzt das Zuwanderungsgesetz.
2. a) Wenn das so richtig und schlimm ist, warum werden dann die Regierungen der Geberländer immer wieder gewählt?
2. b) Mir ist kein Intellektueller bekannt, der auf eine Zerstörung des Kapitalimus hingearbeitet hätte (allerdings schon Veränderung). "Die Intellektuellen" schon gar nicht. Im übrigen wäre dies demokratisch. Die Verfassung schützt den Kapitalismus nicht.
2. c) Was meinst Du mit "haften"? Wie stellst Du Dir das überhaupt vor?

3. "Kritik, Hinweise, Anregungen?"
Blödsinn.
Ok, will ich auf diesen Unsinn (vorsichtig formuliert) doch mal mit zwei Argumenten antworten:
a) Es gibt sogar Ehen, wo der eine rot und die andere schwarz wählt. Dann zieht der Mann nach MV und die Frau nach Bayern. Und wenn die CSU selbst nach Meinung dieser Bevölkerung mal schlechte Politik machen sollte, wird sie erst abgesetzt, wenn keiner mehr in Bayern wohnt.
b) "privatrechtliche Regierung". Wer mehr Steuern zahlt, bestimmt nun auch offiziell die Gesetze mit. Oder wenn sie sich (um in Deinem Bild zu bleiben) die Regierung von einem Discounter in einen Gourmettempel verändern will, werden alle Deutschen unterhalb eines Einkommens von 5000€ aus Deutschland rausgeworfen. Wäre jedenfalls privatrechtlich möglich, dass man sagt, man setzt die Preise so, dass nur Leute ab einem bestimmten Einkommen den Laden betreten.

Aber eigentlich ist mir meine Zeit zu schade, mich mit so etwas auseinanderzusetzen.
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eike
Veröffentlicht am Mittwoch, 04. September 2002 - 12:37 Uhr:   

Ähem, ich dachte schon, wir wären uns einzig, dass die Demokratie die am wenigsten schlechte Regierungsform wäre. Aber das, was Stephan vorschlägt, läuft auf Deportationen, Ausbürgerungen und was weiß ich raus. Ich glaube kaum, dass wir sowas wollen.
Ich glaube, Stephan wollte - wie so einige hier im Forum - nur mal wieder provozieren. Das scheint ihm bei Ralf immer wieder gut zu gelingen...
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Mittwoch, 04. September 2002 - 15:49 Uhr:   

Eike,

natuerlich ist Demokratie immer besser als Totalitarismus; die Frage, ob sie die bestmoegliche oder, wie Du sagst, die am wenigsten schlechteste Regierungsform ist, kann man sicher noch nicht abschliessend beantworten. Im Staatsbuergerkundeunterricht wuerde ich diese These natuerlich vertreten, ja es den Schuelern regelrecht einhaemmern, denn es ist besser, sie glauben an die Demokratie, als an irgend etwas anderes, einen "Himmel auf Erden". Und natuerlich uebertreibe ich etwas, denn schliesslich ist die Webseite auch dazu da, neue, unkonventionelle Ideen zu aeussern. Ich nehme an, kein Politiker schaut hier rein und setzt das sofort in die Tat um.

Zum Kern meiner Botschaft: Privatwirtschaftliche und -rechtliche Loesungen funktionieren im Alltag sehr gut. Demokratie hat viele Fehler und ist ineffizient. Koennte man sich vorstellen, dass der Staat Autos herstellte? Da kaeme nur Wartburg und Trabant heraus, der Lada ist ein uralter Fiat-Nachbau. Staat und Demokratie koennten ein paar marktwirtshaftliche Elemente gut vertragen. Duch Kommissionen werden die Probleme wirklich sehr schlecht geloest.

Ist es wirklich so utopisch oder unrealistisch, wenn Menschen nur mit Menschen zusammenleben, mit denen sie auch zusammenleben wollen. In Nordirland schlagen sich Katholiken und Protestanten seit ewigen Zeiten die Koepfe ein, Friedensinitiativen werden gestartet, und es aendert sich nicht. Ob man Menschen so einfach umerziehen kann, bezweifle ich, und es ist problematisch in bezug auf die Meinungsfreiheit. (Ich sehe, wie Du feststellen kannst, Meinungsfreiheit ziemlich absolut, denn eine halbe Meinungsfreiheit ist keine.) Man koennte Nordirland in zwei Teile teilen, die Katholiken verkaufen ihre Haeuser im evangelischen Teil und ziehen in den katholischen und umgekehrt. Die Grenze koennte man so ziehen, dass die Preise der verkauften Immobilien auf beiden Seiten in der Summe gleich gross sind, also dass Katholiken und Protestanten hinterher in der Summe genauso viel besitzen wie vorher.

Demokratie ist nicht gleich Demokratie, das ist eine Trivialitaet. Aber es gibt Laender, da ist die Demokratie ganz anders. USA, Deutschland und Schweiz sind z.B. sehr verschieden, und es funktioniert. Ist Demokratie hoechstes gesellschaftliches Ziel, oder ist es Freiheit? Freiheit zu definieren ist wohl noch schwieriger als Demokratie.

Bei Deportationen haben wir furchtbare Bilder aus der Geschichte vor Augen. Als ich als Tourist das erste mal in die USA einreiste, musste ich wie die meissten eine Karte ausfuellen. Daurauf befand sich auch der Hinweis, dass man bei falschen Angaben oder kriminellen Akten "deported" werden kann. Damals bin ich auch zusammengezuckt. Aber ich habe keine falschen Angaben gemacht und keine kriminellen Handlungen begangen, musste also nicht befuerchten, deportiert zu werden. Uebrigens, in einer Woche jaehrt sich der Anschlag auf das WTC ...

Wozu fuehrt uebertriebener Kuendigungsschutz? Zu Mobbing, Bossing, usw. Manche tragen bleibende Schaeden davon. Wuerde der Kuendingungsschutz gelockert, dann wuerde es genausoviele Beschaeftigte geben. Die blosse Moeglichkeit wuerde aber dazu fuhren, dass sich viele etwas mehr zusammenreissen. In dem Buch "Das Dilbert-Prinzip" wird im Anhang etwas spassig die ideale Firma vorgestellt. FuF wie "Feierabend um Fuenf" heisst das Konzept, was auf die Arbeitszeitregelung hinweist. Und ausserdem wird empfohlen: "Schmeissen Sie Arschloecher raus, egal ueber wieviel Fachwissen sie verfuegen." Wer es einmal erlebt hat, weiss diese Regel zu schaetzen.
Die Moeglichkeit der Kuendigung ist prinzipiell wichtig, Leute zum Konsens zwingen zu wollen, wie es die Politik macht, bringt auf lange Sicht keine guten Resultate.

Und natuerlich bringt eine solche Auffassung Kritik ein, denn dass Menschen unabhaengig und frei leben wollen, ist den Kollektivisten ein unertraeglicher Gedanke. Also glaube ich, dass das Verhaeltnis von Markt und Staat noch nicht ausdiskutiert ist. Ich glaube auch, die Bereitschaft, mit den Fuessen abzustimmen, waechst. Haben die Bundeslaender volle Autonomie in der Bildungspolitik, und will man, dass die Kinder etwas lernen, dann koennte das fuer die Wahl des Wohnorts entscheidend sein.
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eike
Veröffentlicht am Mittwoch, 04. September 2002 - 18:00 Uhr:   

Ich stimme dir bezüglich der Lockerung des Kündigungsrechtes prinzipiell zu. Ich glaube auch kaum, dass der Mensch nur noch funktionieren sollte und kann, wie du es mit dem Nordirland-Beispiel ansprichst. Ich glaube, als Protestant wäre ich erstens zu stolz, aus "meinem" angestammten Wohngebiet, in gewissem Sinne meiner Heimat oder Heimstatt (alte Worte, ich weiß) zu ziehen, nur weil ich nicht katholisch bin, und zweitens würde ich (und nicht nur ich) an meinem Haus, an meiner Wohnung, an meinem Garten, an meinen Nachbarn und an meiner Umgebung hängen.
Das wollte ich (und viele andere wohl auch nicht) einfach so über den Haufen werfen, nicht einmal, wenn es nicht nur ein materielles Nullsummenspiel wäre, sondern auch dann, wenn ich womöglich sogar Gewinn machen würde.
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Mittwoch, 04. September 2002 - 19:07 Uhr:   

Die Mobilität ist aber keineswegs eine Erfindung der Neuzeit. Schon immer sind Menschen ausgewandert, gezwungenermaßen oder freiwillig (durch Not und Hunger gezwungen), oft wegen ihrer religiösen Überzeugung. Altmodisch ist Deine Einstellung also nicht.

Außerdem: Unser Bürgerrecht ist im Himmel (Phil. 3, 20).

Ich bin kein Kosmopolit, aber ich könnte mir eine Heimat an verschiedenen Orten, bevorzugt in angelsächsischen Ländern vorstellen. Mit Gleichgesinnten zusammenzuleben gibt mir mehr Heimatgefühl als in der Nähe meines Geburtsortes zu leben. Nehmen wir an, wir hätten nordirische Verhältnisse, und ich würde in einer katholischen Gegend leben. Auch wenn ich selbst nicht militant wäre, so würde doch meine bloße Anwesenheit, also die Verteidingung meiner Heimat durch Nichtwegziehen, bei den Aggressionen hervorrufen. In manchen Fällen versuchen sich die rivalisierenden Gruppen mit Kinderkriegen zu überholen. Wahrscheinlich würde ich wegziehen, und erst Recht, wenn ich mein Haus tauschen könnte.

Ein friedliches Zusammenleben von Katholiken und Protestanten ist natuerlich möglich, zumal da die Streitpunkte gar nicht religiöser Natur sind. Auch Anglo- und Frankokanadier könnten sich einigen. Ich glaube aber, daß es nichtmischbare Kulturen gibt, wie in dem Buch von Samuel Huntington (?) beschrieben. Die Wahrscheinlichkeit, totgeschlagen zu werden ist dann sehr hoch, wie in Bosnien.
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eike
Veröffentlicht am Mittwoch, 04. September 2002 - 20:32 Uhr:   

Aber ich halte die Freizügigkeit (Art. 11 GG), die auch das Recht zur Nichtfreizügigkeit, d. h. zum Nichtumziehen, entfällt, für beachtenswert. Willst du das abschaffen, geht das mit unserem Grundgesetz nicht mehr (Art. 19 GG).
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Mittwoch, 04. September 2002 - 22:48 Uhr:   

Der ganze abstruse Schwachsinn, der hier abgelassen wird nun wirklich keinen Kommentar verdient, macht doch eines deutlich: Wie gut wir doch- trotz allem- mit dem allgemeinen Wahlrecht fahren.
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eike
Veröffentlicht am Mittwoch, 04. September 2002 - 22:58 Uhr:   

Da hat Thomas Recht. Und es sollte zu denken geben, dass angesichts unserer 80 % Wahlbeteiligung die 50 % in den USA mit Zufriedenheit mit dem politischen System erklärt werden.
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c07
Veröffentlicht am Freitag, 22. November 2002 - 00:04 Uhr:   

Übrigens sind einige von Stephans Thesen fast identisch mit den Forderungen der APPD zur "Balkanisierung" Deutschlands (siehe deren Grundsatzprogramm zur Bundestagswahl 1998). :)
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Sonntag, 24. November 2002 - 02:38 Uhr:   

c07:

Solche Ansichten findet man schon im klassischen Liberalismus, dort nennt sich das die "Natürliche Ordnung", eine Art
Wild-West-Kapitalismus praktisch ohne Staat, wo jeder auf seinem Grundstück machen kann was er will und das Recht hat, sein Eigentum zu verteidigen. Überliesse man ein solches System sich selbst, so würden sich wahrscheinlich spontane Staaten bilden mit überwiegend gleicher Kultur. Politik würde eine geringe Rolle spielen, da man sich in Grundsatzfragen sowieso einig wäre.

Milton Friedman schreibt in seinem Buch "Kapitalismus und Freiheit":
"Die Anwendung politischer Mittel, auch wenn sie unvermeidbar sind, kann das für eine Gesellschaftsordnung notwendige soziale Gefüge erschüttern. Die Belastung ist geringfügig, wenn es sich darum handelt, sich über das gemeinsame Vorgehen bei einer begrenzten Anzahl von Problemen zu einigen, über die man ohnehin einer Meinung ist ...
Wenn es soweit geht, daß ein Problem berührt wird, das die Menschen zwar gleichermaßen beschäftigt, über das sie aber verschiedener Meinung sind, dann kann das zur Spaltung der Gesellschaft führen ... Die Religions- und Bürgerkriege der Geschichte sind das blutige Zeignis dieser Enscheidung." (Dazu paßt, daß Arnulf Baring zum Aufstand gegen Rot-Grün aufruft und Thomas Goppel eine außerparlamentarische Opposition unterstützen will.)

Besser ist es aber, nur mit Gleichgesinnten zusammenzuleben, dann gibt es diese Probleme gar nicht. Leider wollen Sozialistem, Kommunisten und Ökos das nicht, da sie ja auf Kosten der anderen leben. Ihre Eine-Welt-Theorie ist gerade das Gegenteil der natürlichen Ordnung.

Ein Vertreter der natürlichen Ordnung ist Hans-Hermann Hoppe (Las Vegas), er hat dazu einen Aufsatz "Natural Order, the State, and the Immigration Problem" geschrieben, dieser findet sich auf seiner Webseite oder bei www.mieses.org.

In Deutschland gibt es auch eine Bewegung von "Anarcho-Kapitalisten", diese sind allerdings, im Gegensatz zu Hoppe (und mir), für freie Einwanderung. Ihre Webseite heißt "eigentümlich frei". Ich kenne die Geschichte der APPD nicht, aber das Parteiprogramm scheint von diesem Denken beeinflußt. Jedenfalls ist sie nicht kapitalismuskritisch, und das macht sie schon sympathisch.
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Hanseat
Veröffentlicht am Dienstag, 30. Dezember 2003 - 13:39 Uhr:   

Warum sollte man nicht eigentlich das Zensus-Wahlrecht wieder einführen? Wäre es nicht gerecht, wenn derjenige, der dem Staat durch seine Steuern ermöglicht, seine Aufgaben zu erfüllen auch die Entscheidungen treffen darf? Wer mehr Steuern zahlt, darf dann auch mehr entscheiden. Das beinhaltet dann denklogisch auch das Ausländerwahlrecht, denn ein türkischer Gemüsehändler oder ein chinesischer Restaurantbesitzer leisten sicherlich mehr für diese Gesellschaft, als eine deutsche Sozialhilfeempfängerin, die lediglich den ganzen Tag vor der Mattscheibe hockt.
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Matthias Cantow
Veröffentlicht am Dienstag, 30. Dezember 2003 - 13:46 Uhr:   

@Hanseat

Glücklicherweise verbietet das Grundgesetz solch ein Wahlrecht.
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Hanseat
Veröffentlicht am Dienstag, 30. Dezember 2003 - 20:33 Uhr:   

@ Matthias Cantow

Daß weiß ich doch auch. Allerdings empfinde ich diese Entscheidung der Verfassungsväter nicht als glücklich. Warum soll jemand, der nicht bereit ist den Staat und seine Aufgaben zu finanzieren, sondern lediglich Transferleistungen empfängt, die Entscheidungen treffen dürfen? Nenne mir den Grund, warum mein türkischer Feinkosthändler, der 10 Menschen Lohn und Brot gibt und Steuern zahlt, nicht wählen darf (nicht mal zur Bezirksversammlung), aber mein deutscher Nachbar, der jede Art von legaler Arbeit ablehnt (O-Ton: "Wer Steuern und Sozialabgaben zahlt ist selber schuld. Von Sozialhilfe und ein bißchen Schwarzarbeit kann ich besser leben als die ganzen Dummköpfe, die bei Schietwetter auf dem Bau den Rücken krumm machen."), sehr wohl darüber entscheiden darf, was in diesem Lande passiert. Warum hat jemand, der das Sozialsystem ausnimmt, mehr Rechte als jemand, der es mit seinen Zahlungen am Leben erhält?
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c07
Veröffentlicht am Mittwoch, 31. Dezember 2003 - 08:34 Uhr:   

Warum sollte jemand, der Opfer eines Verbrechens geworden ist und in der Folge arbeitsunfähig geworden ist, nicht mehr wählen dürfen? Warum sollte jemand, der verzweifelt Arbeit sucht, nicht wählen dürfen? Vielleicht nutzt er die Zeit sogar zu ehrenamtlichem Engagement, das für die Gesellschaft ebenso wertvoll wie Steuern ist. Oder die allein erziehende Mutter, die zwar arbeitet, aber nicht genügend verdient, um Steuern zahlen zu können? Wer soll gegebenenfalls über Ausnahmen entscheiden?

Wenn man anfängt, die Gesellschaft in einen nützlichen und einen wertlosen Teil zweizuteilen, hat man auch schon einen wesentlichen Schritt richtung Faschismus getan. Warum sollte man dann nicht auch weitere Rechte vom Nutzen für die Gesellschaft abhängig machen, etwa das Recht auf Leben? In Wirklichkeit ist das, was man so als "Gesellschaft" bezeichnet, nur noch eine Teilgesellschaft, die sich und ihre Vorstellungen absolutiert. Auch wenn der Rest für sich allein nicht funktionsfähig wär, seh ich keinen legitimen Grund, ihn von jeglicher Teilnahme abzuschneiden.

Allerdings find ich es auch pervers, über die Abstammung zu entscheiden, wer vollwertiges Mitglied einer Gesellschaft ist. In grauen Vorzeiten war das wohl wirklich mal das konstituierende Moment. Aber seit etlichen Jahrhunderten ist das Zusammenleben in einem bestimmten Gebiet das Entscheidende, und danach sollte sich nicht nur das Wahlrecht, sondern die Staatsbürgerschaft generell richten. Wenn ich nach Australien auswander, bin ich eben nicht mehr Mitglied der hiesigen Gesellschaft, sondern der dortigen. Sonst degradiert man den Staat zu einem Folkloreverein.
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Stephan Glutsch
Veröffentlicht am Donnerstag, 01. Januar 2004 - 22:05 Uhr:   

Die Überlegungen von Hanseat gehen im Prinzip in die richtige Richtung, allerdings nicht weit genug, und wenn man das Problem konsequent bis zu Ende denkt, dann erweisen sich die Vorschläge auch als undurhführbar.

Zunächst genügt es zu fordern, daß denjenigen, die vom Staat Zahlungen erhalten, nicht wählen dürfen. Denn es könnte tatsächlich ein Zustand eintreten, indem eine Mehrheit eine Minderheit ausbeutet. Soweit ich weiß, war das beim Länderfinanzausgleich schon einmal der Fall.

Man müßte dann zwischen drei Kategorien unterscheiden: A) jemand, der Steuern zahlt, B) jemand, der keine Steuern zahlt aber auch keine staatlichen Leistungen empfängt, und C) jemand der staatliche Leistungen empfängt.

In der "sozialen Marktwirtschaft" ist es gar nicht möglich, zwischen diesen drei Kategorien zu unterscheiden, so kann man gleichzeitig Steuern zahlen und staatliche Leistungen empfangen, etwa Kindergeld oder Eigenheimzulage. Noch viel komplizierter wird es, wenn man diejenigen berücksichtigt, die direkt oder indirekt on Subventionen abhängen. Da die Beiträge zur gesetzlichen Krankenvrsicherung einkommensabhängig sind, müßten jene, die weniger als der Durchschnitt zahlen, ebenfalls als Leistungsempfänger angesehen werden. Wie ist das mit Empfängern von Arbeitslosenunterstützung? Oft wird darauf verwiesen, daß die Empfänger vorher eingezahlt haben. Sicher wird es aber so sein, daß die einen deutlich mehr herausbekommen als sie einzahlen. Schwierig ist auch die Behandlung von Rentnern. Sie werden zwar darauf hinweisen, daß sie ein Leben lang eingezahlt haben, tatsächlich werden die Rentenzahlungen aber aus den gegenwärtigen Einnahmen bestritten, hinzu kommen staatliche Willkür ("Rente nach Kassenlage"), und z.T. zahlen die Autofahrer noch in die Renkenkasse ein.

Die Bild-Zeitung und Politiker der verschiedenen Parteien verweisen gern auf Beispiele wie Miami-Rolf und Viagra-Kalle, tatsächlich übersteigen die Ausgaben für die Sozialbürokratie aber um ein Vielfaches die Zuwendungen an die Empfänger von Sozialmaßnahmen. Miami-Rolf bekommt ca. 500 Euro im Monat, ein Beamter der Bundesanstalt für Arbeit, einer vollkommen überflüssigen Behörde, bekommt ein Vielfaches davon.

Das Problem mit der Arbeitslosigkeit ist auch vielschichtig. Ein Teil will nicht arbeiten, ein weiterer Teil kann nicht arbeiten, und viele sind deshalb arbeitslos, weil infolge von Kündigungsschutz und Tarifkartell ("Tarifautonomie") der Arbeitsmarkt nicht funktioniert. In den USA ist das anders, aber "wir wollen doch keine amnerikanischen Verhältnisse", wie Schröder, Stoiber und Westerwelle ständig bekräftigen.

Konsequenterweise dürften also nur in der freien Wirtschaft Beschäftigte, die (a) nicht dem Tarifkartell angehören, (b) nicht direkt oder indirekt von Subventionen abhängen und (c) nicht von gesetzlichen Wettbewerbsbeschränkungen profitieren, ein aktives und passives Wahlrecht haben. Das dürfte für weniger als die Hälfte der derzeit Wahlberechtigten zutreffen.

In dem utopischen Roman "Wer ist John Galt" von Ayn Rand bricht in den USA die soziale Marktwirtschaft aus. Die Leistungsträger flüchten in ein Land, das sie Atlantis nennen, und errichten dort den Kapitalismus in reinster Form. Ein Staat ist nicht erforderlich, da alles marktwirtschaftlich organisiert ist, folglich sind Wahlen auch nicht nötig. In den restlichen USA bricht die Wirtschaft zusammen; die Schmarotzer und Versager bringen sich gegenseitig um ...
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c07
Veröffentlicht am Freitag, 02. Januar 2004 - 00:23 Uhr:   

Stephan:
> (c) nicht von gesetzlichen Wettbewerbsbeschränkungen profitieren

Vom Gewaltmonopol sind alle betroffen. Also darf auch niemand wählen. Aber wie du ja selber schreibst, sind bei einem System, wie es dir vorschwebt, eh keine Wahlen nötig.
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alberto
Veröffentlicht am Freitag, 02. Januar 2004 - 10:51 Uhr:   

smile
Über ein anderes Wahlrecht

Quote:

Von Stephan Glutsch am Donnerstag, den 01. Januar 2004 - 22:05 Uhr: Die Überlegungen von Hanseat gehen im Prinzip in die richtige Richtung, allerdings nicht weit genug, und wenn man das Problem konsequent bis zu Ende denkt, dann erweisen sich die Vorschläge auch als undurhführbar.


 brauchen wir uns keine Gedanken zu machen, solange es uns nicht gelingt, den Artikel 137,1 GG seiner Bestimmung im Wahlrecht zuzuführen. Denn der steht da nicht, damit er nicht angewandt wird.

WahlRechtReform
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Philipp Wälchli
Veröffentlicht am Samstag, 03. Januar 2004 - 00:02 Uhr:   

Es gäbe vieles zu den hier geäusserten Auffassungen anzumerken, z. B. wird offensichtlich mit Begriffen wie "Kapitalismus" oder "Marktwirtschaft" unzutreffend umgesprungen, ich möchte mich aber nur auf EINEN Punkt beschränken: "Besser ist es aber, nur mit Gleichgesinnten zusammenzuleben."
Ich sehe nicht ein, weshalb es besser sein sollte, nur mit Gleichgesinnten zusammenzuleben.
1.) Dass dies ein anzustrebendes Ziel sei, halte ich für unzutreffend. Unter Gleichgesinnten herrscht bloss eine Meinung, eine Auffassung, ein Sichtweise. Dabei besteht immer die Gefahr, dass blinde Flecken entstehen, die die Wahrnehmung der Fakten be- oder im Extremfall sogar verhindern. Im Gegenteil gilt, dass vier Augen mehr sehen als zwei, und nur aus verschiedenen Meinungen, Ansichten, Erfahrungen, Kritik, Kontroversen usw. kann am Ende durch Diskussion und sachliche Prüfung mit den Hilfsmitteln des Verstandes etwas entstehen, was den Anspruch auf Wahrheit erheben kann. Gerade in der Wirtschaft hat sich gezeigt, dass Einheitsbrei und Zustimmungsnickerei ausserordentlich gefährlich sind. Die meisten grossen Pleiten und Skandale der letzten Jahre haben genau diese Ursache, dass in den betreffenden Unternehmen eine Einheitsmeinung und unkritisches Nachbeten der Firmendevisen vorherrschten. Nicht ohne guten Grund gibt es daher in der Wirtschaft unabhängige Kontrollstellen, interne und externe Revision, Inspektorate, Expertenbeiräte, externe Berater, Evaluatoren, Organisationsentwickler usw. Etwas weiter betrachtet, liesse sich auch noch anfügen, dass Einheitsmeinungen unter lauter Gleichgesinnten auf Dauer schlicht langweilig wäre.
2.) Neben der Frage, ob dies ein erstrebenswertes Ziel sei, stellt sich auch die Frage, ob man einem Menschen zumuten könne bzw. dürfe, unter Andersdenkenden zu leben, oder ob es eine Art Recht darauf gebe, unter Gleichgesinnten leben zu dürfen. Ich meine, dass dies getrost verneint werden kann. Denn einerseits werden Leute, die nur unter Gleichgesinnten leben, auf Dauer Probleme bekommen (siehe unter 1.), somit ist es also ein Bärendienst, den man ihnen erwiese, anderseits ist es auch einfach eine Tatsache, dass Menschen nun einmal verschieden sind und verschieden denken, weshalb es nicht nur unmöglich ist, unter lauter Gleichgesinnten zu leben, sondern auch kaum als sinnvoll erscheinen kann, weil man früher oder später doch mit Andersgesinnten in Berührung kommen wird, und sei es nur an der Grenze des eigenen Gleichgesinnten-Staates. Es ist umgekehrt dringend nötig, sich mit der Tatsache, dass es Andersdenkende gibt, abzufinden und damit leben zu lernen.
3.) Schliesslich stellt sich auch die Frage, warum es Andersdenkende gibt, bzw. die Frage lässt sich auch so stelle, ob es denn einfach nur böser Wille der Andersdenkenden sei, dass sie anders denken als wir Gleichgesinnte. Und auch da muss ich wiederum verneinend antworten. Denn einerseits werden die Menschen verschieden geboren, mit verschiedenen Intellekten, Vorlieben, Fähigkeiten, Begabungen und Neigungen, anderseits ergibt sich ihre Verschiedenheit auch aus verschiedenen Lebensgeschichten, verschiedenen Umwelten, Mitmenschen usw. Wer im Ghetto aufwächst wird wohl kaum aus reiner Bosheit Kommunist, Sozialist, Rapper, Anarchist, Gang-Mitglied oder Faschist, sondern weil seine Lebensumstände und seine daran gewonnenen Erfahrungen ihm diese Weltanschauungen als die attraktivsten nahezulegen scheinen. Und zuletzt stellt sich dann auch die Frage, wie es in einem Gleichgesinnten-Staat zugehen solle, wenn ein Kind geboren wird, das von Natur aus zu einer ganz andern Meinung als die allein akzeptierte neigt.
Inzucht ist schlimm, aber geistige Inzucht scheint mir noch um vieles schlimmer zu sein.
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C.-J. Dickow
Veröffentlicht am Samstag, 03. Januar 2004 - 00:11 Uhr:   

@ Alberto

... schön, daß Sie wieder einmal festlegen wollen, worüber sich Menschen Gedanken zu machen brauchen. Trotz aller Beteuerung scheinen Sie also nicht unbedingt vom mündigen Bürger auszugehen, da ja ihre Hilfestellung vonnöten sein soll ...

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