Schleswig-Holsteinisches
Oberverwaltungsgericht

[Pressemitteilungen]

Pressemitteilung

127/2 E – 43

05.01.2005


Informationen Informationen zur Entscheidung, Entscheidungen 2000–heute

OVG hält Befreiung des SSW von 5 %-Klausel weiterhin für verfassungswidrig

Der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Schleswig hat nach mündlicher Verhandlung am heutigen Tage erneut beschlossen, eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob die Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 LWahlG, die Parteien der Dänischen Minderheit von der 5 %-Klausel ausnimmt, mit Art. 3 Abs. 1 und 3, Art. 21 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG sowie Art. 3 Abs. 1 Landesverfassung zu vereinbaren ist. 1
Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Beschluss vom 17. November 2004 (Az.: 2 BvL 18/02) einen gleichlautenden Vorlagebeschluss des Senats vom 25. September 2002 (Az.: 2 K 2/01) als unzulässig angesehen. Es vermisste hinreichende Darlegungen des Senats zu den Fragen, warum sich die Regelungswirkungen der Privilegierungsnorm (§ 3 Abs. 1 Satz 2 LWahlG) gerade durch die Wahlrechtsänderung vom Oktober 1997 in verfassungsrechtlich erheblicher Weise geändert hätten, der Bedeutsamkeit der Dänischen Minderheit im Landesteil Holstein und warum die Notwendigkeit einer Beschränkung der privilegierten Wahlteilnahme auf den Landesteil Schleswig gegeben sei. 2
Die OVG-Richter haben sich mit diesen Fragen unverzüglich und erneut auseinandergesetzt und bekräftigen in ihrer heutigen Entscheidung ihre Auffassung, dass die Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 LWahlG zum maßgeblichen Zeitpunkt der Landtagswahl im Februar 2000 verfassungswidrig gewesen und dies jedenfalls mit der Wahlrechtsänderung von 1997 geworden sei, weil nunmehr – im Gegensatz zur Vergangenheit – der SSW im gesamten Land wählbar war und deshalb auch die im Landesteil Holstein erreichten Stimmen bei der Mandatsverteilung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 LWahlG berücksichtigt wurden. Zur Begründung stützt sich der 2. OVG-Senat im Wesentlichen auf folgende Gesichtspunkte: 3
Die Dänische Minderheit habe ihr angestammtes Siedlungsgebiet allein im Landesteil Schleswig. Auch heute sei eine Dänische Minderheit im Landesteil Holstein nicht erkennbar. Eine Befreiung von der Sperrklausel sei nur verfassungsgemäß, wenn sie zur Erreichung des Zwecks der Privilegierung geeignet und erforderlich sei. An der Erforderlichkeit fehle es. Der SSW selbst habe in der Vergangenheit die Notwendigkeit einer über den Landesteil Schleswig hinausgehenden Privilegierung nicht gesehen und die Wahlrechtsänderung abgelehnt. Ein Privilegierungsgrund stehe dem SSW in Holstein auch objektiv nicht zur Seite, weil dort eine Dänische Minderheit nicht erkennbar sei. Der SSW nehme dort wie jede andere Partei am Wahlwettbewerb teil. 4
Da der Senat gehindert sei, eine abschließende Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 LWahlG zu treffen, vielmehr – mangels eines eigenen Landesverfassungsgerichtes für das Land Schleswig-Holstein – allein das Bundesverfassungsgericht zuständig sei, sei es unumgänglich, die bisher vom Bundesverfassungsgericht nicht beantwortete Frage der Verfassungsmäßigkeit der Norm erneut vorzulegen. 5
Schleswig, 05. Januar 2005
Verantwortlich für diesen Pressetext:
Manfred Voswinkel – Pressereferent –
Richter am Oberverwaltungsgericht
Tel.: 04621/86-1636 oder 86-1544
Az.: – Aktenzeichen 2 KN 2/04 –

 


eingetragen von Matthias Cantow