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01.04.2014

Mierscheid-Gesetz: Fehlprognose zur Bundestagswahl 2013

Da hilft auch kein Schönreden: Die Prognose nach dem Mierscheid-Gesetz für die Bundestagswahl 2013 liegt jenseits von Gut und Böse. Laut der auf der Rohstahlproduktion in den alten Ländern beruhenden Prognose hätte die SPD 36,7 Prozent erhalten müssen, das Ergebnis der SPD lag aber gerade mal bei 25,7 Prozent – eine Abweichung von 10 Prozentpunkten!

Mierscheid-Gesetz Das Wahlprognose-Gesetz, nach dem sich der SPD-Zweitstimmenanteil bei Bundestagswahlen nach der jährlichen Rohstahlproduktion in den alten Ländern (gemessen in Millionen Tonnen) richte, wurde vom langjährigen SPD-Bundestagsabgeordneten Jakob M. Mierscheid entdeckt und am 14. Juli 1983 in der SPD-Parteizeitung Vorwärts veröffentlicht.

Schon bei den letzten Wahlen lagen die Prognosen ziemlich deutlich daneben (siehe zur Bundestagswahl 2005, bzw. 2009). Immerhin deutete das Gesetz den katastrophalen Absturz der SPD auf unter 30 Prozent im Wahljahr 2009 an, da mag eine Abweichung von fast 5 Prozentpunkten noch hinnehmbar sein. Aber 10 Prozentpunkte?

Daran ändert auch nichts, dass Mierscheid in einem Brief einen Trend in die richtigen Richtung erkennt. Wie tief hätten die Werte denn noch sinken sollen? Es war im Jahr 2013 weder ein Verzicht der SPD auf einen Wahlantritt noch die Einstellung der Stahlerzeugung im Westen zu erwarten – eher, dass die Partei sich aufsplittet.

Auch die Ausrede der vergangenen Wahlen, dass Oskar Lafontaine an der Misere schuld sei, greift 2013 nicht: Lafontaine, der diesmal nicht zur Bundestagswahl antrat, war als Fraktionsvorsitzender im Landtag da, wo er immer am liebsten war – im Saarland.

Insgesamt ist das ein schwerer Schlag für die Prognosewissenschaften. Denn auch mit dem bisher manchmal erfolgreichen Kanzlermodell von Gschwend/Norpoth war man diesmal auf dem Holzweg. Schuld an dessen Versagen soll übrigens die AfD sein. Ein Erklärungsversuch, der stark an die Erklärung von Mierscheid erinnert („Oskar war schuld“).

Ist das schon eine Krise für Wahlprognosen? Da trifft es sich gut, dass die Friedrich-Ebert-Stiftung in Kooperation mit dem Bereich „Empirische Politikforschung“ des Instituts für Politikwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz am 10. April 2014 in Berlin eine Fachkonferenz „Demokratie und Demoskopie. Wechselverhältnis und Einflussfaktoren“ durchführt (mehr Informationen und Anmeldung).


von Martin Fehndrich (01.04.2014, letzte Aktualisierung am 01.04.2014)